Stoffstrombasierte Unternehmensnetzwerke in der mittelständischen Industrie. Kooperationsorientierter Ansatz zur nachhaltigen Entwicklung

Wirtschaftsraum Arnsberg


Diplomarbeit, 2005

168 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG
1.1 PROBLEM- UND FRAGESTELLUNG
1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT
1.3 AUFBAU UND METHODIK

2 KLEINE UND MITTLERE UNTERNEHMEN IN DEUTSCHLAND
2.1 BEGRIFFSKLÄRUNG
2.2 DIE STELLUNG DES DEUTSCHEN MITTELSTANDES

3 DAS LEITBILD DER „NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG“
3.1 REGION UND NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
3.1.1 Der Regionsbegriff
3.1.2 Nachhaltige Entwicklung in der Region
3.1.3 Regionalisierung als Handlungsstrategie nachhaltiger Entwicklung

4 VERNETZUNG UND KOOPERATION
4.1 NETZWERKE
4.2 ARTEN VON NETZWERKEN
4.2.1 Soziale Netzwerke
4.2.2 Personelle Netzwerke
4.3 BEWEGGRÜNDE FÜR VERNETZUNG UND KOOPERATION

5 GRUNDLAGEN DES STOFFSTROMMANAGEMENTS
5.1 STOFFSTROM
5.2 DAS MANAGEMENT VON STOFFSTRÖMEN
5.3 STOFFSTROMRECHT
5.3.1 Umweltrecht
5.3.2 Chemikalienrecht
5.3.3 Planungsrecht
5.4 AUFGABEN UND ZIELE DES SSM
5.4.1 Aufgaben des SSM
5.4.2 Ziele des SSM
5.5 DIE TYPEN DES STOFFSTROMMANAGEMENTS
5.5.1 Vertikales Stoffstrommanagement
5.5.2 Horizontales Stoffstrommanagement
5.5.3 Diagonales Stoffstrommanagement
5.6 INSTRUMENTE DES STOFFSTROMMANAGEMENTS
5.6.1 Umweltmanagement
5.6.2 Kooperation
5.6.3 Umweltinformationen f ü r Nachfrager
5.7 DIE PHASEN DES STOFFSTROMMANAGEMENTS
5.8 DIE AKTEURE DES STOFFSTROMMANAGEMENTS
5.8.1 Akteurstypen

DER ZUSAMMENHANG ZWISCHEN NACHHALTIGKEIT, NETZWERKEN UND STOFFSTROMMANAGEMENT

6 ZIELSYSTEMATIK UND INDIKATOREN DER EMPIRIE UND ANALYSE
6.1 DIE EBENEN DER ZIELSYSTEMATIK
6.1.1 Innerbetriebliche Ebene
6.1.2 Zwischenbetriebliche Ebene
6.1.3 Kommunikations- und Kooperationsebene
6.2 INDIKATOREN

7 STOFFVERWERTUNGSNETZWERK WIEBELSHEIDE IM WIRTSCHAFTSRAUM ARNSBERG
7.1 REGION ARNSBERG
7.1.1 Der Wirtschaftsraum Arnsberg
7.2 DAS GEWERBEGEBIET WIEBELSHEIDE
7.2.1 Lage, Gr öß e und Struktur des Gebietes
7.2.2 Unternehmensbefragung im Gewerbegebiet
7.2.3 Auswertung der Unternehmensbefragung
7.2.4 Fazit der Untersuchungen des Fallbeispiels

8 HANDLUNGSKATALOG ZUR NETZWERKIMPLEMENTIERUNG
8.1 PHASEN ZUR UMSETZUNG
8.1.1 Vorbereitungsphase
8.1.2 Start-up-Phase
8.1.3 Konkretisierungs- und Analysephase
8.1.4 Aufbauphase
8.1.5 Etablierungs- und Ausweitungsphase
8.2 WEITERE HANDLUNGSEMPFEHLUNG ZUR AUSWEITUNG DES NETZWERKS
8.2.1 Ressourcenpooling und Rationalisierung
8.2.2 Forschung und Entwicklung
8.2.3 Produktionsnetzwerke

9 FAZIT/AUSBLICK

ANHANG

I VERWENDETE LITERATUR

II INTERNETQUELLEN

III ABBILDUNGSVERZEICHNIS

IV GESPRÄCHSPROTOKOLLE

V FRAGEBOGEN

VI ERGEBNISSE DER UNTERNEHMERBEFRAGUNG

VII QUANTITATIVE AUSWERTUNGSERGEBNISSE

VIII ERGÄNZENDE ABBILDUNGEN

IX ERGÄNZENDE TABELLEN

Vorwort

Das gewählte Zitat von Georg Christoph Lichtenberg drückt eine simple Tatsache aus: Die Zukunft unterliegt einem stetigen Wandel, den man passiv über sich ergehen lassen oder durch zielgerichtetes Handeln positiv beeinflussen kann.

Diese Erkenntnis ist zwar nicht bahnbrechend, zeigt jedoch die Motivation der vorliegenden Arbeit auf: Mit dem Prinzip des Stoffstrommanagements einen Handlungsansatz aufzuzeigen, der Unternehmen bei der Zukunftssicherung ihrer Existenz unterstützen und gleichzeitig eine nachhaltige räumliche Entwicklung fördern kann.

Mein Interesse an der Bearbeitung dieser Fragestellung wurde während eines Praktikums am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie geweckt und im Laufe meiner Litera- turrecherche im Rahmen der Themenfindung für diese Diplomarbeit kontinuierlich gestei- gert.

Herzlich bedanken möchte ich mich bei meinen Gutachtern, Herrn Tietz und Herrn Drenk, für die Betreuung dieser Arbeit. Mein Dank gilt ebenso Frau Baedecker vom Wuppertal Institut, den Geschäftsführern der Martin Müller & Co. GmbH, Herrn Tubbesing und Herrn Dransfeld, Herrn Lepski und Herrn Hoffmann von der Wirtschaftsförderung Arnsberg GmbH sowie allen anderen Unternehmen für die Hilfe und Mitwirkung im Rahmen der Unternehmensbefragung. Ferner möchte ich mich bei meinen Eltern für die Unterstützung während der Studienzeit sowie bei den Lektoren bedanken.

1 Einführung

Das folgende Kapitel skizziert zunächst die Ausgangsposition für das Thema dieser Arbeit. Dabei wird die Problemstellung einerseits und die daraus abgeleitete Zielsetzung andererseits erläutert. Darüber hinaus wird das methodische Instrumentarium, das zur Erreichung der angestrebten Zielsetzung notwendig ist, vorgestellt.

1.1 Problem- und Fragestellung

Problemstellung

„Die globale Rohstoffkrise verheizt den Mittelstand.“1 So titelte eine von der RAG und vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung veröffentlichte Broschüre, in der die zu- nehmend schwieriger werdende Situation der KMU2 der Metallverarbeitung sowie weiterer Branchen des Mittelstandes auf dem Rohstoffmarkt verdeutlicht wird. Diese Situation ist von einem immer größer werdenden Kostendruck gekennzeichnet, für den im Wesentlichen zwei Haupttrends verantwortlich sind: Zum einen die natürlichen Grenzen nicht erneuerba- rer Ressourcen, zum anderen die steigende Nachfrage nach eben diesen Ressourcen im Zuge wirtschaftlicher Expansion, insbesondere in China und Indien sowie auch anderen Schwel- lenländern.

Abbildung 1-1: Stahlpreise in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Website Allianz

Abbildung 1-2: Preise für Industrierohstoffe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Website Allianz

Beide Trends haben in den letzten fünf Jahren die Industrierohstoffpreise und somit auch die Preise für Stahl ansteigen lassen (vgl. Abbildung 1-1 und Abbildung 1-2). Da für die o. g. Länder auch in den nächsten Jahren ein stark expansiver Wirtschaftskurs prognostiziert wird und diese demzufolge auch weiterhin Rohstoffe in steigendem Umfang nachfragen werden, ist mit einer Entschärfung der Situation auf dem Weltmarkt in den nächsten vier bis fünf Jahren nicht zu rechnen. Vielmehr ist zu erwarten, dass auf Grund der steigenden Nachfrage nach nicht erneuerbaren Ressourcen die Preisspirale weiterhin nach oben gedreht wird, so- dass auch langfristig eher eine Verschärfung als eine Entspannung der Situation zu erwarten ist.

Darüber hinaus muss sich der deutsche Mittelstand auf dem globalisierten Markt einem im- mer härteren Wettbewerb gerade auch mit Konkurrenten aus den besagten Schwellenlän- dern, aber auch aus den mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten stellen und nach Wegen suchen, mit seinen Produkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Das bedeutet jedoch auch, dass immer wieder Innovationsanstrengungen zur Sicherung des Technologievor- sprungs vorgenommen werden müssen, da sich die deutschen KMU im Bereich der standar- disierten Massenproduktion von Billigkonsumgütern auf Grund verschiedener Faktoren (z.B. hohes Lohnniveau in Deutschland) nicht behaupten kann.

Fragestellung

Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten sich dem Mittelstand, dem sog. „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ bieten, einen Weg aus den derzeitigen Schwierigkeiten hinein in eine zukunftsfähigere Wettbewerbssituation zu beschreiten. Die Beantwortung dieser Frage scheint zumindest vordergründig in den Aufgabenbereich der Ökonomie zu fallen und lässt evtl. einen Bezug zur Raumplanung vermissen. Betrachtet man jedoch die Verflechtungen, die zwischen wirtschaftlichem Handeln und dessen räumlichen (z. B. Bauleitplanung, Um- weltschutz) und sozialen Auswirkungen (z. B. Beschäftigung) bestehen, so wird ersichtlich, dass die Zielsetzung, die zur Lösung des Problems aufgestellt wurde, nicht allein durch rein wirtschaftliche Instrumente erreicht werden kann. Vielmehr kommt es auf die Verwendung eines ganzheitlichen Ansatzes an, der zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit alle Lebensberei- che, seien sie ökonomischer, ökologischer oder sozialer Natur, in Einklang bringen kann.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Ein möglicher Schritt in die richtige Richtung kann in dem Übergang zu einer Wirtschafts- weise im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung liegen. Dieses Leitbild verfolgt das Ziel der Harmonisierung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange, zum Zwecke der Erhal- tung der Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen. Ein Mittel zur Erreichung ökonomischer Nachhaltigkeit ist die Erhöhung der Ressourceneffizienz innerhalb von Pro- duktionsprozessen. Diese Steigerung kann durch Maßnahmen innerhalb eines einzelnen Betriebes, wie etwa der Installation eines Umweltmanagementsystems, oder durch die zwi- schenbetriebliche bzw. regionale Zusammenarbeit innerhalb von sog. Stoffstrommanage- mentprozessen erreicht werden. Diese versuchen innerhalb des Wertschöpfungsprozesses Potenziale zur Optimierung des Ressourcenverbrauchs aufzudecken und zu realisieren.3

Mit der exemplarischen Umsetzung des Handlungsansatzes der Steigerung der Ressourcen- effizienz beschäftigt sich diese Arbeit. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Erarbeitung eines Handlungskonzepts für den ausgewählten Untersuchungsraum „Gewerbegebiet Wiebels- heide“ in der Stadt Arnsberg. Dieses stellt sukzessive die notwendigen Schritte heraus, die zur Installation eines Stoffverwertungsnetzwerks auf Ebene des Gewerbegebietes immanent sind. In einem zweiten Schritt werden Handlungsempfehlungen zur Verstetigung des Netz- werksgedankens auf Unternehmensebene gegeben. Abschließend werden in einem Ausblick weitere Schritte zum Ausbau des Stoffstromnetzwerks auf regionaler Ebene skizziert. Ziel hierbei ist es, durch die Einbeziehung weiterer regionaler Akteure eine breitere Basis für die Umsetzung des Leitbilds der nachhaltigen Entwicklung zu bilden, etwa durch die Schaffung ökologisch orientierter Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien durch die Förde- rung von energetischer Biomasseverwertung im Untersuchungsraum.

1.3 Aufbau und Methodik

Grundlagen

Vor jeder konzeptionellen Arbeit steht die Erarbeitung von Grundlagenwissen, das anschlie- ßend in einer Transferleistung auf das ausgewählte Fallbeispiel projiziert wird. Die dazu notwendigen Erkenntnisse werden aus der einschlägigen Literatur gewonnen und um weite- re Quellen aus dem Internet und aus grauer Literatur ergänzt. Im Rahmen der Erkundung der regionalen Rahmenbedingungen und der Stützung der theoretischen Grundlagen wer- den Befragungen von Akteuren aus Wirtschaft und Verwaltung durchgeführt. Insbesondere wird im Rahmen eines sog. „Paper and Pencil“-Interviews (PAPI)4 eine erste Datenerhebung bzgl. der anfallenden Stoffströme sowie der Kooperationserfahrungen der Unternehmen im Gewerbegebiet vorgenommen. Nach Abschluss dieser Schritte werden alle gewonnen Ein- sichten im empirischen Teil dieser Arbeit dargestellt, anschließend analysiert und im Rah- men der Konzeptbildung in einen Maßnahmenkatalog überführt.

Mittelstand

Die Bedeutung des Mittelstandes in der Deutschen Unternehmenslandschaft ist für die Motivation dieser Arbeit von großer Relevanz. Deswegen beschäftigt sich KAPITEL 2 mit der Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen im deutschen Wirtschaftssystem und verdeutlicht darüber hinaus die eingangs geschilderten Probleme, mit denen diese zu kämpfen haben. Die dazu nötigen Grundlagen für den in dieser Arbeit gewählten Ansatz zur Lösung eben dieser Probleme werden in den darauf folgenden Kapiteln vorgestellt.

Nachhaltige Entwicklung

KAPITEL 3 befasst sich mit dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Dabei wird jedoch auf Grund der Tatsache, dass gerade der Begriff der Nachhaltigkeit im Laufe der Zeit wegen seiner Multidimensionalität zu einem der Modebegriffe in Politik und Gesellschaft geworden ist, nur auf die das Thema der Arbeit betreffenden Kernaussagen des Leitbildes eingegangen.

Kooperation und Vernetzung

Die Themen Kooperation und Vernetzung stehen im zentralen Blickpunkt des 4. KAPITELS und bilden den theoretischen Ausgangspunkt zur Realisierung des Vorhabens, der Initiie- rung eines stoffstrombasierten Unternehmensnetzwerkes im Wirtschaftsraum Arnsberg. Insbesondere werden die verschiedenen Formen kooperativer Handlungsweisen sowie die unterschiedlichen Arten von Netzwerken erläutert, um anschließend die geeigneten Koope- rations- und Netzwerkformen für die Erreichung des Ziels dieser Arbeit zu vollziehen.

Stoffstrommanagement

KAPITEL 5 befasst sich mit den Grundlagen des Stoffstrommanagements. Nach einer kurzen Begriffsklärung werden die rechtlichen Grundlagen dargelegt sowie die Aufgaben und Ziele erläutert, die mit dem Management von Stoffströmen verfolgt werden. Dabei werden zur Anwendung kommende Methoden und Instrumente sowie die am Stoffstrommanagement5 beteiligten Akteure vorgestellt. In den beiden letzten Teilabschnitten des Kapitels wird auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen des SSM und auf die verschiedenen Phasen zu dessen Realisierung eingegangen.

Zwischenfazit

Das daran anschließende KAPITEL 6 schließt den Grundlagenteil mit einem Fazit über den Zusammenhang zwischen nachhaltiger Entwicklung, Unternehmensnetzwerken und SSM ab und zeigt die Gründe für eine stoffstrombasierte Kooperation von Unternehmen sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken auf.

Fallstudie „ Gewerbegebiet Wiebelsheide “ der Stadt Arnsberg

Empirie

Im Rahmen des empirischen Teils dieser Arbeit in KAPITEL 7 werden alle notwendigen Daten systematisch durch die Einhaltung eines explorativen Forschungsdesigns gewonnen. Dieses Design gliedert sich in zwei Bereiche.

Im Vorfeld der empirischen Untersuchungen wird durch die Erhebung und Auswertung von Sekundärdaten das Untersuchungsgebiet vorgestellt. Dabei werden sowohl grundlegende Fakten zur Stadt Arnsberg als auch wirtschaftsspezifische Daten dargestellt. Diese werden dann später im Rahmen der Analyse hinsichtlich der Branchenstruktur sowie der Stärken und Schwächen genauer eruiert.

Der zweite Bereich des Forschungsdesigns beinhaltet die Erfassung fundierter Daten in Be- zug auf die spezifischen Probleme im Bereich der Stoffstrom- und der damit in Verbindung stehende Abfallthematik innerhalb des Untersuchungsgebietes mittels empirischer Metho- den. Diese Datenbasis wird hier durch die Durchführung einer Befragung von 14 Unterneh- men innerhalb des Untersuchungsgebietes erarbeitet. Insbesondere werden Erkenntnisse über die Anstrengungen im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes, aber auch über das jährliche Abfallaufkommen sowie über die Erfahrungen mit und die Bereitschaft zu netz- förmigen Kooperationen im Untersuchungsgebiet gewonnen. Zusätzlich werden die Ergeb- nisse der Interviews mit Gesprächspartnern aus der Wirtschaftsförderung und der Entsor- gungsbranche präsentiert.

Analyse

Die durch die Unternehmensbefragung gewonnenen Daten werden im Anschluss an die Erhebung analysiert. Diese sind in fünf thematische Schwerpunkte gegliedert. Darüber hin- aus werden im Rahmen einer Status-quo-Analyse die vorhandenen endogenen Potenziale, aber auch die Schwachpunkte des Wirtschaftsraums Arnsberg in Bezug auf die Wirtschafts- struktur, der die Makroebene der Fallstudie bildet, herausgestellt und zum Ziel der Ermitt- lung von Synergieeffekten untersucht. Daran anschließend wird die Branchenstruktur des Wirtschaftsraums Arnsberg sowie die des Untersuchungsraums, dem Gewerbegebiet Wiebelsheide, durchleuchtet.

Konzept

Die im Rahmen der Unternehmensbefragung gewonnenen Erkenntnisse bezüglich etwaiger bereits bestehender Kooperationserfahrungen sowie der Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Rahmen eines Entsorgungsnetzwerks werden in das zu entwickelnde Konzept eingear- beitet, um darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für die sukzessive Gestaltung eines Stoffstrommanagements im Gewerbegebiet zu entwickeln. Basierend auf den Resultaten der Mikroebene des Gewerbegebietes werden Handlungsansätze für weitere strategische Koope- rationen zum Zwecke der nachhaltigen Entwicklung auf der Makroebene des Wirtschafts- raums Arnsberg skizziert. Diese sind jedoch auf Grund der Schwerpunktlegung dieser Ar- beit weniger detailliert als im ersten Teil der Konzeption und stellen einen eher orientieren- den Rahmen bezüglich der Möglichkeiten im Sinne einer Ausweitung des Stoffstrommana- gements dar.

Fazit

Im abschließenden Fazit wird die Ausgangssituation im Untersuchungsgebiet noch einmal kurz resümiert, um daran anschließend alle konzeptionellen Elemente sowie deren mögli- chen Effekte für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen im Gewerbegebiet sowie des Wirt- schaftsraums Arnsberg noch einmal zusammenzufassen und kritisch zu bewerten.

Abbildung 1-1: Aufbau der Arbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung

2 Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland

Einen Schwerpunkt der Arbeit bilden die KMU. Anders als in anderen Ländern sind diese ein elementarer Bestandteil der deutschen Unternehmenslandschaft. Zum Zwecke der genaueren Erläuterung des Begriffs sowie der Bedeutung für die deutsche Wirtschaft wird im Folgenden näher auf den Mittelstand eingegangen.

2.1 Begriffsklärung

Der Begriff des Mittelstands ist weder gesetzlich noch in der einschlägigen Literatur allge- meingültig definiert. So verwundert es auch nicht, dass die EU-Kommission ein anderes Verständnis von kleinen und mittleren Unternehmen hat, als beispielsweise das deutsche Institut für Mittelstandsforschung (IfM). Seitens der deutschen Bundesregierung ist eine ex- akte Definition des Mittelstandsbegriffs nicht gewollt, da dieser in seiner begrifflichen Viel- falt einem stetigen Wandel unterliegt, der elementar für den Mittelstand ist. Abbildung 1-1 zeigt die verschiedenen Klassifizierungen der EU und des IfM auf. Es fällt dabei auf, dass die beiden Definitionsansätze sich nicht nur in der Skalierung der verschiedenen Unterneh- mensgrößen unterscheiden. Vielmehr bestehen auch innerhalb der Größenklassen „klein“, „mittel“ und „groß“ sowohl Unterschiede bei der Anzahl der Arbeiter als auch beim jährli- chen Umsatz der jeweiligen Klasse. Insbesondere fällt auf, dass das IfM erst ab einer Größe von 500 und mehr Beschäftigten von Großbetrieben spricht, während die Europäische Kommission bereits Betriebe ab 250 Arbeitnehmern zu dieser Kategorie zählt.

Es zeigt sich, dass eine trennscharfe quantitative Eingrenzung dessen, was KMU letztendlich sind, nicht möglich ist. Einiges spricht für die Verwendung der deutschen Begriffsbestim- mung, da ansonsten „ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gesamtwirtschaft ‚herausdefiniert’ würde.“6 Andererseits ist die europäische Definition von klein(st)en und mittleren Unter- nehmen gerade im Hinblick auf förderpolitischen Aspekten von großer Bedeutung.

Abbildung 2-1: Quantitative Definition von klein(st)en und mittleren Unternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach IfM und Europäische Kommission

Abgesehen von der rein quantitativen Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen spielen qualitative und sozioökonomische Merkmale eine entscheidende Rolle bei der Ein- grenzung der KMU. So definiert sich der Mittelstand „(…) nicht allein über die Unterneh- mensgröße, sondern vor allem über die persönliche Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führung, die sich z. B. auf die Art der Organisation und der Marktstrategien auswirken.“6 Charakteristisch für mittelständische (und auch kleine) Unternehmen ist, dass i. d. R. eine „(…) Einheit von Eigentum und Leitung (…)“6 existiert, was dazu führt, dass die ökonomi- sche Existenz von dem Unternehmen und dem leitenden Verantwortlichen, der in aller Regel für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen und Vorgänge zuständig ist, eng mitein- ander verknüpft sind.7

Ein weiteres entscheidendes Kriterium zur Bestimmung des Mittelstandes geht mit der zu- vor beschriebenen Personalunion von Eigentümer und Leiter einher, nämlich das der wirt- schaftlichen Unabhängigkeit8. Diese spielt insbesondere bei den Empfehlungen der EU eine explizite Rolle8, während das IfM in seiner Begriffsklärung diese Eigenschaft nur implizit voraussetzt.8

Auch wenn die Begriffsbestimmung nicht hinreichend einheitlich erscheint, zeigt sich, dass die Definition des Mittestandsbegriffs immer durch eine „(…) Kombination aus statistisch zugänglichen quantitativen und empirisch erhobenen Daten ist.“14 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird vornehmlich auf die deutsche KMU-Definition abgestellt. Lediglich im Rahmen der Thematisierung möglicher Fördermittel wird auf die EU-Definition zurückgegriffen, da diese die Kriterien für die Inanspruchnahme dieser Gelder festlegt.

2.2 Die Stellung des deutschen Mittelstandes

Der Unternehmenstypus der kleinen und mittleren Unternehmen ist Deutschland der am weitesten verbreitete und bildet somit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Diese Aussa- ge lässt sich anhand der nachfolgend genannten und Abbildung 2-2 illustrierten Zahlen sehr gut verdeutlichen. In der Bundesrepublik Deutschland zählen 97,7 % aller Unternehmen

Abbildung 2-2: KMU und Großunternehmen im Vergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach IfM

zum Mittelstand.

Diese tätigen 63,9 % aller steuerpflichtigen Umsätze und tragen mit 48,8 % zur Bruttowertschöpfung aller Unternehmen bei. In den rd. 3,4 Millionen KMU sind 58,4 % aller deutschen Arbeitnehmer beschäftigt und werden 80 % aller Ausbildungsplätze bereitgestellt.9 Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Mittelstand in Deutschland einen elementaren Bestandteil des Wirtschaftsgefüges ausmacht.

Nicht zuletzt auf Grund der dem Mittelstand zugewiesenen Bedeutung als Innovations- und Jobmotor werden in den letzten Jahren seitens der Wirtschafts- und Strukturpolitik immer neue Initiativen zur Förderung der KMU angestoßen(z. B. Erlass des Mittelstandgesetzes NRW10 ), um somit einen positiven Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Situation zu errei- chen. Kritiker sehen diese stereotype Charakterisierung des Mittelstandes eher skeptisch und verweisen darauf, dass rd. 40 % der mittelständischen Unternehmer den Arbeitgebertypen „Unterlasser“ bzw. „Konservatoren“ zuzuordnen sind11 und es erhebliche Unterschiede zwi- schen einem global agierenden High-Tech-Unternehmen mit 350 Beschäftigten oder einem Handwerksbetrieb mit 9 oder weniger Beschäftigten gibt, da die jeweiligen Unternehmens- strategien vollkommen verschieden sind. Es scheint schwierig, eine griffige und alle Aspekte umfassende Begriffsklärung zu finden. Trotzdem wird im Folgenden versucht, ein Ver- ständnis für den Terminus des Mittelstandes sowie dessen spezifische Problemlage entwi- ckeln.

Nachdem nun die Relevanz und die terminologische Bedeutung des Mittelstandes hinreichend genau geklärt wurden, widmet sich das anschließende Kapitel der Definition eines weiteren, für diese Arbeit relevanten und nicht weniger klärungswürdigen Begriffs, dem der nachhaltigen Entwicklung.

3 Das Leitbild der„nachhaltigen Entwicklung“

Mit Verabschiedung der Rio-Deklaration und der damit verbundenen Veröffentlichung der Agenda 21 im Jahre 1992 ist in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion das Leit- bild der nachhaltigen Entwicklung zu einem der zentralen Themen avanciert. Trotz oder gerade wegen dieser akteursübergreifenden Beschäftigung ist es bisher noch nicht gelungen, eine definitive, weithin akzeptierte und praxisorientierte Begriffsklärung zu formulieren12. Zu erklären ist dieser Umstand nicht zuletzt dadurch, dass „... die gesellschaftlichen Vorstel- lungen von nachhaltiger Entwicklung immer vom jeweiligen sozialen, kulturellen und wirt- schaftlichen Entwicklungsstand abhängen.“12 Die Enquete-Kommission “Schutz des Men- schen und der Umwelt“ geht davon aus, dass zukünftig von unterschiedlichen Disziplinen eigene, operationalisierbare Definitionen von nachhaltiger Entwicklung entwickeln werden.

Der ursprüngliche Begriff der Nachhaltigkeit , der synonym für die nachhaltige Entwicklung steht, stammt aus der Forstwirtschaft und wurde im 18. Jahrhundert von Hans Carl von Car- lowitz, seinerzeit Berghauptmann in Kursachsen, geprägt. Gemeint ist in diesem Zusam- menhang die „… continuierliche, beständige und nachhaltende Nutzung… “13 [sic!] des Waldbestandes. Diese soll dadurch geleistet werden, dass über einen langen Planungszeit- raum „… nicht mehr Holz eingeschlagen wird, als im gleichen Zeitraum nachwächst.“13

Erst durch die Erweiterung der Begriffsdefinition durch die Brundtland-Kommission im Jah- re 1987 wurde ein über die Forstwirtschaft hinausgehender relevanter Nachhaltigkeitsbegriff geprägt. „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart be- friedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befrie- digen können.“14

„Auf die Umweltpolitik übertragen, bedeutet das Nachhaltigkeitsprinzip, dass die Entnahme von Rohstoffen aus der Natur und die Einbringung von Schadstoffen in die Natur nur in dem Umfang erfolgt (bzw. erfolgen darf), in dem die Natur bzw. das entsprechende Ökosystem diese Änderungen auffangen kann. Das Prinzip wird aus der Verpflichtung hergeleitet, die natürlichen Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen zu erhalten. Der Begriff Nachhaltigkeit steht also in engem Zusammenhang mit Fragen des Umweltschutzes und der Generationengerechtigkeit.“14

Zusammenfassend lässt sich die Definition der Brundtland-Kommission auf folgende drei Kernaussagen konzentrieren:

- Recht auf ein menschenwürdiges Leben für alle;
- Gerechtigkeit zwischen den heute lebenden und gegenüber den zukünftigen Genera- tionen (intragenerative und intergenerative Gerechtigkeit);
- ein anderer, ressourcenärmerer Wohlstand in den Industrieländern als Basis für Um- verteilungspotenziale zwischen Nord und Süd und zur Sicherung der Bedürfnisse zukünftiger Generationen.

Dabei spielen die drei Strategien der Effizienz, Konsistenz und Suffizienz eine ausschlagge- bende Rolle bei der Erreichung eines nachhaltigen Zustandes innerhalb dieser Dimensionen.

Dabei zielt die Effizienz (lat. efficere = bewirken) auf ein möglichst optimales Verhältnis zwi- schen Aufwand und Nutzen. Im Sinne der Ökoeffizienz wird der wirtschaftliche Wert eines Produktes in Relation zu seinem Einfluss bzw. seinen Auswirkungen auf die Umwelt ge- setzt.

Als Konsistenz bezeichnet man die umweltverträgliche, qualitative Beschaffenheit von Stoffund Energieströmen. Dabei sind konsistente Stoff- und Energieströme solche, die entweder störsicher im geschlossenen Kreislauf geführt werden oder aber mit den Stoffwechselprozessen der Natur so weit übereinstimmen, dass sie sich, auch bei großem Volumen, problemlos darin einfügen. In diesem Zusammenhang könnte man dann auch von Stoffwechselwirtschaft bzw. industriellem Metabolismus sprechen.15

Unter (ökologischer) Suffizienz versteht man die „… Dematerialisierung von Wirtschaftsak- tivitäten um einen bestimmten Faktor (z. B. Faktor vier (vgl. v. WEIZSÄCKER)16 ), welcher die Tragfähigkeit natürlicher Systeme sicherstellen soll…“17. Ziel ist es dabei, die Messung des Wohlstandes vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln, um somit nicht zu einer Über- kompensation der mittels der Effizienzstrategie erreichten Ressourcenersparnisse zu gelan- gen.

Die o. g. Definitionen von Nachhaltigkeit und deren Strategien bilden die Grundlage für das heutige Verständnis von Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung. Sie zeigt auf, dass Nachhaltigkeit nicht eindimensional ausgerichtet sein kann, sondern aus einem Geflecht mehrerer Dimensionen besteht, die nachfolgend beschrieben werden.

Dimensionen der Nachhaltigkeit

Wie bereits dargelegt, ist Nachhaltigkeit multidimensional und erstreckt sich, wie Abbildung 3-1 illustriert, von der ökologischen und ökonomischen über die gesellschaftliche bis hin zur institutionellen Ebene. Im Folgenden werden die verschiedenen Dimensionen näher erläu- tert, ehe im Anschluss die verschiedenen Leitbilder der Nachhaltigkeit vorgestellt werden.

Abbildung 3-1: Die Dimensionen der Nachhaltigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung

Die ökologische Dimension

Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit wird vielfach als die entscheidende Ebene betrachtet. Die Gründe dafür liegen darin, dass davon ausgegangen wird, dass ohne einen zukunftsgerichteten und sorgsamen Umgang mit der Ökosphäre allen anderen Aktivitäten die Existenzgrundlage entzogen wird, da der Mensch in letzter Instanz von seiner natürli- chen Umwelt abhängig ist. Aus dem Grunde besteht das Ziel des ökologisch motivierten Nachhaltigkeitsgedankens in der Erhaltung des natürlichen Reichtums und der Potenziale sowie der Bewahrung der ökologischen Prinzipien, ökologischen Systeme und der Biodiver- sität.

Die ökonomische Dimension

Die bestehende Wirtschaftsweise ist geprägt von hohen Ressourcenverbräuchen und Stoff- durchflüssen18. Dabei werden vorrangig einzelbetriebliche Interessen im Sinne einer den Gewinn maximierenden Produktionsstrategie verfolgt. Sofern der Gesetzgeber nicht ent- sprechende Maßnahmen ergriffen hat (z. B. Grenzwerte für den Ausstoß von CO2), werden etwaige entstehende negative externe Kosten (wie z. B.: Treibhausgase, Erwärmung von Fließgewässern durch Kühlwassereinspeisung, etc.), nicht in die betriebliche Kostenrechnung eingeschlossen, was dazu führt, dass diese negativen externen Effekte von der Gesellschaft getragen werden müssen.19

Ökonomische Nachhaltigkeit hingegen zielt auf die effiziente Befriedigung sowohl individu- eller als auch gesellschaftlicher Bedürfnisse ab. Dabei soll die Wirtschaftsordnung so gestal- tet werden, dass Eigeninitiative gefördert wird. Diese soll das individuelle Interesse im Sinne des spieltheoretischen Ansatzes der „unsichtbaren Hand“20 durch individuell rational ge- steuertes Handeln das Gemeinwohl maximiert werden. Hierbei sollen die Preise eine dauer- hafte Lenkungsfunktion übernehmen und zu einer weitestgehenden Senkung der Ressour- cenknappheit beitragen, indem sie die tatsächlichen Kosten unter Beachtung der externen Effekte wiedergeben.19 Weiterhin zielt diese Dimension der Nachhaltigkeit auf eine Förde- rung der Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft ab. Zu diesem Zwecke sollen die Rahmenbedin- gungen des Wettbewerbs so gestaltet werden, dass funktionsfähige Märkte entstehen und erhalten sowie Innovationen gefördert werden. Insbesondere sollen die Chancen, die eine langfristige Orientierung der Wirtschaftsweise in sich bergen, verdeutlicht werden. Der ge- sellschaftliche Wandel, der zur Anpassung an die zukünftigen Erfordernisse notwendig ist, soll dabei unterstützt werden. Wichtig ist dabei die Feststellung, dass die ökonomische Leis- tungsfähigkeit mittels des Paradigmenwechsels, der mit der Lösung der zukünftigen Aufga- ben einhergeht, weiterhin erhalten werden muss. Dies soll vor allem dadurch erreicht wer- den, dass die Ressourcen- und Materialeffizienz21 bei der Güterproduktion gesteigert und die volkswirtschaftliche Wohlfahrt im Sinne der Suffizienzstrategie dematerialisiert wird. Diese Dematerialisierung und die damit verbundene Steigerung der ökonomisch-ökologischen Effizienz kann durch das in Abbildung 3-2 dargestellte Gleichungssystem ausgedrückt wer- den22. Dabei stellt MK die aus den vom Menschen geschaffenen Kapital gewonnen Dienst- leistungen und NK die geopferten Dienstleistungen aus der Natur dar. Die ökologisch- ökonomische Effizienz ergibt sich demnach aus dem Quotienten aus der vom Menschen ge- schaffenen Kapital und den aus der Natur geopferten Dienstleistungen. DALY nimmt eine weitere Unterteilung der Rechnung in vier Relationen vor, sodass die o. g. Gleichung in vier weitere Gleichungen differenziert wird, die die Indikatoren für die verschiedenen ökono- misch-ökologischen Effizienzkriterien bilden. Dabei handelt es sich um die Dienstleistungs-, die Unterhalts-, die Wachstums- sowie um die ökologische Leistungseffizienz, die in Abbildung 3-3 kurz vorgestellt werden, ohne jedoch im Detail auf die einzelnen Kenngrößen

Abbildung 3-2: Ökonomisch-ökologische Effizienzgleichung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Daly 2003: 91

einzugehen.

Abbildung 3-3: Indikatoren ökonomisch-ökologischer Effizienz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung nach Daly 2003:91

Die soziale Dimension

Im Mittelpunkt der sozialen Nachhaltigkeit steht der Erhalt des Leistungspotenzials von Einzelnen, Gruppen und der sozialen Sicherungssysteme. Gemäß des Solidaritätsprinzips sollen „die Starken den Schwachen helfen“.23 Zu diesem Zweck hat die Enquête-Kommission des deutschen Bundestages zum Schutze des Menschen und der Umwelt die folgenden sozi- alen Regeln aufgestellt24:

1. Der soziale Rechtsstaat soll die Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persön- lichkeit sowie Entfaltungschancen für heutige und zukünftige Generationen gewährleisten, um auf diese Weise den sozialen Frieden zu bewahren.

2a. Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält Leistungen von der solidarischen Gesellschaft:-
+
I. entsprechend geleisteter Beiträge für die sozialen Sicherungssysteme,
II. entsprechend der Bedürftigkeit, wenn keine Ansprüche an die sozialen
Sicherungssysteme bestehen.

2b. Jedes Mitglied der Gesellschaft muss entsprechend seiner Leistungsfähigkeit einen solidarischen Beitrag für die Gesellschaft leisten.

3. Die sozialen Sicherungssysteme können nur in dem Umfang wachsen, wie sie auf ein gestiegenes wirtschaftliches Leistungspotenzial zurückgehen.

4. Das in der Gesellschaft insgesamt und in den einzelnen Gliederungen vorhandene Leistungspotenzial soll für künftige Generationen zumindest erhalten werden.

3.1 Region und nachhaltige Entwicklung

Im „Dreiklang“ der elementaren Begrifflichkeiten spielt die nachhaltige Regionalentwicklung eine zentrale Rolle in dieser Arbeit, da sie das wesentliche Ziel der Konzeption um die Etablierung eines stoffstrombasierten Netzwerkes auf regionaler Ebene darstellt. Um deutlich zu machen, was dieses Leitbild ausmacht, werden in den folgenden Abschnitten sowohl der Begriff der Region als auch jener der nachhaltigen Entwicklung sowie ihr Zusammenhang zur regionalen Ebene dargestellt.

3.1.1 Der Regionsbegriff

Der Begriff der Region wird wie folgt definiert: „Allgemein versteht man unter Region einen aufgrund bestimmter Merkmale abgegrenzten Teilraum mittlerer Größenordnung in einem Gesamtraum. In der Alltagssprache wird der Begriff ‚Region’ oder das Attribut ‚regional’ meist dann verwendet, wenn Gegebenheiten oder Vorgänge bezeichnet werden sollen, die mehr als den örtlichen Zusammenhang betreffen, aber unterhalb der staatlichen Ebene ange- siedelt sind.“25 Diese sehr allgemeine Aussage führt dazu, dass sowohl in der Praxis als auch in der Literatur ein pragmatischer Umgang mit der Regionsabgrenzung festzustellen ist.26 KILPER spricht dabei von einem Plausibilitätsgewinn regionaler Zuschnitte „... aus Kriterien und Argumenten, die begründet darlegen können, weshalb für welchen Zweck welche räumliche Grenzziehung Sinn macht.“27 Diese Vorgehensweise, die auf die jeweilige Frage- stellung ausgerichtet ist, wird auch in der Typologisierung von Regionskonzepten von BLO- TEVOGEL deutlich. Dabei werden den verschiedenen Zielsetzungen die adäquaten Raumty- pen zugeordnet. Zur weiteren Bearbeitung der Themenstellung im konzeptionellen Teil der Arbeit bedarf es ebenfalls einer genaueren Typisierung des Untersuchungsraums. Dieser wird bereits im Titel als Wirtschaftsraum Arnsberg bezeichnet und verweist auf die in Abbildung 3-4 (siehe S. - 23 -) veranschaulichte Einteilung der verschiedenen Regionstypen, in der der Wirtschaftsraum als komplex-systemare Beschreibungs- und Analyseregion klas- sifiziert wird. Für diese Auslegung der Regionsdefinition spricht auch, dass auf Grund der in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern, „… wo Region vor allem als eine kulturelle Einheit staatlicher Autorität gegenüber tritt…“28, die Impulse zur Regionalentwicklung eher in wirtschaftspolitischen Motiven begründet sind.28 Allgemein wird unter dem Terminus des Wirtschaftsraums die Summe aller Standorte verstanden, die durch bestimmte wirtschaftli- che Strukturmerkmale und bestimmte funktionale Verflechtungen gekennzeichnet sind. Er bildet somit ein wesentliches Element des raumwirtschaftlichen Systems.29 Hinsichtlich der räumlichen Ausprägung ist er jedoch nicht hinreichend genau definiert und reicht von trans- regionalen (z. B. europäischer Wirtschaftsraum der EU) über regionale (z. B. Wirtschafts- raum Ruhrgebiet) bis hin zu (inter-)kommunalen Abgrenzungen (z. B. Wirtschaftsraum Dortmund) Abgrenzungen.

Abbildung 3-4: Typologie von Regionskonzepten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigene Darstellung nach Blotevogel: Auf dem Weg zu einer ‚Theorie der Regionalität‘: Die Region als For-

schungsobjekt der Geographie. In: Brunn (Hrsg.): Region und Regionsbildung in Europa. Konzeptionen der For- schung und empirische Befunde. Baden-Baden 1996: 58

Im Rahmen der Konzeptbildung wird im Folgenden der Begriff des Wirtschaftsraums für den Untersuchungsraum Arnsberg operationalisiert und als Verflechtungsraum mit einer mittelständisch geprägten Unternehmens- und Branchenstruktur verstanden. Dieser Ver- flechtungsraum ist nicht deckungsgleich mit der Gemeindegrenze der Stadt Arnsberg. Viel- mehr ergeben sich auf Grund der analogen Wirtschafts- und Branchenstruktur vielfältige Verflechtungen zu den Nachbarkommunen. Auf diese Verflechtungen wird zum Schluss dieser Arbeit noch näher eingegangen und in einem Ausblick der regionale Kontext des Stoffstrommanagements aufgegriffen. Im Rahmen der eigentlichen konzeptionellen Arbeit, deren Kern die Erarbeitung eines Entwurfs zur Bildung eines Entsorgungs- bzw. Verwer- tungsnetzwerk im Gewerbegebiet Wiebelsheide der Stadt Arnsberg bildet, spielen sie eine eher untergeordnete Rolle, da hier der Wirtschaftsraum auf kommunalen Ebene betrachtet wird.

Nachdem die Begriffe der Region und des Wirtschaftsraums hinsichtlich der Bedeutung be- züglich des weiteren Vorgehens definiert und dekliniert wurden, befasst sich der folgende Abschnitt mit der Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung für die Region und des Wirt- schaftsraums.

3.1.2 Nachhaltige Entwicklung in der Region

Die Bedeutung der Region als Ebene sowohl des privaten ökonomischen Handelns als auch der öffentlichen Planungs- und Steuerungsfähigkeit ist in den letzten 20 Jahren stetig ange- stiegen30. Sie ist Handlungs- und Lebensraum verschiedenster Akteure, deren Zusammen- spiel eine zukunftssichernde Lebens- und Wirtschaftsweise erst ermöglichen kann. Dies gilt insbesondere bei dem in dieser Arbeit gewählten Ansatz des Stoffstrommanagements und der damit verbundenen Kreislaufführung von Ressourcen im Gegensatz zu der bisher prak- tizierten Handlungsweise „von der Wiege bis zur Bahre“, da diese Prinzipien einen starken Akteursbezug implizieren: Erst durch die Allokation von Synergieeffekten zwischen den verschiedenen Beteiligten wird das Ziel des Erreichens einer nachhaltige(re)n Entwicklung erreicht. Um solche Effekte auszunutzen bedarf es jedoch einer veränderten Denk- und Handlungsstruktur aller regionalen Anspruchsgruppen.31 In der damit einhergehenden Dis- kussion um die möglichen Ansätze zur Realisierung einer nachhaltigen Regionalentwick- lung stellt TISCHER zwei Diskussionsstränge fest32. Bei ersterem handelt es sich um einen ent- wicklungsbezogenen Handlungsansatz, bei dem es um die Frage „… nach dem regionalem Ent- wicklungsleitbild und dessen Verankerung in der Bevölkerung bzw. bei den regionalen Handlungsträgern …“32 geht. Dieser Ansatz geht davon aus, dass es bei der Durchsetzung eines Entwicklungsverständnisses, das so weit reichende Veränderungen in den verschie- densten Lebensbereichen erfordert32, eines „… gesellschaftlichen Grundkonsenses oder zu- mindest einer regen gesellschaftlichen Diskussion bedarf.“32 Diese Handlungsweise orien- tiert sich am sog. „Top-Down-Ansatz“, bei dem der Staat und seine Institutionen auf den verschiedenen Planungs- und Entscheidungsebenen „von oben“ eine Umsetzungsstruktur festlegt, die dann „nach unten“ bis zur kommunalen Handlungsebene ausgeführt wird bzw. werden soll. In diesem Zusammenhang wird auch von einem hierarchischen Organisations- ansatz gesprochen.33 TISCHER merkt dabei an, dass sich in der jüngeren Vergangenheit zu- nehmend die Ansicht durchsetzt, „… dass jegliche Art regionaler Entwicklungskonzepte oder -pläne nur dann eine tragfähige Entwicklungsgrundlage bilden, wenn sie von wesentli- chen regionalen Interessen getragen werden und nach Möglichkeit fachpolitisch integriert erarbeitet werden können.34 Er führt weiter an, dass formelle Planungsinstrumente, nament- lich insbesondere die Regionalpläne, unabdingbare Elemente im Entwicklungsprozess sind, jedoch nur den Aktionsrahmen für die regionalen Akteure, sprich die Menschen in der Regi- on, bilden und eine Leitbildfunktion wahrnehmen können.35

Der handlungsfeldbezogene Handlungsansatz orientiert sich an bereits bestehenden regionalen Potenzialen für eine nachhaltige Regionalentwicklung. An diese anknüpfend, werden Opti- onen für mehr Nachhaltigkeit in verschiedenen Wirtschafts- und Lebensbereichen erarbeitet.

Analog zum „Top-Down-Ansatz“ wird hier vom „Bottom-Up-Ansatz“ gesprochen, der par- tizipatorisch veranlagt ist und bei dem der Dialog zwischen den Mitwirkenden sowie deren Erfahrungen und Meinungen eine wesentlich größere Rolle spielen. Dies kann einerseits die Legitimität und den Prozessnutzen der Vernetzung steigern, hat andererseits aber auch zur Folge, dass ein höherer Zeitaufwand und eine komplexere Organisationsstruktur erforder- lich sind.

Im Zusammenhang mit diesen beiden Methoden sind zwei weitere Formen von Planungsund Steuerungsmethoden zu nennen. Bei der einen handelt es sich um explorative Methoden, die auf die Zukunft gerichtet sind (sog. „outward bound“-Ansätze). Dabei beginnen sie mit der Gegenwart als Ausgangspunkt und bewegen sich von dort aus in die Zukunft. Eine andere Herangehensweise verfolgen die sog. „inward-out“-Ansätze. Diese beginnen mit der Ausgestaltung möglicher Zukunftsszenarien und stellen die Frage, welche Trends und Entwicklung diese Szenarien eintreten lassen könnten.33

3.1.3 Regionalisierung als Handlungsstrategie nachhaltiger Entwick- lung

Seit Anfang der 1990er Jahre ist die Globalisierung des marktwirtschaftlichen Systems mit allen Vor- und Nachteilen einer der bestimmenden Determinanten wirtschaftlichen Handelns. Während die Vorteile vor allem in der globalen Allokation von günstigen Produktionsfaktoren zum Zwecke der Optimierung der Erträge liegen und eine eher kurzsichtige Sicht- und Wirtschaftsweise darstellen, werden die Nachteile, die beispielsweise in der Verschwendung von natürlichen Ressourcen in den Produktionsländern sowie der Abwanderung von Arbeitsplätzen in den Industriestaaten zu finden sind, langfristig zu einer Verschlechterung Existenzgrundlagen im Sinne der Nachhaltigkeit führen.

„Regionalisierung hingegen ist ein Prozess der Verkleinerung oder Ausweitung eines territo- rial oder systemisch beschriebenen Raumes auf eine mesokartierte Maßstabsebene.“36 Dabei können die Bestrebungen sowohl auf die Vergrößerung der lokalen als auch auf die Verklei- nerung der globalen Aktionsräume abzielen. Beispielsweise können kommunale Akteure durch die Ausdehnung auf die regionale Ebene Infrastrukturdienstleistungen (z. B. ÖPNV, Ver- und Entsorgung) gemeinsam anbieten. Ein anderer Ansatz könnte auch die Umkehr wirtschaftlicher Akteure von dem Konzept des „Global Sourcings“37 zu einer Produktion in regionalen Wirtschaftskreisläufen darstellen, in denen durch die Vernetzung der lokalen Akteure endogene Potenziale zum Zwecke einer zukunftsfähigen Wirtschaftsweise lokali- siert und ausgeschöpft werden können. In diesem Zusammenhang spricht KRÄKTE von Re- gionalisierung als „… einen Prozess der relativ kleinräumigen territorialen Integration und Vernetzung, der häufig mit einer Wiederaufwertung besonderer regionalen Qualitäten und Beziehungsgefüge verbunden ist.“38

Zwischenfazit

Die auf den vorangegangenen Seiten eruierten Begriffe „nachhaltige Entwicklung“ und „Re- gion“ sind eng aneinander gekoppelt, da sich regionale Entwicklung im Sinne von zukunfts- fähiger Entwicklung der Region ohne die Beachtung der Prinzipien der Nachhaltigkeit nicht vollziehen kann. Zudem ist die Region, wie bereits dargestellt, als Handlungsraum verschie- dener Akteure eine wichtige Ebene zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens, da der dazu notwendige Paradigmenwechsel einen geeigneten Systemraum benötigt, der durch die Kooperation und Vernetzung zum Zwecke der Durchführung nachhaltigkeitsorientierter Maßnahmen eine konsensuale Basis zur Manifestierung dieses Leitbildes darstellt.

Nachdem die wesentlichen Ansätze der Organisation und Umsetzung einer nachhaltigen Regionalentwicklung erarbeitet wurden, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit der Ver- netzung der regionalen Akteure zum Zwecke einer nachhaltigkeitsorientierten Kooperation.

4 Vernetzung und Kooperation

Unternehmen sehen sich immer wieder stetigen Wandlungsprozessen gegenüber gestellt. Dabei geht es in erster Linie meistens um Kostendrücke verschiedener Natur, sei es durch den im Zuge der Globalisierung immer leichter austauschbarer Faktor Arbeit oder durch die geänderten Weltmarktbedingungen bei der Beschaffung von Rohstoffen. Darüber hinaus wird insbesondere in den einheimischen Unternehmen seit einiger Zeit zunehmend ein „In- novationsstau“ beobachtet, der zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt erschwert. Dieser Mangel an Innovationsfreude wird sowohl von politischer als auch von wirtschaftlicher Seite als ein Hemmnisfaktor in Bezug auf die zukünftigen Chancen des „Wirtschaftsstandorts Deutschland“ gesehen. In diesem Zusammenhang wird in den letzten Jahren immer häufiger auf die Vorteilhaftigkeit von Netzwerk- bzw. Clusterstrukturen hin- gewiesen, die die vielfältigen Synergien eines Wirtschaftsraums oder einer Wirtschaftsbran- che innerhalb einer abgegrenzten Region bündeln sollen. Die Regional- und Strukturpolitik begegnet dieser Diskussion damit, dass sie beispielsweise die Schaffung bzw. Ausweisung so genannter Kompetenzfelder propagiert, in denen Branchen mit prognostizierten Potenzialen innerhalb einer Region besonders gefördert werden.39 Seitens der Unternehmen bestehen bisher nur zögerliche Versuche, durch die kooperative Neustrukturierung ihres Handlungs- rahmens eine verbessere Ausgangsposition im globalen Wettbewerb zu erwirken. Vielmehr wird Kooperation zwischen Mitbewerbern von den einzelnen Akteuren oftmals eher kritisch gesehen, da befürchtet wird, dass durch die Preisgabe von betriebsinternen Informationen die eigene Position geschwächt werden könnte. Nichts desto trotz sprechen viele Gründe für eine Vernetzung von Unternehmen in einer Region, angefangen von Kostenreduktionspo- tenzialen bis hin zur Erzielung von Innovationsschüben durch Wissenstransfer innerhalb des Netzwerks.

Das nachfolgende Kapitel beschreibt die Bedeutung des Netzwerkbegriffs in der Wirtschaft und Politik und illustriert die Chancen, die sich den Beteiligten bieten. Dabei ist es wichtig darzustellen, wie individual-rational agierende Akteure dazu gebracht werden können, ih- ren eigenen Nutzen zugunsten eines (höheren) kollektiven Nutzens (z. B. zunehmende Skalenerträge40 ) aufzugeben.

4.1 Netzwerke

Der Begriff des Netzwerks hat in letzten zwei Jahrzehnten, zunächst in der wissenschaftli- chen Diskussion, später auch in der Politik und Wirtschaft, einen enormen Bedeutungszu- wachs erhalten. Es wird ihm auf Grund seiner strukturellen Flexibilität ein hohes Potenzial zur Lösung verschiedenster struktureller Probleme beigemessen. Dabei reicht die Bandbreite von Informations- und Kommunikationsnetzwerken, Verkehrsträgern, Städten und Unter- nehmen bis zu ganzen Volkswirtschaften.41 Oftmals wird dabei jede Kooperation als Netz- werkhandeln deklariert, ohne allzu sehr darauf zu achten, wie sich der Netzwerkbegriff quantitativ definiert, sodass alsbald der Eindruck erweckt wird, dass „alles Netzwerk“ sei.42 Um diesem Irrtum nicht aufzulaufen, sollen im Folgenden zunächst zum besseren Verständ- nis des Netzwerkgedankens die Grundlagen der Netzwerktheorie dargestellt und daran an- schließend konkret auf die verschiedenen Typen des Netzwerks eingegangen werden. Dar- aus folgend wird dann der Schwerpunkt der Betrachtungen dieser Arbeit auf die Form des Unternehmensnetzwerks gelenkt, dass im konzeptionellen Teil der Arbeit eine wesentliche Rolle spielt.

4.2 Arten von Netzwerken

Grundsätzlich existieren zwei Arten von Netzwerken (technische und soziale Netzwerke), die vier Kategorien zugeordnet werden können; Netzwerke, die aus technischen Verknüp- fungen bestehen (z. B. (Tele-)Kommunikation, Verkehr), wirtschaftliche Kooperationen (z. B. Netzwerkunternehmen), politikfeldbezogene Verhandlungssysteme (z. B. Policy- Netzwerke) und soziale Interaktionsgeflechte (z. B. soz. Unterstützungsnetzwerke).

Abbildung 4-1: Ausgewählte Netzwerke und Netzwerktypen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Teich: Hierarchielose Regionale Produktionsnetzwerke. Chemnitz: 133

Abbildung 4-1 verdeutlicht diese Kategorisierung und zeigt eine Auswahl von Netzwerktypen, die den jeweiligen Formen zuzuordnen sind.

Wichtig ist dabei die Anmerkung, dass es sich bei dieser Darstellung nicht um in sich ge- schlossene Netzwerkformen handelt, sondern dass vielmehr Interdependenzen zwischen den Typen bestehen. Um für den weiteren Verlauf der Behandlung des Themas nicht zu sehr in die Breite gehen zu müssen, wird der Fokus auf die Netzwerktypen des sozialen und des regionalen Netzwerks sowie auf die Netzwerkform des Unternehmensnetzwerks gerichtet, da diese besonders relevant für die Konzeptentwicklung des Stoffstromnetzwerkes sind.

4.2.1 Soziale Netzwerke

Wie bereits angerissen, unterscheiden sich soziale Netzwerke von den technischen durch die soziale Interaktion menschlicher Akteure innerhalb unterschiedlich abgegrenzter Bezie- hungsräume. Abbildung 4-2 zeigt die große Bandbreite dieser Netzwerkform und unterteilt sie in drei Bereiche. Dabei handelt es sich um personelle, interorganisationale und intraorga- nisationale Netzwerke, die je nach ihren Bezugs- bzw. Knotenpunkten kategorisiert werden. Die aufgezeigten Formen werden nachfolgend näher erläutert sowie die Unterschiede hin- sichtlich der Stärke solcher Beziehungsgeflechte verdeutlicht. Durch die Einordnung des Begriffs des Unternehmensnetzwerks in diese Systematik wird der Bezug zu der Aufgaben-

Abbildung 4-2: Soziale Netzwerke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Sprenger, Svabik 2001

stellung hergestellt.

4.2.2 Personelle Netzwerke

In so genannten personellen Netzwerken werden in erster Linie persönliche Kontakte zwi- schen Unternehmern, Managern und anderen Mitarbeitern geknüpft und gepflegt. Die Be- ziehungen, die zwischen den Akteuren bestehen, sind informeller Natur. Die Kooperation in personellen Netzwerken erfolgt im Rahmen mehr oder weniger regelmäßigen Informations- veranstaltungen, Arbeitskreisen, Wirtschaftsclubs, Regionalbüros und ähnlichem. Personelle Netzwerke sind in der Regel durch eine starke Bindung (=“strong ties“) gekennzeichnet, da sowohl eine gemeinsame Kodifizierung des Werteschemas als auch eine daraus folgende weitgehende Übereinstimmung der Meinungen infolge eines gemeinsamen Hintergrunds hervorgeht. Beispielsweise ist anzunehmen, dass Unternehmer innerhalb eines Treffens in einem Wirtschaftsclub grundsätzlich über die gleichen Einstellungen bzgl. wesentlicher Gesichtspunkte der Wirtschaftspolitik sein dürften.43

Aus diesen starken persönlichen Bindungen heraus werden Informationen ausgetauscht, weitere Kontakte angebahnt und Vertrauen aufgebaut. Insofern kann diese Form der Netzwerkbildung eine wichtige Voraussetzung und „häufig auch der Ausgangspunkt für intensivere Beziehungen im Rahmen von interorganisationalen Netzwerken“43 oder auch eine Vorstufe von so genannten Unternehmensnetzwerken sein.

Interorganisationale Netzwerke

Unter interorganisationalen Netzwerken versteht man dabei sowohl die Zusammenarbeit verschiedener Betriebe in einem Unternehmensnetzwerk als auch Vernetzung von öffentli- chen und sonstigen Institutionen (z. B. Städte, Hochschulen) (vgl. Abbildung 4-2). Durch diese Zusammenarbeit zwischen den verschiedensten Institutionen, Organisationen und Anspruchsgruppen in einer Region wird die Vernetzung auf eine regionale Ebene ausgewei- tet.

Unternehmensnetzwerke

Als Unternehmensnetzwerk bezeichnet man eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvor- teilen zielende, polyzentrische, von einem oder mehreren rechtlich selbständigen, wirtschaft- lich jedoch meist abhängigen Unternehmen strategisch geführte Organisationsform wirt- schaftlicher Aktivitäten zwischen Markt und Hierarchie. Die daraus entstehenden relativ stabilen Beziehungsmuster sind eher komplex-wechselseitiger und kooperativer denn kon- kurrierender Natur. Elementar für das Verständnis von Netzwerken „… ist die Trennung von Akteursperspektive und der Netzwerkperspektive.“44 Dabei gestalten die am Netzwerk beteiligten Unternehmen die Beziehungen zu anderen Unternehmen bewusst. Das Netzwerk „als Ganzes“44 bildet hingegen die Struktur, die nicht durch die Handlungen und Absichten eines einzelnen Mitglieds erklärt werden kann. „Netzwerke sind vielmehr emergente Struk- tur, die eine Eigendynamik und spezifische Netzwerkeffekte aufweisen. Diese entstehen aus

[...]


1 RAG; Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (Hrsg.): Folio. Die Mitarbeiterzeitschrift der RAG. Essen, Düsseldorf 2004: 1

2 Kleine und mittlere Unternehmen

3 Wertschöpfungsprozesse: umfassen alle primären unternehmerischen Aktivitäten (unmittelbare Aktivitäten im Zusammenhang mit der Entstehung eines Produkts) in einer Wertschöpfungskette. Als Wertschöpfung wird die Differenz zwischen dem Marktpreis für das hergestellte Produkt und den durch Kauf erworbenen Rohstoffen, Zulieferungen und Leistungen fixiert. Der Wertschöpfungspro- zess vom Rohstoff bis zum marktfähigen Produkt umfasst die direkte Wertschöpfung (z. B. Produkti-on) und die indirekte Wertschöpfung (z. B. Dienstleistung), die bei ganzheitlichen Komplettlösungen sich gegenseitig bedingen

4 Prüfer; Stiegler: Die Durchführung standardisierter Interviews: Ein Leitfaden. o. O. 2002: 1 ff.

5 Im folgenden wird der Begriff des Stoffstrommanagements wahlweise mit SSM abgekürzt

6 Kayser et al.: Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit des Freistaates Sachsen: Mittelstandsbericht 2003. Bonn 2003: 10

7 Vgl. Kaiser et al. 2003

8 Vgl. Kaiser et al. 2003

9 Vgl. www.bmwa.bund.de

10 Vgl. Gesetz zur Förderung und Stärkung des Mittelstandes. Düsseldorf, 8. Juli 2003. GV NRW: 421

11 Vgl. Wassermann: Ideologien und Mythen des Mittelstands. www.igmetall.de

12 Vgl. Ruhrberg: Entwicklung eines betriebsübergreifenden Ressourcenmanagements für metallische Rohstoffe am Beispiel des Kupferbergbaus. Aachen 2002: 6

13 http://nachhaltigkeit.adlexikon.de

14 Vgl. Brundtland: Our Common Future. The World Commission on Environment and Development. Oxford 1987: 54

15 http://www.jsse.org/nachhaltigkeit/simonis.htm

16 Von Weizsäcker et al.: Faktor Vier. Doppelter Wohlstand - halbierter Naturverbrauch. München 1997

17 Bartelmus et al.: Von nichts zu viel. Suffizienz gehört zu Nachhaltigkeit. Wuppertal 2002: 41

18 Busch et al.: Zukunftsfähige Innovationen - Erste Schritte zum nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen. Wuppertal 2004: 8

19 Vgl. Reiß et al.: Mikroökonomische Theorie. München, Wien 1992: 388 ff.

20 An dieser Stelle sei auf das Werk von Manuel Siegmund-Schultze - „Die unsichtbare Hand des Marktes“, Hamburg (1992) sowie weitere Bücher, die den Ansatz der Spieltheorie behandeln, hinge- wiesen.

21 Vgl. Busch et al. 2004: 9

22 Vgl.: Daly: Ökologische Ökonomie. Konzepte, Analysen, Politik. In: G. Linne; M. Schwarz (Hrsg.): Handbuch nachhaltige Entwicklung. Opladen 2003: 91 ff.

23 Vgl. Ritt (Hrsg.): Soziale Nachhaltigkeit: Von der Umweltpolitik zur Nachhaltigkeit? Wien 2002: 11

24 Vgl. Enquete-Kommission 1998

25 Akademie der Raumforschung und Landesplanung (ARL): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover 2005: 919

26 Peters et al.: Nachhaltige Regionalentwicklung - ein neues Leitbild für eine veränderte Strukturpolitik. Trier 1996: 37 sowie Diller: Zwischen Netzwerk und Institution. Berlin 2002: 42

27 Kilper: Regionalisierung. Prinzipielle Überlegungen und Denkanstöße aus der Internationalen Bau- austellung Emscher Park. In: Institut Arbeit und Technik: Jahrbuch 1998: 114-129

28 Vgl. Diller 2002: 42

29 Vgl. Schätzl: Wirtshaftsgeographie I. Paderborn 2001: 15 1997/98. Gelsenkirchen

30 Vgl. Diller: Zwischen Netzwerk und Institution. Berlin 2002: 42

31 Vgl. Kunzmann: Die Region in der Raumplanung. In: Brunn (Hrsg.): Region und Regionsbildung. Baden-Baden 1996: 93

32 Vgl. Tischer 2001: 42

33 Vgl. BMBF (Hrsg.): Regionen an der Grenze - Regionale Vorausschau und Innovationsentwicklungen in Ostdeutschland. Berlin, Bonn 2005: 6

34 Tischer 2001: 43

35 Vgl. Tischer 2001: 43 und Fürst: Region in der Regionalpolitik. In: Brunn (Hrsg.) 1996: 69

36 Liesegang (Hrsg.); Sterr 2003: 335

37 Vgl. BMBF 2005: 6

38 Krätke: Regionalisierungstheoretische Perspektiven der Wirtschaftsgeographie. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, Jg. 40, Heft 1-2, S. 6-19. Frankfurt 1996

39 Vgl. hierzu auch G.I.B. Info 2.2003: Clusterentwicklung und Kompetenzfelder - ein Vergleich. o. O. 2003: 28

40 Vgl. Reiß 1992: 103

41 Vgl. Sprenger; Svabik: ADAPT - Unternehmensnetzwerke und regionale Netzwerke - Chancen für Beschäftigung und Umweltschutz. Bonn, München, Erkrath 2001: 6

42 Vgl. Diller: Zwischen Netzwerk und Institution. Opladen 2002: 50 sowie Tischer 2001: 77

43 Vgl. Sprenger; Svabik 2001: 7

44 Klein: Interorganisationssysteme und Netzwerke. Wiesbaden 1996: 88

Ende der Leseprobe aus 168 Seiten

Details

Titel
Stoffstrombasierte Unternehmensnetzwerke in der mittelständischen Industrie. Kooperationsorientierter Ansatz zur nachhaltigen Entwicklung
Untertitel
Wirtschaftsraum Arnsberg
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Fakultät Raumplanung)
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
168
Katalognummer
V50927
ISBN (eBook)
9783638470353
Dateigröße
1896 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stoffstrombasierte, Unternehmensnetzwerke, Industrie, Stoffstrommanagement, Ansatz, Entwicklung, Wirtschaftsraums, Arnsberg
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Alexander Streit (Autor:in), 2005, Stoffstrombasierte Unternehmensnetzwerke in der mittelständischen Industrie. Kooperationsorientierter Ansatz zur nachhaltigen Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50927

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