Eine Analyse zu Gottfried Kellers "Pankraz, der Schmoller"


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Personen
2.1 Pankraz
2.1.1 Name
2.1.2 Charakteristik
2.1.3 Parallelen zu Gottfried Kellers Biographie
2.2 Estherchen
2.2.1 Name
2.2.2 Charakteristik
2.2.3 Beziehung Estherchen - Pankraz
2.3 Mutter
2.3.1 Charakteristik
2.3.2 Beziehung Mutter - Pankraz
2.4 Lydia
2.4.1 Name
2.4.2 Charakteristik
2.4.3 Beziehung Lydia - Pankraz

3. Leitmotive
3.1 Schönheit
3.2 Sterne und Ordnung
3.3 Schmollen

4. Form
4.1 Erzählhaltung
4.2 Erzählsituation

5. „Pankraz der Schmoller“ – eine Novelle
5.1 Allgemeine Novellenmerkmale
5.2 Unerhörte Begebenheit
5.3 Vorausdeutung

6. Fazit

Literaturnachweis

Anhang

1. Einleitung

Pankraz der Schmoller ist die Eingangsnovelle des Seldwyla-Zyklus‘. Deshalb knüpft sie mit ihrer Thematik direkt ans Vorwort an und handelt von etwas typisch seldwylerischem[1]:

„so geht er [der Seldwyler] in fremde Kriegsdienste und lernt dort für einen fremden Tyrannen, was er für sich selbst zu üben verschmäht hat, sich einzuknöpfen und steif aufrecht zu halten. Diese kehren als tüchtige Kriegsmänner nach einer Reihe von Jahren zurück“.[2]

Darin erkennen wir die Lebensgeschichte des Protagonisten Pankraz. Die Überschrift weist sofort auf eine Gebärde hin, die die Hauptperson sowohl äußerlich als auch innerlich charakterisiert. Ihr Lebensschicksal wird in gewisser Weise durch die Eigenart des Schmollens vorausgedeutet.[3]

Doch handelt Gottfried Kellers Novelle nur von einem oberflächlichen Lebensbericht eines Schmollers? Ich durchleuchte im Folgenden die Personen und deren Verhältnis zueinander. Außerdem gehe ich auf die Erzählform und deren Charakteristik näher ein.

Zu den zentralen Fragen zählen: Was bewirkt Pankraz‘ Schmollerei und was soll uns die Eingangsnovelle des Seldwylazyklus‘ sagen?

2. Personen

2.1 Pankraz

2.1.1 Name

Der Name Pankraz stammt vom griechischen Wort Pankrátios ab und steht für „der alles Beherrschende“.[4] Die griechische Wortwurzel dazu bedeutet „siegreiche Allmächtigkeit“.[5]

Pankraz war ein Heiliger, der schätzungsweise um 304 mit vierzehn Jahren in Rom enthauptet wurde. Außerdem ist er sowohl einer der Eisheiligen als auch einer der vierzehn Nothelfer.

Kellers Pankraz möchte ein so allmächtiges Wesen sein, das sein Name symbolisiert. „Er möchte die Welt nach seinen Begriffen und Ideen geordnet wissen und macht sich selbst zum Maß der Dinge.“[6]

2.1.2 Charakteristik

Zu Beginn der Novelle wird der Protagonist Pankraz jedoch keineswegs als „der alles Beherrschende“[7] vorgestellt: „Der Sohn war ein unansehnlicher Knabe von vierzehn Jahren, mit grauen Augen und ernsthaften Gesichtszügen (...). Im übrigen war es ein eigensinniger und zum Schmollen geneigter Junge, welcher nie lachte und auf Gottes lieber Welt nichts tat oder lernte.“[8] Da er mit seinem Leben und seiner Umwelt unzufrieden ist, kommen die negativen Züge seines Charakters umso deutlicher zum Vorschein: „Verschlossenheit, Eigensinn, Eigenliebe und überhaupt eine geradezu universale Ichbezogenheit.“[9] Pankraz war als Kind zu ernsthafter Arbeit unfähig und neigte dazu, ein „träumerischer Egozentriker“[10] zu sein.

Bei seiner Charakterisierung bildet Schmollen das Hauptmerkmal seiner Person und gleichzeitig das Leitmotiv der Novelle (siehe 3.3) .

Nachdem der Protagonist auf seiner jahrelangen Reise eine positive Entwicklung hin zum reifen Erwachsenen durchlebt, sagt er im Rückblick über seine Kindheit, dass er sich „einsilbig und trübselig“[11] verhalten habe. Durch seinen Wandel kehrt sich die einstige Entfremdung von sich und anderen in eine „unverwüstliche, ruhige Freundlichkeit“[12]. Seine „realitätsblinde Leidenspose“ wird zu „wirklichkeitsoffene[r] Humanität“.[13]

Ein herausragendes Merkmal an der Person Pankraz ist die gestörte Beziehung zu Frauen. Er „schmollte und grollte (...) von vornherein mit allem Weibervolk und würdigte keines eines offenkundigen Blickes“.[14]

Man könnte daraus schließen, dass er in seiner Kindheit schlechte Erfahrungen im Umgang mit Frauen gemacht habe. Aber sowohl seine Mutter als auch seine Schwester Estherchen werden als liebenswerte Personen dargestellt. Pankraz deutet die Zeichen falsch. Die Neckereien Estherchens sind keineswegs bösartig gemeint, bringen den Bruder aber immer wieder aufs Neue zum Schmollen. Er versteht die leichtlebige Art seiner Schwester so falsch, dass er daraufhin Seldwyla verlässt.

Mit Hilfe seines Schmollens versteckt sich Pankraz vor den anderen Menschen, v.a. den Frauen, und lernt den mitmenschlichen Kontakt somit erst spät – und zwar durch Lydia.

2.1.3 Parallelen zu Gottfried Kellers Biographie

Eine ähnliche Kontaktschwäche bezüglich des anderen Geschlechts ist in Gottfried Kellers Leben erkennbar. Sowohl bei Pankraz als auch bei seinem poetischen Schöpfer Keller kann man die Gründe dafür nur erahnen. Pankraz verliebt sich in Lydia, doch seine Liebe wird nicht erwidert. Ähnliches fühlte Keller bei seiner einseitigen Leidenschaft zu Betty Tendering, in die er sich 1853 in Berlin unglücklich verliebte.[15]

Die zentrale Frage, die sich Pankraz immer wieder stellt, entspricht der Lebensfrage Gottfried Kellers: Kann ein Mensch innerlich und äußerlich schön, also vollkommen sein? Diese grundlegende Frage bildet auch in der Eingangsnovelle des Seldwyla-Zyklus‘ den Kern. Dort kann man einen Interpretationsansatz für den Frauenkomplex suchen.

Keller äußert sich dazu folgendermaßen: „große schöne Menschenbilder [verleiten] immer wieder die Sinne (...), ihnen einen höheren menschlichen Wert zuzuschreiben, als sie wirklich haben.“

2.2 Estherchen

2.2.1 Name

Estherchen ist durch die Endsilbe –chen eine Verkleinerungsform von dem hebräischen Wort Esther, das für den Stern steht. Laut einer Geschichte des AT verhinderte sie einen Mordanschlag auf Juden und stellt somit eine starke Persönlichkeit dar.

2.2.2 Charakteristik

Pankraz‘ Schwester Estherchen ist zwölf Jahre alt und wird als „bildschön“ beschrieben: „Mit langem und dickem braunem Haar, großen braunen Augen und der allerweißesten Hautfarbe“.[16] Vom Verhalten her ist sie ein unauffälliger, stiller Typ, der sich vieles gefallen lässt und „weit seltener als sein Bruder“[17] murrt.

Ein traditionelles Merkmal für einen guten Charakter stellt ihre helle Stimme dar: Estherchen „sang gleich einer Nachtigall“[18]. Früher galten Menschen, die singen konnte als innerlich gut, da die Stimme als Seelenspiegel gedeutet wurde.

[...]


[1] Neumann: Nachwort zu Gottfried Kellers „Die Leute von Seldwyla“ (1993), S. 659.

[2] Keller: Die Leute von Seldwyla (1993), S. 8.

[3] vgl. Gsell: Einsamkeit, Idyll und Utopie (1976), S. 100.

[4] Neumann: Nachwort zu Gottfried Kellers „Die Leute von Seldwyla“ (1993), S. 594.

[5] Ebd. S. 660.

[6] Richter: Gottfried Kellers frühe Novellen (1960), S. 94.

[7] Neumann: Nachwort zu Gottfried Kellers „Die Leute von Seldwyla“ (1993), S. 594.

[8] Keller: Die Leute von Seldwyla (1993), S. 12.

[9] Richter: Gottfried Kellers frühe Novellen (1960), S. 82.

[10] Neumann: Nachwort zu Gottfried Kellers „Die Leute von Seldwyla“ (1993), S. 659.

[11] Keller: Die Leute von Seldwyla (1993), S. 59.

[12] Kindlers Neues Literatur Lexikon. Band 9 (1998), S. 282f.

[13] Ebd. S. 282f.

[14] Keller: Die Leute von Seldwyla (1993), S. 34.

[15] Kindlers Neues Literatur Lexikon. Band 9 (1998), S. 282.

[16] Ebd. S. 12f.

[17] Ebd. S. 12f.

[18] Ebd. S. 13.

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Details

Titel
Eine Analyse zu Gottfried Kellers "Pankraz, der Schmoller"
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V38952
ISBN (eBook)
9783638378680
ISBN (Buch)
9783638772518
Dateigröße
440 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Analyse, Gottfried, Kellers, Pankraz, Schmoller
Arbeit zitieren
Esther Geißdörfer (Autor:in), 2003, Eine Analyse zu Gottfried Kellers "Pankraz, der Schmoller", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38952

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