Jugend und Musik. Eine Untersuchung zur musikalischen Geschmacksbildung Jugendlicher

Unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts ´Musik und Gewalt´


Examensarbeit, 2005

171 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Jugend heute

3. Jugend als Lebensphase

4. Jugendliche und ihre Lebenswelten
4.1 Lebenswelt Familie
4.2 Lebenswelt Gleichaltrigengruppe
4.3 Lebenswelt Schule
4.4 Lebenswelt Informations- und Medien-gesellschaft

5. Die Erhebungsgruppe und ihr Umfeld
5.1 Die Auswahl der Erhebungsgruppe
5.2 Die Kopernikusschule Kaltenmoor
5.2.1 Basisinformationen
5.2.2 Fakten und Daten
5.2.3 Die Erhebungsgruppe
5.2.4 Einzugsgebiet

6. Der Fragebogen

7. Darstellung des empirischen Datenmaterials

8. Die musikalische Geschmacksbildung Jugendlicher
8.1 Grundlagen musikalischer Geschmacksbildung –
Wozu Jugendliche die Musik gebrauchen
8.2 Das Musikinteresse Jugendlicher
8.2.1 Beliebteste Musikrichtungen
8.2.2 Musikalische Werte
8.2.3 Audiomedienbesitz
8.2.4 Hördauer
8.2.5 Hörertypen
8.3 Musikalische Geschmacksbildung durch Medien, Peergruppe und Familie
8.3.1 Musikalische Geschmacksbildung durch die Medien
8.3.1.1 Musikalische Geschmacksbildung durch das Fernsehen
8.3.1.2 Musikalische Geschmacksbildung durch das Radio
8.3.1.3 Musikalische Geschmacksbildung durch Jugend-zeitschriften
8.3.1.4 Musikalische Geschmacksbildung durch das Internet

8.3.1.5 Musikalische Geschmacksbildung durch andere Medien
8.3.2 Musikalische Geschmacksbildung durch die Peergruppe
8.3.3 Musikalische Geschmacksbildung durch die Familie

9. Zusammenfassung I

10. Vertiefungsschwerpunkt: Musik und Gewalt
10.1 Die Gruppendiskussion
10.2 Darstellung des empirischen Datenmaterials
10.3 Interpretation der Daten
10.4 Musik und Aggression – ein Zusammenhang?
10.5 Die Aussagen der Jugendlichen

11. Zusammenfassung II

12. Schlusswort

13. Literaturverzeichnis

Anhang

Anlage I: Fragebogen

Anlage II: Tabellenverzeichnis

Anlage III: Transkription Gruppendiskussion

1. Einleitung

Die tägliche Allgegenwart von Musik im Jugendalter zeigt, dass Musik eine große Bedeutung im alltäglichen Leben einnimmt und hohes Interesse an ihr bei den Jugendlichen besteht. Durch die Vielfältigkeit der verschiedenen Genres und Musikstile wird dem Jugendlichen eine Bandbreite eröffnet, aus der er seine musikalischen Präferenzen ausbilden kann. Musikalische Erfahrungen werden schon von Beginn der Kindheit gemacht. Diese ersten Erfahrungen beziehen sich auf das, was in der Familie erlebt wird. Doch gerade durch das Heranwachsen, also durch den Übergang vom Kind zum Jugendlichen, nehmen andere Sozialisationsinstanzen, wie die Gleichaltrigengruppe, an Bedeutung zu. Der Einfluss der Gleichaltrigengruppe auf die musikalische Geschmackswahl des Jugendlichen ist bedingt durch komplexe Prozesse.

Mit steigendem Alter wird zunehmend mehr Autonomie im eigenen Handeln erlangt und auch vom Jugendlichen gefordert. So können Jugendliche z. B. aus einem vielfältigen Medienangebot selbständig wählen. Dies bezieht sich sowohl auf die Wahl des Mediums als auch auf die Wahl der Medieninhalte.

Zentrale Fragestellungen dieser Arbeit sind also:

- Wie finden Jugendliche ihren Musikgeschmack?
- Welche Rolle spielt dabei die Familie?
- Inwiefern ist die Gleichaltrigengruppe an der musikalischen Sozialisation beteiligt?
- Welchen Einfluss haben die Medien und wie wird mit dem Angebot der Medien umgegangen?

Darüber hinaus wird den Fragen nachgegangen, inwiefern sich die Geschmackswahl mit zunehmendem Alter verändert und ob es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.

Bevor allerdings den Fragen zur musikalischen Geschmackswahl von Jugendlichen nachgegangen wird, ist es von Bedeutung, das allgemeine Musikinteresse der Jugendlichen zu ermitteln. Denn gerade dieses Musikinteresse, die Inhalte von Musik und der Umgang mit Musik geben schon Aufschluss über das Entstehen des Musikgeschmacks bzw. dienen als Grundlage, die musikalische Geschmackswahl Jugendlicher zu erörtern und auch besser verstehen zu können. Mit Hilfe eines Fragebogens, bestehend aus 17 Fragen zu verschiedenen Themen, wurden Aussagen von 140 Jugendlichen bei der Bearbeitung des Themas berücksichtigt, um möglichst zielgruppennahe Ergebnisse zu erlangen.

In einem weiteren Teil dieser Arbeit wird der Einfluss aggressiv wirkender Musik auf das Verhalten Jugendlicher diskutiert, mit der abschließenden Frage, ob Wirkung von aggressiv wirkender Musik in Zusammenhang mit musikalischer Geschmackswahl gesetzt werden kann. Hierzu wurde eine Gruppendiskussion mit einem Teil der Jugendlichen geführt, um individuelle jugendliche Meinungen und Einstellungen mit einfließen lassen zu können.

Als Grundlage der Bearbeitung der zentralen Themen wird Jugend unter allgemeinen Aspekten einleitend beleuchtet. Inhalte sind Aspekte einer veränderten Jugend, Merkmale und Anforderungen der Lebensphase Jugend und die verschiedenen Lebenswelten, in denen sich der Jugendliche bewegt.

Da sehr jugendnah gearbeitet wurde, ist es von großer Bedeutung, auch speziell die Erhebungsgruppe genau darzustellen.

2. Jugend heute

Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer Gesellschaft auf, die durch Individualisierung und Pluralisierung gekennzeichnet ist.

Der Modernisierungsprozess wird von unbeständigen Strukturen hinsichtlich sozialer und gesellschaftlicher Bedingungen für das „Gelingen“ der Jugendphase begleitet. Bisher selbstverständliche Formen der Lebensführung verschwimmen, Traditionen und Gewohntes werden aufgebrochen, in ihrer Folge eröffnen sich für Kinder und Jugendliche vielseitige Möglichkeiten (vgl. BMFSFJ, 2002, S.246). Neue familiäre und außerfamiliäre Lebensformen entstehen und das Verhältnis der Generationen in Familie und Gesellschaft verändert sich. Im Weiteren verlängern sich die Schul- und Ausbildungszeiten bei gleichzeitig labilen beruflichen Chancen. Es kommt zu einer Pluralisierung der Wertorientierungen, der Lebensführung und der Lebensstile sowie zu steigenden Anforderungen an Selbständigkeit, Mobilität und Anpassungsfähigkeit (vgl. Münchmeier, 2001, S.816f).

Somit stehen hinsichtlich einer Alltagsbewältigung für Kinder und Jugendliche kaum noch bindende und verlässliche Sicherheiten zur Verfügung, auf die sie zurückgreifen können. Ihnen werden Such- und Orientierungsprozesse zugemutet, welche die Notwendigkeit mit sich bringen, eigene Wege zu suchen und eigene Lebensstile zu entwickeln, ohne sich an den Biographieverläufen der Eltern orientieren zu können (vgl. Münchmeier, 2001, S.820).

Diese Offenheit von Lebenssituationen wird für Kinder und Jugendliche dann problematisch, wenn sie durch die Komplexität und Vielfalt von Situationen und Möglichkeiten überfordert werden, weil ihnen keine Deutungsmuster, Werte und Normen mehr vermittelt werden, auf deren Basis sie Entscheidungen treffen können. Zusätzlich erschwert das ungleiche Verhältnis zwischen den theoretischen Möglichkeiten und den tatsächlich zu realisierenden Chancen ein zukunftsorientiertes Motivationsverhalten bei dem Jugendlichen (vgl. BMFSFJ, 2002, S.246). Zudem wird die Gegenwart im Verhältnis zur Zukunft wichtiger, die vielfältigen Anforderungen werden für Jugendliche tagesfüllend und vorhandene Zukunftsvorstellungen werden nicht lebenswirksam, weil den Jugendlichen die Vorstellung fehlt, wie sie ihre Ziele von den Möglichkeiten der Gegenwart her erreichen sollen (Münchmeier, 2001, S.827f).

3. Jugend als Lebensphase

Die einheitlich kollektive Statuspassage Jugend, wie sie historisch-gesellschaftlich existierte, erlebt einen Strukturwandel und zerfällt in vielfältige Verlaufsformen und Zeitstrukturen. So muss von mehreren Jugenden gesprochen werden, die sich nicht mehr zu einem einheitlichen Modell zusammenfassen lassen (vgl. Münchmeier, 2001, S.818).

„Nach heutigem Konsens in der Jugendforschung hat die Jugendphase heute ihre deutliche Abgrenzung sowohl von der Kindheit wie von der Erwachsenenrolle verloren; das Verständnis von Jugend als Statuspassage ist ins Schwimmen geraten. Die für die traditionelle Adoleszenzphase (der ca. 15- bis 19-Jährigen) beschriebenen Verhaltensformen von demonstrativer Ablösung, Selbstsuche, experimenteller und expressiver Selbstinszenierung usw. scheinen sich nach den Befunden der Schüler- und Jugendforschung heute biographisch vor zu verlagern(!) und in das Alter der 10- bis 14jährigen „Kids“ hineinzuschieben. (Münchmeier, 2001, S.819)“

In der Fachdiskussion wird davon ausgegangen, dass eine deutliche Abgrenzung der Jugendphase von Kindheit und Erwachsenenrolle nicht mehr möglich ist, es wird von einer Zweiteilung der Jugendphase gesprochen. Einerseits hat sich die traditionelle Adoleszenzphase (15 bis 19 Jahre), für die Verhaltensweisen von Ablösung, demonstrativer Abgrenzung, Selbststilisierung und Autonomisierung gegenüber den Erwachsenen sowie die Orientierung an Gleichaltrigengruppen kennzeichnend sind, auf die 10- bis 14-Jährigen vorverlagert. In dieser ersten Jugendphase sind Rolle und Situation in hohem Maße durch die Schule definiert. Gleichzeitig sucht und braucht diese Generation, die sich einmal wie Kinder und im nächsten Augenblick wie Jugendliche verhalten, ihre eigenen Erlebnis- und Erfahrungsräume außerhalb von Familie und Schule (vgl. Münchmeier, 2001, S.819).

Andererseits verlängert sich die Jugendphase, ihr Abschluss hat sich verkompliziert. Diese zweite nachschulische Jugendphase ist eine unbestimmte, risikohafte Jugendphase. In Folge von Bildungsexpansion (Erhöhung der Bildungsbeteiligung und durchschnittlicher Verweildauer im Bildungssystem bei gleichzeitiger Entwertung von Bildung und Ausbildung) sowie der Veränderungen und Probleme auf dem Ausbildungs- und Beschäftigungsmarkt sind Übergänge von der Schule in den Beruf und die durchschnittliche Erwachsenenexistenz nicht mehr sicher und kalkulierbar. Jugendliche geben sich erwachsen und von ihnen wird erwachsenes Verhalten erwartet, während ihnen gleichzeitig ökonomische, institutionelle und statusbezogene Mittel fehlen, sich entsprechend zu verhalten (vgl. Münchmeier 2001, 825). Diese jungen Erwachsenen müssen sowohl typische Jugendprobleme (Ausbildung einer stabilen Identität, Ablösung von den Eltern etc.) als auch schwieriger gewordene soziale Existenzfragen bewältigen.

Auf dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Veränderungsprozesse haben sich Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher grundlegend gewandelt.

Kinder- und Jugendpolitik ist hier gefordert, die öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen angesichts ihrer objektiven Lebensbedingungen und im Hinblick auf ihre subjektive Lebensführung zu gewährleisten, zu konkretisieren und umzusetzen (vgl. BMFSFJ, 2002, S.245).

4. Jugendliche und ihre Lebenswelten

Jugendliche leben heute in einer Vielzahl unterschiedlicher Lebenswelten (z.B. Familie, Schule, Medien, Gleichaltrigengruppen etc.) mit ihren eigensinnigen und typischen kulturellen Prinzipien und Ordnungen. Ihre Wirkungsweisen müssen unter gesellschaftlichen Strukturveränderungen in Anbetracht ihrer wesentlichen Funktion als Einflussquellen innerhalb des Prozesses „Erwachsenwerden“ in engem Zusammenhang mit den heutigen Lebenswelten von Jugendlichen gesehen werden. Dabei sind diese mit ihren teils einander ergänzenden, teils aber auch konkurrierenden Ansprüchen im Sozialisationsprozess wirksam. Im Mittelpunkt dieses Sozialisationsprozesses steht die Entwicklung und Veränderung der menschlichen Persönlichkeit und die Herausbildung eines gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekts, d.h. eines Menschen, der fähig ist, einen akzeptierten Beitrag zum Fortbestehen der Gesellschaft zu leisten. Wie sich der Sozialisationsprozess gestaltet und Jugendliche mit gestellten Anforderungen zurechtkommen, hängt entscheidend von deren Fähigkeiten und Kompetenzen, aber auch Hilfestellungen aus ihrem sozialen Bezugssystem ab (vgl. Hurrelmann, 1995, S.76f). In den folgenden Kapiteln werden hinsichtlich der allgemeinen Lebensbedingungen spezifische Lebenswelten der „Jugend von heute“ aufgezeigt.

4.1 Lebenswelt Familie

Das Familiensystem als Raum intimer Anteilnahme, Emotionalität und bedeutsamer Sozialisationserfahrungen wird durch die zu einem früheren Zeitpunkt stattfindenden Ablösungsprozesse der Jugendlichen entscheidend geprägt. Zum Einen hat die familiäre Lebenswelt in der Vergangenheit im stärkeren Maße ihre Kontroll-, Autoritäts- und Erziehungsfunktion eingebüßt, andererseits kam es zur Abhängigkeit Jugendlicher und junger Erwachsener in wirtschaftlicher Hinsicht.

Eltern werden von den Jugendlichen sehr viel häufiger als Vertrauenspersonen wahrgenommen. Diese fungieren weniger als echte, respektzollende Autoritätspersonen, sondern suchen verstärkt einen lockeren Umgang als Partner ihrer Kinder, die sie unterstützen, wobei an dieser Stelle auf deutliche milieuspezifische Unterschiede verwiesen werden muss (vgl. Münchmeier, 2001, S.823).

Aufgrund des Strukturwandels ist jedoch die Zahl der Ein-Eltern – bzw. Ein-Kind-Familien angestiegen, was häufig zu emotionell überfrachteten und von hohen Erwartungen geprägten Beziehungen zwischen Eltern und Kindern führt. Zudem kommt es zur Konfrontation von Kindern und Jugendlichen mit wechselnden Bezugspersonen im direkten Nahraum Familie. Zusätzlich führen schulische Leistungs- und Laufbahnprobleme zu innerfamiliären Konflikten (Münchmeier, 2001, S.821).

Des Weiteren ist eine Relativierung ehemaliger Erfahrungsvorsprünge und bewährter Lebensplanungskompetenzen der älteren Generation zu verzeichnen. Eltern übernehmen jugendtypische Verhaltensweisen in ihr Lebensstilrepertoire und orientieren sich in ihren jugendlichen Kindern als Vorbilder in Fragen der Gestaltung des Lebensstils (Mode, Geschmack, Freizeit, Konsum, Technikbeherrschung, Neue Medien). Hier wird eine gegenseitige Beeinflussung und beiderseitige Sozialisation zwischen den Generationen deutlich.

Familiär vermittelte traditionelle (besonders religiöse) Leitbilder und Muster der Lebensführung sowie Lebensplanung haben ihren Stellenwert verloren.

„´Enttraditionalisierung´ bedeutet also sowohl eine größere `Freisetzung´ aus traditioneller Bindung und Kontrolle und verspricht damit eine größere `Pluralisierung´ der legitimen Lebensmuster…“ (Münchmeier, 2001, S.823)

Begleitet wird dies jedoch auch durch einen höheren Druck für die Jugendlichen und damit verbundene „Individualisierung“ hinsichtlich der Lebenschancen und der Verantwortung für den eigenständigen Lebensweg (vgl. Münchmeier, 2001, S.823).

Als eine Möglichkeit, diese belastende Situation zu kompensieren, stellt sich die verstärkte Orientierung an Gleichaltrigen dar, die im Kontext von Identitätsentwicklung und Individualisierung wesentlich wird.

4.2 Lebenswelt Gleichaltrigengruppe

Die Ablösung von der Herkunftswelt der Eltern, Erprobung neuer sozialer Rollen und Beziehungen, die zunehmend selbständige Bewältigung von Konflikten und die Herausbildung eines eigenständigen Status stellen prägnante Aufgaben des Jugendalters dar. Zur Bewältigung dieser Handlungsanforderungen und Erfahrung eigener Grenzen bzw. Möglichkeiten benötigen Heranwachsende nach Ergebnissen der Jugendpsychologie und –soziologie eigene Experimentierräume, die in der Lebenswelt der jugendlichen Gleichaltrigengruppe gegeben sind (vgl. Böhnisch, 1997, S.139f).

Sie spiegeln weitestgehend gesellschaftliche und soziale Zuordnungen wider, d.h. sie sind in der Regel relativ schichthomogen bzw. zumindest milieukonform strukturiert.

Der Erwachsenenwelt abgewandt, abgegrenzt gegenüber anderen Gleichaltrigengruppen durch eigenständige Wert- und Normstrukturen und weitgehend „unkontrolliert“ stützt die „Peergruppe“ den Einzelnen auf dem Weg zur eigenständigen, stabilen und selbstbewussten Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung und ermöglicht Lernchancen in Teilbereichen des Alltags.

Gegenüber der häufig übermächtigen Kontrolle durch Familie und Schule kommen ihr kompensatorische, stabilisierende und entlastende Funktionen zu.

Während Eltern offensichtlich eher als Ansprechpartner bei materiellen und qualifikatorischen Entwicklungsaufgaben (Schul-, Ausbildungs- und Finanzprobleme) fungieren, erlangen Gleichaltrige stärkere Bedeutung in psychisch sozialen Problemlagen (Beziehungsfragen) (vgl. Baake, 1999, S.16).

4.3 Lebenswelt Schule

Schulen als Sozialisationsinstanzen erfüllen die Funktion der Wissens-vermittlung, sozialen Kompetenzbildung und Integration der Schüler in die Gesellschaft durch Verdeutlichung des vorherrschenden Normen- und Wertesystems. Sie sind auf die Aneignung gesellschaftlich erwünschter Kenntnisse, Fähigkeiten und Werthaltungen ausgerichtet.

Schule ist auch Jugendraum. In keinem anderen Bereich sind Kinder/Jugendliche über so lange Zeitspannen als Gruppen formiert (Ferchhoff, 1999, S.191).

„Je länger man Schüler ist, desto länger verbleibt man in einer Gruppe von Gleichaltrigen. Generationsdurchmischte Situationen […] werden in der Jugendphase strukturell knapp und damit die Möglichkeit, sich an den Älteren zu `reiben´, sich mit ihnen auseinander zu setzen, um sich selber und seine eigene Identität zu finden.“ (Münchmeier, 2001, S.819)

Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Jugendzeit zur Schulzeit geworden ist.

Die oft zu beobachtende Gleichgültigkeit der jungen Erwachsenen gegenüber gesellschaftlich-kulturellen oder religiösen Überlieferungen scheint hier teilweise seine Wurzeln zu erfahren.

Aufgrund der Bildungsexpansion (z.B. die immense Ausweitung weiterführender Schulen) verbleiben Kinder und Jugendliche eine wesentlich längere Zeit in pädagogischen Einrichtungen des Bildungssystems (vgl. Ferchhoff, 1999, S.185f).

Für viele Jugendliche erscheint ein längerer Verbleib im Bildungssystem zur Wahrung und Verbesserung ihrer zukünftigen Ausbildungs- und Beschäftigungschancen die einzig aussichtsreiche Möglichkeit darzustellen, auch wenn Bildungsabschlüsse keine Garantie für beruflichen Erfolg sind. Zusätzlich existiert innerhalb der verschiedenen Bildungsgänge eine ungleiche Verteilung der Jugendlichen hinsichtlich ihrer sozialen Schichtung (vgl. Hurrelmann, 1995, S.92).

Hurrelmann (1995) sieht in dem ausleseorientierten Schulwesen der Bundesrepublik den Grund für Prestige- und Klassenkampfakzente bei den Schulwahlentscheidungen von Eltern, da das System von seiner gesamten Konstruktion her bereits frühzeitig jungen Gesellschaftsmitgliedern ihren sozialen Status bzw. ihre Platzierung in der Gesellschaft zuweist (vgl. Hurrelmann, 1995, S.118f). Somit steht die Kindheit und Jugend mehr denn je unter dem Druck, ein Gymnasium oder zumindest die Gesamt- oder Realschule zu besuchen, um Statusbedrohungen und Abwärtsmobilität zu verhindern Ferchhoff, 1999, S.187f).

Die Schule als gesellschaftliche Institution ist in vielfältiger Weise mit der Sozialisation Jugendlicher und anderen sozialisierenden Instanzen verbunden.

Angesichts der gemeinschaftsfördernden Wirkung dieses sozialen Kommunikationsraumes kommt ihr für die Entwicklung des jungen Menschen eine bedeutende Rolle zu. Dies geschieht weniger durch die Vermittlung kognitiver Lerninhalte, sondern durch die Herstellung emotionalisierter Peer-Beziehungen. Allerdings gehören negative Sozialisationserfahrungen im schulischen Bildungssystem für etliche Jugendliche zum Alltag, sodass die Integrationsfunktion der Schule als keinesfalls für alle Schüler gleichermaßen gilt. Hinsichtlich der schulischen Erziehungs- und Sozialisationsprozesse spielen Eltern eine eher randständig mitwirkende Rolle in diesem Geschehen und haben äußerst geringe Einflussmöglichkeiten.

4.4 Lebenswelt Informations- und Medien-gesellschaft

Als ein weiteres charakteristisches Element jugendlicher Lebenswelten ist heute die globale, variantenreiche und differenzierte Informations- und Mediengesellschaft zu betrachten, in welcher Jugendliche nicht nur als Rezipienten, sondern als aktive Nutzer selbstverständlich hineinwachsen.

Im Gegensatz zu Älteren haben sie deutlich weniger Berührungsängste im Umgang mit den neuen Technologien sowie Medien und können diese souverän und flexibel für unterschiedliche Zwecke nutzen (vgl. Ferchhoff, 1999, S.230).

Durch Medien bietet sich den Jugendlichen die Chance zur Exkursion in fremde, utopische Welten und deren Erschließung, gleichzeitig vermutet Müller-Wiegand (2000) zu Recht die Produktion neuer sozialer Welten, in deren Folge unmittelbare soziale Beziehungen an Funktion und Lebendigkeit verlieren und Kommunikationsarmut gefördert werden.

Des Weiteren scheinen die Heranwachsenden heute mittels Medien und Konsum einen fast unbeschränkten Zugang zur Wirklichkeit der Erwachsenenwelt zu erhalten, die sie nicht unbedingt beeindruckt, abgesehen von der eigenen finanziellen Unabhängigkeit, ihren Jugendstatus aufzugeben und erwachsen zu werden (vgl. Müller-Wiegand, 2000, S.183).

Zusammenfassend wird deutlich, dass junge Menschen heutzutage in einer Vielzahl ausdifferenzierter Lebenswelten leben. Allerdings lässt sich kein Gesamtbild der Jugend entwerfen, weil es eben die Jugend nicht gibt. Der gesellschaftliche Strukturwandel bedingt eine kaum mehr überschaubare Pluralität und Zersplitterung jugendlicher Verhaltensweisen, Orientierungen, Haltungen und Lebensstile. Jedoch wird darauf verwiesen, dass es sich hierbei um keine vollständige Darstellung der Bedingungen des jugendlichen Lebens und Aufwachsens handelt, sondern um grob richtungsweisende Gedanken über Tendenzen heutiger Lebenswelten.

5. Die Erhebungsgruppe und ihr Umfeld

Um den Fragen des Themas „Musikalische Geschmacksbildung Jugendlicher“ näher zu kommen, wurde nicht nur die wissenschaftliche Literatur zur Hilfe genommen, es wurden auch die Jugendlichen selbst befragt. Da es bei einer Befragung von besonderer Bedeutung ist, wen man befragt, ist eine genauere Beleuchtung dieser Zielgruppe und deren Umfeld unverzichtbar. Andere Gruppen mit anderen Lebensbedingungen können unter Umständen auch andere Ergebnisse hervorbringen. Somit stehen die Ergebnisse der Befragung in direktem Zusammenhang mit der Gruppe der befragten Personen.

5.1 Die Auswahl der Erhebungsgruppe

Als besonders geeignet wurde die Befragung in einer Schule empfunden, da dort die entsprechenden Altersgruppen in gebündelter Form vorhanden sind. Als weiterer wesentlicher Vorteil der Befragung in einer Schule war die direkte Durchführung der Fragen unter Aufsicht, sodass keine Probleme mit dem Rücklauf der Fragebögen entstehen konnten. Nach dem Entwurf des schriftlichen Fragebogens fand eine Begutachtung der Schulen im Raum Lüneburg/ Winsen statt, um die nötige Zielgruppe zu finden. Befragt werden sollten Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren mittleren Bildungsstandes, womit die Auswahl auf eine Realschule fiel. Die Determinante „Bildungsstand“ konnte somit nicht mit in die Erhebung aufgenommen werden, da eine Befragung verschiedener Schulformen aus Zeitgründen nicht möglich war. Da die Befragung in drei siebten und drei zehnten Klassen durchgeführt werden sollte, bot sich die dreizügige Kopernikus-Realschule in Kaltenmoor bei Lüneburg an, die sich auch sofort als sehr kooperativ zeigte. Achte und neunte Klassen wurden ebenfalls nicht berücksichtigt, da es wichtig war, ein Abbild der „jüngeren Jugend“ und ein Abbild der „älteren Jugend“ zu bekommen. Da seit dem Schuljahr Sommer 2004, mit dem Wegfall der Orientierungsstufe, bereits auch fünfte und sechste Klassen zur Realschule gehören, wurde eine Befragung dieser Klassen in Erwägung gezogen, doch nicht durchgesetzt, da die sogenannte erste Statuspassage Kindheit- Jugend doch eher in das Alter der siebten Klassen fällt.

5.2 Die Kopernikusschule Kaltenmoor

5.2.1 Basisinformationen

Die Kopernikus- Realschule ging im Schuljahr 1967/68 aus der Mittelschule Lüneburg (Thorner Straße) unter dem Namen Realschule I. hervor und erhielt später den Namen Kopernikus- Realschule. Während die Schule in den achtziger Jahren noch fünfzügig geführt wurde, ist sie heute (2004) bei einer Dreizügigkeit angelangt.

Die Kopernikusschule mit ihren 265 Schülerinnen und Schülern liegt im Zentrum des Stadtteils Kaltenmoor, welches durch seine Vielfalt der unterschiedlichsten Kulturen gekennzeichnet ist. Die Mitarbeit an dem Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ führte 2002 zum Erlangen dieses Titels. Es ist Tradition der Schule, Partnerschaften mit ausländischen Einrichtungen zu pflegen, auch ein Schüleraustausch mit einer polnischen Schule wird regelmäßig durchgeführt.

Ihren besonderen Schwerpunkt legt die Kopernikus- Realschule seit sieben Jahren auf den Aspekt Berufsvorbereitung. Durch enge Kontakte zu größeren Unternehmen können Praktikumsplätze vergeben oder auch videogestützte Bewerbungstrainings angeboten werden. Um Zukunftsperspektiven schüler- und ortsnah zu ermöglichen, finden Besuche des BIZ und eine Berufsberatung durch einen Mitarbeiter der Agentur für Arbeit im eigenen Hause statt.

Zur Erweiterung des Etats und zur Erweiterung der Sekundärtugenden der Schüler und Schülerinnen nimmt die Kopernikusschule erfolgreich an einem Energiesparwettbewerb teil und sorgt durch vernünftigen Umgang mit Strom, Wasser und Müllvermeidung für einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag (vgl. Chronik Kopernikus-Realschule, 2003, S.3).

5.2.2 Fakten und Daten

Fächer

Unterrichtet werden die Fächer gemäß den Rahmenrichtlinien des Landes Niedersachsen, wobei für Kunst und Musik kein Lehrangebot besteht. Lediglich in den Wahlpflichtkursen sind die Angebote Kunst für Klasse 6/7 und Musik für Klasse 8/10 vorhanden.

Lehrkräfte

21 Lehrkräfte: 18 weiblich, 3 männlich

Durch die wenigen männlichen Kollegen gibt es oft Engpässe bei Klassenfahrten.

Schüler

Tabelle 1: Schüler und Schülerinnen – Klassen nach Geschlecht, Nationalität und Konfession

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Statistischer Überblick, Kopernikus Realschule, 2004)

5.2.3 Die Erhebungsgruppe

In den siebten Klassen befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung 71 Schüler mit einer Klassenstärke von 23,24 und 24 Schülern, davon 41 Mädchen und 30 Jungen (vgl. Tabelle1). Dies bedeutet, dass am Tag der Befragung nur eine Schülerin der gesamten siebten Klassen fehlte (Anzahl Mädchen siebte Klassen = 41; befragte Gruppe Mädchen = 40). Unter den insgesamt 71 Schüler und Schülerinnen befinden sich zehn SchülerInnen ausländischer Nationalität. Bei genauer Betrachtung der Religionszugehörigkeiten fällt auf, dass nur vier der ausländischen Schüler dem Islam zuzuordnen sind und für die Region Norddeutschland ein auffällig hoher Anteil der katholischen Kirche angehören. Begründet liegt diese Tatsache in dem hohen Anteil von Schülern russischer Nationalität. Nicht mit in Tabelle 1 aufgeführt sind die Schüler, die zwar aus Russland kommen oder Eltern haben, die aus russischen Gebieten kommen, aber deutscher Nationalität sind. Der Anteil dieser Schüler konnte nicht ermittelt werden, doch ist ein gewisser Anteil vorhanden. In Bezug auf das Thema „musikalische Geschmacksbildung Jugendlicher“ sind die Überlegungen über den Anteil ausländischer Schüler nicht unerheblich, da davon auszugehen ist, dass diese Jugendlichen eine zum Teil andere musikalische Sozialisation erfahren haben.

In den zehnten Klassen befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung insgesamt 65 Schüler und Schülerinnen mit einer Klassenstärke von 21,21 und 23, davon 28 Mädchen und 37 Jungen. Hier war der Anteil der bei der Befragung fehlenden Schüler etwas höher, es fehlten ein Mädchen (Anzahl der Mädchen gesamt = 28; Anzahl der Befragten Mädchen = 27) und vier Jungen (Anzahl der Jungen gesamt = 37; Anzahl der befragten Jungen = 33).

Der Ausländeranteil in den zehnten Klassen ist mit vier SchülerInnen zu verzeichnen, doch auch hier ist wieder die Betrachtung der Religionszugehörigkeit interessant. Aussagen, die bereits bei den siebten Klassen gemacht wurden, gelten auch hier. Bei der Betrachtung der 10a fällt besonders auf, dass kein Schüler ausländischer Nationalität ist, doch zwei SchülerInnen dem Islam angehören. Dies deutet auch wieder auf ausländische Abstammung mit deutscher Nationalität.

5.2.4 Einzugsgebiet

Da die Kopernikus- Realschule Kaltenmoor am Rande von Lüneburg gelegen ist, kommen die Schüler nicht nur direkt aus dem Stadtgebiet Lüneburg/ Lüneburg- Kaltenmoor, sondern auch aus vielen umliegenden Dörfern, so z. B. aus Wendisch Evern, Deutsch Evern, Barendorf, Holzen, Volkstorf, Reinstorf, Vastorf, Adendorf und Wendhausen (vgl. EDV- Kopernikus- Realschule, 2004). Nur hingewiesen sei auf die unterschiedlichen Sozialisationserfahrungen, die Landjugendliche im Gegensatz zu Stadtjugendlichen machen.

6. Der Fragebogen

Die Befragung (mündlich: Interview; schriftlich: Fragebogen) ist in der empirischen Sozialforschung durch seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten zur Erfassung von Fakten, Wissen, Meinungen und Bewertungen das bedeutendste Datenerhebungsinstrument (vgl. Stimmer, 2000, S.170). Durch das Hervorrufen einer bewussten Situation gelingt es, vielseitige Informationen zu erfassen.

Innerhalb der quantitativen Forschung (Fragebogen) stehen die Fragen fest, sind eng gestellt, sie können während der Untersuchung nicht verändert werden.

„Wegen der Unterschiedlichkeit der wissenschaftlichen Sprache und der Alltagssprache wird der Forscher natürlich nicht seine theoretischen Begriffe […] in der Frageformulierung benutzen, sondern solche Worte verwenden, die nach Möglichkeit von allen zu befragenden Personen verstanden werden, und zwar in möglichst gleicher Weise verstanden werden.“ (Kromrey, 1998, S.277)

Bei der Formulierung der Fragen wurden folgende Erfahrungsregeln beachtet:

- Die Fragen sollen in der Sprache formuliert werden, die der Befragte in der Regel in einer Unterhaltung mit einem Fremden benutzen würde.
- Es dürfen keine suggestiven Fragen gestellt, d.h. keine Antworten in die Fragen hineingelegt werden.
- Die Formulierungen sollten einen einfachen Bezugsrahmen schaffen und somit ein gleiches Verständnis für die Begrifflichkeiten beinhalten.
- Die Fragen weisen ein mittleres Sprachverständnis auf, sind kurz und bündig formuliert.

(vgl. Wellenreuther, 2000, S.328f, Kromrey, 1994, S.278f)

Bezugnehmend auf die Formulierung der Fragen gelten die benannten Erfahrungsregeln nicht nur für quantitative Forschungsmethoden, sondern werden parallel auch bei der Durchführung der Gruppendiskussion beachtet.

7. Darstellung des empirischen Datenmaterials

Nach einer theoretischen Einleitung zum Thema „Jugend und Musik – musikalische Geschmacksbildung Jugendlicher“ folgt die Auswertung des Fragebogens (siehe Anlage I). Die Daten der quantitativen Auswertung (siehe Anlage II) dienen zur Unterstreichung oder Widerlegung der allgemein gültigen Literatur, die sich bisher mit dem Thema dieser Arbeit befasst hat. Auf eine ausschließlich einleitende nicht kontextbezogene Darstellung der Fragebogenergebnisse wird verzichtet, um Wiederholungen zu vermeiden. Um sich einen Überblick verschaffen zu können, dienen die Daten der Tabellen aus Anlage II.

Gebildet werden Kategorien, d.h. sinnvolle Themenbereiche, die zu einer Annäherung der Fragestellungen beitragen. Innerhalb folgender Themenbereiche werden die Antworten des Fragebogens zusammengefasst:

- Das Musikinteresse Jugendlicher
- Musikalische Geschmacksbildung durch die Medien
- Fernsehen
- Radio
- Jugendzeitschriften
- Internet
- andere Medien
- Musikalische Geschmacksbildung durch die „Peergruppe“
- Musikalische Geschmacksbildung durch die Familie

Bearbeitet werden diese Kapitel immer unter geschlechtsspezifischen Aspekten und unter Berücksichtigung der Jahrgangsstufe, also des Alters.

Innerhalb der Abhandlung über das Musikinteresse Jugendlicher werden die Musikrichtungen ermittelt, die von den Jugendlichen bevorzugt werden. Überprüft werden soll, ob die jüngeren Jugendlichen andere Vorlieben haben als die Älteren und ob ein geschlechtspezifisches Konsumverhalten vorhanden ist. Eine Erhebung über musikalische Werte soll aufzeigen, wie differenziert Jugendliche Musik wahrnehmen und was ihnen an ihrer favorisierten Musik wichtig ist. Audiomedienbesitz soll rein quantitativ das Musikinteresse belegen, aber auch den Umgang mit Audiomedien aufzeigen. So ist es von Interesse zu erfahren, welche Audiomedien von welcher Gruppe bevorzugt werden. Die Frage nach der täglichen Hördauer von Musik soll zeigen in welchem Umfang Musik konsumiert wird, sodass die Relevanz des Themas dieser Arbeit zum Ausdruck kommt. Besonders wichtig ist hier wiederum der Jahrgangsstufenvergleich, da sich veränderte Lebensumstände, bedingt durch das Alter, evtl. auf das Musikinteresse auswirken können. Nicht zuletzt wurden die Jugendlichen auch nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt und zwar nach der Originalität ihres Musikgeschmacks. Die Aussagen der Jugendlichen zur Selbsteinschätzung verglichen mit der Hördauer soll Aufschluss über ein evtl. vorhandenes Verhältnis zwischen Hördauer und Qualität des Musikkonsums geben.

Die Fragen zur musikalischen Geschmacksbildung beziehen sich auf den Umgang mit Medien und auf den Umgang mit Musik in Familie und Gleichaltrigengruppe. Die Fragen zu Medien sind sehr umfangreich, da es eine nicht geringe Anzahl an Medien gibt, die für die Verbreitung von Musik verantwortlich sind. Fragen zu Familie und Gleichaltrigengruppe beziehen sich nur darauf, welchen Einfluss diese auf den musikalischen Aneignungsprozess haben können. Wichtig ist, einen Eindruck von den Jugendlichen zu bekommen und diesen mit der Literatur zu vergleichen, um für das Thema relevante Schlüsse ziehen zu können.

8. Die musikalische Geschmacksbildung Jugendlicher

Die Auswahl von Musik wird zunehmend komplexer. Durch das ständig anwachsende Medien- und Musikangebot fällt es Jugendlichen schwerer, Musikpräferenzen auszubilden (vgl. Dollase, 1998, S.341). Selbst nichtmusikalische Medienangebote nutzen die Musik zur Untermalung. Durch die Verbreitung der Musik über die Tonträger und im großen Maße auch über das Internet, ist es für die Jugendlichen notwendig, eine Kompetenz zu erlangen, mit dieser Fülle umgehen zu können. Dies stellt eine hohe Anforderung an die Geschmacksbildung des Individuums dar (vgl. ebd., S.341/342).

Durch die Einführung der Schallplatte gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es erstmals die Möglichkeit, selbst gewählte Musik zu konsumieren. Jugendkulturelle Relevanz bekam diese Errungenschaft allerdings erst in den 50er Jahren. Vor allem durch den Kauf von Singles hatten die Jugendlichen die Möglichkeit zur musikalischen Abgrenzung. Durch die Einführung von Tonband und Kassette in den 60er Jahren war es möglich, Musik zu überspielen und günstig zu erwerben, was Einbußen auf dem Markt der Musikindustrie bedeutete. Erst durch die Verbreitung der CD seit 1983 kam es wieder zu einem Wachstum der Absatz- und Umsatzentwicklung auf dem Tonträgermarkt. Durch die Nutzung von Kassetten und CDs durch tragbare Abspielgeräte (Walkman/Discman) hatten nun die Jugendlichen die Möglichkeit zum Rückzug, auch an öffentlichen Orten. Tonträger und die dazugehörige Hardware dienen den Jugendlichen als Kommunikationselemente, Tauschobjekte und zur persönlichen Imagepflege. Sie sind einfach in der Bedienung, unabhängig von Zeit und Ort und unterliegen nur geringer erzieherischer Kontrolle (vgl. Münch, 1998, S.387/388). Die Auswahl aus einer Reihe von verschiedenen Musikrichtungen, bei denen oft eine Abgrenzung untereinander schwierig ist, erfolgt aus tiefenpsychologischen, soziologischen und entwicklungspsychologischen Prozessen heraus. Die verschiedenen Musikrichtungen, wie Pop, Hip Hop, Oldie, Rhythm and Blues, Country und Western, Blues, Volksmusik, Klassik, Jazz, Gospel und Spirituals, Reggae, New Age, Rock, Hardcore, Techno, Rave, Punk, Rap, NDW, Grunge, Heavy Metal, Death Metal, Thrash Metal, Crossover, Dark Wave, Drum ´n´ Bass, Trip Hop, usw. haben oft ihre bestimmten Ausprägungen, die sich auch in Sprache, Kleidung usw., also auch in außermusikalischen Merkmalen niederschlagen.

Wie die Jugendlichen zu ihren bevorzugten Musikrichtungen kommen, sollen verschiedene Erklärungsansätze der Psychologie erläutern.

1. Tiefenpsychologie: Musik stellt eine Art Ersatzbefriedigung für nicht erfüllte Wünsche dar.
2. Lernpsychologie: Die Präferenz für eine bestimmte Musikrichtung, aber auch sonstige Einschätzungen dazu, erklären sich aus Lern- und Erfahrungsprozessen.
3. Kognitive Theorien: Die Präferenz für eine bestimmte Musikrichtung erklärt sich aus formalen Kennzeichen des Verhältnisses zwischen musikalischem Reizmaterial und kognitiven Voraussetzungen des Rezipienten.
4. Sozialpsychologie: Die Präferenz für eine Musik erklärt sich aus der Beeinflussung des Individuums durch Menschen seiner Umgebung, z.B. der Gleichaltrigengruppe (vgl. Dollase, 1998, S.347).

8.1 Grundlagen musikalischer Geschmacksbildung – Wozu Jugendliche die Musik gebrauchen

Jugendliche gebrauchen Musik in unterschiedlichsten Qualitäten. Neben dem offensichtlichen Gebrauch von Musik, wie das Tauschen von z.B. CDs, der einfachen Unterhaltung, das Aneignen von musikbedingten Modestilen und vielen anderen Formen des Umgangs mit der Musik, spielt die Musik eine weitaus tiefgreifendere Rolle. So wird Musik zum Ausleben der Gefühle oder als Mittel zur Selbstverwirklichung, oft verbunden mit einer Flucht aus der Realität, benutzt (vgl. Seibold, 1979, S.10/11). Da Jugendliche oft keinen Raum sehen, Gefühle und Bedürfnisse auszuleben, sich selbst zu verwirklichen, bedingt auch durch den Leistungsdruck in Schule und Beruf, benutzen sie Musik als Ventil. In Popstars sehen sie ihre Sehnsüchte verwirklicht, die Identifikation mit ihnen dient als Ersatzbefriedigung. Das Identifikationsangebot finden die Jugendlichen a) im inhaltlich/ textlichen Bereich, b) in der musikalischen Umsetzung, und c) dem Image des Interpreten (vgl. ebd., S.11).

Ein besonders wichtiger Aspekt des Gebrauchs von Musik ist der Umgang mit dieser innerhalb der „Peergruppe“, welche im Jugendalter von großer Bedeutung ist, aber auch die Abgrenzung durch Musik von der Erwachsenenwelt. Jugendliche suchen und entwickeln kontinuierlich soziokulturelle Orientierungsmuster, um sich zu identifizieren, sich zugehörig zu fühlen und sich abzugrenzen.1 Musik und Medien kommt so die Funktion zu, sich gesellschaftlich verorten zu können (vgl., Müller/ Glogner, u.a., 2002, S.9). Ein zentrales Thema also ist Jugend und Identitätsbildung. Identitätsbildung und musikalische Geschmacksbildung sind Prozesse, die nebeneinander verlaufen und sich gegenseitig bedingen (vgl. Boehnke, 2002, S. 57).

8.2 Das Musikinteresse Jugendlicher

Umfragen, die schon seit den 70er Jahren in Bezug auf den Musikunterricht gemacht wurden, haben immer wieder ergeben, dass erstens Musikhören eine der bevorzugtesten Freizeitbeschäftigungen von Jugendlichen ist und dass zweitens Pop- und Rockmusik dabei immer an erster Stelle stehen (vgl. Jerrentrup, 1997, S.279). Die Gruppe der 14- bis 20-Jährigen stellt dabei die größte Gruppe dar.

8.2.1 Beliebteste Musikrichtungen

Bei den 7. Klassen, also den 12- bis 13-Jährigen ergab sich folgende Rangfolge für bevorzugte Musikrichtungen:

Tabelle 2: Musikrichtungen, 7.KL.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Berücksichtigt sind in der Tabelle 2: Musikrichtungen, sowohl die zehn vorgegebenen Musikrichtungen laut Fragebogen (Anlage I), als auch die unter „sonstige“ von den Schülern aufgelisteten zusätzlichen Musiksparten. Zusätzlich genannte Musikrichtungen sind sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen aufgelistet, auch wenn die Nennung nur bei einem Geschlecht vorkommt.

An erster Stelle der beliebtesten Musikrichtungen standen in Klasse 7 bei beiden Geschlechtern die Musikrichtung Hip Hop mit 77% bei den Jungen und 92,5% bei den Mädchen, gefolgt von Pop mit Jungen=40% und Mädchen=80%. An dritter Stelle stand bei den Mädchen die Musikrichtung Techno mit 17,5% und bei den Jungen Techno und Rap mit jeweils 23%. Es folgten bei den Jungen der Reihenfolge nach Rock (13%), R´n´B (Rhythm´and Blues) (10%) und bei den Mädchen R´n`B (15%), Rap (10%) und Rock (7,5%). Die Musikrichtung Jazz war bei beiden Geschlechtern nur mit jeweils einer Nennung vertreten (J:3%/M:2,5%). Während die Reihenfolge der bereits genannten Musikrichtungen sowohl bei den Jungen, als auch bei den Mädchen fast gleich war, kommen aber noch zusätzliche Sparten, wenn auch nur in geringer Ausprägung, hinzu, die nur bei einem Geschlecht zu finden sind. So findet man z.B. nur bei den Jungen: Heavy Metal, Punk, Reggae, Black Music und bei den Mädchen: Langsame Musik, Schlager, Trance.

Deutlich wird, wie bereits einleitend erläutert, dass gerade die populäre Musik für die Jugendlichen von Interesse ist. Klassische Musik taucht in den Antworten nicht auf. Unterschieden werden muss allerdings zwischen populärer Musik, also Popmusik im weiteren Sinne, und Popmusik im engeren Sinne. Während Popmusik im weiteren Sinne die Bündelung von Musikrichtungen meint, die etwas mit Aktualität, Tanz, kommerzielle Konstruktion von Individualität und Identität u.a. zu tun haben (vgl. Wicke, 1994, S.169)2, so wird Popmusik von den Jugendlichen oft als eigenständige Sparte unter den verschiedenen Ausprägungen von Popmusik verstanden.

In den 7. Klassen, also bei den jüngeren Jugendlichen, fällt auf, dass gerade bei den Begrifflichkeiten noch Unsicherheiten bestehen. So werden bei den Musikrichtungen z.B. Ausprägungen, wie „Rap“ oder „Langsame Musik“ genannt, welche sich nicht in die Kategorie Musikrichtungen einordnen lassen, da „Rap“ eher einen Gesangsstil innerhalb bestimmter Musikrichtungen bezeichnet oder „Langsame Musik“ nur Auskunft über die Geschwindigkeit der Musik gibt.

Da die Anzahl der anzugebenen Antworten bei der Frage nach den beliebtesten Musikrichtungen nicht vorgegeben war, kamen im Verhältnis Mädchen zu Jungen unterschiedliche Antwortmengen heraus. So kreuzten die Mädchen 10,3% mehr Musikrichtungen an als die Jungen. Nur vermuten lässt sich, dass sich Mädchen in diesem Alter intensiver mit Musik auseinandersetzen als die Jungen, oder zumindest schon differenzierter mit Musik umgehen können. Dieser Frage soll in der weiteren Bearbeitung an anderer Stelle nachgegangen werden.

Die Rangfolge der beliebtesten Musikrichtungen der 10. Klassen, also der 15- bis16-Jährigen, sah wie folgt aus:

Tabelle 3: Musikrichtungen 10.Kl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den Mädchen der 10. Klassen dominierten die vier Musikrichtungen Pop (70,4%), Hip Hop (55,6%), Techno (33,3%) und Rock (29,6%). Reggae, Funk /Soul und R´n´B (jeweils 7,4%), spanische Musik, russische Musik, Schlager und Black Music (jeweils 2,5%) sind weitere Musikrichtungen, die benannt wurden. Die Spitzenreiter bei den Jungen waren ebenfalls Hip Hop (48,5%), Rock (48,5%), Techno (27,3%) und Pop (24,2%). Die Musikrichtung Heavy Metal belegte Platz zwei mit 30,3%. Neben den ebenfalls von den Mädchen genannten Sparten Reggae (21,2%), Funk/Soul (15,2%), R´n´B (6,1%), Black Music (6,1%) und Schlager (3%) wurden noch andere musikalische Ausprägungen, wie Punk, Hardcore, Gothic aber auch Klassik genannt. Die Jungen nannten im Gegensatz zu den Mädchen 20,1% mehr Musikrichtungen. Bedeuten könnte dies, dass entweder das Musikinteresse der Jungen größer ist, als das der Mädchen, oder aber dass die Jungen noch nicht „ihre“ bestimmte Musikrichtung gefunden haben. Doch gerade sehr spezielle Musikrichtungen, wie sie bei den Jungen vorhanden sind, sprechen für eine intensive Auseinandersetzung mit der Materie Musik. Musikrichtungen, wie z.B. Heavy Metal, Punk oder Hardcore waren bei den Mädchen überhaupt nicht vorhanden. Demnach sind es gerade die Jungen, die sich zu solchen Musikrichtungen hingezogen fühlen. Welche besonderen Anziehungskräfte diese Musikrichtungen haben, soll in dem letzten Teil dieser Arbeit ausführlicher behandelt werden.

8.2.2 Musikalische Werte

Wenn man sich die Frage stellt, warum gerade Pop- und Rockmusik die favorisierten Musikrichtungen sind, muss man nach den musikalischen Werten suchen, die in dieser Musik liegen:

- Sie fordert stark zur Bewegung heraus, wofür besonders die Rhythmusgestaltung verantwortlich ist
- Meist wird eine ausdrucksstarke Darbietung gesehen.
- Experimenteller Umgang mit Sound
- Einfache musikalische Strukturen

(vgl. Dollase, 1998, S.341)

Bei der Befragung der 136 Schüler wurde ebenfalls nach musikalischen Werten gefragt, die für die Jugendlichen von besonderer Bedeutung sind. Vorgegeben wurden die Kategorien Outfit/ Kleidung, tänzerische Darbietung, Instrumentierung und Gesang. Unter „sonstiges“ hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, Werte einzutragen, die für sie zusätzlich von Bedeutung sind. Herausgefunden werden sollte, ob die Gewichtung der Kategorien sowohl zwischen den Jahrgangsstufen als auch zwischen den Geschlechtern unterschiedlich ausfallen würde.

Bei Klasse 7 ergaben sich folgende Ergebnisse:

Tabelle 4: Musikalische Werte 7.Kl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Innerhalb der 7. Klassen ließen sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf die Gewichtung der musikalischen Werte ermitteln. 87% der Jungen und 95% der Mädchen fanden den Gesang als wichtigsten musikalischen Wert. Outfit/ Kleidung und die tänzerische Darbietung, also visuelle Werte, hatten ebenfalls einen großen Stellenwert. Die Instrumentierung, also harmonische und melodische Komponenten, wurde mit nur 23% bei den Jungen und 5% bei den Mädchen benannt. Gründe hierfür können einerseits in der Schwierigkeit mit dem Umgang des Begriffs „Instrumentierung“ gesehen werden, andererseits aber auch in der Aufführungspraxis vieler Popmusikgruppen. Oft wird die Musik nur von Band gespielt, während Live gesungen und getanzt wird. Die Jugendlichen sehen oft kein einziges Instrument (besonders bei Pop- oder Techno- Konzerten).

Aussagen wie „sie sind nett“, „sie sind cool“, „dass es Stars sind“, sprechen für die Auseinandersetzung und Identifizierung mit den Musikern.

Bei den 10. Klassen ließen sich ähnliche, aber auch unterschiedliche Tendenzen feststellen. So wurden weitaus differenziertere Angaben über die Vorgaben hinaus gemacht:

Tabelle 5: Musikalische Werte 10.Kl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den Mädchen der 10. Klassen konnte man ähnliche Wertigkeiten wie bei den 7. Klassen feststellen. Der Gesang wurde mit 70,4% als wichtigstes Merkmal genannt, gefolgt von „tänzerische Darbietung“ (40,7%), Outfit/Kleidung (25,9%) und Instrumentierung (22,2%). Bei den Jungen der 10. Klassen fielen die Wertigkeiten etwas anders aus. Auch der Gesang stellte für sie mit 72,2% den wichtigsten musikalischen Wert dar, doch wurde die tänzerische Darbietung nur mit 21,2 % genannt. Wichtiger waren für sie die Merkmale Instrumentierung (54,5%) und Outfit/ Kleidung (36,4%). Dies deutet darauf hin, dass der Tanz, welcher eine besonders ästhetische Komponente der Musik ist, für die älteren Jungen nicht so attraktiv ist, wie für die älteren Mädchen. Gerade in der Zeit der Selbstfindung und Identitätsbildung kommen die klassischen geschlechtsspezifischen Rollenbilder zum Tragen, sodass die Jungen sich eher mit „männlichen“ Verhaltensweisen identifizieren.

Das hohe Interesse der Jungen für Musikrichtungen, wie Rock und Heavy Metal (siehe Tabelle 3: Musikrichtungen 10.Kl), welche tänzerische Ausdrucksformen kaum beinhalten, begründet ebenfalls die geringe Ausprägung der Kategorie tänzerische Darbietung. Es sind auch eben diese Musikrichtungen, die vor allem durch ihre Soundgestaltung und Instrumentierung geprägt sind. Hip Hop, welcher die Rangliste der beliebtesten Musikrichtungen anführt, stellt allerdings eine Ausnahme dar. Beim Hip Hop ist der Tanz ein wichtiges Merkmal und doch ist Hip Hop bei den Jungen sehr beliebt. Die genrespezifischen Bewegungen finden bei den Jungen Anklang, da sie eine gewisse „Coolness“ besitzen. Die Musikrichtung Hip Hop wird von den Musikern und den Medien als besonders „männlich“ dargestellt und bietet somit großes Identifikationsangebot.

Insgesamt lässt sich bei den zehnten Klassen eine tiefere Auseinandersetzung mit der Musik feststellen. Durch die differenzierten Angaben, die gemacht wurden, lässt sich ableiten, dass die älteren Jugendlichen genau wissen, was ihnen an der Musik wichtig ist. So werden Ausprägungen, wie Gitarrensound, Rhythmus und Melodie genannt. Auch die Identifizierung mit den Stars und der Musik wird deutlich durch Aussagen, wie „sie spiegeln das Leben wieder“ oder Ausprägungen, wie Lebenseinstellungen (der Stars), die Nähe zu den Fans, Sprache usw..

8.2.3 Audiomedienbesitz

Anhand der Anzahl der Tonträger, welche die Jugendlichen besitzen, lässt sich das allgemeine Musikinteresse rein quantitativ belegen. Erhoben wurden nur die neueren und gängigen Audiomedien CD, CDR und Mp3.

Tabelle 6: Audiomedienbesitz, 7.Kl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sowohl die Durchschnittswerte in Bezug auf Original-CDs und kopierte CDs als auch die Werte über das Vorhandensein von Mp3s geben bei den 7. Klassen erneut Aufschluss über das Musikinteresse im Geschlechtervergleich. In allen drei Kategorien (original, kopiert, mp3) sind es die Mädchen, die den höheren Audiomedienbesitz vorweisen können, was für ein höheres Musikinteresse bei den Mädchen spricht.

Tabelle 7: Audiomedienbesitz, 10.Kl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den 10. Klassen erweist sich der Audiomedienbesitz als recht ausgewogen.

Berücksichtigt sind bei den 7. und 10. Klassen allerdings nur die Durchschnittswerte. Betrachtet man die Tabellen genauer, fällt auf, dass es bei den Mädchen und Jungen sowohl Jugendliche gibt, die keine CDs oder Mp3s besitzen, als auch Jugendliche, die weit über 50 oder auch 100 CDs besitzen.

Ein interessanter Aspekt der Erhebung von Audiomedienbesitz ist, dass gerade Mp3s mehr bei den Mädchen vorhanden sind als bei den Jungen und zwar sowohl bei den 7. Klassen als auch bei den 10. Klassen. So wurde bislang fälschlich angenommen, dass sich gerade die Jungen eher mit dem technischen Fortschritt auseinandersetzen, der die Nutzung von Mp3s beinhaltet.

Ein weiterer Vergleich zwischen den Jahrgangsstufen macht bei der Erhebung von Audiomedienbesitz keinen Sinn, da sich CDs oder Tonträger für gewöhnlich über die Jahre ansammeln und sich der Bestand somit stets erweitert. Doch auch das Sammeln von Tonträgern spricht für einen hohen Stellenwert der Musik.

8.2.4 Hördauer

Ein weiterer Beleg für das große musikalische Interesse der Jugendlichen ist die tägliche Hördauer. Musik wird in das alltägliche Leben eingebettet und ist somit als musikalische Kulisse üblich geworden (vgl. Dollase, 1998, 341/342). Jugendliche nutzen die Musik somit nicht nur, indem sie ihr aufmerksam zuhören, sondern auch als Hintergrund bei der Freizeitgestaltung und den täglichen Tätigkeiten.

[...]


1 vgl. Studien von Lazarsfeld (1932), Bordieu (1979), Schulze (1992)

2 Der Begriff Popmusik unterliegt einem historischen Wandel. Mit dem Auftreten neuer Musikformen wurde auch der Begriff immer neu geprägt und definiert. Der Begriff Popmusik muss also immer im zeitlichen Kontext betrachtet werden. Siehe hierzu die Begriffsbestimmungen von Wicke (1994).

Ende der Leseprobe aus 171 Seiten

Details

Titel
Jugend und Musik. Eine Untersuchung zur musikalischen Geschmacksbildung Jugendlicher
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts ´Musik und Gewalt´
Hochschule
Universität Lüneburg  (Fachbereich Musik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
171
Katalognummer
V40079
ISBN (eBook)
9783638386838
Dateigröße
1935 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jugend, Musik, Eine, Untersuchung, Geschmacksbildung, Jugendlicher, Berücksichtigung, Aspekts, Gewalt´
Arbeit zitieren
Andreas Kampschulte (Autor:in), 2005, Jugend und Musik. Eine Untersuchung zur musikalischen Geschmacksbildung Jugendlicher, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40079

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