Eindeutschungen. Die Alternative zum Fremdwort?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

13 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


INHALT

1. Einleitung

2. Purismus- Bewegungen in Deutschland
2.1. Sprachreinigung im 17. und 18. Jahrhundert
2.2. Völkischer Purismus im 19. und 20. Jahrhundert
2.3. Träger der Sprachpflege in der Gegenwart

3. Entlehnungsprozesse
3.1. Lehnprägung
3.2. Lehnbedeutung
3.3. Lehnübersetzung
3.4. Lehnübertragung
3.5. Lehnschöpfung

4. Warum sich manche Eindeutschungen nicht durchsetzen ?
4.1. Das Prestige der Quellsprache
4.2. Praktikabilität des Purismus
4.3. Mehrwert der fremdsprachlichen Bezeichnung
4.4. treffende Bildlichkeit
4.5. Integration ins Flexionssystem
4.6. Zusammenfassung

5. Schluß

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„So beklagt man einerseits, das Deutsche passe sich etwa in der Computerterminologie zu sehr dem Englischen an. Ihm sei die Kraft zur Integration von Anglizismen verlorengegangen, und eine Sprache ohne Integrationskraft sei eine tote Sprache [...]. Andererseits wird nach Internationalität gerufen und dem Deutschen seine Eigenbrötelei vorgehalten.“[1] Dieses Zitat pointiert die Diskussion um die Eindeutschung von Fremdworten[2].

Damit ist auch das Thema dieser Arbeit benannt: Die Eindeutschung von Fremdworten aus historischer, linguistischer und sprachpraktischer Perspektive. Die Arbeit basiert auf einem zuvor gehaltenen Referat. Die Gliederung wird dabei im Großen und Ganzen beibehalten; Anregungen aus der Diskussion fließen in die nochmalige Beschäftigung mit dem Thema ein.

Es wird im Laufe dieser Arbeit deutlich werden, dass die Eindeutschung kein rein linguistisches Problem darstellt.. Es spielen neben sprachwissenschaftlichen auch kulturelle und gesellschaftliche Aspekte in diese Thematik mit hinein.

Der folgende Abschnitt zur historischen Entwicklung der Purismus- Bewegung in Deutschland bietet einen Einstieg in die Thematik. Die Tendenzen zur Sprachreinigung werden dabei für drei Zeitabschnitte, d.h. für das 17./ 18. Jahrhundert, das 19./ 20. Jahrhundert und die Gegenwart betrachtet.

Im dritten Abschnitt werden die linguistischen Methoden zu Bildung von Eindeutschungen mit erläuternden Beispielen vorgestellt.

Der vierte Abschnitt stellt schließlich die Frage: Warum sich manche Eindeutschungen nicht durchsetzen? Und andere eben doch. Nach Schwerpunkten geordnet sollen hier die verschiedenen Gründe für den Gebrauch von Fremdworten und die Notwendigkeit von Eindeutschungen vorgetragen werden.

Im letzten Abschnitt werden die Ergebnisse kurz zusammengefaßt.

Damit wenden wir uns dem ersten thematischen Schwerpunkt, dem historischen Überblick über den Sprachpurismus zu.

2. Purismus- Bewegungen in Deutschland

Als Sprachpurismus oder auch Sprachreinigung- oder pflege bezeichnet man die Bestrebungen, „alle Fremd- und Lehnwörter aus einer Sprache zu entfernen, indem man aus dem Material der eigenen Sprache neue Wörter bildet“[3]

Bereits in der Phase der Christianisierung galt es für ursprünglich lateinische Vokabeln der christlichen Religionslehre deutsche Entsprechungen zu bilden. So geht etwa der Begriff ‚Heiland‘ aus dem lateinischen ‚Salvatos‘ hervor. Althaus weist darauf hin, dass Eindeutschungen der frühen Phasen, d.h. vor dem 17. Jahrhundert, in der Regel dazu dienten, den Lesern oder Hörern einen ihnen fremden Begriff verständlich zu machen. Erst später galt es auch bereits bekannte und eingebürgerte Lehnworte durch deutsche Entsprechungen zu ersetzen, handelte es sich damit um Sprachpurismus.[4]

Die Sprachreinigung des Deutschen kann in drei Phasen betrachtet werden.[5]

2.1. Sprachreinigung im 17. und 18. Jahrhundert

Die Sprachpflege im 17./ 18. Jahrhundert wurde durch die Befürchtung genährt, das Deutsche könnte vollständig aus dem Verkehr der Gebildeten verschwinden. Im Umkreis von Kirche und Wissenschaften war Latein fast ausschließlich die Sprache des täglichen Umgangs; der Adel ahmte den absolutistischen Hof in Paris nach und war daher bemüht, Französisch zu sprechen.

So wandte sich dann auch die Sprachpflege vor allem gegen die Vorherrschaft dieser beiden Sprachen. Das Ziel war es, eine hochsprachliche Norm des Deutschen und eine selbstständige deutschsprachige Literatur zu erlangen. Zu diese Zweck entstanden erste Sprachgesellschaften, wie etwa die am 24.8.1617 von Fürst Ludwig von Anhalt- Köthen gegründete Weimarer „Fruchtbringende Gesellschaft“.

Neben den lexikalischen und grammatischen Aspekten betonte die Sprachreinigung auch immer wieder die Aufrechterhaltung der alten Tugenden und der Moral. Neben der Richtigkeit von Formen- und Satzlehre waren sie ebenso Auf das Entfernen des Gemeinen und Zweideutigen sowie unerwünschter ausländischer, veralteter und mundartlicher Ausdrücke aus der Hochsprache bedacht. Sie leisteten einen Beitrag zur Bereicherung des deutschsprachigen Wortschatzes und zur Vereinheitlichung[6] und Lexikalisierung der Hochsprache.

Die Säuberung des deutschen Wortschatzes von Fremdworten war in dieser Phase nicht das Hauptziel des Sprachpurismus. Es galt vielmehr eine hochsprachliche Norm des Deutschen für Literatur, Wissenschaften und alltäglichen Gebrauch herauszubilden.

2.2. Völkischer Purismus im 19. und 20. Jahrhundert

Im 19. und 20. Jahrhundert wird die Sprachpflege- Bewegung zum Bestandteil des patriotischen, kulturpolitischen Kampfes um nationale Selbständigkeit. Dieser „völkische Purismus“ fordert die Fremdwort- Bekämpfung vor allem aus Motiven der nationalen Eigenständigkeit und Abgrenzung. Daher wurden die Sprachpflege in dieser Phase häufig im Zusammenhang mit der Aktivierung des Nationalgefühls verstärkt.

Der Purismus wurde weiterhin von Gesellschaften und Vereinen getragen. Am einflussreichsten war der 1885 gegründete „Allgemeine Deutsche Sprachverein“ (ADSV). Er war schnell die Basis des deutschen Sprachpurismus und spiegelt mit seinen bereits im Jahre 1891 11.000 Mitgliedern dessen Entwicklung zu einer Massenbewegung wieder.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts wiederholten sich die Befürchtungen um einen Niedergang des Deutschen und riefen erneut intensive Sprachpflege hervor.

Im nationalsozialistischen Deutschland entstand die erste staatliche Institution im Kampf gegen das Fremdwort: Das Sprachpflegeamt wurde als Dachverband für alle Organisationen zu sprachpflegerischen Fragen gegründet.

Es finden sich mit dem Kampf gegen das vermeintlich ‚jüdische‘ Element in der deutschen Sprache auch beim ADSV faschistische Tendenzen. Dennoch hat diese Sprachgesellschaft zahlreiche Eindeutschungen geschaffen, die den deutschen Wortschatz bereicherten und auch noch bis heute erhalten sind. Als Beispiele sind unter anderem ‚Bahnsteig‘ für ‚Perron‘, ‚Rückfahrkarte‘ für ‚Retourbillet‘ und auch ‚Angebot‘ für ‚Offerte‘ zu nennen.

Insgesamt war die Beseitigung fremder Begriffe aus der deutschen Sprache in dieser Phase eher ein politische Instrument, denn ein Selbstzweck. Der völkische Purismus zielte vor allem auf die Intensivierung des Nationalgefühls und die Abgrenzung vom Anderen, vom Nicht- Deutschen.

[...]


[1] Peter Eisenberg: Grundriß der deutschen Grammatik. Bd. 1: Das Wort. Stuttgart/ Weimar: Metzler, 1998. S. 335; Auslassung von mir; S.W.

[2] An dieser Stelle sind die Begriffe ‚Fremdwort‘ und ‚Lehnwort‘ zu klären. So versteht man unter einem Fremdwort ein Wort, das aus einer anderen Sprache übernommen wurde, und sich in Lautstand, Betonung und Schreibung der Zielsprache nicht angepasst hat und daher als fremd empfunden wird. Ein Lehnwort hingegen ist so weit in den Sprachgebrauch eingegangen, dass es nicht mehr als fremd wahrgenommen wird. (Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. A Wikimedia Project. Hier: Fremdwort. http://de.wikipedia.org/wiki/Fremdwort).

[3] Wikipedia: Sprachpurismus. http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachpurismus.

[4] Vgl. Peter Althaus: Lexikon der Germanistischen Linguistik. Hrsg. v. Hans Peter Althaus, Helmut Henne, Herbert Ernst Wiegand. 2. vollst. neu bearb. und erw. Auflage. Tübingen: Niemeyer, 1980. Hier S. 657.

[5] Der Überblick orientiert sich an: Nicole Plümer: Anglizismus, Purismus, sprachliche Identität. Eine Untersuchung zu den Anglizismen in der deutschen und französischen Mediensprache. Frankfurt/ Main: Lag, 2000. (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 13, Französische Sprache und Literatur; Bd. 251). Hier S. 71- 80.

[6] Insbesondere das Anliegen der Vereinheitlichung der deutschen Sprache ist dabei kein rein sprachwissenschaftliches, eher auch ein politisches Ziel, bedenkt man die Vielstaaterei des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 17. und 18. Jahrhundert.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Eindeutschungen. Die Alternative zum Fremdwort?
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für deutsche Sprache und Linguistik)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V40077
ISBN (eBook)
9783638386814
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eindeutschungen, Alternative, Fremdwort, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Sarah Weier (Autor:in), 2005, Eindeutschungen. Die Alternative zum Fremdwort?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40077

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