Zwillings- und Adoptionsstudien


Hausarbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Begrifferläuterungen

III. Historie

IV. Zwillings- und Adoptionsstudien a) Zwillingsstudien
b) Adoptionsstudien
c) geteilte und spezifische Umwelt
d) genetische Einflüsse

V. Minnesota Twin Family Study a) MICTAR Studie an getrennt aufgewachsenen Zwillinge
b) MICTAR Studie zur Erblichkeit von Persönlichkeitsmerkmalen

VI. Ausblick

VII. Literatur

I. Einleitung

Die Verhaltensgenetik beschäftigt sich mit der Beeinflussung des Verhaltens durch genetische Faktoren. Einen Schwerpunkt der Verhaltensgenetik bildet die Betrachtung der Anlage-Umwelt-Forschung. In der Vergangenheit wurden Extrempositionen vertreten, nach denen z. B. die Intelligenz ausschließlich vererbt oder durch Umwelteinflüsse erlangt wird. Inzwischen sind die Forscher zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl das Erbgut als auch die Umwelt eine Rolle bei der Bildung von Verhaltensmerkmalen spielen

Die Forschungsansätze in der Verhaltensgenetik sind Zwillings- und Adoptionsstudien. Die vorliegende Arbeit skizziert, hauptsächlich Bezug nehmend auf Peter Borkenaus Werk „Anlage und Umwelt – Einführung in die Verhaltensgenetik“, ebendiese Studien. Um dem Leser vorab einen Einstieg in die Materie zu ermöglichen, werden zunächst einige wichtige Begriffe der Genetik erklärt. Anschließend wird ein kurzer Überblick darüber gegeben, wie die Ergebnisse verhaltensgenetischer Studien in der Vergangenheit gewertet wurden. Im Hauptteil werden Zwillings- und Adoptionsstudien erklärt. Hierbei wird auf die Thematik von geteilter und spezifischer, also nicht geteilter Umwelt und auf die genetischen Einflüsse eingegangen. Zur Verdeutlichung werden zwei Beispielstudien herangezogen. Abschließend wird im Ausblick gezeigt, welche zukünftigen Ansätze für die Forschung möglich und wünschenswert sind

II. Begriffserläuterungen

„Die Genetik (griech. geneá = Abstammung) oder Vererbungslehre ist ein Teilgebiet der Biologie und beschäftigt sich mit dem Aufbau und der Funktion von Erbanlagen ("Genen") sowie mit deren Weitervererbung. Vererbung ist die Weitergabe von Erbinformationen von Generation zu Generation.“[1] Ein Gen ist ein Erbfaktor, die kleinste Einheit der Vererbung, unter deren Einfluss sich ein Merkmal entwickelt

Die Gesamtheit der Gene, der Genotypus, prägt den Phänotypus, also die äußerlich sichtbaren Merkmale. Die einander entsprechenden Gene eines diploiden Chromosomensatzes werden Allele genannt. Sie sind z. B. für die Augenfarbe des Kindes verantwortlich, welche sich aus den Allelen der Eltern ergibt. Hat beispielsweise der Vater braune Augen und die Mutter hat blaue, und nimmt man an, das Merkmal „braune Augen“ ist dominant, kann sich also besser durchsetzen, als das rezessive Merkmal „blaue Augen“, so erhält das Kind entsprechend ebenfalls braune Augen

Verhaltensgenetik, in deren Rahmen die Zwillings- und Adoptionsforschungen betrieben werden, ist, wie oben beschrieben, die Lehre von der Beeinflussung des Verhaltens durch genetische Faktoren

Zur Bestimmung der Größe des Vererbungseffektes eines Merkmals werden die Persönlichkeitseigenschaften von Familienmitgliedern untersucht. Wäre ein Merkmal wie z. B. Geselligkeit vererbbar, müsste die Merkmalsausprägung bei eineiigen Zwillingen (Monozygoten) stärker korrelieren als bei Geschwistern, da Monozygoten 100% ihrer Gene teilen. Geschwister und Dizygoten (zweieiige Zwillinge) hingegen teilen nur 50% der Gene

Für diese Untersuchungen werden Zwillingsstudien aufgestellt. Da aber Monozygoten genau wie alle anderen Mitglieder einer Familie im selben Haushalt leben und folglich eine große gemeinsame Umwelt haben, fällt die Korrelation generell höher aus, als wenn man eine Person mit einer zufällig ausgewählten anderen vergleicht. Um dieses Problem zu umgehen, werden Adoptionsstudien angewandt. Hier wird untersucht, wie hoch die Korrelation zwischen Kindern und ihren Adoptiveltern sowie ihren leiblichen Eltern ausfällt.[2] Häufig werden auch die leiblichen Kinder der Adoptiveltern mit hinzugezogen

III. Historie

Bereits der griechische Philosoph Plato (428/427 v.Chr. bis 348/347 v.Chr.) hatte die Vermutung, dass Gene und Milieufaktoren an der Verhaltensprägung mitbeteiligt sind

So schrieb er im 4. Jhd. v. Chr. in seinem Werk Der Staat folgendes: „[…], daß die besten Männer den besten Frauen möglichst oft beiwohnen müssen, dagegen die schlechtesten Männer den schlechtesten Frauen möglichst selten […].“[3]

Viel später, im 18. Jhd., untersuchte der französische Biologe Jean Baptiste Lamarck (1744 – 1825) die Anpassung von Tieren an ihre Umwelt und nahm an, dass die Entwicklung und Veränderung der Tiere durch die direkte Wirkung der äußeren Lebensbedingungen und durch Kreuzung, in erster Linie aber durch Bedürfnis, Gewohnheit sowie Benutzung respektive Nichtbenutzung der Organe erfolgt. Die Veränderungen würden dann an die nächste Generation weitergegeben werden.[4]

Heute weiß man, dass Wünsche und Erfahrungen keine anatomische Ausdifferenzierung nach sich ziehen, sondern dass die von Charles Darwin (1809 – 1882) aufgestellte Evolutionstheorie Erklärungen bietet. Borkenau fasst die „Grundannahmen der Darwinschen Evolutionstheorie“[5] in fünf Punkten zusammen: 1) Innerhalb jeder Art wird ein Überschuss an Nachkommen produziert. 2) Zwischen den einzelnen Individuen gibt es große Unterschiede. 3) Diese lassen sich zumindest zum Teil auf genetische Faktoren zurückführen. 4) Ist ein Merkmal dominant, sollte es in der folgenden Generation stärker auftreten. 5) Hierdurch werden die charakteristischen Merkmale einer Population über die Zeit so stark verändert, dass sich die früheren und die späteren Populationen mit einem großen zeitlichen Abstand betrachtet stark voneinander differenzieren. Auch Darwin schrieb schon über die Entwicklung der menschlichen Intelligenz (1871), fand aber nicht die korrekte Erklärung, sondern stellte eine falsche Theorie („Pangenese“[6] ) auf

Schließlich veröffentlichte Gregor Mendel 1866 die treffende Theorie der Vererbungslehre. Aus Versuchen mit Kreuzungen von Erbsen leitete er aus seinen Forschungen zwei Regeln ab: 1) Die „Regel der Segregation“[7], d. h. jedes Merkmal hat zwei Erbfaktoren, die aber das Merkmal nicht „manifest beeinflussen müssen“[8], d. h. ein Merkmal ist rezessiv, eins dominant und jeder Nachkomme erhält einen Erbfaktor eines Elternteils. 2) Die „Regel der unabhängigen Kombination“[9], d. h. Erbfaktoren werden unabhängig für verschiedene Merkmale vererbt.[10]

Weiterhin erwähnenswert ist laut Borkenau Sir Francis Galton (Cousin Darwins; 1822-1911). Er erforschte die Verteilung menschlicher Merkmale, die Korrelation und die Erblichkeit derselben unter Verwandten. 1869 veröffentlichte er sein Werk „Herediaty Genius: An Inquiry into Ist Laws an Consequences“, in welchem er sich mit dem überdurchschnittlich hohen Aufkommen von Genies in einzelnen Familien beschäftigte. Da es damals noch keine Messinstrumente für Intelligenz gab (Binet & Simon entwickelten 1905 den ersten Intelligenztest[11] ), war dies eine gute Möglichkeit, ein bestimmtes Merkmal auf eine eventuelle Vererbung zu testen. Die Reputation der Männer legte er als Index für Intelligenz fest. Das heißt, er untersuchte Menschen mit einem Beruf, der bei 4000 Personen nur ein einziges Mal vorkam. Dies waren bekannte Richter, Offiziere, Gelehrte etc. (die Untersuchung bezog sich nur auf die männlichen Familienmitglieder). Sein Ergebnis lautete wie folgt: „Verwandte einer eminenten Person waren umso häufiger ebenfalls eminent, je enger der Grad der Verwandtschaft war.“[12]

Dies spricht für Heritabilität, also Erblichkeit. Aber Galton wusste auch schon, dass Umwelt (soziale Herkunft, Bildungsniveau etc.) eine große Rolle spielen; er verglich damals Adoptivsöhne katholischer Päpste (diese genossen ein hohes Ansehen) mit Söhnen eminenter Männer.[13] Weiterhin beschäftigte er sich mit Zwillingsstudien sowie der Fragestellung, ob sich bei der Geburt ähnliche Zwillinge durch Umwelteinflüsse später voneinander mehr unterscheiden und umgekehrt[14]. Als Grundlage hierfür diente ihm biographisches und autobiographisches Material. Sein Resultat war: „nature prevails enormously over nurture“[15], d. h. die Natur ist einflussreicher als Erziehung und Umwelt. Borkenau meinte, dass es „[…] das unbestreitbare Verdienst Galtons [sei] , die auch heute noch aktuelle Zwillingsmethode und Adoptionsmethode in die verhaltensgenetische Forschung eingeführt zu haben.“[16]

IV. Zwillingsstudien und Adoptionsstudien

Feldstudien bieten die bisher einzige Möglichkeit, Unterschiede zwischen Individuen herauszufinden. Effektiver wären gentechnische Methoden und gezielte Züchtungen, wie sie z. B. bei Ratten unternommen werden. Da dies aber beim Menschen aus ethischen Gründen als Forschungsmittel nicht machbar ist, muss man in diesem Bereich auf Feldstudien zurückgreifen

a) Zwillingsstudien

Eine Möglichkeit, den Einfluss von Genen und Umwelt auf die Individuen zu untersuchen, stellen die Zwillingsstudien dar. Hierbei wird zwischen Monozygoten (MZs), die zusammen aufgewachsen sind, MZs, welche getrennt aufwuchsen, Dizygoten (DZs), die zusammen aufgewachsen sind und DZs, die getrennt aufwuchsen unterschieden

Diese Unterscheidung wird aus zwei Gründen vorgenommen: Erstens teilen MZs 100% ihrer Gene. DZs dagegen wie, normale Geschwister, nur 50% ihrer Gene. Gibt es also Unterschiede bei den MZs, können diese auf Umwelteinflüsse zurückgeführt werden

In neueren Untersuchungen werden Vergleiche zwischen MZs und ihren Verwandten gezogen, um so gleichzeitig die genetische Ähnlichkeit und die möglichen gemeinsamen Umwelteinflüsse abzuschätzen. Die folgende Aufstellung zeigt die genetische Ähnlichkeit bei verschiedenem Verwandtschaftsgrad[17]:

[...]


[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Genetik

[2] vgl. Zimbardo 1999, S. 525 f

[3] zitiert nach Borkenau 1993, S

[4] vgl.http://www.philosophenlexikon.de/lamarck.htm

[5] Borkenau 1993, S

[6] ebd., S

[7] ebd., S.15

[8] ebd., S

[9] ebd., S

[10] Heute weiß man, dass diese Regel nicht uneingeschränkt gültig ist, da die Erbfaktoren auf den Chromosomen sitzen und auch manchmal gemeinsam vererbt werden

[11] vgl. Zimbardo 1999, S

[12] Borkenau 1993, S.10

[13] vgl. ebd., S

[14] Allerdings hat er „ähnliche“ und „unähnliche“ Zwillinge bei Geburt nur durch phänotypische Merkmale bestimmen können, und nicht durch den Genotyp, da dies damals noch nicht möglich war

[15] ebd. Rezitat S.11 (1883)

[16] ebd., S

[17] Tabelle entnommen aus J.B. Asendorpf 1999, S

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zwillings- und Adoptionsstudien
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut I - Arbeitsbereich Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik (DD))
Veranstaltung
Begleitseminar Differentielle Psychologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V51200
ISBN (eBook)
9783638472302
ISBN (Buch)
9783656575986
Dateigröße
395 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwillings-, Adoptionsstudien, Begleitseminar, Differentielle, Psychologie
Arbeit zitieren
Nicole Singler (Autor:in), 2005, Zwillings- und Adoptionsstudien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51200

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