A Little Princes - Francess Hodgson Burnett


Hausarbeit, 2001

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Geschichte: A Little Princess – Frances Hodgson Burnett

3. Situation der Kinderliteratur in England zur Zeit Hodgson Burnetts

4. A Little Princess im Verhältnis zur übrigen viktorianischen Kinderliteratur

5. Wozu eigentlich Kinderliteratur?

6. Kolonialismus in A Little Princess

7. Zwischen den Zeilen

8. Fazit

9. Anmerkungen

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„To look at the Victorian children’s books still familiar today is in one way misleading but in another way illuminating: the survivors are far from representative of the entire output and come almost invariably from the minority that ignored, bent or broke the rules.“ [1]

A Little Princess von Frances Hodgson Burnett gehört auch zu den Kinderbüchern aus der Viktorianischen Zeit, die heute noch sehr beliebt sind. Die Autorin wird ebenfalls zu denen gezählt, die eher fortschrittliche Ideen vertraten und sich nicht an bestimmte Viktorianische Werte halten wollte. Unter dem Gesichtspunkt „Kolonialismus in der Literatur des 19. Jahrhunderts“ soll in dieser Arbeit zunächst untersucht werden, inwiefern Hodgson Burnett mit ihrer Geschichte tatsächlich aus dem Rahmen des Üblichen fällt, bzw. ob sich nicht doch gewisse Parallelen zu den damals üblichen „Viktorianischen Kinderbüchern“ ergeben.

Weiterhin soll ein Einblick in die Problematik der Definition von Kinderliteratur gegeben werden, die die Frage nach dem Zweck bzw. dem Wert von Kinderliteratur aufwirft. Nachdem eventuelle kolonialistische Elemente in A Little Princess näher analysiert worden sind, soll in diesem Zusammenhang der Frage nach dem Wert bzw. nach einer Neubewertung des Buches nachgegangen werden. Dies soll auch unter dem Gesichtspunkt der Rolle des Kindes als (kritischer) Leser geschehen.

2. Die Geschichte: A Little Princess – Frances Hodgson Burnett

A Little Princess von Frances Hodgson Burnett erschien zum ersten Mal 1888 als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift St. Nicholas; A Magazine for Boys and Girls unter dem Titel Sara Crew; or, What happened at Miss Minchin’s.[2] 1903 schrieb Hodgson Burnett das Werk als Theaterstück um. Dieses erschien unter dem Titel The Little Princess und hatte so viel Erfolg, daß die Autorin die Geschichte noch einmal mit einigen neuen Charakteren, basierend auf dem Theaterstück, niederschrieb. Diese letzte Version, die 1905 unter dem Titel A Little Princess erschien, ist zur bekanntesten geworden.

A Little Princess erzählt die Geschichte der kleinen Sara Crew, die von ihrem Vater, einem reichen britischen Offizier in Indien, nach England ins Internat geschickt wird. Als der Vater angeblich sein ganzes Vermögen im Geschäft mit einer indischen Diamantenmine verliert und unerwartet stirbt, wird Sara von der Lieblingsschülerin zur Magd für alles degradiert. Trotz des schweren Lebens, daß sie nun zu führen hat, verliert Sara nicht ihre Freundlichkeit, Selbstbeherrschung und Selbstachtung. Schließlich stellt sich durch einen ehemaligen Freund Captain Crews heraus, daß dessen Vermögen doch nicht verlorengegangen war, sondern sich sogar noch vermehrt hat. Saras Leiden haben ein Ende und sie verläßt das Internat.

3. Situation der Kinderliteratur in England zur Zeit Hodgson Burnetts

Die Jahre zwischen Mitte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren gekenn­zeichnet durch ein wachsendes Interesse an Abenteuergeschichten, die im Zusammenhang mit den britischen Kolonien standen:

„Thus the British public’s interest in thrilling deeds in faraway places, normally within the hegemony of British imperialism, helped create a cultural climate in which boys and girls wanted to read adventure stories in which the heroes and (less often) the heroines where young people like themselves.“ [3]

Schwieriger gestaltete sich das Schreiben geeigneter Geschichten für Mädchen. Rowe Townsend bemerkt hierzu: „For girls a different kind of book was thought appropriate: the domestic dramas [...]“[4] In diesen speziell auf Mädchen zugeschnittenen Geschichten wurde die Heldin damit konfrontiert, bestimmte als weiblich angesehene Werte wie Disziplin, Entsagung, Gehorsam und Unterordnung zu erlernen.[5] Diese Werte standen in engem Zusammenhang mit den sogenannten „Viktorianischen Werten“, die, um es kurz zu fassen, von Kindern im allgemeinen, Mädchen im besonderen, erwarteten, daß sie brav waren und handeln sollten, wie ihnen befohlen. Aber selbst Verfechter dieser Werte mußten wohl oder Übel erkennen, daß die Mädchen dieser Art von Büchern langsam überdrüssig waren und viel lieber die Abenteuergeschichten ihrer Brüder lasen. Die Autoren standen also vor der schwierigen Aufgabe, gleichzeitig modernere Geschichten für Mädchen zu schreiben, ohne dabei die alten Werte zu vernachlässigen.[6] Dies wurde zum Beispiel durch das Übertragen militärischer Werte wie Kampfgeist zur Erhaltung von Ehre und Ruf auf den weiblichen Bereich versucht. Eine andere Möglichkeit war die Kombination damenhaften Verhaltens mit dem Verlangen der Mädchen nach Freiheit und eigenständigem Handeln im Kontext des britischen Imperiums. So fanden sich die Heldinnen der neuen Geschichten zum Beispiel oft nach dem Tod des Vaters, Bruders oder Ehegatten als Familienoberhaupt wieder, und dies nicht mehr nur im Kontext der „kleinen britischen Familie“, sondern als Hausherrin über große Ländereien o.ä. So konnte eine Frau gleichzeitig als ordentliche Dame den Haushalt führen, aber dies auf einer höheren Ebene, mit mehr Freiraum und Selbständigkeit.[7]

Die Literatur von Mädchen und Jungen ähnelte sich, zumindest im Hinblick auf die erhofften Abenteuer in fernen exotischen Ländern, also zunehmend. Das beweisen auch diverse Magazine, die sowohl für Jungen als auch für Mädchen geschrieben wurden. Darunter fällt auch das Magazin St. Nicholas, in dem Hodgson Burnetts Geschichte zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Dieses Magazin wurde nicht nur von Kindern in England, sondern auch von (englischen?) Kindern in China oder Indien gelesen.[8] Die Geschichte Toomai of the Elephants von Kipling war die erste in St. Nicholas über Indien. Sie wurde später als das berühmte The Jungle Book veröffentlicht. Derselbe Zeichner, der Kiplings Geschichte illustrierte, und über dessen Bilder sich Kipling beschwerte, weil er nie in Indien gewesen sei, zeichnete auch die Bilder zu Hodgson Burnetts Little Lord Fauntleroy und Sara Crew.[9]

Interessant scheint es hier noch zu erwähnen, daß St. Nicholas nicht nur Geschichten und Gedichte veröffentlichte, sondern auch eine Art Hintergrundwissen in Form von Artikeln über die Wissenschaft, über technischen Fortschritt, Biographien von Autoren oder Buchbesprechungen. Eines der Themen bildete zum Beispiel auch der Hintergrund zu The Arabian Nights. [10]

4. A Little Princess im Verhältnis zur übrigen viktorianischen Kinderliteratur

Bis hierhin wurde in groben Zügen die Situation der Kinderliteratur in England von Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts dargestellt. Auch ein kurzer Einblick in die Zeitschrift, in der Hodgson Burnett ihre Geschichte zum ersten Mal veröffentlichte, wurde gegeben. Im folgenden soll nun analysiert werden, ob sich die Autorin mit Sara Crew bzw. A Little Princess an die Normen der damaligen Kinderliteratur anpaßte, oder ob sie eher aus dem Rahmen fiel.

Wie bereits in dem vorangegangenen Kapitel erwähnt, erschien Hodgson Burnetts Geschichte zuerst in einer Zeitschrift, welche sich, wie viele andere zu dieser Zeit auch, hauptsächlich exotischen (Abenteuer-) Geschichten widmete. Die kleinen Leser hatten also demnach auch eine bestimmte Erwartungshaltung an das Magazin, und es ist daher anzunehmen, daß die Verleger versuchten, möglichst keine oder wenige Geschichten zu veröffentlichen, die ganz und gar aus dem Rahmen fielen. Da Hodgson Burnett mit ihrer Geschichte Erfolg hatte, scheint sie zumindest einige der Kriterien erfüllt zu haben, die damals gute Kinderliteratur ausmachten.

Dennis Butts macht den Versuch, ein Grundschema für damalige Abenteuer­geschichten herauszuarbeiten:

„Usually, as a result of a domestic crisis, sometimes because of the death of a parent or a decline in the family fortunes, the hero leaves home and undertakes a long and hazardous journey – to seek other relations, or to repair his fortunes elsewhere.“ [11]

Hier zeigen sich schon erste Parallelen zur Geschichte der kleinen Sara Crew. Auch ihr „Abenteuer“ beginnt mit dem Tod ihres Vaters und dem Verlust ihres Vermögens. Ihre Reise findet aber nicht in ferne Länder, sondern eher in ihrer Imagination statt. Butts führt weiter aus:

„The hero often aquires a faithful companion during the journey, sometimes in the shape of a surrogate father, [...], or sometimes a friendly native, [...].“ [12]

Auch hier widerfährt Sara Crew Ähnliches: Mr Carrisford, der Freund ihres verstorbenen Vaters, wird für sie eine Art Ersatz-Vater, Ram Dass, dessen indischer Diener, stellt den „freundlichen Eingeborenen“ dar, der beide in gewisser Weise erst zusammenbringt. Butt beendet sein Grundschema schließlich folgendermaßen:

„Normally the hero survives, and the end of the story sees him rewarded with wealth and honour. This is sometimes more than the conventional ‚happy ending’, however, as if the author, having shown how the hero has proved himself through enduring various trials on his quest, and discovered his real worth [meine Hervorhebung], deserves symbolic proof of it.“ [13]

Genauso muß auch Sara zunächst beweisen, daß ihr wahrer Wert in ihr selbst liegt, und daß sie auch ohne Vermögen eine Prinzessin ist. Nach dieser Prüfung kann sie aber „getrost“ wieder eine reiche Prinzessin sein.

Obwohl A Little Princess wohl nicht als eine Abenteuergeschichte im klassischen Sinne bezeichnet werden kann, scheint es zumindest gewisse Parallelen in der Grundstruktur zwischen letztgenannten und der Geschichte Sara Crews zu geben.

Butts führt als weiteres Charakteristikum der untersuchten Abenteuergeschichten an, daß sie sich sehr von traditionellen Volksmärchen inspiriert hätten. [14] Das gleiche kann man auch von A Little Princess sagen. Ihre Geschichte erinnert sehr an Märchen wie Aschenputtel oder Schneewittchen, in denen die Hauptfiguren auch trotz ihres Ausgestoßenseins, trotz materieller Armut, die wahren Prinzessinnen sind und sich auch immer so verhalten. Rowe Townsend formuliert sehr schön, was diese Geschichten verbindet: „The moral [of A Little Princess ] is exactly as in Fauntleroy: that true nobility lies within oneself.“[15]

Außerdem kann noch das weiter oben schon erwähnte Übertragen militärischer Werte bei A Little Princess wiedergefunden werden. Immer wieder vergleicht sich Sara nämlich, um sich Mut zu geben, mit einem Soldaten im Kampf: „You have to bear things. Think what soldiers bear!“[16], „Soldiers don’t complain. [...] I will pretend this is part of a war.“ [17], „I suppose soldiers feel like this when they are on a long and weary march.“ [18]

Hodgson Burnetts Buch scheint aber nicht nur wegen gewisser Ähnlichkeiten zu den damals üblichen Abenteuergeschichten so viel Erfolg gehabt zu haben, sondern, im Gegenteil, auch wegen gewisser Abweichungen. Im vorangegangenen Kapitel wurde schon erwähnt, daß sich besonders bei der Literatur für Mädchen bestimmte Konflikte zwischen den traditionellen Viktorianischen Werten und den moderner werdenden Sehnsüchten der Kinder ergaben. In diesem Zusammenhang wird Frances Hodgson Burnett immer wieder als eine der ersten erwähnt, die diese moderneren Ansichten vertrat:

„It was no part of this [Victorian] ideal that children should be self-reliant, constructive, inner-directed. Perhaps it required somebody like Mrs Hodgson Burnett, who was no simple Christian (she dabbled in various unorthodoxies, and The Secret Garden contains clear indivations of belief in some kind of Life Force) to bring forward this new, significant and potentially subversive doctrine.“[19]

Diese Tatsache erwähnt auch das Dictionary of British Women Writers und betont außerdem, daß diese fortschrittlichen Ansichten sich nicht nur auf Kinder beschränkten:

„Far from encouraging the Victorian attitudes instilled in her as a child, FHB suggested that children should be self-reliant and listen to their own hearts an consciences.“[20]

„Mrs Burnett entertained very advanced ideas as to the rights of women and the duties of a wife.“[21]

[...]


[1]. John Rowe Townsend: British Children’s Literature: A Historical Overview, in: International Companion Encyclopaedia of Children’s Literature, hrsg. von Peter Hunt, London & New York, 1996, 676-687, hier: 680.

[2]. (Autor?): New Horizons, in: Cornelia Meigs (Hrsg.): A critical history of children’s literature, New York & London, 1969 (revised edition), ?-?, hier: 242.

[3]. Dennis Butts: Shaping Boyhood: Empire Builders and Adventurers, in: International Companion Encyclopaedia of Children’s Literature, hrsg. von Peter Hunt, London & New York, 1996, 326-337, hier: 328.

[4]. Rowe Townsend, British Children’s Literature, 681

[5]. J.S. Bratton: British imperialism and the reproduction of feminity in girls’ fiction, 1900-1930, Jeffrey Richards (Hrsg.): Imperialism and juvenile literature, Manchester, 1989, 195-215, hier: 197.

[6]. J.S. Bratton, British imperialism and the reproduction of feminity, 197.

[7]. J.S. Bratton, British imperialism and the reproduction of feminity, vgl. 199-205.

[8]. (Autor?): Magazines in nineteenth century, in: Cornelia Meigs (Hrsg.): A critical history of children’s literature, New York & London, 1969 (revised edition), ?-?, hier: 258.

[9]. (Autor?), Magazines in nineteenth century, 258.

[10]. (Autor?), Magazines in nineteenth century, 259.

4. A Little Princess im Verhältnis zur übrigen viktorianischen Kinderliteratur

[11]. Butts, Shaping Boyhood, 331.

[12]. Butts, Shaping Boyhood, 331.

[13]. Butts, Shaping Boyhood, 331.

[14]. Butts, Shaping Boyhood, 332.

[15]. John Rowe Townsend: Written for children, New York, 1983

(second revised edition), 88.

[16]. Frances Hodgson Burnett: A Little Princess, London/ New York u.a.: Penguin Books, 1996, 35.

[17]. Burnett, Little Princess, 102.

[18]. Burnett, Little Princess, 185.

[19]. Rowe Townsend, Written for children, 89.

[20]. (Autor?): Burnett, Frances Hodgson, in: Dictionary of British Women Writers, hrsg. von Janet Todd, London, 1989, 111-112, hier: 112.

[21]. (Autor?), Dictionary of British Women Writers, 111.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
A Little Princes - Francess Hodgson Burnett
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Kolonialismus in der Literatur des 19. Jahrhunderts
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V46797
ISBN (eBook)
9783638439077
Dateigröße
387 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kolonialismus, Literatur, Kinderliteratur
Arbeit zitieren
Nadia Cohen (Autor:in), 2001, A Little Princes - Francess Hodgson Burnett, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46797

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