Die Geschichte der BSG 'Aufbau Börde' Magdeburg von 1949-1955 unter besonderer Berücksichtigung ihres Förderers Hermann Erdwig


Examensarbeit, 2005

133 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Abriss der Sportentwicklung in der SBZ bis zur Gründung des Deutschen Sportausschusses unter besonderer Berücksichtigung der Magdeburger Verhältnisse
2.1 Vorbemerkungen
2.2 Anmerkungen zur Rechtslage des deutschen Sports nach dem Ende des
2. Weltkrieges
2.3 Der Beginn des organisierten Sports in der SBZ auf kommunaler Ebene
2.4 Der FDJ-Sport als Zwischenlösung
2.5 Die Gründung des deutschen Sportausschusses im Oktober 1948
2.6 Die Sportentwicklung in Magdeburg vom Ende des Krieges bis zur Gründung
des Deutschen Sportausschusses

3 Die Gründung der BSG Börde – Alte Neustadt und ihre Entwicklung unter der Leitung Hermann Erdwigs
3.1 Vorbemerkungen
3.2 Die Gründung der BSG „Börde – Alte Neustadt“ im April 1949
3.3 Die Organisationsstruktur der BSG Börde – Alte Neustadt
3.4 Die Entwicklung der BSG Börde – Alte Neustadt bis zum Rücktritt Hermann Erdwigs im Dezember 1949

4 Die Sportpolitik der DDR von 1950 bis 1955 und deren Auswirkungen auf die Betriebssportgemeinschaften
4.1 Reorganisation des Sports auf Produktionsbasis – der Weg der „BSG Börde“
zur „BSG Aufbau Börde“
4.2 Die Einrichtung des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport
4.3 Die verstärkte Förderung des Leistungssports ab 1952

5 Die Entwicklung der BSG Aufbau Börde von 1950 bis 1955
5.1 Mitglieder und Sektionen
5.2 Die (Zusammen-)Arbeit von BSG-Führung und Sektionsleitungen
5.3 Die Sportstätten der BSG und das Verdienst Hermann Erdwigs
5.4 Die Einrichtung und die Arbeit von Schwerpunkten des Leistungssports
bei der BSG Aufbau Börde
5.5 Die Gründung des SC Aufbau Magdeburg und deren Auswirkungen auf
die BSG Aufbau Börde

6 Die BSG Aufbau Börde im Spiegel der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der DDR
6.1 Vorbemerkungen
6.2 Der Versuch der politischen Instrumentalisierung des Sports – die BSG Aufbau Börde und die Volkskammerwahlen von 1950 und 1954
6.3 Die BSG Aufbau Börde und der 17. Juni 1953 in Magdeburg
6.3.1 Der Verlauf des 17. Junis in Magdeburg
6.3.2 Die BSG Aufbau Börde am Vorabend des 17. Junis
6.3.3 Der 17. Juni im Zusammenhang mit der BSG Aufbau Börde
6.3.4 Die Auswirkungen der Juni-Ereignisse auf die BSG.
6.4 Deutsch-deutsche Sportbeziehungen
6.4.1 Der gesamtdeutsche Sportverkehr in der Zeit von 1949 bis 1955.
6.4.2 Die gesamtdeutschen Sportbeziehungen der BSG Aufbau Börde..

7 Zusammenfassung

8 Quellenverzeichnis

9 Literaturverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Versicherung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Auch wenn der Titel dieser Arbeit auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich erscheint, so sollen in Bezug auf dessen Zustandekommen doch einige wenige Worte verloren werden.

Nach ersten Gesprächen mit Dr. Karl-Heinz Kühling, seines Zeichens ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, war zunächst geplant, den Titel dieser Arbeit ausschließlich auf das Leben Hermann Erdwigs und dessen Bedeutung für den Magdeburger Sport auszurichten. Nach ersten Recherchen in den Sammlungen des Landessportbundes musste von diesem Vorhaben aber wieder Abstand genommen werden, da die diesbezügliche Quellengrundlage deutlich zu schmal war. Einen Ausweg aus dieser Situation bot dann der durch Dr. Kühling hergestellte Kontakt zu Franz Strube. Als ehemaliger Aktiver der BSG Aufbau Börde und noch heute in deren Nachfolgeverein, dem Magdeburger Sportverein Börde (MSV Börde), tätig, besitzt Strube umfangreiches Aktenmaterial aus der Vergangenheit der BSG. Deren erster Vorsitzender war im Jahr 1949 kein anderer als eben Hermann Erdwig. Ausgehend von dieser Verbindung wurde schließlich das Thema dieser Arbeit erschlossen. Da das Aktematerial Strubes weitaus ergiebiger ist als die Quellen zur Person Erdwigs, wurde der Entschluss gefasst, der Geschichte der BSG den Vorrang einzuräumen und die Person in diesem Zusammenhang besonders zu berücksichtigen. Wie im Folgenden zu sehen sein wird, lässt die Quellenlage diese Herangehensweise jedoch nicht immer und überall zu.

Vorweg möchte sich der Verfasser bei all jenen Personen bedanken, die einen Beitrag zum Entstehen dieser Arbeit geleistet haben. Da wären zunächst Dr. Karl-Heinz Kühling sowie Franz Strube zu nennen, die umfangreiches Quellenmaterial zur Verfügung gestellt haben. In diesem Zusammenhang sei auch den Mitarbeitern des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt (Magdeburg) und des Stadtarchivs Magdeburg gedankt. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Joachim Rudolph, der mir bereitwillig Rede und Antwort stand. Abschließend gilt mein Dank Dr. Michael Thomas für die Betreuung der Arbeit sowie Conny Baumann und Tobias Jantz für deren unermüdliche und bisweilen recht spitzfindige Kritik.

Magdeburg, im Juli 2005 Sebastian Knobbe

1 Einleitung

In der DDR reichte der totalitäre Herrschaftsanspruch der SED bis in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Dieses „Hineinregieren“ der Staatspartei schloss eine Selbstbestimmung von Organisationen und sozialen Gruppen weitestgehend aus. Dabei wurde der Bereich des Sports von den SED-Funktionären keinesfalls ausgeklammert. Im Gegenteil, der Sport und die ihm zugedachte Rolle im Staat und in der Gesellschaft sind historisch ohne Pendant. Laut Krüger (1993) war der Sport nie zuvor von einem Staat so stark gefördert worden, und noch nie hatte er so ausgeprägt als Stütze eines Regimes gedient, wie dies in der DDR der Fall war (S.173). Für Gallinat (1997) war die politisch instrumentalisierte Körperkultur das am weitesten entwickelte Subsystem der DDR (S.11).

Der Untergang der DDR im Jahre 1990 bedeutete auch für das Subsystem Sport das abrupte Ende seiner Existenz. Seitdem bildete die Geschichte des DDR-Sports mehr als nur einmal den Gegenstand von mal mehr und mal weniger wissenschaftlichen Publikationen. Die Öffnung der ostdeutschen Archive und das gewachsene öffentliche Interesse am DDR-Sport sorgten nach 1989/90 für eine regelrechte Flut von Veröffentlichungen zum DDR-Sportsystem. Drohte dabei zunächst eine Verengung auf die medial reüssierenden Themen „Doping“ und „Stasi“, so gelang es nicht zuletzt durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel, eine breitere Forschung zu initiieren. Auf diese Weise konnten gerade in den letzten Jahren auch weniger medienbelastete Bereiche des DDR-Sports (etwa der Alltags- oder der Schulsport) thematisiert werden. Dennoch weist auch der derzeitige Forschungsstand noch unverkennbare Lücken auf. Insbesondere regionale und biografische Arbeiten sowie Forschungen zur Geschichte einzelner Institutionen stehen überwiegend aus. Ein weiteres Defizit besteht u.a. darin, dass neuere Forschungen zum gesamten Komplex des Betriebssports fehlen (vgl. Becker 2001b, S.51-52).

Genau diese Bereiche der DDR-Sportgeschichte bilden die Eckpfeiler der vorliegenden Arbeit: Es wird die Entwicklung einer Magdeburger Betriebssportgemeinschaft (BSG) in den ersten Jahren ihres Bestehens untersucht. In diesem Zusammenhang wird ein besonderes Augenmerk auf den ersten 1. Vorsitzenden der BSG, Hermann Erdwig, gelegt. Den zeitlichen Rahmen der Arbeit bilden im Großen und Ganzen die Jahre 1949 und 1955. Während das Jahr 1949 das Gründungsjahr der BSG markiert, bringt das Jahr 1955 durch die Einrichtung des SC Aufbau Magdeburg eine wesentliche Zäsur mit sich. Durch die Herauslösung des Leistungssports aus der BSG begann für die Sportgemeinschaft in diesem Jahr ein neuer Entwicklungsabschnitt. Angemerkt sei noch, dass die zeitlichen Grenzen im Folgenden nicht immer dogmatisch eingehalten werden können. So ist es z.B. selbstverständlich, dass auch die Zeit unmittelbar vor der BSG-Gründung mit berücksichtigt werden muss. Nur so ist es möglich, sowohl den Zeitpunkt als auch die Ursachen für die Gründung verständlich zu machen.

Um die Geschichte der BSG im besagten Zeitraum angemessen und nachvollziehbar aufarbeiten zu können, ist es nicht damit abgetan, einen chronologischen Werdegang der BSG zu liefern. Eine solche Vorgehensweise korrespondiert weder mit dem Charakter und schon gar nicht mit dem Ziel dieser Arbeit. Will man die Geschichte der BSG von Grund auf erarbeiten – und genau darum soll es ja gehen – so darf sie nicht für sich betrachtet werden. Ihre Entwicklung kann nur vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse sowie unter besonderer Berücksichtigung der Sportentwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. in der DDR gesehen werden. Nur mit Rücksichtnahme auf die gesellschaftshistorischen Implikationen kann es gelingen, eine BSG-Geschichte zu verfassen, deren Aussagewert über die Aneinanderreihung der erreichten sportlichen Erfolge hinausreicht. Dennoch darf dabei nicht der Fehler begangen werden, die BSG Aufbau Börde aus dem Focus der Betrachtungen zu verlieren. Um diesem Anspruch zu genügen, wird in der Arbeit folgendermaßen verfahren:

Bevor im Speziellen auf die BSG Aufbau Börde eingegangen werden kann, gilt es zunächst der Frage nachzugehen, wieso es gerade im Jahre 1949 zu deren Gründung kommen konnte. In diesem Zusammenhang wird die Aufmerksamkeit auf die Sportentwicklung in der SBZ gerichtet. Das Anliegen dieses Kapitels besteht darin, einen Abriss über die strukturelle Sportentwicklung in der SBZ bis zur Gründung des Deutschen Sportausschusses im Oktober 1948 zu geben. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die institutionelle Entwicklung des Magdeburger Sports gelegt, da diese einige Besonderheiten aufzuweisen hat. Nur auf der Grundlage dieser Kenntnisse ist es möglich, die Gründung der BSG im Jahre 1949 nachzuvollziehen, welche den Gegenstand des dritten Kapitels bildet. Neben der Gründung der BSG Börde – Alte Neustadt (die Umbenennung in die BSG Aufbau Börde erfolgte erst später) wird auch deren Aufbau und ihre Entwicklung unter ihrem 1. Vorsitzenden Hermann Erdwig bis zum Ende des Jahres 1949 untersucht. Dabei wird gezeigt, welchen Weg die BSG in den ersten Monaten ihres Bestehens einschlug und mit welchen Problemen man sich hier konfrontiert sah. Im vierten Kapitel wird der Blickwinkel der Untersuchungen erneut ausgeweitet, wobei der Bezug zur BSG gewahrt bleibt. Im Mittelpunkt steht hier die DDR-Sportpolitik zwischen 1950 und 1955. Es gilt zu verdeutlichen, welche Ziele mit der Reorganisation des Sports auf Produktionsbasis, der Gründung des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport und der Bildung von Schwerpunkten des Leistungssports bzw. der Errichtung von Sportclubs verfolgt wurden. Des Weiteren werden die sich aus diesen Beschlüssen für die BSGen der DDR ergebenden Konsequenzen analysiert. Die so gewonnenen Erkenntnisse besitzen dann speziell für das fünfte Kapitel Voraussetzungscharakter. In diesem umfangreichsten Teil der Arbeit wird sich mit verschiedenen Indikatoren der BSG-Entwicklung bis zum Jahre 1955 auseinandergesetzt. Zu Beginn wird hier ein Blick auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen und der Sektionen geworfen. Im Anschluss daran wird die Arbeitsweise der BSG-Leitung und der Sektionen kritisch betrachtet. Zudem werden jene Konsequenzen diskutiert, die sich für die BSG infolge der Gründung des SC Aufbau Magdeburg ergaben. Ganz besonderes Interesse wird außerdem der Sportstättensituation bei der BSG entgegengebracht. Diesbezüglich wird danach gefragt, wie sich die Trainings- und Wettkampfbedingungen im untersuchten Zeitraum veränderten und welchen Einfluss Hermann Erdwig hierauf hatte. Das abschließende Kapitel ist dann der erwähnten Tatsache geschuldet, dass die Geschichte der BSG nur mit Rücksicht auf die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der Zeit erklärt werden kann. Eingangs soll anhand der Volkskammerwahlen von 1950 und 1954 untersucht werden, wie man seitens der Staatsführung und der ihr untergeordneten Institutionen versuchte, die Mitglieder der BSG im Vorfeld der Wahlen von der richtigen Entscheidung zu „überzeugen“. Anschließend wird danach gefragt, in welcher Weise die Angehörigen der BSG an den Ereignissen des 17. Junis in Magdeburg beteiligt waren. An dieser Stelle wird auch überprüft, ob es innerhalb der BSG schon vor den Geschehnissen eventuelle Hinweise auf die bevorstehende Krise gab. Schließlich werden die Folgen besprochen, die sich aus der Juniereignisse für die BSG ergaben. Im letzten Punkt des sechsten Kapitels geht es dann um die deutsch-deutschen Sportbeziehungen der BSG. Hierbei steht die Entwicklung dieser Kontakte im Mittelpunkt des Interesses. Außerdem gilt es zu ermitteln, ob sich die von der SED-Regierung bzw. von der Sportführung initiierte Politisierung der gesamtdeutschen Sportkontakte bis auf die Ebene der BSG ausgewirkt hat oder nicht.

Hinsichtlich der verfügbaren Literatur muss grundsätzlich zwischen solchen Schriften unterschieden werden, die sich explizit mit der Geschichte der BSG Aufbau Börde befassen und jenen Veröffentlichungen, welche die Sportentwicklung der SBZ bzw. der DDR zum Gegenstand haben. Was den letztgenannten Bereich angeht, der ja auch für die vorliegende Arbeit von Interesse ist, erweist sich die Literaturlage als vergleichsweise gut. Gerade von der neuesten Forschung wurde vorzugsweise die Genese der Sportstruktur in der SBZ und dann in der DDR recht ausführlich behandelt, wobei jedoch die oben genannten Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Für die Kapitel zwei, vier und sechs dieser Arbeit werden vornehmlich die Sammelbände von Becker und Buss (2001), Fiebelkorn et al. (2002), Nitsch und Peiffer (1995) sowie die Monografie von Gallinat (1997) herangezogen. Neben diesen und weiteren Publikationen werden punktuell auch die Ergebnisse der älteren Forschung mit berücksichtigt (u.a. Ehmke (1958), Kühnst (1982), Nicklaus (1982)).

Zur Geschichte der BSG Aufbau Börde liegen weder von der neueren noch von der älteren Forschung wissenschaftliche Abhandlungen vor. Einzig eine zu Ehren des 40. Geburtstages verfasste Chronik der BSG sowie eine vom MSV Börde herausgegebene Festschrift anlässlich des 50-jährigen Vereinsjubiläums befassen sich mit der Geschichte der Sportgemeinschaft (vgl. „40 Jahre BSG Aufbau Börde“, 1989; „50 Jahre MSV Börde Magdeburg 1949 e.V.“, 1999)[1]. Obwohl diese Arbeiten wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, enthalten sie dennoch die eine oder andere relevante Information. Allerdings hat man sich beim Umgang mit diesen Schriften stets deren Veröffentlichungszweck vor Augen zu halten. Ähnliches trifft auch auf jene Broschüre zu, die das Spezialbaukombinat Madeburg im Jahre 1984 zur Erinnerung an Hermann Erdwig, dem ersten Generaldirektor des Betriebs, herausbrachte. Obwohl Erdwigs Bedeutung für die BSG hier nur beiläufig erwähnt wird, ist diese Schrift von großem Wert, da sie Erdwigs Leben von seiner Geburt bis zu seinem Tode nachzeichnet. Abschließend sei noch die Diplomarbeit von Meinecke und Musial aus dem Jahre 1982 angeführt. Zwar beschäftigt sich diese Arbeit nicht mit der Geschichte der BSG, dennoch bietet sie aufgrund ihres Gegenstandes (die Entwicklung der Volkssportbewegung in Magdeburg 1945-1961) einige Auskünfte, die zumindest indirekte Hinweise auf die Umstände der BSG-Gründung im Jahre 1949 liefern. Darüber hinaus ist auch der dieser Arbeit beigefügte Dokumentenanhang von Interesse, der die vorhandene Quellengrundlage erweitert.

Wenn man die gesellschaftspolitische Rolle des Sports in der DDR in Betracht zieht, sollte es normalerweise unproblematisch sein, genügend Quellenmaterial für seine Erforschung vorzufinden. Für die Zeit der Vorgeschichte und der Gründerjahre der DDR trifft diese Aussage aber nicht zu. Durch den häufigen Wechsel der Verantwortungsträger für den Sport in den Jahren 1945 bis 1948 kam es zu einer gewaltigen Streuung des Archivmaterials. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sowohl im Stadtarchiv Magdeburg als auch im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (Magdeburg) kaum Akten zur Frühzeit der BSG Aufbau Börde verfügbar sind. Um dennoch zu gesicherten Aussagen zu gelangen, mussten die Sammlungen des Landessportbundes Sachsen-Anhalt sowie das private „Archiv“ von Franz Strube herangezogen werden. Während in den Sammlungen des Landessportbundes insbesondere Quellen zum Leben Hermann Erdwigs erschlossen werden konnten, ist das Quellenmaterial von Strube gerade für die Geschichte der BSG von unschätzbarem Wert. In Strubes „Quellensammlung“ befinden sich zahlreiche Protokolle der (erweiterten) Leitungssitzungen der BSG aus den Jahren 1949 bis 1954. Der einzige Makel hieran ist, dass diese Protokolle nicht lückenlos vorhanden sind. So fehlen etwa für das Jahr 1950 sämtliche Protokolle. Auch für die Jahre 1949, 1951 und 1952 sind sie nur punktuell überliefert. Dennoch bieten diese Protokolle sowie die ebenfalls sporadisch enthaltene Korrespondenz der BSG die wesentliche Quellenbasis für diese Arbeit. Des Weiteren werden die wenigen Akten aus dem Landeshauptarchiv und dem Stadtarchiv, die Sammlungen des Landessportbundes, der Dokumentenanhang der Arbeit von Meinecke und Musial (1982) sowie einige Berichte aus der Tagespresse mit berücksichtigt.

Für die Geschichte des Sports in der SBZ/DDR wurden zusätzlich die Quellensammlung von Frost, Heise, Liebold, Melchert und Simon (1991) sowie der Dokumentenanhang von Becker und Buss (2001) einbezogen.

2 Abriss der Sportentwicklung in der SBZ bis zur Gründung des Deutschen Sportausschusses unter besonderer Berücksichtigung der Magdeburger Verhältnisse

2.1 Vorbemerkungen

Bevor die Geschichte der BSG Aufbau Börde im Speziellen untersucht werden kann, erweist es sich als hilfreich, vorab einige grundlegende Informationen zur Genese des Sports in der SBZ im Zeitraum von 1945 bis 1948 zu reichen. Dabei wird im Wesentlichen über die strukturell-institutionelle Entwicklung des Sports zu sprechen sein. Diese Vorgehensweise ergibt sich aus dem Tatbestand, dass die Gründung der „BSG Börde – Alte Neustadt Magdeburg“ (später BSG Aufbau Börde Magdeburg) im Frühjahr 1949 nur dann nachvollzogen werden kann, wenn man über die vorangegangenen Ereignisse informiert ist. Das Anliegen des Verfassers besteht aufgrund dessen darin, einen exemplarischen bzw. um mit den Worten Max Webers zu sprechen, einen idealtypischen Überblick zur Strukturgeschichte des Sports der SBZ bis in den Herbst 1948 zu geben. Auf regionale Unterschiede kann und soll dabei, wenn überhaupt, nur am Rande eingegangen werden[2]. Eine Ausnahme bildet hier der letzte Abschnitt des Kapitels, dessen Focus sich ausschließlich auf die Organisation des Magdeburger Sports im besagten Zeitraum richtet.

2.2 Anmerkungen zur Rechtslage des deutschen Sports nach dem Ende des 2. Weltkrieges

Nach dem Kriegsende war die Situation des Sports in ganz Deutschland vergleichbar. Die Sportorganisation der Nationalsozialisten war zusammengebrochen, unzählige Sportler hatten in den Wirren des Krieges ihr Leben verloren und die materiellen Hinterlassenschaften erwiesen sich als katastrophal: Viele Sportstätten waren zerstört, andere wurden noch während oder unmittelbar nach Kriegsende zweckentfremdet, so dass sie den Sportlern nicht mehr zur Verfügung standen. Zur besseren Veranschaulichung der Situation soll hier die Einschätzung des Leiters des kommunalen Hauptsportamtes in Berlin, Horst Müller, vom 19. November 1945 herangezogen werden:

Um das Ausmaß der Zerstörung der Berliner Sportstätten ermessen zu können, seien folgende Zahlen genannt: Von 416 Berliner Turnhallen sind 301 vollständig, bzw. teilzerstört ... Ähnlich sieht es mit den Berliner Sportplätzen aus ... Die Schwimmanlagen haben besonders schwer gelitten. Von 12 Schwimmhallen konnten bis jetzt nur 3 dem Sportbetrieb zur Verfügung gestellt werden. (Beier, 1956, S.274-275, zit. nach Nicklaus, 1982, S.24)

In vielen anderen Städten, insbesondere natürlich in denjenigen, die von den alliierten Bombenangriffen besonders betroffen waren, bot sich das gleiche Bild: So waren auch hier viele Turnhallen entweder zerstört oder wurden beispielsweise als Notunterkünfte benutzt. Die Spielfelder der Sportplätze wurden nicht selten zu Kleingärten oder Aufstellplätzen für Baracken und Wagenparks umfunktioniert. Hinzu kamen die Probleme in der Beschaffung von Sportbekleidung oder von Sportgeräten (vgl. Nicklaus, 1982, S.23-24).

Trotz dieser wenig günstigen Voraussetzungen fanden sich vielerorts schnell Sportler zusammen und bereiteten die Wiederaufnahme des Sportbetriebes vor. Dies war indes nicht allein aufgrund der beschriebenen Situation mühevoll, denn wie alle anderen Bereiche des öffentlichen Lebens unterlag auch der Sport nach Kriegsende einer strengen Gesetzgebung durch die Besatzungsmächte (vgl. Keiderling, 1995, S.156-157).

Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass der Bereich des Sports in der Politik der Besatzungsmächte anfangs eine untergeordnete Rolle spielte. Aufgrund dessen ist es auch nicht verwunderlich, dass die alliierten Gesetze und Verordnungen den Sport zunächst nur indirekt durch die Prozesse der Entnazifizierung und Entmilitarisierung berührten. Als Beispiel hierfür kann der Befehl Nr. 1 des Chefs der Besatzung in Berlin vom 28. April 1945 angesehen werden, der die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) samt der ihr unterstellten Organisationen verbot. Dadurch wurde der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) sowie die von ihm geführten Verbände und Vereine ebenfalls verboten. Zwar galt der Befehl nur für Berlin, doch folgten in anderen Teilen der SBZ ähnliche Regelungen, die sich an der Berliner Verordnung orientierten (vgl. Gallinat, 1997, S.28). Einheitliche Bestimmungen für das Sportwesen sollte es erst infolge der Konstituierung des Alliierten Kontrollrates am 30. Juli 1945 geben. Neben anderen trugen v.a. das Gesetz Nr. 2 (10. Oktober 1945) über die Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen und das Gesetz Nr. 8 (30. November 1945) über die Ausschaltung und das Verbot der militärischen Ausbildung zur vollständigen Liquidierung der nationalsozialistischen Sportstruktur bei. Durch derlei Maßnahmen wurde versucht, dem erneuten Missbrauch des Sports für militaristische und reaktionäre Zwecke von vornherein einen Riegel vorzuschieben (vgl. Keiderling, 1995, S.157).

Im Zusammenhang mit der Rechtssituation des deutschen Sports nach dem 2. Weltkrieg muss noch eine weitere, für die gesamtdeutsche Sportentwicklung nach 1945 nicht unerhebliche Richtlinie besprochen werden. Das Koordinierungskomitee des Alliierten Kontrollrates erließ am 17. Dezember 1945 die Direktive Nr. 23 über die „Beschränkung und Entmilitarisierung des Sportwesens in Deutschland“. Diese enthielt nochmals explizit das Verbot aller „vor der Kapitulation in Deutschland bestehenden sportlichen, militärischen oder paramilitärischen athletischen Organisationen“ und verfügte ihre Auflösung bis spätestens 1. Januar 1946 (Frost et al., 1991, D.6, S.8)[3]. Auf der anderen Seite machte die Direktive zugleich Zugeständnisse an den deutschen Sport. So gestattete sie das Bestehen nichtmilitärischer Sportorganisationen örtlichen Charakters unter der Voraussetzung, dass die lokalen Besatzungsbehörden diese zuließen. Ergänzend wurde hinzugefügt, dass diese Organisationen den Kreismaßstab nicht übersteigen durften, sollte der Zonenbefehlshaber dies nicht gestatten. Erlaubt waren dabei nur solche Sportarten, denen keinerlei militärische Bedeutung beigemessen werden konnte (vgl. Frost et al., 1991, D.6, S.8-9).

Die praktische Umsetzung der Direktive lag in den Händen der eingesetzten Kommandanten. Gallinat (1997) stellt hierzu fest, dass der Direktive Nr. 23 in vielen Quellen und Zeitzeugengesprächen eine große Wirkung zugesprochen wurde. Demgegenüber kommt er zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Auswirkungen der Direktive auf die Sportentwicklung relativiert werden müssen. Ausschlaggebend für das Sportgeschehen an Ort und Stelle war weniger die Direktive selbst, sondern vielmehr der Einfluss der verantwortlichen Kontrolloffiziere (S.31-32). Die Praxis der alliierten Sportpolitik und ihr Einfluss auf die Sportentwicklung erschließt sich folglich nicht ausschließlich auf der Grundlage erlassener Rechtsvorschriften.

Diese Relativierung Gallinats erscheint gerade im Hinblick auf die Sportentwicklung in der damaligen SBZ zutreffend. Hier kam es keineswegs erst infolge der Verfügungen des Alliierten Kontrollrates zu einem Wiederaufleben des Sportbetriebes. Ausschlaggebend für die ersten sportlichen Aktivitäten waren nach Wonneberger (1998) die Wünsche, die Bedürfnisse und die Interessen jener Personen, die nach den traumatischen Erlebnissen des Krieges wieder ein „normales“ Leben führen wollten und hierzu u.a. auch den Sport und das Spiel suchten (S.20). Skorning (1995) stellt am Beispiel Berlins exemplarisch fest, dass „sofort nach den letzten Schüssen, schon im Mai, Sportveranstaltungen“ durchgeführt wurden (S.198). So fanden hier nur wenige Tage nach Kriegsende mit Genehmigung des Stadtkommandanten bereits erste Wettkämpfe, darunter Fußballvergleiche mit sowjetischen Armeemannschaften, statt (vgl. Keiderling, 1995, S.157). Demzufolge wurden lokale Sportveranstaltungen schon wieder durchgeführt, noch bevor irgendwelche Befehle oder Verordnungen für den gesamtdeutschen Sportbetrieb von den Besatzungsmächten erlassen worden waren. Dies hatte zur Folge, dass sich die strukturelle Entwicklung des Sports innerhalb der einzelnen Länder der SBZ bisweilen stark voneinander abhob.

2.3 Der Beginn des organisierten Sports in der SBZ auf kommunaler Ebene

Auf sowjetische Weisung wurde am 15. Mai 1945 der Magistrat der Stadt Berlin eingesetzt. Er galt fortan als kommunalpolitisches Modell für die Errichtung einer neuen Staatlichkeit in der SBZ. Eine derartige Vorbildrolle sollte auch dem neu entstehendenden Sportwesen der Stadt zukommen (vgl. Gallinat, 1997, S.39). Die Kontrolle über den Aufbau der Berliner Verwaltung lag dabei in den Händen des Politbüromitgliedes der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) Walter Ulbricht. Schon am 17. Mai kündigte dieser an, in der Abteilung Volksbildung einen Sportausschuss einzurichten. In anderen Städten der SBZ begann man daraufhin ebenfalls mit den Vorbereitungen zur Gründung solcher Sportausschüsse. Schließlich konstituierte sich am 7. Juni 1945 das Sportamt der Stadt Berlin als Fachressort in der Abteilung für Volksbildung (ab Oktober 1945 Hauptsportamt Berlin). Dieses hatte die Aufgabe, die organisatorische Arbeit auf dem Gebiet des Sports voranzutreiben. Dem Sportamt zur Seite stand ein Zentral-Sportausschuss aus anfänglich zehn, später 15 Mitgliedern. Die Grundlage der gemeinsamen Arbeit bildeten die „Richtlinien für den Wiederaufbau der Sportbewegung in Berlin“ vom 6. Juli 1945. Analog zum Aufbau dieses Sportamtes vollzog sich in der Folgezeit auch die strukturelle Entwicklung des Sports in den 20 Berliner Verwaltungsbezirken (vgl. Keiderling, 1995, S.158). Die Organisationsform des Kommunalsports bot den Vorteil, dass von einer Stelle aus die Sportler gesammelt und politisch überprüft, die Liegenschaften verwaltet, der praktische Sportbetrieb organisiert und über neue Strukturen nachgedacht werden konnte (vgl. Gallinat, 1997, S.40).

Zusammenfassend kann für die Leitung des Berliner Sports festgestellt werden, dass sie in den Händen eines Hauptsportamtes beim Magistrat sowie bei 20 Bezirkssportämtern mit jeweils beigeordneten Sportausschüssen lag. Damit waren die Weichen für die Sportentwicklung in der SBZ gestellt. In der Folgezeit wurde versucht, das „Berliner Modell“ mit Hilfe der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und der KPD auf die übrigen Regionen der Besatzungszone zu transformieren. Dieses Ziel konnte indes nicht in der gesamten SBZ gleichermaßen verwirklicht werden (vgl. Keiderling, 1995, S.159)[4].

Das bisher Gesagte zeigt, dass sich das sportliche Leben auf kommunaler Ebene schon unmittelbar nach Kriegsende zu entwickeln begann. Schrittweise wurde die Organisation des Sports dann durch die Direktiven der Alliierten bzw. der SMAD reglementiert. Bis Mitte 1946 setzte sich der Kommunalsport in den meisten Ländern der SBZ durch. Dessen Basis bildeten die unter sowjetischer Kontrolle stehenden „demokratischen Selbstverwaltungsorgane“, die Sportämter. Sie wurden von den sowjetischen Kommandanten bestätigt und eingesetzt bzw. abgelehnt. Organisatorisch vollzog sich der kommunale Sport seit Ende 1945 auf der Basis der Kontrollratsdirektive 23. Es kam zur Gründung von kommunalen Sportgruppen, wobei in größeren Städten wie Magdeburg in jedem Stadtteil eine Sportgruppe entstand (vgl. Heise, 1991, S.55). In kleineren Orten wurde in der Regel nur eine Sportgruppe gebildet (vgl. Gallinat, 1997, S.42). Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Realisierung der Direktive 23 mit einigen Problemen behaftet war. Zwar war sie rein technisch umsetzbar, jedoch war es auf deren Grundlage unmöglich, ein überregionales Wettkampfsystem aufzubauen. Die Folge war, dass die in der Direktive festgehaltenen Bestimmungen allmählich gelockert wurden (vgl. Gallinat, 1997, S.40-42).

In der SBZ wurde der Kommunalsport von Beginn an als Not- bzw. Übergangslösung angesehen. Das eigentliche Ziel bestand in einer allmählichen Umgestaltung des Sports in eine antifaschistisch-demokratische Volkssportbewegung (vgl. Gallinat, 1997, S.46). Gleichzeitig widersetzte sich die KPD von Beginn an einer Wiederzulassung der bürgerlichen Turn- und Sportorganisationen, da man diesen eine aktive Mitschuld am Faschismus und am Missbrauch des Sports für Kriegszwecke anlastete. Vielmehr orientierte man sich ganz bewusst auf die Neugründung einer „überparteilichen“ Massenorganisation. Damit war zugleich das Schicksal des alten Arbeitersports besiegelt. Geplant war eine einheitliche Sportorganisation als Synthese aus ehemaligem Arbeitersport und Volkssport (vgl. Keiderling, 1995, S.161).

Was die Arbeitersportler selbst anbetraf, so stand man in deren Kreisen dem sportlichen Neuaufbau auf kommunaler Grundlage anfänglich durchaus wohlwollend gegenüber. Dies änderte sich aber nachdem klar wurde, dass sich die Hoffnungen auf die Wiederbegründung der alten Traditionsvereine nicht erfüllen sollten. Doch nicht allein die Arbeiter, auch viele Jugendliche lehnten den Kommunalsport aufgrund seiner politischen Einflussnahme zunehmend ab. Die Ursachen für dessen Zurückweisung sind dabei durchaus nachzuvollziehen. Neben den bisher angesprochenen Problemen wurde zusätzlich die schlechte Organisation, die fehlende sportliche als auch politische Führung sowie das zwangsläufige Ausbleiben von Erfolgen kritisiert (vgl. Gallinat, 1997, S.46-55; Keiderling, 1995, S.162). Dass der kommunale Sport spätestens Ende 1946 an seine Grenzen gestoßen war, lag aber auch daran, dass den kommunalen Sportämtern eine derartig breite Palette an Aufgaben zugetragen wurde, die sie einfach nicht bewältigen konnten[5]. Die Folge war, dass der kommunale Sport, so wie er sich bis zum Ende des Jahres 1947 entwickelte, aufgrund großer Schwierigkeiten nicht die erhoffte Entwicklung nahm und sich zunehmend nachteilig auf die sportliche Entwicklung auswirkte. Eine wesentliche Ursache für diese unbefriedigende Entwicklung glaubt Gallinat (1997) darin auszumachen, dass die Besatzungsmacht in den Jahren 1945 und 1946 zwar festlegte, wie sich der Sport nicht entwickeln dürfe, aber kaum Angaben darüber machte, wie er aufzubauen sei (S.55).

2.4 Der FDJ-Sport als Zwischenlösung

Einen Ausweg aus dem entstandenen Dilemma forderte im April 1946 der Vorsitzende der kurz zuvor zugelassenen Freien Deutschen Jugend (FDJ), Erich Honecker. Sein Mahnen stieß zunächst jedoch auf taube Ohren, da sich der KPD-Parteivorstand zu dieser Zeit primär auf den „Fusionsprozess“ mit der SPD konzentrierte. Erst im Sommer 1946 wandte man sich der Sportentwicklung in der SBZ wieder intensiver zu. Ziel war es jetzt, das Durcheinander im Sportleben zu beseitigen und den Sport auf eine neue Basis zu stellen. In diesem Zusammenhang empfahl der Zentrale Kulturausschuss der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) die Umgestaltung des Kommunalsports in eine Vereinsbewegung neuer Art. In einer Volkssportbewegung sollten alle Sportler erfasst werden (vgl. Keiderling, 1995, S.163-164).

Die geeignete Kraft für die Transformation vom Kommunalsport zum neuartigen Volkssportverband sah der Zentrale Kulturausschuss der SED in der FDJ. Nach deren Gründung wurde der Sport spätestens im Herbst 1946 zu einem festen Bestandteil ihrer Jugendarbeit. Dabei entwickelten sich die entstehenden Sportgemeinschaften (SGen) innerhalb der FDJ zu den Grundeinheiten des FDJ-Sports (vgl. Nicklaus, 1982, S.39). Um die Leitung des FDJ-Sports effektiver gestalten zu können, wurde im November 1946 die Bildung von Sportabteilungen auf allen Leitungsebenen der Organisation beschlossen. Diese sollten eng mit den kommunalen Sportämtern – sofern diese existierten – zusammenarbeiten (vgl. Gallinat, 1997, S.97-99). Das vorläufige Resultat dieser Entwicklung war, dass der Sport zwar innerhalb der FDJ etabliert war, diese aber zunächst noch keine Ambitionen hatte, darüber hinaus Verantwortung zu übernehmen (vgl. Ehmke, 1958, S.926).

Doch auch der Sport innerhalb der FDJ entwickelte sich nicht wie gewünscht. Neben Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den kommunalen Sportämtern erwiesen sich auch bestehende Aversionen gegen diese Form des politisierten Sports als wenig zuträglich. Hinzu kam, dass der FDJ-Sport die große Gruppe älterer Sportler ausschloss, insofern sich diese nicht als sogenannte „Jung-Veteranen“ verstehen wollten. Diese und weitere Probleme wurden zwar von der SED erkannt, doch blieb die Gründung einer neuen Sportbewegung auch weiterhin aus, weil die SMAD mit der erforderlichen Zustimmung zögerte (vgl. Keiderling, 1995, S.167-168). Die SED arbeitete dennoch an einem veränderten Sportkonzept, da man jederzeit mit dem Einvernehmen der SMAD rechnen konnte. Im Mai 1947 erschienen die „Vorschläge zur Aufstellung von Richtlinien über den Aufbau der Sportbewegung in der Ostzone“. Hierin wurde u.a. gefordert, die kommunalen Sportgruppen zum Träger der neuen Vereine zu erklären. Für den Fall, dass in einigen Gebieten keine kommunalen Sportgruppen vorhanden waren – auf die regionalspezifische Entwicklung des Sports wurde verwiesen – sollte diese Aufgabe in die Hände der FDJ-Sportgruppen fallen. Da das Einverständnis der SMAD aber weiter ausblieb, konnten auch diese Ideen nicht in der Praxis verwirklicht werden (vgl. Gallinat, 1997, S.62). Der Zustand in der Sportorganisation sorgte derweil bei allen Beteiligten zunehmend für Verdrossenheit. Wie unbefriedigend und unübersichtlich zugleich die Lage des Sports in dieser Zeit gewesen sein muss, verdeutlicht folgender Auszug aus dem Bericht des SED-Parteivorstandes an den 2. Parteitag der SED vom September 1947:

In einigen Landesteilen, besonders in Mecklenburg, gibt es nicht einmal einen kommunalen Sport. Vielmehr ist der Sport überhaupt nur im Rahmen der FDJ erlaubt, was natürlich eine weitere Einschränkung der sporttreibenden Schichten bedeutet. (SED: Bericht des Parteivorstandes an den 2. Parteitag der SED 1947, zit. nach Gallinat, 1997, S.63)

Gefordert wurde erneut die Schaffung eines Volkssportverbandes unter Einbeziehung sowohl des kommunalen Sports als auch der SGen der FDJ. Dieser sollte nach Sportarten aufgegliedert sein und über örtliche Kreis- und Landesverbände zu einem einheitlichen, übersichtlichen Ganzen verbunden werden (vgl. Keiderling, 1995, S.169).

Da die SMAD mit ihrer Entscheidung bis nach der für Ende 1947 einberufenen Sitzung des Außenministerrates in London abwarten wollte, blieb die Sportfrage weiter ungeregelt. Trotz diesem Zögern waren bereits Ende 1947 gewisse Entwicklungslinien der zukünftigen Sportentwicklung in der SBZ ablesbar: Neben der spätestens Mitte 1947 einsetzenden Favorisierung der FDJ als Träger der Sportorganisation, wurde zunehmend auch der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) in die Planungen mit einbezogen. Bereits in den im Mai 1947 erschienenen „Vorschlägen zur Aufstellung von Richtlinien über den Aufbau der Sportbewegung in der Ostzone“ wurde gefordert, die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften zu steigern, um so dem Betriebssport erhöhte Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Rief diese Forderung zum damaligen Zeitpunkt noch die Gegner des Betriebssports auf den Plan, so war dennoch absehbar, dass der Betriebssport in der Folgezeit deutlich an Bedeutung gewinnen sollte (vgl. Gallinat, 1997, S.62-64).

2.5 Die Gründung des Deutschen Sportausschusses im Oktober 1948

Nach dem Scheitern der Londoner Konferenz kam es in den ersten Monaten des Jahres 1948 zu einschneidenden Veränderungen in der SBZ. Infolge der generellen Orientierung am sowjetischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell kam es auch im Sport zur Ausrichtung auf eine Einheitssportbewegung (vgl. Keiderling, 1995, S.170). Im Mai 1948 wies die SMAD der FDJ das „Sportmonopol“ zu, indem sie ihr erlaubte, den Sport im Zonenmaßstab für alle (erlaubten) Sportarten zu organisieren (vgl. Wonneberger, 2001, S.198). Damit schien es beschlossene Sache zu sein, dass allein die FDJ Träger der neuen Sportbewegung werden sollte. Zu ihrer Unterstützung sollten Sportausschüsse im Orts, Kreis-, Landes- und zentralen Maßstab gebildet werden. Die Gründe dafür, dass die SMAD allein die FDJ zum Träger der neuen Sportbewegung auserkor, lagen laut Keiderling (1995) in ihren ansteigenden Mitgliederzahlen und – dies steht damit in engem Zusammenhang – in ihrem wachsenden gesellschaftlichen Einfluss (S.172)[6].

Anfang Juni 1948 kam es jedoch abermals zu einer Änderung bezüglich der Frage der Trägerschaft[7]. Auf Geheiß der SED-Führung beschlossen der Bundesvorstand des FDGB und der Zentralrat der FDJ, die Entwicklung der Sportbewegung gemeinsam zu übernehmen. Folglich waren nun FDJ und FDGB gleichermaßen Träger der Sportorganisation. Weitere entscheidende Weichenstellungen für die neue Sportbewegung erfolgten auf der 11. Tagung des Parteivorstandes der SED Ende Juni 1948. Mit dem hier gefassten Beschluss über den Zweijahresplan für 1949/50 wuchs auch die Verantwortung der Betriebe für den Sport. Nach Auffassung der SED-Führung sollten in Zukunft SGen innerhalb der großen Industriebetriebe angesiedelt werden, da die Arbeit im gesellschaftlichen Leben des Volkes eine zunehmend zentrale Rolle einnahm (vgl. Gallinat, 1997, S.120). Auf dieser Tagung wurden ferner „Richtlinien zum Aufbau einer einheitlichen Sportbewegung“ vorgelegt, die wenig später auch bestätigt wurden. Darin wurde der FDGB neben der FDJ offiziell als Träger der Sportbewegung anerkannt. Interessant ist zudem, dass in diesen Richtlinien die Gründung von SGen nicht nur in Orten und Schulen, sondern explizit auch in Betrieben festgelegt wurde. Die bestehenden FDJ- und kommunalen Sportgruppen sollten dabei die Grundlage der neuen SGen bilden (vgl. Frost et al., 1991, D.41, S.53-54). In der Praxis sollte sich dann schnell zeigen, dass die Hauptlast der Sportentwicklung von den Gewerkschaften getragen werden musste. Diese verfügten beim Aufbau der neuen Strukturen über eine effektivere Organisation, höhere Beitragseinkünfte und somit über bessere materielle Voraussetzungen als die FDJ (vgl. Keiderling, 1995, S.173).

In den verbleibenden Monaten des Jahres wurde der organisatorische Aufbau der Sportbewegung weiter geplant, vorbereitet und teilweise bereits umgesetzt. In den Kreisen und Ländern kam es mit Zustimmung der SMAD zur Gründung von Sportausschüssen, welche die noch vorhandenen Sportämter ablösten (vgl. Gallinat, 1997, S.121). Am 1. August 1948 erfolgte ein Aufruf der FDJ und des FDGB zur Gründung „einer einheitlichen demokratischen deutschen Sportbewegung“ (Frost et al., 1991, D.42, S.55). Die Vorsitzenden der beiden Trägerorganisationen Erich Honecker (FDJ) und Hans Jendretzky (FDGB) forderten dazu auf, in allen Dörfern, Städten und Großbetrieben SGen ins Leben zu rufen (vgl. Frost et al., 1991, D.42, S.55). Die offizielle Gründung der Leitung der neuen Sportbewegung, der Deutsche Sportausschuss (DS), erfolgte am 1. Oktober 1948 in Berlin. Mit diesem Schritt nahm die strukturelle Entwicklung des ostdeutschen Sports nach 1945 ein vorläufiges Ende.

2.6 Die Sportentwicklung in Magdeburg vom Ende des Krieges bis zur Gründung des Deutschen Sportausschusses

Es wurde schon darauf verwiesen, dass sich der Sport in der SBZ – obwohl die rechtlichen Bestimmungen durch die Alliierten bzw. die SMAD für alle Gebiete der SBZ gleichermaßen galten – regional unterschiedlich entwickelte. Auch die Stadt Magdeburg stellt hier keine Ausnahme dar. Im Hinblick auf den weiteren Gang der Untersuchungen erweist es sich daher als nützlich, auf einige Merkmale der hiesigen Sportentwicklung, insbesondere der Jahre 1945/46, genauer einzugehen[8].

Über die Neuanfänge des Magdeburger Sports nach dem Ende des 2. Weltkrieges ist nur wenig gewiss. Allerdings wird man auch hier verhältnismäßig schnell darum bemüht gewesen sein, den Sportbetrieb wieder anzukurbeln. Spontane Versuche dieser Art sind dabei spätestens für den Sommer 1945 greifbar. Diesen ersten Initiativen standen dabei zumeist ehemalige Arbeitersportler vor (vgl. Thomas, 2001, S.98). Auch in Bezug auf die institutionelle Verankerung des Sports nach Kriegsende gibt es einige Unklarheiten. Nach Meinecke und Musial (1982) fand am 26. August 1945 eine Sitzung von Magdeburger Sportlern unter der Leitung Erich Sichtings statt. Sichting war neben Hermann Milius und Rudi Fritz Mitglied des Städtischen Sportamtes Magdeburg, das sich etwa zur gleichen Zeit konstituiert haben muss (S.23). Das exakte Gründungsdatum ist mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Quellen jedoch nicht zu ermitteln. Wesche (1968) gibt zwar den 1. September 1945 als Gründungsdatum an, kann diese Aussage aber nicht belegen (S.30). Nicht unwahrscheinlich ist es, dass das Sportamt bereits am 26. August 1945 existiert hat, da Sichting in der erwähnten Sitzung der Magdeburger Sportler ja bereits den Vorsitz führte. Es wäre aber auch denkbar, dass der 26. August selbst das Gründungsdatum des Magdeburger Sportamtes markiert[9]. Zu den Aufgaben des Sportamtes zählte in erster Linie die Umsetzung der von der Besatzungsmacht verabschiedeten Verordnungen. Darüber hinaus gehörte die Verwaltung sämtlicher in Magdeburg bestehenden Sportanlagen und deren Nutzbarmachung zum Aufgabenbereich des Amtes (vgl. Wesche, 1968, S.30). Für Magdeburg kann demnach festgehalten werden, dass man schon lange Zeit vor dem Erlass der Kontrollratsdirektive 23 zum Modell des Kommunalsports übergegangen war.

Eine Besonderheit in der Sportentwicklung Magdeburgs stellte dann die Schaffung des Antifaschistischen Sportausschusses (AS) dar. Dieser wurde auf Initiative des Städtischen Sportamtes höchstwahrscheinlich am 22. September 1945 oder unmittelbar zuvor gegründet (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang B.23-24; Wesche, 1968, S.19)[10]. Die Bildung dieses Organs war nötig geworden, da das Sportamt (offenbar aufgrund seiner personell schmalen Besetzung) nicht in der Lage war, die Sportbewegung voran zu bringen (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.25). Um den bestehenden Unzulänglichkeiten in der Sportentwicklung wirksam zu begegnen, wurde vom AS der Aufbau eines arbeitsfähigen Verwaltungsapparates geplant. Hierzu sollten u.a. nach Sparten gegliederte Volkssportgemeinschaften (VSG) in den einzelnen Stadtteilen gebildet werden[11]. Zusätzlich waren die Aufstellung von zentralen Spartenvertretern, die Schaffung eines Spartenausschusses sowie die Einrichtung von Sportausschüssen in den Stadtteilen geplant. Auf der Basis dieser Struktur erhoffte man sich baldige Erfolge für den Sport (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang B.24-26).

Ob sich diese Erfolge einstellten bzw. die angedachte Struktur der Sportbewegung überhaupt verwirklicht wurde, bleibt offen. Fest steht derweil, dass der AS durch eine Weisung der Provinzialregierung in Halle vom 18. Dezember 1945 wieder aufgelöst wurde[12]. Ziel dieser Weisung war es, den Sport in der SBZ auf kommunaler Ebene einheitlich zu organisieren. Gleichzeitig wurde in diesem Schreiben die personelle Erweiterung des Städtischen Sportamtes Magdeburg angeordnet. Diese Maßnahme sollte das Amt in die Lage versetzen, den gesamten kommunalen Sport für das Stadtgebiet anzuleiten (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang B.18). In der Praxis kam es aber nicht zu der Erweiterung des Sportamtes (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.28). Damit war quasi die gleiche Situation eingetreten, die einst zur Gründung des AS geführt hatte. Neu war lediglich, dass sich die Aufgaben für das Magdeburger Sportamt – das auch jetzt noch aus nur drei Personen bestand – weiter vermehrt hatten (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang, B.19-22). Wie sich dieser Zustand auf die Sportentwicklung ausgewirkt haben dürfte, ist unschwer nachzuvollziehen. Auch in Magdeburg wird es folglich nicht an Kritik gegenüber dem Modell des Kommunalsports gemangelt haben.

Neben Sportamt und Sportausschuss gab es 1945/46 mit dem Antifaschistischen Jugendausschuss (AJ) noch eine dritte Institution, die eine gewisse Verantwortlichkeit für die Sportentwicklung der Stadt hatte. Der AJ unterstand dem Oberbürgermeister und wurde wahrscheinlich schon Anfang August, auf jeden Fall aber vor dem 1. September 1945 gegründet[13]. Sein tatsächlicher Einfluss auf den Sport war aber anfangs eher gering. Aus einem Tätigkeitsbericht des AJ von Anfang September 1945 geht hervor, dass man hier primär um die politisch-ideologische Anleitung der Jugendlichen und nicht um deren sportliche Betätigung bemüht war. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte der AJ weder über Sportgruppen, noch war deren Einrichtung vorgesehen (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang B.35-36). Im Oktober 1945 wurde jedoch die gesamte Volkssportbewegung in den AJ eingegliedert. Es entstand die Abteilung Sport des AJ, die zusammen mit dem AS die sportliche Entwicklung übernehmen sollte. Die Mitarbeiter des Städtischen Sportamtes sollten demgegenüber die organisatorischen und technischen Arbeiten übernehmen (vgl. Wesche, 1968, S.26). Dass auch diese Organisation der Sportstruktur nur von vorübergehender Dauer war, wurde bereits gezeigt.

Die Gründung der FDJ, welche die Sportgruppen des AJ übernahm und deren Einfluss zunächst auf den Jugendsport und dann auf die Entwicklung des Sports insgesamt wuchs, wirkte sich auch auf die Magdeburger Sportentwicklung aus. Zur Entwicklung der Sportstruktur vom Frühjahr 1946 bis zur Gründung des DS, sollen die folgenden Anmerkungen genügen:

Die organisatorische Mehrgleisigkeit, die teilweise mangelhafte (Zusammen-)Arbeit der verantwortlichen Institutionen, die fehlende Vereinsfreiheit etc. wirkten sich auch in Magdeburg hinderlich auf die Entwicklung des Sports aus. Bis zur Gründung der neuen Sportbewegung unter der Leitung des Deutschen Sportausschusses existierten in Magdeburg VSGen und FDJ-Sportgruppen nebeneinander[14]. Neben das Städtische Sportamt Magdeburg gesellte sich im Dezember 1947 zudem der städtische Sportausschuss als beratendes und vorbereitendes Gremium der Stadtverordnetenversammlung. Hier beschäftigte man sich ebenso wie im Städtischen Sportamt überwiegend mit dem Wiederaufbau und der Erweiterung der Sportanlagen (vgl. Wesche, 1968, S.37-39).

Einen vorläufigen Endpunkt in der strukturellen Entwicklung des Magdeburger Sports erreichte man auch in Magdeburg erst mit der Konstituierung der demokratischen Sportbewegung. Nachdem im August die ersten Vorbereitungen für die Schaffung des Kreissportausschuss (KSA) Magdeburg geschaffen wurden, konstituierte sich dieser am 24. September 1948. Der KSA setzte sich aus Vertretern der FDJ, des FDGB sowie den vormaligen Mitgliedern des Städtischen Sportamtes zusammen. Das Städtische Sportamt wurde offenbar nicht umgehend, sondern erst zum 1. Januar 1949 hin vollständig aufgelöst (vgl. Wesche, 1968, S.35-46).

3 Die Gründung der BSG Börde – Alte Neustadt Magdeburg und ihre Entwicklung unter der Leitung Hermann Erdwigs

3.1 Vorbemerkungen

Mit der Konstituierung des DS ging die Nachkriegsperiode der Sportentwicklung in der SBZ zu Ende. Von nun an wurde in der SBZ von der demokratischen Sportbewegung unter der Leitung des DS gesprochen (vgl. Gallinat, 1997, S.122). Glaubt man Wonneberger (1988), so entsprach diese neue Sportbewegung zum damaligen Zeitpunkt den Wünschen vieler Sportler. Nach den Jahren des Ringens um eine geeignete Organisation des Sports war eine einheitliche Sportorganisation von vielen Sportlern geradezu herbeigesehnt worden (S.299).

Die Mitglieder des DS wurden von den Trägerorganisationen der Sportbewegung (FDJ & FDGB) ausgewählt bzw. von den seit August 1948 im Aufbau befindlichen Landessportausschüssen delegiert (vgl. Wonneberger, 1998, S.26). In den ersten Monaten seines Bestehens war der DS in erster Linie darum bemüht, die Organisationsstrukturen zu etablieren und prinzipielle Bestimmungen zu verabschieden. Das erste maßgebliche Dokument für die weitere Sportentwicklung war dabei jenes über den „Aufbau und die Grundsätze der demokratischen Sportbewegung“ vom August 1948. Darin wurden neben einigen grundlegenden Zielen der Sportbewegung auch der organisatorische Aufbau, die Fragen der Mitgliedschaft und die Arbeit der Sportausschüsse geregelt. Außerdem wurde ausdrücklich dazu aufgerufen, in allen Städten, Dörfern und Großbetrieben SGen ins Leben zu rufen. Diese SGen sollten in Zukunft die Basis der demokratischen Sportbewegung bilden (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6, S.596). Damit war der rechtliche Boden für die Gründung von Betriebssportgemeinschaften innerhalb der Volkseigenen Betriebe (VEB) der SBZ bereitet.

3.2 Die Gründung der BSG „Börde – Alte Neustadt“ im April 1949

Schon bald nach der Konstituierung des DS kam es in Magdeburg zur Gründung erster (Betriebs-)Sportgemeinschaften. Häufig entstanden diese aus den Gruppen des kommunalen Sports und des FDJ-Sports (vgl. Gallinat, 1997, S.127). Allein in Magdeburg waren bis Ende 1948 mindestens acht solcher SGen entstanden, woraufhin die entsprechenden Zulassungsanträge eingereicht worden waren (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.39-41)[15].

Die Gründung der BSG Börde – Alte Neustadt am 22. April 1949 erfolgte, verglichen mit anderen Magdeburger SGen, verhältnismäßig spät (vgl. PBFS, O1, B.9-10). Nun ist das späte Gründungsdatum zunächst nicht sonderlich auffällig. Zwar hatten sich viele Magdeburger (Betriebs-)Sportgemeinschaften bereits um den Jahreswechsel 1948/49 gebildet, doch sind vereinzelte Gründungen noch bis in den Mai 1949 nachweisbar (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.40). Auffälliger als das Gründungsdatum ist gleichwohl der Name der Gemeinschaft, BSG Börde – Alte Neustadt. Bei genauerem Hinsehen ergibt sich zwischen dem Gründungsdatum und dem Doppelnamen der BSG ein direkter Zusammenhang: Schon am 25. November 1948 wurde beim Landessportausschuss (LSA) Sachsen-Anhalt der Antrag auf Zulassung der SG Magdeburger Sportverein Minerva gestellt (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.41). Die Initiatoren dieser Gründung waren die Mitglieder der damaligen FDJ-Sportgruppe Magdeburg – Alte Neustadt. Diese hatten auf ihrer Jahreshauptversammlung am 20. November 1948 die FDJ-Sportgruppe aufgelöst und die neue SG ins Leben gerufen (vgl. PBFS, O1, B.7). Der daraufhin an den LSA Sachsen-Anhalt gesandte Antrag auf Registrierung, der vom KSA längst bestätigt war, wurde jedoch abgelehnt und die SG nicht zugelassen. Begründet wurde die Entscheidung mit der zu geringen Anzahl an Sparten innerhalb der SG. Anstatt der notwendigen sechs, verfügte die neugegründete SG nur über drei Sparten (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.41)[16]. Das gleiche Schicksal ereilte eine Vielzahl weiterer Magdeburger SGen. So wurde auch der Zulassungsantrag der vormaligen Betriebssportgruppe Börde, die sich am 26. März 1949 in die SG Börde umbenannte, nicht genehmigt. Auch in diesem Fall wurde die Ablehnung mit der zu geringen Spartenzahl gerechtfertigt. Die Betriebssportgruppe des damaligen Baubetriebes Börde bestand aus lediglich fünf, anstelle der erforderlichen sechs Sparten (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.42)[17].

Durch die Ablehnung der Zulassungsanträge war weder die SG Magdeburg – Alte Neustadt[18] noch die SG Börde existenzberechtigt. Um die Anforderungen der demokratischen Sportbewegung dennoch zu erfüllen, einigten sich Vertreter beider Sportgruppen Mitte April 1949 auf die gemeinsame Gründung einer BSG. Die offizielle Gründungsversammlung fand daraufhin am 22. April 1949 im Belegschaftssaal des Baubetriebes Börde in der Rogätzer Straße in Magdeburg statt. Auf dieser Gründungsversammlung sprachen sich sowohl der Vertreter der SG Alte Neustadt, Karl Wildt, als auch der Vertreter der Betriebssportgruppe Börde, Hermann Erdwig, für die Fusion aus. Beide legten die Vorteile dar, welche für die Sportler durch einen Zusammenschluss entstehen würden[19]. Erdwig hob besonders hervor, dass gerade die materiellen Unzulänglichkeiten mit Hilfe der betrieblichen Förderung besser überwunden werden könnten (vgl. PBFS, O1, B.8). Diese Auffassung Erdwigs erscheint zwar durchaus nachvollziehbar, dennoch stellt sich die Frage, warum sich Erdwig der Unterstützung durch den Baubetrieb Börde so sicher sein konnte.

Die Antwort hierauf findet sich in der Biografie des am 23. Oktober 1906 in Magdeburg geborenen Erdwigs. Der gelernte Kaufmann war nach Ende des 2. Weltkrieges als Werkleiter in dem aus dem ehemaligen Baubetrieb Gorgaß hervorgegangenen Baubetrieb Börde eingesetzt worden. Bis zu dieser Zeit war er in verschiedenen kaufmännischen Berufen, u.a. in Düsseldorf und Essen, tätig. Anfang 1947 wurde er neben seiner Funktion im Baubetrieb zum Direktor des neugegründeten Holzbau Sachsen-Anhalt berufen. Im Jahre 1949 war ihm schließlich der Aufbau der VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) Holzbau übertragen wurden. Angesichts dieser Funktionen, allen voran aufgrund seiner Tätigkeit im Baubetrieb Börde, verfügte Erdwig über den nötigen Einfluss, um sich in Hinsicht auf die betriebliche Förderung der BSG zuversichtlich zu äußern.

Nachdem Erdwig seine Ausführungen in Bezug auf die Vorteile einer Fusion beendet hatte, stimmten die Mitglieder einstimmig der BSG-Gründung zu und wählten ihn anschließend zum 1. Vorsitzenden. Schließlich verständigte man sich noch auf den Namen der neugegründeten BSG. Um sowohl den Sportlern des Baubetriebes Börde als auch den Mitgliedern der ehemaligen FDJ-Sportgruppe Magdeburg – Alte Neustadt gerecht zu werden, einigte man sich auf den schon erwähnten Doppelnamen: BSG Börde – Alte Neustadt (vgl. PBFS, O1, B.8-10).

Damit war die BSG Börde – Alte Neustadt am 22. April 1949 gegründet. Durch die Fusion verfügte man innerhalb der BSG jetzt über die notwendige Mindestzahl der sechs Sparten. Zu den „Gründungssparten“ zählten Fußball, Handball, Schwimmen, Leichtathletik, Boxen und Tischtennis (vgl. PBFS, O1, B.9) Folglich stand auch der Genehmigung des Zulassungsantrages durch den LSA Sachsen-Anhalt bzw. durch das Ministerium des Innern nichts mehr im Wege. Nachdem die formalen Auflagen erfüllt waren, galt es in den nächsten Wochen und Monaten, die Arbeit in der BSG anzukurbeln. Dies sollte sich als gar nicht so leicht erweisen, da die BSG speziell in der Anfangsphase ihrer Entwicklung mit zahlreichen Anforderungen und Problemen konfrontiert wurde. Bevor sich der Verfasser jedoch diesem Punkt zuwenden wird, sollen noch einige Erläuterungen bezüglich der Organisationsstruktur der BSG Börde – Alte Neustadt vorgenommen werden.

3.3 Die Organisationsstruktur der BSG Börde – Alte Neustadt

Maßgeblich für den strukturellen Aufbau aller SGen waren in erster Linie drei vom DS veröffentlichte Dokumente. Hierzu gehörte die Verordnung über den „Aufbau und die Grundsätze der demokratischen Sportbewegung“ vom Oktober 1948, das Dokument mit dem Titel „Richtlinie und Arbeitsplan des Deutschen Sportausschusses für 1949“ und die „Richtlinien für den technischen Aufbau“ (beide von Anfang 1949) (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6-8). Diese Dokumente beinhalteten sowohl Richtlinien für die Gründung und die Organisation von SGen als auch Bestimmungen für deren Arbeit. An diesen Verfügungen orientierte sich auch der organisatorische Aufbau der BSG Börde – Alte Neustadt.

Die auf der Gründungsversammlung durch die Mitglieder gewählte BSG-Leitung, die vom KSA und LSA überprüft und bestätigt werden musste, umfasste acht Personen. Hierzu gehörten neben dem 1. und 2. Vorsitzenden (Erdwig & Wildt) ein Hauptkassierer (Schulle), ein Schriftführer (Döring), ein Jugendsportwart (Heutling), eine Frauensportwartin (Homann), ein Funktionär für Presse und Propaganda (Abel) sowie ein Gerätewart (Pam). Vorgesehen war auch ein Leiter für Kultur und Bildung (vgl. PBFS, O1, B.8-10). Damit entsprach die Struktur der Leitung weitestgehend dem vom DS favorisierten Modell (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6, S.599). Zur erweiterten Leitung zählten die von der Leitung vorgeschlagenen und von den Mitgliedern der einzelnen Sparten gewählten Spartenleiter (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6, S.597)[20]. Die Sparten, so war es vom DS festgelegt wurden, sollten sich wöchentlich ein- bis zweimal versammeln. Innerhalb der BSG sollte allmonatlich eine Mitgliederversammlung durchgeführt werden.

Der BSG übergeordnet war der KSA Magdeburg, der die BSG im Kreismaßstab anleitete. Dieser unterstand wiederum dem LSA Sachsen-Anhalt. Die Gesamtleitung lag in den Händen des DS in Berlin. Eine Mitgliederbeschränkung für die BSG Börde – Alte Neustadt gab es zum damaligen Zeitpunkt nur bedingt. Grundsätzlich konnte fast jeder Mitglied werden. Voraussetzung war lediglich die Anerkennung der Ziele der demokratischen Sportbewegung[21]. Ausgeschlossen waren hingegen aktive Nazis, Militaristen und Kriegsverbrecher. Zur Deckung der Kosten der BSG musste eine Aufnahmegebühr (Mitglieder der FDJ waren hiervon befreit) und ein monatlicher Mitgliedsbeitrag abgeführt werden (Mitglieder der FDJ zahlten deutlich weniger). Diese Einnahmen kamen jedoch nicht ausschließlich der BSG, sondern – nach Anteilen gestaffelt – auch den Sportausschüssen auf den unterschiedlichen Leitungsebenen zu Gute. Weitere Kosten entstanden den Mitgliedern durch den jährlichen Beitrag für den Sozialfond (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6, S.597-599).

[...]


[1] Im Aktenmaterial von Franz Strube befinden sich ebenso die Entwürfe für Festschriften anlässlich des 25- und des 30-jährigen Bestehens der BSG. Der Inhalt dieser Schriften ist aber nahezu identisch mit dem Inhalt der Chronik zum 40. Geburtstag. Es ist offenkundig, dass die Schrift aus dem Jahre 1989 auf ihren Vorgängern basiert.

[2] Ausführlich zur Sportentwicklung in der SBZ in der Zeit von 1945 bis 1948 äußern sich u.a.: Gallinat (1997); Keiderling (1995); Nicklaus (1982); Wonneberger (2001) et al..

[3] Verboten wurde zudem die (Weiter-)Leitung aller militärischen athletischen Organisationen sowie die Ausbildung in athletischen Übungen militärischen oder militärähnlichen Charakters sowie die Leitung derartiger Übungen (vgl. Frost et al., 1991, D.6, S.8-9).

[4] Wie unterschiedlich das „Berliner Modell“ in den verschiedenen Ländern der SBZ durchgesetzt wurde, macht u.a. Nicklaus (1982), S.35-38 deutlich.

[5] Hierzu zählten die Registrierung der Sporttreibenden, die Überwachung und Förderung des kommunalen Sportbetriebes, die Wiederherstellung und Verwaltung von Sportstätten, das Führen von Verhandlungen mit der Besatzungsmacht und viele mehr (vgl. Keiderling, 1997, S.48).

[6] Für eine alleinige Trägerschaft der Sportbewegung sprach laut Keiderling (1995) auch die Tatsache, dass sich die FDJ bereits zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich ihrer Programmatik, Organisation und Kader fest in der Hand der SED befand (S.172). Dem widerspricht indes Gallinat (1997), der die Auffassung vertritt, dass die FDJ noch keineswegs so stark von der SED abhängig war. Vielmehr geht er davon aus, dass die Entscheidung die FDJ zum alleinigen Träger der Sportorganisation zu machen, keineswegs mit der SED abgesprochen war (S.119).

[7] Zu den Ursachen für die erneute Änderung der Trägerschaft äußert sich u.a. Wonneberger, 2001, S.198-199.

[8] Der publizierte Forschungsstand zur Magdeburger Sportgeschichte von 1945 – 1948 erweist sich bei diesem Unterfangen als wenig hilfreich. Als maßgeblich können hier die Überblicksdarstellungen von Heise (1991) und Thomas (2001) gelten. Diese Publikationen sind wegen ihres Charakters aber kaum geeignet, die Magdeburger Sportgeschichte des besagten Zeitraumes entsprechend nachzuzeichnen. Die folgenden Aussagen basieren daher mehrheitlich auf dem Quellenmaterial, welches dem Anhang der Diplomarbeit von Meinecke und Musial (1982) beigefügt ist sowie der Diplomarbeit von Wesche (1968).

[9] Für eine Gründung des Sportamtes vor dem 1. September 1945 spricht auch indirekt Wesche (1968). Er stellt fest, dass die erste Aufgabe des Sportamtes laut einer Veröffentlichung des Oberbürgermeisters vom 28. August 1945 darin bestand, alle in Magdeburg bestehenden Sportvereine zu erfassen und zu registrieren. Die Sportvereine hatten daraufhin ihre Zulassungsanträge bis zum 1. September beim Sportamt vorzulegen (S.31-32). Diese Veröffentlichung zeigt, dass eine Gründung des Sportamtes vor dem 1. September durchaus im Bereich des Möglichen liegt.

[10] Zwischen dem Antifaschistischem Sportausschuss und dem Sportamt muss es enge Kontakte gegeben haben. So erklärte sich das Sportamt u.a. zur finanziellen Unterstützung des AS bereit. Hinzu kam, dass sowohl Milius als auch Sichting, folglich zwei der drei Mitarbeiter des Sportamtes, ebenfalls im AS vertreten waren (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang, B.24).

[11] Einem Protokoll der Sitzung der Beauftragten der VSGen vom 1. Oktober 1945 ist zu entnehmen, dass zu diesem Zeitpunkt schon 11 VSGen bestanden. Die Gründung der VSG Polizei stand unmittelbar bevor. Nicht einwandfrei festzustellen ist, ob auch die VSG Gehörlose und die VSG Wilhelmstadt bereits am 1. Oktober bestanden (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang B.27-29.)

[12] Die Auflösung erfolgte dabei nicht umgehend. Aktiv war der Ausschuss noch mindestens bis zum 19. Januar 1946 (vgl. Meinecke & Musial, 1982, Anhang, B.33).

[13] Das frühestmögliche Datum seiner Gründung ist der 31. Juli 1945, da die SMAD erst an diesem Tag die Gründung von Antifaschistischen Jugendausschüssen in der SBZ genehmigte (vgl. Gallinat, 1997, S.93).

[14] Zwar sollten die VSGen nach der Gründung der FDJ in FDJ-Sportgruppen umgewandelt werden (vgl. Wesche, 1968, S.26), doch wurde diese Forderung scheinbar nicht konsequent in die Praxis umgesetzt. So gewann die VSG Magdeburg-West noch im September 1948 die erste Ostzonenmeisterschaft im Wasserball (vgl. Heise, 1991, S.58).

[15] In Punkt IX des Dokuments über den „Aufbau und die Grundsätze der demokratischen Sportbewegung“ wurde festgelegt, dass jede SG der Registrierpflicht unterliegt. Die jeweiligen Anträge wurden dem Ministerium des Innern – nach vorheriger Bestätigung durch den zuständigen Kreis- und Landessportausschuss – zur Genehmigung vorgelegt (vgl. Becker & Buss, 2001, Anhang D.6, S.599).

[16] Laut Meinecke und Musial (1982) handelte es sich um vier Sparten: Fußball, Handball, Leichtathletik und Schwimmen (S.41). Das Protokoll über die Neugründung des Vereins gibt jedoch keinerlei Hinweise auf die Existenz einer Sparte Leichtathletik der SG. Demzufolge dürften zu diesem Zeitpunkt wohl lediglich drei Sparten existiert haben (vgl. PBFS, O1, B.6).

[17] Hierzu zählten die Sparten Boxen, Tischtennis, Fußball, Wassersport und Schach (vgl. Meinecke & Musial, 1982, S.42). Unklar ist, wann sich die Betriebssportgruppe im Baubetrieb Börde gebildet hat. Aufgrund der nach Kriegsende zunächst ablehnenden Haltung gegenüber jeglichen Formen des Betriebssports, wird die Gründung nicht vor 1948 vollzogen wurden sein.

[18] Aus dem Protokoll der Gründungskonferenz der BSG Börde – Alte Neustadt vom 22. April 1949 geht hervor, dass sich die ehemalige FDJ-Sportgruppe Magdeburg – Alte Neustadt zu diesem Zeitpunkt nur noch SG Alte Neustadt nannte (vgl. PBFS, O1, B.9). Der Grund hierfür liegt laut Wesche (1968) darin, dass der zunächst gewählte Name Minerva nicht genehmigt wurde (S.46). Daraufhin nannte man sich wohl vorübergehend, obwohl die formalen Anforderungen in Bezug auf die Spartenzahl nicht erfüllt worden waren, SG Magdeburg – Alte Neustadt.

[19] Die Frage, warum ausgerechnet diese beiden Sportgruppen miteinander fusionierten, lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Quellen nicht beantworten. Aus dem Interview mit Joachim Rudolph geht allerdings hervor, dass sich Erdwig und Wildt durch ihre gemeinsame Tätigkeit im Baubetrieb Börde kannten. Während Erdwig hier Werkleiter war, leitete Wildt die Allgemeine Verwaltung (vgl. Anlage I, S.124). Die Initiative zum Zusammenschluss resultierte also möglicherweise aus der Bekanntschaft der Beiden. Für die Fusion der beiden Sportgruppen sprach zusätzlich die geographische Lage des Baubetriebes Börde. Dieser hatte seinen Sitz in der Rogätzer Straße, also unmittelbar im Stadtteil Alte Neustadt.

[20] Am 22. April 1949 wurden von der Leitung folgende Personen als Spartenleiter vorgeschlagen: Fußball – Buhtz, Handball – Gabriel, Schwimmen – Bök, Boxen – Schramm. Für die Sparten Leichtathletik und Tischtennis hatte man keine Vorschläge unterbreitet (vgl. PBFS, O1, B.9).

[21] Diese Ziele waren ebenfalls im Dokument über den „Aufbau und die Grundsätze der demokratischen Sportbewegung“ verankert worden.

Ende der Leseprobe aus 133 Seiten

Details

Titel
Die Geschichte der BSG 'Aufbau Börde' Magdeburg von 1949-1955 unter besonderer Berücksichtigung ihres Förderers Hermann Erdwig
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Sportwissenschaft)
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
133
Katalognummer
V54718
ISBN (eBook)
9783638498463
ISBN (Buch)
9783638792110
Dateigröße
3650 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Am Beispiel der BSG Aufbau Börde Magdeburg soll gezeigt werden, wie sich der DDR-Sport nach dem Ende des 2. Weltkrieges bis zur Gründung der Sportclubs in der DDR entwickelte. Im Mittelpunkt der Arbeit steht dabei die strukturelle Entwicklung der Sportgemeinschaft. Dabei wird stets der Bezug zur Politik bzw. der Sportpolitik in der SBZ bzw. DDR gewahrt werden. Besonders berücksichtigt wird zudem die Person Hermann Erdwigs als entscheidender Förderer der BSG.
Schlagworte
Geschichte, Aufbau, Börde, Magdeburg, Berücksichtigung, Förderers, Hermann, Erdwig
Arbeit zitieren
Sebastian Knobbe (Autor:in), 2005, Die Geschichte der BSG 'Aufbau Börde' Magdeburg von 1949-1955 unter besonderer Berücksichtigung ihres Förderers Hermann Erdwig, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54718

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