Begrüßungsrituale im Kindergarten


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

Primäre und sekundäre Sozialisation

Berger und Luckmann - Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit

Beobachtung

Erfahrungsbericht - Eine Skizze der Beobachtungen

Anknüpfung an die Theorie

Resümee

Literaturnachweis

Anhang
- Fragebogen
- Vorüberlegungen
- Ausführlicher Beobachtungsbericht
- Thesen

Einleitung

„Rituale sind in der Regel funktional an eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gebunden. Ort und Zeit heben sich aus dem Alltag heraus. Das Ritual wird individuell oder kollektiv ausgeführt. Auch individuelle Rituale setzen in der Regel die Gruppenerfahrung voraus.“[1]

Rituale vollziehen sich immer mit einer bestimmten Intention. Das Begrüßungsritual dient dazu, eine Kommunikation einzuleiten und die eigene Ankunft zu signalisieren. Die jeweilige Form der Begrüßung ist institutionalisiert, das heißt, sie ist kulturell gleich und wird von jedem Mitglied einer Gesellschaft übernommen. Dieses Übernehmen beginnt im Kinderalter und geschieht in mehreren Stationen. Diese Stationen und die Begrüßungsrituale allgemein sollen Thema dieser Hausarbeit sein. Ich möchte versuchen zu ergründen, wie sich Kinder bei der Begrüßung verhalten und welche Differenzen in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen aufzuweisen sind. Ebenfalls soll hier analysiert werden, wie sich diese Schritte genau vollziehen.

Als Grundlage dazu dient eine empirische Forschung in einem Friedrichshafener Kindergarten sowie die Theorie der primären und sekundären Sozialisation[2] von Peter Berger und Thomas Luckmann.

Die zu Grunde liegende Fragestellung stellt das Verhalten der Kinder dieses Kindergartens bei der Begrüßung in den Vordergrund. So sollen mögliche Rituale festgestellt und analysiert werden. Als Annahme gilt, dass Kinder eigene Begrüßungsrituale erlernt haben, die sich durchaus von denen eines Erwachsenen unterscheiden können. Dabei wird eine Annäherung oder gar eine Gleichheit von Begrüßungsritualen von Erwachsenen jedoch nicht ausgeschlossen, sondern sogar als offensichtlich und erkennbar angenommen.

Im Folgenden werde ich nun zunächst ein Überblick über die Theorie von Peter Berger und Thomas Luckmann geben. Speziell werde ich dazu auf die primäre und die sekundäre Sozialisation eingehen, die davon ausgeht, dass ein Mensch nicht automatisch als Mitglied der Gesellschaft geboren wird, sondern durch einen Prozess eingeführt wird. Dieser Prozess vollzieht sich während der Kindheit und im frühen Jugendalter und ist beispielsweise beeinflusst von den Eltern oder anderen engen sowie weniger engen Bezugspersonen. Dabei

entwickelt sich ein Kind durch das Übernehmen von Verhaltensstrukturen (Rollen) Anderer zu einer eigenen Persönlichkeit und kann sich so in die Gesellschaft eingliedern. Zu diesen

Verhaltensstrukturen zählt unter Anderem das Verhalten bei einer Begrüßung.

Dazu werde ich im Anschluss an die Vorstellung der Theorie meine Beobachtungen im Kindergarten darstellen. Anhand dieser Beobachtungen werde ich einige Schlüsse ziehen, die es mir ermöglichen, das kommunikative Verhalten der Kinder zu erfassen und zu kategorisieren. Anschließend sollen, durch Hinzuziehen der Theorie, die vorangegangenen Thesen überprüft werden. In wie weit sind die Rituale an den Sozialisationsprozess geknüpft. Haben sich bei Kindern eigene Rituale durchgesetzt oder werden die der Erwachsenen genutzt? Welche Rituale werden unter Umständen benutzt und kann man unterschiedliche Stationen der Sozialisation erkennen? Diese Fragen sollen in meiner Analyse geklärt werden.

Primäre und sekundäre Sozialisation

Peter Berger und Thomas Luckmann – Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit

Peter Berger und Thomas Luckmann gehen in ihrer Publikation „Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit“ davon aus, dass Gesellschaft subjektiv und objektiv ist. Den beiden Aspekten kann nur gerecht werden, wer Gesellschaft als einen steten dialektischen Prozess betrachtet und versteht. Dieser Prozess setzt sich aus drei Teilen zusammen: Externalisierung, Objektivierung und Internalisierung. An dieser Stelle möchte ich speziell auf letzteres eingehen: Der Einzelne wird nicht als Mitglied der Gesellschaft geboren, sondern durch andere Gesellschaftsmitglieder eingeführt (internalisiert). Dabei wird er geprägt durch bedeutende Andere, also beispielsweise durch die Eltern oder andere nahe Stehende, und übernimmt bzw. erlernt bis zu einem gewissen Grad ihre Verhaltensmuster. Dieser Prozess der Eingliederung erfolgt in zwei Schritten, durch die primäre und sekundäre Sozialisation.

Primäre Sozialisation

Die primäre Sozialisation vollzieht sich in der frühen Kindheit eines Menschen. Hier findet ein Lernprozess statt, in dem sich das Kind mit „signifikanten Anderen emotional in mancherlei Weise“[3] identifiziert. Das bedeutet, dass es in dieser Phase sein künftiges Verhalten anlernt, indem es sich an ihm nahe Stehenden Personen orientiert und dessen Verhalten übernimmt. Zu diesem Verhalten zählen Peter Berger und Thomas Luckmann Rollen, Einstellungen und entsprechend eine ganze Welt, sprich Realität. Durch das Übernehmen vollzieht das Kind einen ersten Schritt hin zu einer Eingliederung in die Gesellschaft. Es bezieht eine Identität und gleichzeitig einen bestimmten Platz. Diese so genannte Internalisierung ist stark gebunden an die signifikanten Anderen, da diese dem Kind vorgegeben, also nicht wählbar sind. Es übernimmt nicht irgendeine Welt, sondern die einzig Vorhandene. Diese Welt wird allerdings nur durch solche bedeutende Andere bestimmt, die dem Kind emotional verbunden sind. Ohne eine solche Bindung ist ein Lernprozess so gut wie unmöglich.

Sekundäre Sozialisation

Der Prozess der sekundären Sozialisation schließt unmittelbar an die primäre an. Das Kind ist zu einem Individuum geworden, hat vorerst einen Platz in der Gesellschaft und eine Grundwelt, die als Realität erkannt wird. Sobald allerdings eine Verteilung von Wissen eintritt, das Kind also mit anderen Welten konfrontiert wird, beginnt die sekundäre Sozialisation. Hier erlernt es rollenspezifisches Wissen, von Peter Berger und Thomas Luckmann auch als Subwelten tituliert, welches über die erste gewonnene Realität hinausgeht bzw. mit ihr in Konflikt steht.

„Die Subwelten, die mit der sekundären Sozialisation interniert werden, sind im Allgemeinen partielle Wirklichkeiten im Kontrast zur Grundwelt, die man in der primären Sozialisation erfasst.“[4]

Die hier gewonnenen Rollen ändern also die Grundwelt nicht Grund legend, sondern erweitern sie lediglich. Sie sind temporär und werden dem Einzelnen je nach Situation wieder zu Teil. Diese Weiterentwicklung hin zu rollenspezifischem Wissen wird als künstlich empfunden und ist, anders als bei der primären Sozialisation, nicht so stark an Emotionen gebunden.

„Es ist notwendig, dass man seine Mutter liebt, nicht aber seinen Lehrer.“[5]

Die Bindung an die signifikanten Anderen ist hier nicht zwingend vorgegeben, sondern durchaus austauschbar. Dieser Prozess geschieht weniger massiv, da die emotionale Verbindung an einen Funktionär mit dem entsprechenden Wissen geringer ist. Er wird durch pädagogische Maßnahmen verstärkt.

Die so gewonnene Sozialisation darf jedoch nicht als abgeschlossen verstanden werden. Dieser (Lern-) Prozess vollzieht sich ein Leben lang. Man sichert seine eigene Wirklichkeit ab, indem man in gesellschaftliche Interaktion tritt. Die signifikanten Anderen sind „die Versicherungsagenten seiner subjektiven Wirklichkeit“[6]. Das heißt, dass der Einzelne sich selbst und seine Realität durch Sprache und Unterhaltung legitimiert und objektiviert.

Diesen letzten Aspekt der sekundären Sozialisation möchte ich jedoch im Folgenden in den Hintergrund treten lassen, da er für die Kindergartenkinder noch nicht bedeutend ist. Für meine Untersuchungen möchte ich wieder zurückkehren auf die vorherigen Prozessstufen und gebe zunächst einen Überblick über meine Beobachtungen. Im weiteren Verlauf werde ich wieder explizit darauf zurückkommen

[...]


[1] Baumann, Max Peter: Opferritual, Anrufung und Gebet

[2] in Berger P. / Luckmann T.: Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit

[3] Berger, P. / Luckmann, T: Gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit, S. 143

[4] Berger, P. / Luckmann, T.: Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit, S.149

[5] ebd., S.151

[6] ebd., S.163

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Begrüßungsrituale im Kindergarten
Hochschule
Zeppelin University Friedrichshafen  (Kultur- und Kommunikationswissenschaften)
Veranstaltung
Interpersonale Kommunikation
Note
1,7
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V47635
ISBN (eBook)
9783638445351
ISBN (Buch)
9783638820882
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Begrüßungsrituale, Kindergarten, Interpersonale, Kommunikation
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, Begrüßungsrituale im Kindergarten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47635

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