Die deutsch-russische Zusammenarbeit auf dem Luftfahrtsektor von 1920-33


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Quellen und Forschungsstand

3. Vorraussetzungen
3.1 Vorraussetzungen in Deutschland
3.2 Vorraussetzungen in Russland

4. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit
4.1. Phase der Annäherung
4.2. Das Junkerswerk in Fili

5. Das zusammenwirken der Luftstreitkräfte
5.1. Die Zentrale Moskau
5.2. Die Gruppe Fiebig
5.3. Das Flugzentrum in Lipeck

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die geheime Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee in der Zeit der Weimarer Republik stellte lange Zeit ein sehr gut gehütetes Geheimnis dar. Erst vor wenigen Jahren, mit Ende des kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion konnte etwas Licht in diese geheimnisumwitterte Zusammenarbeit gebracht werden. Durch allmähliche Veröffentlichung von Quellen[1] und die langsam steigende Zugänglichkeit von Archiven wurde dieses Thema nun genauer untersucht .

Die Armeen beider Staaten befanden sich Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts in einer ähnlichen Ausgangsposition. Durch Revolution und Bürgerkrieg veränderte Regierungsformen, sowie politischer und sozialer Strukturwandel setzte beide Staaten unter Druck. Deutschland musste sich dem Versailler Vertrag unterwerfen und Russland hatte große militärische Probleme. Ihre Streitkräfte stellten eine schlecht vorbereitete, wenig ausgebildete, kaum erzogene Masse dar. Beide Staaten zählten zu den Verlierern des Krieges.

Beiden war das gespannte Verhältnis zu den Westmächten gemein. Diese Voraussetzungen waren es, die zu einem Zusammenrücken dieser Staaten führte.

Die Streitkräfte dieser Staaten waren durch Welt- und Bürgerkrieg stark geschwächt. Der Vertrag von Versailles verordnete dem Deutschen Reich ein auf 100000 Mann beschränktes Heer mit zwölfjähriger Dienstzeit. Angriffswaffen, d.h. Flugzeuge, Panzerwagen und Gaskampfstoffe waren ihnen verboten. Damit war keine andere Institution mehr betroffen von den Versailler Verträgen, als das deutsche Militär. Die Einhaltung dieser Vorschriften wurde durch die sogenannte Interallierte Militär-Kontrollkommission überwacht. Die Streitkräfte der Sowjetunion brauchten ihrerseits dringend eine neue allgemeine militärische Strategie. Die der Armeen des Kaiserreichs galt Ihnen als Vorbild für die notwendigen Reformen. Im berühmten deutschen Offensivgeist erkannten die Russen Elemente, die ihren Erfahrungen aus dem eigenen Bürgerkrieg entsprachen. Deutschland hatte wonach sie suchten: militärisches Wissen, moderne Kriegserfahrungen und eine hochentwickelte Rüstungstechnik. Das Deutsche Reich hatte die Möglichkeit die Waffen zu entwickeln, die wie sich am Ende des 1.Weltkriegs herausgestellt hatte, richtungsweisend sein würden für die Kriegsführung der Zukunft. Wer in kommenden Auseinandersetzungen bestehen wollte, brauchte moderne Flugzeuge und Panzer.

Da lag es nahe, dass beide Parteien zusammenfanden und sich gegenseitig militärisch unterstützen, denn sie würden beide ihre Vorteile aus dieser Zusammenarbeit ziehen.

Diese Hausarbeit soll die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugtechnik näher untersuchen und dabei klarstellen ob diese nur „untergeordnete Bedeutung“[2] hatte und streng begrenzt[3] war, oder doch darüber hinaus ging und vielleicht sogar entscheidende Vorraussetzungen schuf, für das militärische Stärke des 3.Reiches. Stimmt also der Mythos, die Nationalsozialisten sind allein für den Aufbau und die Ausrüstung der später Millionen in den Tod stürzenden Wehrmacht verantwortlich, oder wurden grundlegende Schritte bereits in der Weimarer Republik eingeleitet.

Diese Arbeit wird einleitend über den Quellen- und Forschungsstand zu dieser Thematik informieren. Anschließend beschreibt sie die ersten Versuche der Annäherung, die sogenannte Anbahnungsphase. Weiterhin werden die Tarnfirmen Bersol und Gefu Erwähnung finden und das Engagement von Junkers in Russland, sowie die Errichtung ihrer Filiale in Fili, zur Sprache kommen. Die Anfänge und der Verlauf der militärischen Zusammenarbeit ab 1924/25, die Tätigkeit der Gruppe Fiebig und die Arbeit auf dem Luftwaffenübungszentrum Lipeck sind ebenfalls Gegenstand der Untersuchungen.

2. Quellen und Forschungsstand

Die durch den Versailler Vertrag verbotenen Rüstungsunternehmungen in Russland und die damit verbundene ständige Angst vor Entdeckung, hatten zur Folge, dass viele der diesbezüglichen Akten bereits während der Zusammenarbeit „laufend und planmäßig“ vernichtet wurden[4]. Ein weiterer Großteil der militärischen Unterlagen im Heeresarchiv in Potsdam wurden 1945 bei einem Bombenangriff vernichtet[5]. Die noch vorhandenen Akten wurden ausgelagert oder befinden sich in privaten Nachlässen, z.B. denen von Seeckts, Groener und Stresemann.

Die ersten Enthüllungen über diese Zusammenarbeit erschienen 1926 im englischen Manchester Guardian. Dieser berichtete am 6.Dezember erstmals über die geheime Rüstung in Russland. Die Zeitung hatte ihre Informationen aus der Denkschrift Junkers bezüglich des Flugzeugwerks in Fili. Nach den Enthüllungen des Jahres 1926, erschien 1940 mit F.v.Rabenaus Seeckts Biographie erstmals ein deutsches Werk mit einem Kapitel zu der Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland[6]. Neben deutschen publizistischen Werken der Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, kamen die ersten wissenschaftlichen Arbeiten dieser Zeit aus England oder der USA. So war es Julius Epstein der 1948 erstmals Originaldokumente aus dem Nachlass von Seeckts in Der Monat veröffentlichte[7]. Ein Jahr später erfolgte durch W.F. Hallgarten die erste Interpretation dieses Nachlasses[8]. Erst 1953 wurde dieses Thema durch Helm Speidels[9] Erinnerungsbericht in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte wieder zum Gegenstand der Forschung in Deutschland. In der DDR erschienen in den 60er Jahren einige Werke, denen allen eines gemein war: sie spielen die Größe der Beziehungen der beiden Länder herunter. In der ostdeutschen Propaganda war es nicht vereinbar, dass ein sozialistischer Staat mit den großdeutschen Militaristen zusammengearbeitet hat und dadurch half das Unheil des Zweiten Weltkriegs herauf zu beschwören. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die 1984 von Günther Rosenfeld verfasste und ungewöhnlich umfangreich auf die geheimen Militärbeziehungen eingehende Darstellung eines ostdeutschen Historikers[10].

In der bundesdeutschen Historik dagegen, wurde versucht die von den Westeuropäern und den USA geschaffene Rapallolegende zu entkräften. Diese Legende, die versuchte die Verträge von Rapallo[11] in eine „Kontinuitätslinie deutschen Expansionsstrebens von 1914 bis 1939 einzufügen“[12] unterstellte den deutsch-russischen Militärbeziehungen eine große Bedeutung. Als in den sechziger Jahren immer mehr militärische Dokumente über die Geheimrüstung Deutschlands zugänglich wurden begannen erste Historiker sich unbefangen mit den Intentionen der beteiligten Militärs zu befassen. Als Beispiel ist hier besonders Karl-Heinz Völkers Werk über die Rüstung auf dem Luftfahrtsektor zu nennen[13]. Er konnte auf neu zugängliches Dokumenten-Material aus der geheimen Fliegerinspektion des Reichsheeres zurück greifen.

Aber weder Völkers noch 1970 Rainer Wohlfeil mit seiner zusammenfassenden Darstellung der Zusammenarbeit in dem Sammelband zur deutschen Militärgeschichte, konnten eine übergreifende, allumfassende Übersicht zur deutschen Geheimrüstung in den Zwischenkriegsjahren bieten. Erst mit der Veröffentlichung weiterer Geheimakten in Folge der russischen Perestrojka, konnten in den Jahren 1990-1992 die Vorraussetzung geschaffen werden, für Manfred Zeidlers hochinteressantes Buch über die Gesamtheit aller deutsch-sowjetischen Rüstungsunternehmungen der Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs bis 1933, dem Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten[14].

Aus besagten Gründen der Aktualität und der umfassenden Darstellung wird sich diese Arbeit zu einem nicht geringen Teil auf dieses Buch beziehen, um die Vorgänge der geheimen Luftrüstung Deutschlands näher zu beleuchten.

3. Vorraussetzungen

3.1. Vorraussetzungen in Deutschland

Auf keinem anderen Gebiet war Deutschland mehr vom Versailler Vertrag betroffen, als auf dem militärischen Sektor. Die Wehrpflicht wurde abgeschafft und die Reichswehr musste sich als Berufsarmee neu formieren. Dabei war die Größe des neu zu schaffenden Heeres auf nur 100.000 Mann begrenzt. Es wurde eine zwölfjährige Dienstzeit für Unteroffiziere und Mannschaftsgrade, sowie eine 25 jährige für Offiziere festgelegt. Des weiteren war es Deutschland verboten Giftgas sowie Panzer, oder ähnliche Fahrzeuge zu besitzen, oder zu produzieren. Ebenfalls wurde ihnen die Errichtung einer Luftwaffe verwährt. Für Kriegsschiffe, Festungen und Artilleriewaffen bestanden starke Beschränkungen. Deutschland war es also unmöglich, sich mit den Waffen auszustatten, denen die Zukunft gehören würde. Außerdem waren die sich gegen Ende des Ersten Weltkriegs offenbarenden neuen Dimensionen der Kriegsführung, durch vor allem Tanks und Flugzeuge, für das deutsche Militär unerreichbar. Der militärische Im- und Export war den Deutschen komplett verboten. Durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages würde Deutschland auf Jahrzehnte hinaus den anderen europäischen Streitkräften unterlegen sein.

Für die Überwachung der Einhaltung des Versailler Vertragswerks, wurde eigens eine sogenannte „Interalliierte-Militär-Kontroll-Kommission“ geschaffen, dieser war es erlaubt sich unbeschränkt im Reich zu bewegen und alle erforderlichen militärischen Angaben einzufordern.

[...]


[1] umfangreiche Quellenpublikation von D’jakov und Busueva, Moskau 1992

[2] Nuß, Karl, Militär und Wiederaufrüstung in der Weimarer Republik, Ostberlin 1977, S. 189f.

[3] Bachmann, Peter / Zeisler, Kurt, Der deutsche Militarismus Illustrierte Geschichte Bd.2, Ostberlin 1983, S.157

[4] Rothfels, Hans, in den Vorbemerkungen zu H.Speidels Erinnerungsbericht Reichswehr und Rote Armee , in VfZG, 1 (1953) , S.9

[5] Zeidler, Manfred, Reichswehr und Rote Armee, München 1993, S. 19

[6] v. Rabenau, Friedrich, Seeckt. Aus seinem Leben 1918-1936, Leipzig 1941, S.305ff.

[7] zitiert nach Zeidler: Epstein, Julius, Der Seeckt-Plan, in: Der Monat, 1 (1948), S.42ff

[8] zitiert nach Zeidler Hallgarten, G.W.F., Hans von Seeckt and Russia 1920-1922, in: JMH, 21 (1949), S.28ff

[9] Speidel, Wilhelm, General der Flieger, 1948 wegen Beteiligung an der Ermordung von Zivilisten in Südosteuropa zu 20 Jahren Haft verurteilt, 1951 entlassen (aus: Klee, Ernst, Das Personenlexikon zum Dritten Reich : wer war was vor und nach 1945, Frankfurt/M. 2003

[9] Rosenfeld, Günther, Sowjetrussland und Deutschland 1917-1922, Köln 1984

[9] Rapalloverträge: deutsch-sowjetischer Vertrag, 1922 während der Weltwirtschaftskonferenz in Genua von Rathenau u. Tschitscherin in Rapallo getroffen, Aufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen

[9] Zeidler, Manfred, ebenda, S.22

[9] Völkers, Karl-Heinz, Die Entwicklung der militärischen Luftfahrt in Deutschland von 1920-1933, Stuttgart 1962, S. 123-192

[10] Rosenfeld, Günther, Sowjetrussland und Deutschland 1917-1922, Köln 1984

[11] Rapalloverträge: deutsch-sowjetischer Vertrag, 1922 während der Weltwirtschaftskonferenz in Genua von Rathenau u. Tschitscherin in Rapallo getroffen, Aufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen

[12] Zeidler, Manfred, ebenda, S.22

[13] Völkers, Karl-Heinz, Die Entwicklung der militärischen Luftfahrt in Deutschland von 1920-1933, Stuttgart 1962, S. 123-192

[14] Zeidler, Manfred, Reichswehr und Rote Armee, München 1993

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die deutsch-russische Zusammenarbeit auf dem Luftfahrtsektor von 1920-33
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Geschichte)
Veranstaltung
Deutsch-russische Beziehungen in der Weimarer Republik
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V60887
ISBN (eBook)
9783638544573
ISBN (Buch)
9783638775786
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zusammenarbeit, Luftfahrtsektor, Deutsch-russische, Beziehungen, Weimarer, Republik
Arbeit zitieren
Oliver Friedel (Autor:in), 2003, Die deutsch-russische Zusammenarbeit auf dem Luftfahrtsektor von 1920-33, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60887

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