Klaus Nomi - Androgyny beyond Androgyny


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biografie

3. Image und Maske
3.1. Klaus Nomis äußere Erscheinung
3.2. Androgynität & Identität
3.2.1. Das Konzept der Androgynität
3.2.2. Das Konzept der Identität
3.2.3. Androgynität & Identität bei Klaus Nomi
3.3. Klaus Nomis Selbstinszenierung, untersucht anhand eines Beispiels

4. Stimme: innere Disposition
4.1. Charakterisierung von Klaus Nomis Stimme
4.2. Stimme als identitätsstiftendes Moment
4.2. Vergleich von Klaus Nomis Stimme mit Stimmen von Sopranistinnen und Mezzosopranistinnen anhand der Arie Mon coeur s’ouvre a ta voix aus der Oper

Samson et Delilah von Camille Saint-Saëns

5. Schlussfolgerungen und Ausblick

Literaturverzeichnis, Diskographie, Filmographie

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Countertenor Klaus Nomi, der in den 1970er und in den frühen 1980er Jahren als Star der New Yorker Underground New Wave[1] - und Punk[2] -Bewegung gefeiert wurde, bis er 1983 als eines der ersten prominenten AIDS-Opfer starb.

Die Arbeit muss im Zusammenhang mit dem Seminar „Androgynität – Stimme – Identität. Zur Konstruktion von Gender in der Vokalmusik“ gesehen werden und folgt demnach der im Seminar vorgegebenen Dreiteilung: (1) Biografie, (2) Image und Maske: äußere Erscheinung und (3) Stimme: innere Disposition.

Im ersten Teil der Arbeit wird folglich ein Abriss von Klaus Nomis Biografie gegeben (Kapitel 2.), der sich in weiten Teilen auf Andrew Horns Dokumentation The Nomi Song[3] stützt. Die Biografie einer Person ist meist ein entscheidendes identitätsstiftendes Moment. Klaus Nomis Biografie ist somit von Bedeutung für die nachfolgenden Kapitel.

Klaus Nomis Selbstinszenierung, sowie sein Image und seine Maske, werden im zweiten Teil der Arbeit untersucht (Kapitel 3.). Hier soll zunächst Klaus Nomis äußere Erscheinung allgemein, sowie beispielsweise auch die Bedeutung seines Namens Nomi besprochen werden (Kapitel 3.1.). In einem weiteren Abschnitt werden dann die Konzepte von Androgynität (Kapitel 3.2.1.) und Identität (Kapitel 3.2.2.) vorgestellt. Diese Abschnitte stützen sich in weiten Teilen auf Judith Butlers[4] Werke Das Unbehagen der Geschlechter[5] und Körper von Gewicht[6]. In Kapitel 3.2.3. werden dann diese beiden Konzepte auf Klaus Nomis Selbstinszenierung bezogen. Klaus Nomis Inszenierung auf der Bühne wird beispielhaft anhand eines Auftritts, nämlich einer Performance der Arie Mon coeur s’ouvre a ta voix aus der Oper Samson et Delilah von Camille Saint-Saëns, beschrieben (Kapitel 3.3.). In diesem Abschnitt werden außerdem Publikumsreaktionen kurz dargestellt.

Kapitel 4 der Arbeit beschäftigt sich mit Klaus Nomis Stimme und seiner inneren Disposition. Dabei wird zunächst Klaus Nomis Stimme charakterisiert (Kapitel 4.1.). In einem weiteren Abschnitt wird dann beschrieben, inwiefern die Stimme eines Menschen als identitätsstiftendes Moment angesehen werden kann (Kapitel 4.2.). In einem letzten Abschnitt wird diese dann anhand eines Beispiels im Detail beschrieben (Kapitel 4.3.). Diese Beschreibung beinhaltet einen Vergleich von Klaus Nomis Performance der Arie Mon coeur s’ouvre a ta voix mit Performances selbiger der Sopranistinnen Maria Callas und Renata Tebaldi, sowie der Mezzosopranistinnen Marilyn Horne und Regina Resnik. Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen Klaus Nomi und den Frauenstimmen sollen aufgezeigt und beschrieben werden.

Im letzten Kapitel (Kapitel 5.) werden Schlussfolgerungen aus den vorangegangenen drei Teilen gezogen und, unter anderem, Klaus Nomis offensichtliche Relevanz auch noch bis in die heutige Zeit beschrieben.

Da es weder Biografien noch andere Aufsätze über Klaus Nomi zu finden gibt, stützt sich die Arbeit in den biografischen Teilen zum einen weitgehend auf den Dokumentarfilm The Nomi Song von Andrew Horn; zum anderen stützt sie sich auf die Internetseite zu selbigem Film[7] und auf eine französische Internetquelle[8].

2. Biografie

Klaus Nomi wurde am 24. Januar 1944 in Immenstadt in Bayern als Klaus Sperber geboren. Er wurde von seiner allein erziehenden Mutter in den deutschen Alpen großgezogen und zog später mit ihr nach Essen in Nordrhein-Westfalen, wo auch ein Großteil seiner Verwandten wohnte. In Essen verbrachte Klaus Nomi seine Schulzeit und sammelte erste Bühnenerfahrungen als Statist an den Essener Bühnen.

Nach seiner schulischen Ausbildung zog Klaus Nomi 1967 nach Berlin, wo er an der Musikhochschule Gesang studierte und sich als Logenschließer an der Deutschen Oper sein Geld verdiente. Es gibt Berichte, die besagen, dass er schon dort als Logenschließer, seine Kollegen mit seinen eigenwilligen Operninterpretationen unterhalten haben soll.

Nachdem Klaus Nomi merkte, dass er seine Karriere, so wie er sie sich wünschte, in Deutschland nur schwer würde durchsetzen können – als Countertenor in Deutschland erfolgreich zu sein war damals noch fast unmöglich – zog er 1972 nach New York in eine Wohnung auf dem St. Mark’s Place, wo er 1977 in einer Charles Ludlam’s Ridiculous Theater Company Produktion Der Ring Gott Farblonjef, ein überarbeitetes Lustspiel von Richard Wagners Der Ring des Nibelungen, erschien. In dieser Produktion spielte er ein Fräulein vom Rhein.[9] Es war für Klaus Nomi allerdings auch in New York schwer, wirklich Fuß zu fassen. Deshalb schlug er sich zunächst circa fünf Jahre lang als Tellerwäscher, Botenjunge und Konditor beim World Trade Center durch. Später gründete er eine freischaffende Bäckerei mit der Designerin Katy Kattleman.

Nach einer intensiven Arbeit mit seinem Gesangslehrer Ira Siff, der Nomi sowohl im Tenor- als auch im Countertenorfach weiter ausbildete, gelang es ihm, sich in der New Yorker Underground New Wave- und Punk-Szene einen Namen zu machen. Klaus Nomi war zu dieser Zeit mit einem jungen Tänzer namens Adrian Richards befreundet, der ihm von Katy Kattleman vorgestellt wurde. Richards Lieblingszeitschrift, ein Science Fiction-Magazin, hieß OMNI. Für einen Akt seiner Show erfand dieser das Anagramm NOMI, welches Klaus Nomi von nun an als seinen Namen benutzen würde.[10]

1979 hörte schließlich auch David Bowie, der zu dieser Zeit schon sehr bekannt war, von Klaus Nomi und lud ihn ein, als Backgroundsänger bei einem Auftritt in der NBC Satire-Show Saturday Night Live aufzutreten. Dieser Auftritt verhalf Nomi „den Transit vom Dunstkreis der Kult-Kabaretts zum Overground der Plattendeals und Showauftritte“[11] zu vollziehen.

Kurz darauf erhielt Klaus Nomi seinen ersten Plattenvertrag bei RCA, Frankreich. 1981 erschien sein erstes Album Klaus Nomi, für das Nomi zuvor seine Gruppe auflöste und eine professionelle Band einstellte.

1982 erschien Nomis zweites Album Simple Man. Außerdem wurde in diesem Jahr bei Nomi AIDS diagnostiziert. Die Krankheit war damals noch kaum identifiziert und hatte sich anonym ausgebreitet als sie bei ihm entdeckt und er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. In der Nacht vom 5. auf den 6. August 1983 starb Klaus Nomi in New York als einer der ersten prominenten AIDS-Opfer. Zu dieser Zeit stand er kurz vor seinem internationalen Durchbruch und war schon dabei, Plattenverträge mit australischen und amerikanischen Verlagen zu schließen. Vor seinem Tod bat er darum, dass seine sterblichen Überreste in New York, trotz der Verbindung zu seiner Familie nach Deutschland, bleiben sollten.

Betrachtet man Klaus Nomis Biografie im Zusammenhang mit seiner äußeren Erscheinung, seiner Stimme und seinem Image in der Öffentlichkeit allgemein, so fällt auf, dass es einige Momente in dieser gibt, die als Initiationsmomente für Klaus Nomis Identitätsfindung und Imagebildung angesehen werden können: Seine eigenwilligen Operninterpretationen schon an der Deutschen Oper in Berlin lassen vermuten, dass Nomi – wenn er, aus damaliger Sicht, den Durchbruch schaffen würde – als Ausnahmekünstler würde tätig sein werden. Ira Siff, Nomis Gesangslehrer in New York, und Ron Johnson, Nomis Manager, machten ihn dann schließlich in der New Yorker Underground New Wave- und Punkbewegung bekannt. Der Auftritt mit David Bowie verhalf ihm zum endgültigen Durchbruch. Er verhalf Klaus Nomi außerdem, sein Image und seine Erscheinung in eine ‚noch extremere’ Richtung zu treiben. Folglich müssen diese Momente in Nomis Biografie als besonders identitätsstiftend angesehen werden.

3. Image und Maske

3.1. Klaus Nomis äußere Erscheinung

„Die Deutung von menschlichen Charakterzügen aufgrund körperlicher Merkmale stellt einen alten Wunschtraum der Menschheit dar“[12], so Karl-Heinz Göttert in seinem Buch Geschichte der Stimme. Physiognomie ist allerdings eine schon lange überholte ‚Wissenschaft’, da solche Folgerungen nur selten zutreffen. In manchen Fällen kann aber auch Umgekehrtes von oben Beschriebenem der Fall sein: Bestimmte Charakterzüge werden durch Hervorhebung und Betonung körperlicher Merkmale unterstützt. Diese Charakterzüge beziehen sich in diesem Fall nicht auf den Menschen Klaus Sperber, sondern auf die künstlich geschaffene und inszenierte Persönlichkeit Klaus Nomi.

[...]


[1]New Wave, Oberbegriff für musikal. divergierende Stile, denen der Versuch gemein war, Ende der 70er Jahre neue Formen und Ausdrucksmittel in der Rockmusik zu suchen. Während sich Künstler wie Patti Smith oder Elvis Costello bemühten, den artifiziellen Ambitionen der 70er Jahre wieder simple, kraftvolle Rock ‘n’ Roll-Schemata entgegenzusetzen, gingen andere Vertreter des N.W. radikaler vor. […] Zumeist von den Intentionen des Punk (vgl. Anm. 2) beeinflußt und durchaus Dilettantismus bejahend, arbeiteten diese Gruppen häufig mit Tonbandgeräten und Synthesizer, um traditionelle Muster der Rockmusik zu verzerren, bekannte Rocksongs ironisch zu verfremden und als Klischees bloßzustellen. Die Texte entsprachen zumeist dem Bedürfnis, der Romantik etablierter Rockgruppen wie Yes oder Genesis mit einem unterkühlten, distanzierten und v.a. zeitgemäßeren Realismus zu begegnen. Auch der düstere Habitus vieler Bands, äußerlich durch zumeist schwarze Kleidung signalisiert, reflektierte die pessimistische Grundhaltung vieler Jugendlicher zu Beginn der 80er Jahre. (Hoffmann, Christian: New Wave. In: Metzlers Sachlexikon Musik, hrsg. von Günther Massenkeil und Marc Honegger, Weimar: J.B. Metzler 1998, S. 710.)

[2]Punk (umgangssprachl. für Nichtsnutz, Ganove; -rock: Bz. eines Musikstils). Als Gegenpol zum gefälligen Beat prägten amerik. Garagenbands Mitte der 60er Jahre erstmals den Begriff Punk für eine krude Mixtur simpler Rhythmen und ungewohnt lauter Gitarren. Beeinflusst von Pionieren wie Iggy Pop & the Stooges oder The New York Dolls, begründeten Mitte der 70er Jahre Bands wie The Ramones oder Television die amerik. Punkbewegung. War dieses Aufbegehren vorwiegend künstlerisch ausgeprägt, thematisierte P. im von Massenarbeitslosigkeit geschüttelten Großbritannien auch politische Ansprüche. The Clash und The Sex Pistols, Speerspitze des brit. Punk um 1975-77, prangerten in ihren Songs die Verfehlungen der Monarchie und die Willkür des Polizeiapparates an und verbalisierten die Orientierungslosigkeit ihrer Generationen. Einer raschen Kommerzialisierung folgte die Aufweichung des Punkrock in div. Spielarten, die nun auch von Synthesizern Gebrauch machten und musikal. Genregrenzen überschritten. Es entstand die sog. New Wave (vgl. Anm. 1). (Scheel, Ingo: Punk. In: Metzlers Sachlexikon Musik, hrsg. von Günther Massenkeil und Marc Honegger, Weimar: J.B. Metzler 1998, S. 849.)

[3] Horn, Andrew: The Nomi Song, DVD-Edition, Cameo Film 2004.

[4] wichtige Theoretikerin im Bereich der Queer Theory.

[5] Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991.

[6] Butler, Judith: Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997.

[7] Webmaster: The Nomi Song. He came from outer space, to save the human race, 2004, http://www.thenomi song.com/ (04.07.2006).

[8] Betemps, Isabelle: La Légende de Klaus Nomi, 2003, http://perso.orange.fr/klaus.nomi/ (04.08.2006).

[9] vgl. Ebd., http://perso.orange.fr/klaus.nomi/biographie_va.

[10] zur Bedeutung des Namen „Nomi“ vgl. auch Kapitel 3.1.

[11] Emerson Aldridge, Daniel / Schmack, Imo / Quarantinio, Tintin / Sonnenschein, Marauder / Jünger, Anian: Klaus Nomi – eine quasi-biografische Gala zum 10. Todestag, 2003, http://www.friedrichshainerschule.de/ nomi20.htm (04.07.2006).

[12] Göttert, Karl-Heinz: Geschichte der Stimme, München: Fink 1998, S. 28.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Klaus Nomi - Androgyny beyond Androgyny
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Veranstaltung
Androgynität - Stimme - Identität. Zur Konstruktion von Gender in der Vokalmusik
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V61955
ISBN (eBook)
9783638552974
ISBN (Buch)
9783656620112
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klaus, Nomi, Androgyny, Androgynität, Stimme, Identität, Konstruktion, Gender, Vokalmusik
Arbeit zitieren
Heike Barkawitz (Autor:in), 2006, Klaus Nomi - Androgyny beyond Androgyny, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61955

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