Zusendung unbestellter Waren § 241a BGB


Seminararbeit, 2005

30 Seiten, Note: 15 Punkte


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Zweck und rechtspolitische Berechtigung der Vorschrift
1) Rechtslage bis Einführung des § 241a
a) Wettbewerbsrechtlicher Schutz gemäß § 1 UWG a.F
b) Schutz durch die Vertragslehre des BGB
c) Zwischenergebnis
2) Überschießende Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie?

III. Anwendungsbereich
1) Persönlicher Anwendungsbereich
2) Sachlicher Anwendungsbereich
a) Abgrenzung einer bestellten von einer unbestellten Leistung
aa) Leistung
bb) Bestellte Leistung
(1) Anfechtung bei einer bestellten Leistung
(2) „Nachträgliche Bestellung“
cc) Unbestellte Leistung
(1) Beigabe unbestellter Sachen zu einer Bestellung
(2) Auswirkungen ungefragter Preiserhöhung
(3) Langjährige Geschäftsbeziehungen
b) Anwendungsbereich des § 241a I
c) Anwendungsbereich des § 241a II
aa) Nicht für den Empfänger bestimmte Leistung § 241a II 1. Alt
bb) Irrige Annahme einer Bestellung § 241a II 2. Alt
cc) Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Empfängers
d) Anwendungsbereich des § 241a III
aa) Anforderungen an das Aliud
bb) Minderwertiges oder höherwertiges Aliud
(1) Minderwertiges Aliud
(a) Ohne Hinweis
(b) Mit Hinweis
(aa) Allgemeine Gewährleistungsregeln
(bb) Grundsätzlich § 241a II analog
(cc) Parallele Anwendung
(dd) Stellungnahme
(2) Höherwertiges Aliud
cc) Vorbehalt des Aliuds durch AGB

IV. Rechtsfolgen
1) Ausschluss vertraglicher Ansprüche gemäß § 241a I
2) Ausschluss gesetzlicher Ansprüche gemäß § 241a I
a) Gesetzliche Ansprüche des Schuldrechts
b) Gesetzliche Ansprüche des Sachenrechts
aa) Der Eigentumsherausgabeanspruch gemäß §
(1) Ansicht der h.M
(a) Eigentumserwerb
(b) Ausnahme vom Anspruchsausschluss
(2) Ansicht der M.M
(3) Stellungnahme
bb) Nutzungs- und Schadensersatzansprüche aus EBV
3) Partielle Ausnahme des § 241a II
4) Rechtsfolge der Aliudlieferung gemäß § 241a III

V. Spezialprobleme
1) Dreipersonenverhältnisse im Rahmen des § 241a
a) Ansprüche des Vorbehaltseigentümers gegen den Verbraucher
b) Veräußerung durch den Verbraucher
aa) Eigentumsherausgabeanspruch
bb) Erlösherausgabeanspruch
c) Beschädigung der unbestellten Sache durch einen Dritten
2) Anwendbarkeit des § 241a auf B-to-B Geschäfte

VI. Fazit und Ergebnis

Literaturverzeichnis

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Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

München, 2003

(zitiert: BaRo- Bearbeiter)

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Der Ausschluss gesetzlicher Rückgewähransprüche bei der Erbringung unbestellter Leistungen nach § 241a BGB

In: JuS 2001, S. 649 - 654

Bülow, Peter / Artz, Markus

Fernabsatzverträge und Strukturen eines Verbraucherprivatrechts im BGB

In: NJW 2000, S. 2049 - 2056

Casper, Matthias

Die Zusendung unbestellter Waren nach § 241a BGB

In: ZIP 2000, S. 1602 – 1609

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Anwaltskommentar zum neuen Schuldrecht

Bonn, 2002

(zitiert: AnwK- Bearbeiter)

Deckers, Stefan

Zusendung unbestellter Ware

In: NJW 2001, S. 1474 – 1475

Flume, Werner

Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung – Die Änderungen des BGB durch das Fernabsatzgesetz

In: ZIP 2000, S. 1427 – 1430

Gaertner, Reinhard / Gierschmann, Sibylle

Das neue Fernabsatzgesetz

In: DB 2000, S. 1601 - 1606

Hau, Wolfgang

Geschäftsführung ohne Verbraucherauftrag

In: NJW 2001, S. 2863 – 2865

Jauernig, Othmar

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

11. Auflage, München, 2004

(zitiert: Jauernig- Bearbeiter)

Kamanabrou, Sudabeh

Die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie

In: WM 2000, S. 1417 – 1426

Lange, Knut Werner

Der praktische Fall - Bürgerliches Recht: Die nicht bestellten Weihnachtskarten

In: JuS 1997, S. 431 - 435

Link, Philip

Ungelöste Probleme bei Zusendung unbestellter Sachen – Auswirkungen in Dreipersonenverhältnissen

In: NJW 2003, S. 2811 – 2813

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(zitiert: JuS Lern-CD I- Bearbeiter)

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Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

4. Auflage, München 2003

(zitiert: MüKo- Bearbeiter)

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(zitiert: Palandt- Bearbeiter)

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Das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts

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In: JuS 1997, S. 518 - 522

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In: NJW 2001, S. 1449 – 1454

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In: BB 2000, S. 2317 – 2323

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Das neue Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts

In: DStR 2000, S. 1311 - 1318

Wrase, Michael / Müller – Helle, Adrian

Aliud-Lieferung beim Verbrauchsgüterkauf – ein nur scheinbar gelöstes Problem

In: NJW 2002, S. 2537 - 2539

I. Einleitung:

Die Zusendung unbestellter Waren an zumeist rechtsunkundige Verbraucher stellt ein nicht erst in jüngster Vergangenheit auftretendes Phänomen dar. Unternehmer nutzen gezielt die rechtliche Unwissenheit der potentiellen Konsumenten aus, indem diesen mit Zahlungsaufforderung versehene Waren ohne Bestellung zugesandt werden. Dadurch wird beim Großteil der Verbraucher der Eindruck erweckt, mit der Zahlung eine vermeintliche Vertragsverpflichtung erfüllen zu müssen, obwohl der Lieferung der Hinweis auf unfreie Rücksendung beiliegt. Oftmals erfolgt eine Bezahlung der Ware auch nur vor dem Hintergrund, sich etwaige Unannehmlichkeiten mit dem Versender zu ersparen[2].[1]

Die im Jahre 2000 ins BGB eingeführte Vorschrift des § 241a soll, wie die amtliche Überschrift bereits andeutet, der Zusendung unbestellter Waren und sonstiger Leistungen entgegenwirken. Sie dient der Umsetzung des Art. 9 der EG Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG. Im Rahmen der Richtlinie werden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, im Falle der Zusendung unbestellter Waren oder Dienstleistungen sicherzustellen, dass der Verbraucher von jeglicher Gegenleistung befreit wird[3].

Im Folgenden soll zum einen der Zweck und die Erforderlichkeit des § 241a diskutiert werden, zum anderen der Anwendungsbereich der Vorschrift analysiert werden, um schließlich auf die Rechtsfolgen und Spezialprobleme einzugehen.

II. Zweck und rechtspolitische Berechtigung der Vorschrift:

Wie bereits erwähnt, gibt die Fernabsatzrichtlinie den EG Mitgliedsstaaten vor, dass der Verbraucher bei der Zusendung unbestellter Leistungen keine Gegenleistung erbringen muss[4]. Es ist jedoch fraglich, ob in Deutschland angesichts der, bis zur Einführung des § 241a bestehenden Rechtslage, eine Umsetzung der Richtlinie überhaupt erforderlich war, oder ob der Verbraucher auch durch die bisherige Rechtslage ausreichend abgesichert war. Weiter ist zu fragen, ob der deutsche Gesetzgeber in seiner Umsetzung über die Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie hinausgegangen ist.

1) Rechtslage bis Einführung des § 241a:

Nach bestehender Rechtslage bis zum Jahre 2000 war der Verbraucher vor der Zusendung unbestellter Waren bzw. der Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen, in Verbindung mit einer Zahlungsaufforderung, in zweierlei Hinsicht geschützt.

a) Wettbewerbsrechtlicher Schutz gemäß § 1 UWG a. F.:

Zum einen stellte die Zusendung unbestellter Waren einen klaren Verstoß gegen § 1 UWG a. F., in Form von „reißerischer Werbung“ dar[5]. Rechtsfolge des Verstoßes war, dass vertragliche Ansprüche gegen den Empfänger nicht begründet wurden. Somit waren Verbraucher in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht durch die Sanktionierung des UWG bereits hinreichend geschützt.

b) Schutz durch die Vertragslehre des BGB:

In zivilrechtlicher Hinsicht war die Zusendung unbestellter Waren zwar ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages und auf Übereignung der Ware. Das Übereignungsangebot stand jedoch unter der aufschiebenden Bedingung der Vertragsannahme[6]. Ein Schweigen des Empfängers führte selbst dann nicht zur Vertragsannahme und zur Begründung vertraglicher Ansprüche, wenn der Versender die unbestellte Ware mit dem Hinweis versah, dieses als Annahme zu werten. Eine konkludente Vertragsannahme des Empfängers nach § 151 wurde, nach allgemeiner Ansicht, erst bei einem Ge- oder Verbrauch der Sache bzw. bei einer Weiterveräußerung angenommen, nicht aber beim Auspacken, Probieren oder schlichtem Behalten[7]. Die gleichen Grundsätze waren auf unbestellte sonstige Leistungen anwendbar.

c) Zwischenergebnis:

Insgesamt ist festzuhalten, dass allein durch die Zusendung unbestellter Leistungen nach altem Recht keine vertraglichen Ansprüche gegen den Empfänger begründet wurden, mithin keine Gegenleistungspflicht entstand. Gesetzliche Ansprüche des Versenders gegenüber dem Empfänger, insbesondere der Eigentumsherausgabeanspruch nach § 985 und kondiktionsrechtliche Ansprüche nach §§ 812 ff., blieben vom Ausschluss vertraglicher Ansprüche indes unberührt. Nutzungs- und Schadensersatzansprüche aus EBV wurden dem Versender nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zugestanden, so insbesondere bei einer ungerechtfertigten Verweigerung des Empfängers die Sache herauszugeben[8]. Das heißt, dass der Empfänger durch den alleinigen Ausschluss vertraglicher Ansprüche, einer gewissen rechtlichen Unsicherheit ausgesetzt war. Denn hinsichtlich möglicher gesetzlicher Sekundäransprüche des Versenders, konnte der Empfänger die Sache nicht ohne weiteres der Zerstörung überlassen, so dass ihn im Zweifel eine Aufbewahrungspflicht traf.

2) Überschießende Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie?:

Weiter ist zu fragen, ob angesichts der beschriebenen alten Rechtslage nicht bereits die, von der Fernabsatzrichtlinie geforderten, Vorgaben erfüllt waren und überhaupt ein Ausschluss aller Ansprüche erforderlich war. Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Auslegung des Begriffes „jedwede Gegenleistung“ in Art. 9 der Richtlinie. Zweck der Richtlinie ist der Schutz des Verbrauchers vor wettbewerbswidrig agierenden Unternehmern. Demnach ist fraglich, ob die Richtlinie allein darauf zielt, den Empfänger vor konkludenten Vertragsschlüssen zu bewahren. In diesem Fall wäre eine dahingehende Auslegung vorzuziehen, die nur synallagmatisch verknüpfte Gegenleistungen meint[9].

Bezweckt die Richtlinie darüber hinaus jedoch auch eine Sanktionierung des unternehmerischen Verhaltens, so ist „jedwede Gegenleistung“ zumindest dahingehend zu verstehen, dass der Empfänger sich der Sache folgenlos entledigen können muss, ohne etwaigen gesetzlichen Sekundäransprüchen ausgesetzt zu sein. Nichtsdestoweniger umfasst allein der Begriff „Gegenleistung“ vom Wortlaut her nur solche Ansprüche, die in irgendeiner Form auf einem Vertrag basieren, nicht aber alle gesetzlichen Ansprüche. Ziel der Richtlinie ist es demnach, den Verbraucher von allen vertraglichen bzw. vertragsähnlichen Verpflichtungen freizustellen, die in Verbindung mit einer unbestellten Warenzusendung oder Dienstleistungserbringung entstehen können. Zur Erreichung eines effektiven Verbraucherschutzes ist es nicht notwendig, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu kodifizieren. Dies zeigen auch die Parallelvorschriften in anderen EU Mitgliedsstaaten, die in aller Regel nur alle vertraglichen Gegenleistungen ausschließen. Grund für den Ausschluss aller gesetzlichen Ansprüche durch den deutschen Gesetzgeber, war u.a. die Problematik des Wegwerfens der Sache. Hier wollte der Gesetzgeber den Verbraucher aus Angst vor Umsetzungsdefiziten, auch von Schadensersatzansprüchen freistellen. Es hätte jedoch Alternativen gegeben, wie sich an den Parallelvorschriften aus Österreich und der Schweiz zeigt. Hier haben die nationalen Gesetzgeber eine eindeutige Formulierung in den Normtext aufgenommen, dass der Empfänger sich der Sache entledigen kann[10]. Somit ist der Verbraucher für den relevanten Fall des Wegwerfens vor gesetzlichen Sekundäransprüchen geschützt.

Das heißt, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem Ausschluss sämtlicher Ansprüche in § 241a über die Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie hinausgegangen ist. Wie oben dargestellt, war nach bisheriger Rechtslage ein ausreichender zivil- und wettbewerbsrechtlicher Verbraucherschutz gegeben. Umsetzungsbedarf bestand allein hinsichtlich der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten beim Wegwerfen der Sache. § 241a geht demnach weit über die Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie hinaus[11].

III. Anwendungsbereich:

1) Persönlicher Anwendungsbereich:

Da es sich bei § 241a um eine Verbraucherschutzbestimmung handelt, ist diese nur einschlägig, wenn es sich um eine unbestellte Leistungserbringung eines Unternehmers gemäß § 14 gegenüber einem Verbraucher nach § 13 handelt[12]. Dies macht bereits § 241a I unmissverständlich deutlich. Dabei definiert § 13 einen Verbraucher als jede Person, die ein Rechtsgeschäft zu nicht gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken abschließt. Unternehmer ist dagegen gemäß § 14 jede natürliche und juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die ein Rechtsgeschäft zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken abschließt. Problematisch ist, dass die §§ 13, 14 sich auf ein bereits getätigtes Rechtsgeschäft beziehen, § 241a aber auf die Vertragsanbahnung gerichtet ist. Dies ist bei Unternehmern nicht weiter schwierig, da eine unbestellte Warenzusendung in den seltensten Fällen nicht gewerblichen Zwecken dient und dem Versender unproblematisch zugerechnet werden kann[13]. Da der Verbraucher hingegen kein Rechtsgeschäft vornimmt, sondern nur rein passiv ohne jede Zweckgerichtetheit die Leistung empfängt, ist der Zweck seines Handelns nur schwer feststellbar. Es muss demnach im Rahmen des § 241a für die Bestimmung einer Person als Verbraucher eine hypothetische Beurteilung vorgenommen werden. So ist zu fragen, ob die Leistung der privaten oder der gewerblichen beruflichen Tätigkeit des Empfängers zuzurechnen wäre, wenn er das Angebot angenommen hätte[14]. Diese hypothetische Bestimmung des Verbraucherbegriffes ist natürlich mehr als ungenau, da nur bei solchen Leistungen eine eindeutige Zuordnung erfolgen kann, welche ausschließlich für private oder berufliche Zwecke verwendet werden können. Kriterium dafür, ob der Empfänger als Verbraucher qualifiziert werden kann, ist zum einen, ob die Sendung an die Privat- oder Geschäftsräume adressiert ist. Zum anderen ist es möglich, auf die Zielsetzung des Absenders abzustellen und dann eine Verbrauchereigenschaft anzunehmen, wenn der Empfänger nach Vorstellung des Absenders mit der Leistung private Zwecke verfolgen sollte[15]. Wobei letztere Variante Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, da der Versender im Zweifel behaupten wird, dass die Sendung beruflichen Zwecken dient.

Da sich anhand der genannten Kriterien in der überwiegenden Anzahl der Fälle keine eindeutigen Ergebnisse erzielen lassen, ist im Zweifel immer davon auszugehen, dass der Empfänger Verbraucher ist, um etwaigen Rechtsunsicherheiten vorzubeugen.

Der persönliche Anwendungsbereich des § 241a umfasst grundsätzlich nur die unbestellte Leistungserbringung eines Unternehmers gegenüber einem Verbraucher. Bei anderen Personenkonstellationen ist die bisherige Rechtslage anwendbar[16].

2) Sachlicher Anwendungsbereich:

Im Mittelpunkt der Qualifizierung des sachlichen Anwendungsbereiches der Vorschrift, steht der Begriff der unbestellten Leistung. Deshalb gilt es herauszuarbeiten, wann eine unbestellte Leistung gegeben ist und wann eine Bestellung des Verbrauchers vorliegt.

a) Abgrenzung einer bestellten von einer unbestellten Leistung:

aa) Leistung:

Die Definition des Leistungsbegriffes im Sinne der Norm macht die wenigsten Schwierigkeiten. Als Oberbegriff erfasst Leistung sowohl die Zusendung von Sachen gemäß § 90, als auch die Erbringung sonstiger Leistungen wie etwa solche aus Dienst- oder Werkvertrag[17].

bb) Bestellte Leistung:

Eine bestellte Leistung setzt mindestens das Einverständnis des Empfängers voraus. Sie erfordert weiterhin ein aktives bzw. zurechenbares Vorverhalten des Empfängers[18]. Dies kann einerseits in einem verbindlichen Angebot des Verbrauchers auf Abschluss eines verpflichtenden Vertrages bestehen oder in einer invitatio ad offerendum. Andererseits aber ebenso bei einer unverbindlichen Anforderung einer Sache zur Ansicht, wie es etwa häufig bei Büchern der Fall ist[19]. Selbst Rahmenvereinbarungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, welche die periodische Zusendung von Waren vorsehen, sind immer bestellte Leistungen[20].

(1) Anfechtung bei einer bestellten Leistung:

Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob eine wirksame Anfechtung des Empfängers nach §§ 119 ff. die bestellte, ex-tunc zu einer unbestellten Leistung macht. Dies ist nach h.M. eindeutig zu verneinen[21]. Denn durch eine einmal erfolgte zurechenbare Anforderungshandlung des Empfängers entfällt bereits der Schutzzweck der Vorschrift, weil dann schon kein wettbewerbswidriges Verhalten des Versenders gegeben ist. Ein wettbewerbswidriges Handeln des Unternehmers kann nicht durch die Rückwirkungsfiktionen des BGB erzeugt werden. Gleiches gilt für Fälle versteckten Dissenses[22].

(2) „Nachträgliche Bestellung“:

Es kann sich, im Gegensatz zur Anfechtung, unter Umständen bei einer zunächst unbestellt zugesandten Leistung trotzdem um eine bestellte Leistung handeln. Diese Konstellation ist dann anzunehmen, wenn der Empfänger, wider erwarten, doch Verwendung für die Lieferung hat und diese bewusst bezahlen möchte. Erforderlich ist aber, dass der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer ausdrücklich oder konkludent seinen Annahmewillen kundtut, etwa durch Zahlung des Preises. Denn würde bereits bei der bloßen Ingebrauchnahme der Sache durch den Empfänger ein konkludenter Vertragsschluss angenommen werden, wäre der Schutzzweck des § 241a verfehlt. Das heißt, der Anwendungsbereich des § 241a ist nur in ersterem Fall nicht eröffnet, da keine Schutzbedürftigkeit des Empfängers besteht[23].

cc) Unbestellte Leistung:

In Anbetracht der Darstellungen zur bestellten Leistungen, lässt sich das Vorliegen einer unbestellten Leistung negativ dahingehend formulieren, dass diese immer dann vorliegt, wenn nicht die Tatbestandsmerkmale einer bestellten Leistung erfüllt sind. Vereinfacht gesagt liegt grundsätzlich eine unbestellte Leistung vor, wenn die Erbringung der Leistung dem Empfänger in keiner Weise zugerechnet werden kann. Das ist immer dann anzunehmen, wenn kein aktives Vorverhalten des Verbrauchers, hinsichtlich einer Bestellungs- oder Anforderungshandlung, ersichtlich ist.

[...]


[1] §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB.

[2] Vgl. Schwarz NJW 2001, 1449 (1449).

[3] Vgl. ABl. EG Nr. L 144, S. 19.

[4] Vgl. Looschelders AT, Rn. 102.

[5] Vgl. Bülow/Artz NJW 2000, 2049 (2056); Lorenz JuS 2000, 833 (841).

[6] Casper ZIP 2000, 1602 (1603); Schwung JuS 1985, 449 (450); Berger JuS 2001, 649 (650).

[7] MüKo- Kramer § 151 Rn. 54.

[8] Schwung JuS 1985, 449 (451); Lange JuS 1997, 431 (434); Roth JuS 1997, 518 (521).

[9] Vgl. Flume ZIP 2000, 1427 (1429).

[10] Vgl. MüKo- Kramer § 241a, Rn. 2.

[11] Palandt- Heinrichs § 241a, Rn.1; Jauernig- Vollkommer § 241a, Rn.1. Heinrichs

[12] Sog. B-to-C Geschäfte.

[13] Vgl. Berger JuS 2001, 649 (651).

[14] Berger JuS 2001, 649 (651).

[15] JuS Lern CD I- Riehm, Rn. 55.

[16] Deckers NJW 2001, 1474 (1474).

[17] Jauernig- Vollkommer § 241a, Rn. 2.

[18] Vgl. Palandt- Heinrichs § 241a, Rn. 2a; BaRo- Grüneberg § 241a, Rn. 6.

[19] Jauernig- Vollkommer § 241a, Rn. 3; Berger JuS 2001, 649 (651).

[20] MüKo- Kramer § 241a, Rn. 7.

[21] Palandt- Heinrichs § 241a, Rn. 2a; BaRo- Grüneberg § 241a, Rn. 6; AnwK- Krebs § 241a, Rn. 12; MüKo- Kramer § 241a, Rn. 7; Jauernig- Vollkommer § 241a, Rn. 3.

[22] MüKo- Kramer § 241a, Rn. 7.

[23] Lorenz JuS 2000, 833 (841); Sosnitza BB 2000, 2317 (2323); Schwarz NJW 2001, 1449 (1451).

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Details

Titel
Zusendung unbestellter Waren § 241a BGB
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Veranstaltung
Seminar zum Zivilrecht
Note
15 Punkte
Autor
Jahr
2005
Seiten
30
Katalognummer
V60080
ISBN (eBook)
9783638538398
ISBN (Buch)
9783656812050
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Seminararbeit erläutert umfassend die Vorschrift des § 241a BGB inkl. aller Folgeprobleme, die sich bei der Anwendung der Vorschrift stellen können.
Schlagworte
Zusendung, Waren, Seminar, Zivilrecht
Arbeit zitieren
Felix Hüsken (Autor:in), 2005, Zusendung unbestellter Waren § 241a BGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60080

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