Adolf Loos Haus für Josephine Baker


Studienarbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Ausarbeitung des Themas
2. 1. Weiblichkeit und Primitivität in der europäischen Großstadt des
beginnenden 20 Jahrhunderts
2. 2. Josephine Baker
2. 3. Adolf Loos und die moderne Architektur - Ornament und Verbrechen
2. 4. Loos Haus für Josephine Baker

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Meine Studienarbeit steht im Rahmen des Proseminars „Sex, Gender, Performanz. Perspektiven auf die Kunstgeschichte“, in welchem die Entwicklung der genannten Begriffe kunsthistorisch betrachtet und diskutiert wurde, es also um die Weiblichkeit in der Kunst- und überhaupt in der Kulturgeschichte ging.

Meine Arbeit dient in diesem Kontext der Betrachtung von Weiblichkeit in der Architektur am Fallbeispiel des Hausentwurfs von Adolf Loos für die schwarze Tänzerin Josephine Baker. Ich habe mir dieses Thema ausgesucht, da ich Josephine Baker faszinierend finde, und von daher gespannt war, wie dieses Haus gestaltet sein würde, besonders da es kunstgeschichtliche Beachtung findet.

Zum Verständnis der Besonderheit des Entwurfs ist zunächst der kulturelle Hintergrund der Zeit vorstellen, um einerseits Josephine Bakers Situation als schwarze, amerikanische Frau zu verstehen, was mit Hilfe des Traktats „Femininity, the Primitive, and Modern Urban Space“ von Nancy Nenno gelingt. Zudem hilft eine kurze Zusammenfassung ihrer Vita etwas vom Zeitgeist der 20iger Jahre zu spüren, was zusätzlich die Extraordinarität ihrer Person unterstreicht. Andererseits soll auch die Ausgangssituation des Architekten Loos, der als Vorantreiber der Moderne durch Abschaffung des weiblich konnotierten[1] Ornaments gilt, mit Hilfe eines Einblick in sein Lebenswerk „Ornament und Verbrechen“ verstanden werden. Auch das Traktat „Muster auf Grund. Frauen im Ornament- Frauen als Ornament“ vom Herrn Prof. Dr. Körner ist für diesen Teil sehr aufschlussreich.

Zum Schluss erfolgt die Untersuchung des Entwurfs, wobei auch interessiert, in wieweit Loos, trotz des inhaltlichen Widerspruchs ein modernes Haus für eine „primitive Frau“ zu entwerfen, seine modere Linie beibehält. Im Abschluss erfolgt eine Erläuterung Loos möglicher Perspektiven auf die „weibliche“ Kulturgeschichte.

2. 1. Weiblichkeit und Primitivität in der europäischen Großstadt des beginnenden 20 Jahrhunderts

Wenn man sich der Aufgabe stellt herauszufinden, warum es nur so wenige bedeutsame oder bekannte Frauen innerhalb der Kunst- und überhaupt innerhalb der Kulturgeschichte gab, wird schnell deutlich, dass sich Frauen in einer hauptsächlich von Männern gemachten Kultur einzufinden hatten.

Männer erschufen die jeweiligen Konventionen, gaben somit der Frau eine Identität. Weiblichkeit wurde zum Zeichen, das im entsprechenden Kontext gelesen werden musste. Immer wieder machten sich männliche Denker über die Rolle der Frau innerhalb der Gesellschaft Gedanken. Sigmund Freud, ein Zeitgenosse Bakers und Loos, ging in seinen Ausführungen über den Zusammenhang von Weiblichkeit und Kultur sogar so weit, Frauen als feindlich für die Zivilisation zu sehen: „Forced into the background by the claims of civilization woman adopts a hostile attitude towards it.“[2]

Viele Abhandlungen der Zeit beschäftigten sich mit dem Geheimnis der Frau, welches außerhalb der Parameter der Zivilisation anzusiedeln war.[3] Auch Loos behandelt das Thema ausführlich und kommt trotz einiger werkimmanenter Widersprüche zu dem Entschluss, dass allein das männliche Geschlecht moderne Kultur repräsentieren könne,[4] weshalb der Frau keine Öffentlichkeit zukäme, und ihre Stellung eher im Interieur zu suchen sei.[5] Aber nicht nur Weiblichkeit war ein Makel, sondern auch Farbigkeit. Der farbige Körper wurde in Europa als komplett fremdartig empfunden und war fest an das Konzept des Primitiven gebunden. Einerseits wirkte er faszinierend und furchteinflößend, andererseits wurden auf ihn die europäischen Wünsche nach Authentizität und Natürlichkeit projiziert.[6] Primitive galten als die Verkörperung von Leben, Natur und Lüsternheit. Das unterdrückte Gegenteil zur modernen Großstadt.[7] Freud schrieb: „Unsere Kultur ist ganz allein auf der Unterdrückung von Trieben aufgebaut.“[8] Es versteht sich, dass bei aller Beherrschtheit dem Mann dennoch sein Voyeurismus blieb, so dass Revuen und Ausstellungen wie die Völkerausstellung boomten. Aber nicht nur die schwarze Frau wurde allein durch ihr Geschlecht und Triebhaftigkeit charakterisiert, sondern generell jede Frau, die den Mann auf sexueller Ebene sogar für einige Momente beherrschen kann.

„Children’s drawings, folk paintings, Negro art: all bring joy in primitiveness, for which the overripe culture of decadence longed,“ schrieb Max Deri.[9] Dies war die andere Seite der gesellschaftlichen Realität. Einen Ausweg aus dieser Dekadenz sah man lediglich in den neuen aus Amerika kommenden Impulsen. So war Loos ebenfalls von seinem drei jährigen Amerikaaufenthalt geprägt und nahm sich dies immer wieder zum Vorbild. Architektur, Kultur, in Amerika verlief alles anders. Für Josephine Baker bedeutete dies: „As a black American woman, Josephine Backer’s body represented the confluence of both the black body and the feminine, the primitive and the modern.”[10] Trotz, und mit all diesen Klischees behaftet, schaffte sie es eine der prominentesten Persönlichkeiten ihrer Zeit zu werden. Nennos Antwort auf dieses Phänomen: „It`s no wonder that Josephine Baker conquered Berlin, for she offered a point of identification for the various aspects of the city, both primitive and modern.”[11]

2. 2. Josephine Baker

Josephine Baker wurde am 3. Juni 1906 geboren, und starb am 12. April 1975. Ihr eigentlicher Name war Freda Josephine McDonald. Sie war Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin. Geboren wurde sie in Saint Louis, der Stadt der „hunderttausend Neger am Mississippi“[12], als uneheliche Tochter einer Waschfrau, die von schwarzen Sklaven und Indianern abstammt, und eines spanischen vagabundierenden Musikers. Sie wuchs in sehr ärmlichen Verhältnissen auf und ging nur phasenweise zur Schule. Auf die Frage, warum sie Tänzerin geworden sei, antwortete sie einmal: „Weil ich in einer kalten Stadt geboren bin, weil ich in meiner ganzen Kindheit entsetzlich gefroren habe, weil ich mir immer gewünscht habe auf der Bühne zu tanzen.“[13] Berühmt wurde sie durch ihr „Bananenrock- und- sonst- nichts- Kostüm“, womit sie zum höchst bezahlten Revuestar in Europa avancierte. Bekannte Stücke von ihr sind neben „Blue Skies“ zum Beispiel „Don’t touch my tomatoes“ und „Chiquita Madame“, sowie ihr „Danse Sauvage“, in welchem sie die tote Beute eines schwarzen Jägers spielte. Beide Darsteller erschienen dabei fast nackt auf der Bühne, das Wichtigste mit Federn bedeckt. Beim ansteigenden Trommelschlag kam sie als Beute wieder zum Leben, und umschmeichelte den nackten Körper des Jägers.[14] Dies zeigt, dass sie die Erwartungen der Europäer, die sie an eine Primitive stellten, verkaufte. Kritikern sagte sie: „Ich tue was mir passt“. Ein Reporter beschrieb Baker: „Eine Frau voll Temperament und Heiterkeit hat sich befreit von der Gebrechlichkeit und manierierten Grazie ihres Geschlechts . - Ohne Niedlichkeiten und Kinkerlitzchen aber doch ganz sie selbst, ihrer selbst sicher und im Vollbewusstsein all ihrer Möglichkeiten.“[15]

[...]


[1] „Die Frau geht um 1900 eine so enge Verbindung mit dem Ornament ein, dass man von einer Wesensgleichheit des Weiblichen und Ornamentalen sprechen darf.“ In: Körner, Hans: Muster auf Grund. Frauen im Ornament- Frauen als Ornament, in: Genge, Gabriele (Hg.): Sprachformen des Körpers in Kunst und Wissenschaft, Tübingen, Basel 2000, S. 185.

[2] Siehe: Nenno, Nancy: Femininity, the Primitive, and Modern Urban Space: Josephine Baker in Berlin, in: Ankum, Katharina von: Women in the Metropolis. Gender and Modernity in Weimar Culture, Berkley 1997, S. 148.

[3] In: Ebd.

[4] Siehe: Threuter, Christina: Ausgerechnet Bananen: Die Ornamentfrage bei Adolf Loos oder Die Evolution der Kultur, in: Bischoff, Cordula; Threuter, Christina (Hg.): Um- Ordnung. Angewandte Künste und Geschlecht in der Moderne, Marburg 1999, S.111.

[5] Vgl.Threuter, 1999, S.112.

[6] Vgl. Nenno,1997, S. 147.

[7] Vgl. Ebd. S. 150.

[8] Siehe: Threuter, 1999, S.108.

[9] Siehe: Nenno, 1997, S. 156.

[10] Ebd. S. 149.

[11] Ebd. S. 155.

[12] In: Sauvage, Marcel: Josephine Baker. Ich tue was mir passt. Vom Mississippi zu den Folies Bergère, Paris, München 1980, S. 29.

[13] In: Sauvage, 1980, S. 33.

[14] Vgl. Nenno, 1997, S. 155.

[15] In: Sauvage, 1980, S. 16.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Adolf Loos Haus für Josephine Baker
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Kunsthistorisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Sex, Gender, Performanz. Perspektiven auf die Kunstgeschichte
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V39681
ISBN (eBook)
9783638383967
Dateigröße
703 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr gute Arbeit, die ein wenig an der Präsentation gescheitert ist.
Schlagworte
Adolf, Loos, Haus, Josephine, Baker, Proseminar, Gender, Performanz, Perspektiven, Kunstgeschichte
Arbeit zitieren
Sandra Labs (Autor:in), 2005, Adolf Loos Haus für Josephine Baker, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39681

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