Die südafrikanische Stadt: Strukturen, Prozesse und Problem vor und nach der Apartheid


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Die Entwicklungsphasen der Städte in Südafrika

3. Das Modell der Apartheid-Stadt

4. Die Spät-Apartheid-Stadt
4.1. Grey areas
4.2. Free trading areas im CBD
4.3. Free settlement areas

5. Die Post-Apartheid-Stadt
5.1. Die Entwicklung der Wohngebiete
5.2. Veränderungen im CBD

6. Beispiel „Metropolitan Area Johannesburg“

7. Ausblick

Literaturverzeichnis

1. EINLEITUNG

Südafrikanische Städte weisen aufgrund ihrer spezifischen Geschichte einen weltweit einzigartigen Charakter auf. Durch die Heterogenität der Bevölkerung in Bezug auf Kultur- und Rassenzugehörigkeit und durch die gesetzliche Verankerung der Rassentrennung in der Apartheidpolitik entwickelten sich die Städte Südafrikas ganz anders als andere Stadttypen. Die genannten Faktoren bestimmten die südafrikanische Stadtentwicklung schon vor der Einführung der Apartheidgesetze und prägen bis heute das Stadtbild.

In dieser Arbeit soll die Entwicklung von einstigen Kolonialstädten hin zur Apartheid-Stadt bis schließlich zur Post-Apartheid-Stadt aufgezeigt werden. Darüber hinaus sollen vor allem die aus den spezifischen Gegebenheiten der Wohnsegregation resultierenden Probleme deutlich gemacht werden.

Zunächst soll ein kurzer Abriss über die Entwicklungsphasen der Städte in Südafrika einen historischen Überblick geben. Im Anschluss wird das Modell der Apartheid-Stadt vorgestellt und die Prozesse über die Spät-Apartheid-Phase bis hin zur Post-Apartheid-Stadt aufgezeigt. Am Beispiel der „Metropolitan Area Johannesburg“ soll die Entwicklung veranschaulicht werden. Schließlich soll eine mögliche Entwicklung der südafrikanischen Stadt in der nahen Zukunft ausblickend dargestellt werden.

2. DIE ENTWICKLUNGSPHASEN DER STÄDTE IN SÜDAFRIKA

Am Beispiel Johannesburgs werden an dieser Stelle fünf Abschnitte in der Entwicklung der südafrikanischen Städte herausgearbeitet. Das Beispiel Johannesburg eignet sich besonders, da die Stadt eine vergleichsweise junge Geschichte besitzt und sich daher die spezifischen Entstehungsbedingungen bis heute in ihrem Stadtgefüge widerspiegeln.

Die Ursprünge Johannesburgs begründeten sich durch zahlreiche Goldfunde um 1886. Ab diesem Zeitpunkt setzte eine Zuwanderungswelle ein, sodass sich Johannesburg innerhalb von 20 Jahren zur größten Stadt in Südafrika entwickelte. Man spricht hierbei von der sog. Entstehungsphase (1886-1902). Die Abraumhalden und Fördertürme der Goldgräberzeit bilden ein breites Band durch die Stadtmitte und bewirken so eine auffällige, bis heute erkennbare, Nord-Süd-Teilung.

Nach dem Ende des Burenkrieges (1902) veränderte sich die Stadtstruktur nur unwesentlich. Es lässt sich aber am Ende der sog. Konsolidierungsphase (1902-1913) ein sektorenförmig angelegtes Ordnungsmuster erkennen, das sich nördlich der im Stadtkern entstehenden City anlagert.

Im Jahre 1910 wurde die Union Südafrika gegründet, was für die Stadtentwicklung weitreichende Konsequenzen hatte. Aus der monofunktionalen Bergbaustadt entwickelte sich eine multifunktionale Handels- und Industriestadt, daher benennt man diese Zeit als Frühe Industrialisierungsphase (1913-1932). Zudem erfuhr die sozio-ökonomische Struktur eine Veränderung, da nun vermehrt die weißen Landbewohner Südafrikas in die Stadt zogen. Die schnelle Zunahme der weißen Stadtbevölkerung führte zu sozialen Problemen der Integration der Landbewohner in das städtische Leben einerseits und der afrikaans sprechenden Menschen in die englisch sprechende Stadtgesellschaft. Hinzu kam die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt zwischen den einzelnen Gruppen. Die Buren bestanden auf ihrer „Überlegenheit“ und weigerten sich Berufe der nicht-weißen Bevölkerung auszuüben, wodurch das Problem der „poor whites“ entstand. Die weißen Gewerkschaften konnten schließlich eine „job reservation“ durchsetzen, die die nicht-weiße Bevölkerung von vielen Berufen ausschloss. Wenig später folgten Bestrebungen eine stärkere räumliche Trennung der Wohngebiete nach Rassen zu erreichen.

Einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung erlebte Südafrika nach der Weltwirtschaftskrise (etwa ab 1932) aufgrund der günstigen Ertragssituation im Goldbergbau und den damit verbundenen ausländischen Investitionen. Von der Aufwärtsentwicklung im Bergbau gingen auch Wachstumsimpulse auf die übrige Industrie aus. Die Zuwanderungsrate stieg weiter an, wurde jetzt aber weitestgehend von der nicht-weißen Bevölkerung getragen. Die legislativen Kontrollmaßnahmen wurden insbesondere bei Regierungsübernahme durch die Buren 1948 verschärft. Die Verstädterung vollzog sich also nicht mehr frei, sondern wurde durch gesetzlichen Bestimmungen geregelt. Der „Group Areas Act“ von 1950 teilte die Städte in einzelne jeweils einer Rasse vorbehaltene Gebiete auf, so sollten die räumlichen Kontakte zwischen den einzelnen Gruppen verringert werden. 1960 endete die Beschleunigungsphase plötzlich, da durch die wachsenden Unruhen unter der schwarzen Bevölkerung die Zuwanderung aus Übersee sprunghaft abnahm.

Als 1961 die Republik Südafrika gegründet wurde, nahmen die Einwanderungsüberschüsse wieder zu. Das rasche Bevölkerungswachstum setzte sich fort und infolgedessen verstärkten sich auch die Suburbanisierungsprozesse zunehmend. Aus diesem Grund wird die Phase ab 1960 Suburbanisierungsphase genannt.

(BÄHR/SCHRÖDER-PATELAY 1982, S. 490ff.)

3. Das Modell der Apartheid-Stadt

Die Apartheid-Stadt, wie sie mit der Übernahme der „National Party“ im Jahre 1948 von der Regierung umgesetzt wird, hat das Ziel, [...] die politische, wirtschaftlich-soziale und räumliche Trennung der Weißen und der Angehörigen anderer Rassen [...]“ durchzusetzen (Hofmeister 1983, S.264) und damit eine absolute Segregation der in Südafrika lebenden Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Hierbei wird die Apartheid-Stadt in verschiedene Sektoren eingeteilt, die „group areas“, so dass sich die einzelnen Stadtgebiete seperiert ausbreiten können und durch die kulturell- soziologischen Unterschiede der jeweiligen Gruppen ein ungestörtes, voneinander getrenntes Leben ermöglicht wird. (BÄHR/JÜRGENS 1990, S.299)

Dabei wird eine grobe Unterteilung der Bevölkerung in vier Gruppen vorgenommen, die durch das sog. „Registration Act“ klassifiziert wird und wie folgt aussieht:

Zum einen gibt es die weiße Bevölkerung – zu einem Großteil Holländer, Franzosen und Deutsche- welche in dem Modell der Apartheid-Stadt die oberste Schicht bildet, wohlhabend ist und durch die hinter ihr stehende Regierung politische Vorzüge hat. Ihnen werden die besseren Wohngegenden mit mehr Wohnfreiraum zugesprochen. Desweiteren gibt es die sog. „Kap-Mischlinge“, die aus Ehen zwischen Weißen und Nicht-Weißen zustande kommen. (HOFMEISTER 1983, S.263) Die dritte Gruppe bilden die Asiaten, die besonders stark durch die Inder vertreten sind. Sie nehmen den Weißen gegenüber eine untergeordnete Rolle ein, haben aber dennoch einen höheren Stellenwert als die schwarze Bevölkerung, die die vierte Gruppe bildet. Diese Bevölkerungsgruppe nämlich steht finanziell und sozio-ökonomisch an unterster Stelle, bildet aber gleichzeitig den Großteil der südafrikanischen Bevölkerung, was für die Apartheid-Stadt ein großes Problem mit sich führt.

Mit dem Group Areas Act von 1950 setzt die Regierung die zuvor schon praktizierte Segregation dieser zuvor aufgelisteten Bevölkerungsgruppen nun verfassungsmäßig in der Politik um und fördert bzw. bestrebt die absolute Abgrenzung der einzelnen Gruppen, besonders die Abrenzung nicht-weißer Gruppen von der weißen Bevölkerung.

Der von der Regierung geplante Aufbau einer Apartheid-Stadt teilt jeder dieser Gruppen einen bestimmten Platz innerhalb der Stadt zu. Die folgende Abbildung verdeutlicht dies und hebt die separierten Sektoren der einzelnen Bevölkerungsgruppen hervor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Modell der Apartheid-Stadt (JÜRGENS/BÄHR 1993)

Im Zentrum befindet sich das sog. CBD (Central Buisness District), das Gewerbegebiet der Stadt, in welchem Waren und Dienstleistungen angeboten und Arbeitsplätze verwaltet werden. Er umfasst räumlich die City und den Randbereich der City. Unmittelbar an den CBD schließen sich die Viertel der Weißen an, die weiträumig Platz für ihre Wohnungen haben. Die weiße Bevölkerung untergliedert sich nochmals in Ober-, Mittel- und Unterschicht und konzentriert sich kreisförmig am CBD entlang Ihnen wird eine zentrale Lage mit verhältnismäßig lukrativen Wohnungen geboten. Im Anschluss an diesen Bereich liegen kleinere Viertel für die Gruppen der Asiaten und Kap-Mischlinge, wobei die jeweiligen Viertel in der Nähe der Industriegebiete konzentriert sind und mit ihrer Attraktivität hinter den Gebieten der Weißen zurückfallen. Diese Bevölkerungsgruppe ist in der Regel wohlhabender als die Schwarze. Durch die bestehende Ähnlichkeit der Lebenshaltung werden sie- im Gegensatz zu den Schwarzen- in der Nähe der weißen Wohngebiete toleriert und auch akzeptiert. Im Gegensatz dazu ist es den Schwarzen untersagt, in der Stadt selbst zu wohnen. Sie werden an den Stadtrand "ausgelagert". Dort befinden sich die sog. „townships“ der Schwarzen, die außerhalb des eigentlichen Stadtbereiches ihre eigenen Wohnviertel- zu schlechten Bedingungen- beherbergen.

Diese Vorstellung der Apartheid-Stadt mit ihrer Unterteilung in einzelne Sektoren soll das „ungestörte“ beieinander Leben der einzelnen Gruppen ermöglichen, wobei bei dieser Einteilung der Bevölkerung darauf geachtet wird, dass die Schwarzen nicht in die Nähe der weißen Wohnsiedlungen kommen. Ihre homelands am Stadtrand sind deutlich von der Stadt abgegrenzt; oftmals gibt es keine Verkehrsanbindung an die Stadt selbst.

Es ist den Schwarzen untersagt, sich länger als 72 Stunden in der Stadt selbst aufzuhalten; Ausnahme bilden Arbeiter, die in „weißen“ Haushalten angestellt sind und durch die räumliche Distanz zu den homelands dort auch wohnen dürfen. Diese alleinstehenden Männer und Frauen wohnen in sog. "hostels", einfachen Quartieren in den weißen Wohngebieten. (JÜRGENS/BÄHR 2002, S.242)

Die Wohnflächen der einzelnen Sektoren der Bevölkerungsgruppen werden oftmals durch Grenzabschnitte, den sog. „buffer zones“ (BÄHR/JÜRGENS 1990, S.298) abgetrennt, die durch natürliche Gegebenheiten wie Flussläufe und Täler oder beabsichtigte Grenzen wie Eisenbahnstrecken, große Straßen oder Industriegebiete entstehen, (vgl. Abbildung Modell) wodurch die Abtrennung der einzelnen Sektoren noch verstärkt wird. Jeder dieser Sektoren ist vollständig mit öffentlichen Versorgungs- und Verwaltungseinrichtungen versorgt. Eine Vermischung und ein Ineinanderlaufen der Sektoren werden dadurch verhindert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die südafrikanische Stadt: Strukturen, Prozesse und Problem vor und nach der Apartheid
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Autoren
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V42456
ISBN (eBook)
9783638404808
ISBN (Buch)
9783656620020
Dateigröße
2335 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Südafrikanische Städte weisen aufgrund ihrer spezifischen Geschichte einen weltweit einzigartigen Charakter auf. Durch die Heterogenität der Bevölkerung in Bezug auf Kultur- und Rassenzugehörigkeit und durch die gesetzliche Verankerung der Rassentrennung in der Apartheidpolitik entwickelten sich die Städte Südafrikas anders als andere Stadttypen. In dieser Arbeit soll die Entwicklung von einstigen Kolonialstädten hin zur Apartheid-Stadt bis schließlich zur Post-Apartheid-Stadt aufgezeigt werden. Darüber hinaus sollen vor allem die aus den spezifischen Gegebenheiten der Wohnsegregation resultierenden Probleme deutlich gemacht werden.
Schlagworte
Stadt, Strukturen, Prozesse, Problem, Apartheid, Südafrika, Stadtgeographie
Arbeit zitieren
Marie Burger (Autor:in)Sabine Drewes (Autor:in), 2005, Die südafrikanische Stadt: Strukturen, Prozesse und Problem vor und nach der Apartheid, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42456

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