Zukunft der Arbeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

26 Seiten, Note: 1,7

Jonathan Lock (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Verständnis und Auffassung des Arbeitsbegriffs
2.1 Der Arbeitsbegriff
2.2 Geschichtliches Verständnis von Arbeit
2.3 Bedeutung und Sinn der Arbeit

3. Geschichte der Arbeit
3.1 Die Vier-Sektoren-Hypothese
3.2 Vom Fließband zur Gruppenarbeit

4. Arbeitslosigkeit als Strukturproblem

5. Neue Arbeitsmodelle
5.1 Arbeitszeitflexibilisierung
5.2 Arbeitszeitverkürzung

6. Der Dritte Sektor

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser Arbeit wird versucht, intensiv die Thematik rund um die menschliche Arbeit darzulegen und zu diskutieren. Im Zentrum der Untersuchungen sollen dabei die möglichen Zukunftsperspektiven der Arbeit stehen; die – aufgrund der akuten Arbeitslosigkeit und der daraus resultierenden sozialen Probleme – in den letzten Jahren vermehrt Einzug gefunden haben in gesellschaftliche und politische Diskussionen. Die Erörterung des Problems Arbeitslosigkeit, so beschreibt es Johano Strasser, weite sich zunehmend „zu einer Diskussion über die Zukunft der Gesellschaft und ihrer Institutionen, über die künftigen Formen des Zusammenlebens und die sie prägenden Werte aus.“[1]

Schon vor fast fünfzig Jahren schrieb Hannah Arendt in ihrem Buch Vita activa, dass eines Tages „die Menschheit der uralten Bande, die sie unmittelbar an die Natur ketten, ledig sein wird, der Last der Arbeit und des Jochs der Notwendigkeit...Was uns bevorsteht ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist...“[2] Eine These, die damals ihrer Zeit voraus war, die jedoch heute aktueller scheint denn je.

Doch was verbirgt sich hinter derartigen Mutmaßungen - Schreckenszenario oder Menschheitstraum? War es nicht schon immer der Menschen größter Wunsch, vom Joch der Arbeit befreit zu werden? Aber fürchten sich nicht dennoch viele davor, das Ideal einer selbstgestalteten, erfüllenden Arbeit nicht erreichen zu können?

Viele Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker sehen die Gesellschaft heute am Beginn einer neuen Epoche, in der der Mensch endlich von mühseliger Arbeit befreit sein wird. Skeptiker hingegen meinen, es drohe eine Zukunft voller Massenarbeitslosigkeit, weltweiter Armut und Spannungen. Diese beiden Extreme gegeneinander abzuwägen, wird zentrale Aufgabe dieser Arbeit sein.

Dabei wird vor allem Raum gelassen für langfristige Lösungs-Modelle, die bisweilen unter die Kategorie Utopien fallen dürften. Vorweg werden einige Definitionsversuche zum Begriff „Arbeit“ dargestellt und so hergeleitet soll auch der „Wert der Arbeit“ kurz erläutert werden. Im Anschluss daran wird es einen kurzen historischen Überblick über die Entwicklung der Rolle der Arbeit im Leben des Einzelnen und der Gesellschaft geben.

Bei der Untersuchung der Zukunftsaussichten werden die am häufigsten und intensivsten diskutierten Ansätze, Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung und der Dritter Sektor, das heißt der Ausbau der ehrenamtliche Arbeit, diskutiert.

An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass diese Arbeit nicht dem Anspruch gerecht werden kann, alle wesentlichen Aspekte dieses komplexe Thema zu besprechen. Aufgrund des Umfangs und der Vielschichtigkeit der Gesamtproblematik, lässt es sich nicht vermeiden, Themengebiete von globalen Dimensionen nur in Ansätzen zu erläutern. Das bedeutet auch, dass sich der Fokus bei der Analyse der beschäftigungsrelevanten Entwicklungen größtenteils auf Europa, besonders natürlich Deutschland, reduzieren wird.

Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Unterschiede zwischen den westlichen Industrienationen und den anderen Teilen der Welt, vor allem der sogenannten „Dritten Welt“, sind zu groß, um bei einer solchen Diskussion alle Nationen „in einen Hut werfen“ zu können.

2. Verständnis und Auffassung des Arbeitsbegriffs

„Arbeit gibt uns mehr als den Lebensunterhalt, sie gibt uns das Leben.“[3]

Um in dieser Arbeit einen umfassenden, in sich geschlossenen Überblick über die Diskussionen rund um die Zukunft der Arbeit zu geben, bedarf es vorweg einiger Definitionsbemühungen. Obwohl scheinbar jeder zu wissen glaubt, was Arbeit ist, fehlt nach wie vor eine allgemein gültige Definition des Arbeitsbegriffs. Viele große Denker und Philosophen – von Aristoteles, über Nietzsche bis Marx - haben es im Laufe der Jahrhunderte zum Inhalt großer Schriftwerke gemacht. Auch heute noch ist es Gegenstand grundlegender wie tagesaktueller politischer und gesellschaftlicher Diskussionen und beschäftigt Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker.

2.1 Der Arbeitsbegriff

Oft wird der Begriff der Arbeit mit Tätigkeit gleichgesetzt, doch es gibt entscheidende Unterschiede:

Als Arbeit bezeichnet man ein zweckgerichtetes, auf einen Erfolg orientiertes Tun. Dadurch grenzt es sich von der Tätigkeit ab, die ein sinnhaftes Tun beschreibt.

Deutlich wird dies an einem Beispiel:

Das Spiel von Kindern ist zwar auch zweckorientiert, aber der Zweck liegt im Spiel selbst, während der Zweck der Arbeit im Ergebnis dieser Tätigkeit liegt. Der objektive Zweck der Arbeit ist die Herstellung wirtschaftlicher Güter zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Der Arbeitsbegriff ist einer der am meisten gebrauchten, aber auch am wenigsten abgegrenzten Begriffe. Über die Zeit hinweg haben sich die Definitionen immer mehr gewandelt.

Hier drei unterschiedliche Beispiele[4]:

„Arbeit ist jede fortgesetzte, abgespannte und geordnete Tätigkeit, die der Erzeugung, Beschaffung, Umwandlung, Verteilung oder Benutzung von materiellen oder ideellen Daseinsgütern dient.“

(Hellpach, 1925)

„Unter menschlicher Arbeit ist der Einsatz der körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte des Menschen für die Befriedigung seiner materiellen und ideellen Bedürfnisse zu verstehen.“

(Böhrs, 1969)

„Arbeit ist eine Tätigkeit, die etwas produziert, das für andere von Wert ist“

(Work in America, 1979)

Oswald Neuberger hat 1985 aus vielen verschiedenen Definitionen die Konvergenzpunkte herausgeschrieben, um eine einheitliche Charakterisierung zu erhalten. Es entstand eine ungeschichtlich und übergesellschaftliche Wesensaussage der "Arbeit", die aber auch ganz deutlich zeigt, dass es „die“ Arbeit genauso wenig gibt wie „den“ Menschen.

Neuberger bezeichnet Arbeit als

- Aktivität oder Tätigkeit, die
- zielgerichtet,
- gesellschaftlich organisiert, strukturiert und geregelt ist,
- den Einsatz von körperlichen und/oder psychischen Kräften
erfordert,
- Bedürfnisse befriedigt, aber
- als Last, Mühsal und Anstrengung erlebt und
- mit Gegenleistung honoriert wird,
- in Gütern oder Dienstleistungen resultiert, also die physische und soziale Umwelt und dabei auch
- den Menschen selbst verändert.

2.2 Geschichtliches Verständnis von Arbeit

Das westliche Arbeitsverständnis ist geprägt durch griechische und jüdisch-christliche Traditionen. Auffällig ist, das der Arbeitsbegriff bei beiden sehr negativ belastet ist.

In der griechischen Polis war Arbeit Pflicht der Sklaven und diente nur der Sicherung des Lebensunterhalts. Arbeit wurde als auferlegter Zwang angesehen und war Arbeitsgebiet der Unfreien.

Schon in der jüdischer Schöpfungsgeschichte sind die Wurzel für das christliche Arbeitsverständnis gelegt: Nach der Vertreibung aus dem Paradies, wo es Nahrung im Überfluss gab, musste der Mensch hart für sein Überleben arbeiten. Arbeit galt nach dem Sündenfall als Fluch.

Christliche Theorien differenzierten später diese Sicht: Für sie war Arbeit im allgemeinen nicht einfach nur die Wiederholung gottgegebener Tätigkeiten, sondern vielmehr Buße und Unterwerfung unter den Willen Gottes.

Im Spätmittelalter konnten sich immer mehr Menschen aus den feudalen Verhältnissen, wie Leibeigenschaft und Frondienst, befreien. In den aus der Hörigkeit befreiten „freien“ Städte wuchs die Bevölkerung rasch.

Doch mit der Befreiung wurden die Städte auch selber verantwortlich für die Armen, was die Kommunen wirtschaftlich stark belastete.

So mussten sie die Armen zu wertschaffender Arbeit anhalten beziehungsweise zwingen. Mit dieser veränderten Situation kann ein neue Verständnis von Arbeit auf: Arbeit wurde zum Gottesdienst aufgewertet (“beten und arbeiten“), Bequemlichkeit und Faulheit als Untugend angesehen.

Arbeit wurde ein wichtiger, ehrenvoller Aspekt christlicher Lebensführung.

Luther bezeichnete die Arbeit als Mittel moralischer Selbstvergewisserung und Calvin sah in ihr den Hauptzweck des Lebens, der schließlich zur Erlösung führe. Derartige theologische Überlegungen – die Arbeit als „Quelle aller Werte“[5] - können heute als Grundlage des Arbeitsbegriffs der kapitalistisch orientierten Gesellschaft interpretiert werden.

Kants Lehre war es, welche die Arbeit erstmals von ihrer sakralen Bedeutung entband und sie in einen moralischen Bezugsrahmen setzte. Hierbei wird Arbeit zum Streben nach Glück oder zur Pflicht.

Mit der Entwicklung des Kapitalismus wurde es nötig, Arbeiter an „industrielles“, das heißt exaktes, zuverlässiges und technologiegebundenes Arbeiten zu gewöhnen.

Die Motivation zur Arbeit entstand aber aus der herrschenden Armut. Da die Löhne so niedrig bemessen waren, mussten in der Regel auch Frauen und Kinder mithelfen. Trotz verbesserter Techniken und Methoden war Arbeit immer noch eine Fremdbestimmung und galt als Plage, sowohl körperlich als auch geistig.

2.3 Bedeutung und Sinn der Arbeit

Heute ist Arbeit zentraler Lebensinhalt.

Arbeit begründet Würde und Selbstverständlichkeit und schafft die Verbindung mit anderen. Sie ist das Band, das den Einzelnen an die Gesellschaft bindet; wenn es fehlt, wird man krank.“

(Greffrath 1996, S. 50)

Arbeit bedeutet Persönlichkeitsentwicklung und Integration in die Gesellschaft, für die meisten ist sie Achse der Lebensführung. Schon als Kind erfährt man Arbeit als den Schlüssel zur Welt; die berufliche Tätigkeit der Eltern bestimmt den familiären Alltag und hat entscheidenden Einfluss darauf, wie Kinder die Gesellschaft um sich herum wahrnehmen. Auch die Ausbildung nimmt fortwährend Bezug auf das „Später“ – den Beruf, unter dessen Stern das ganze Erwachsenendasein stehen soll.

Selbst „im Alter“ bleibt die Arbeit noch wesentlicher konstituierender Faktor: Der Zustand „Alter“ wird unwiderruflich durch das Ende der Erwerbsarbeit definiert. Beruf und Arbeit zeigen sich als unverzichtbare lebensbegründende Verankerung. „Die Arbeit ist es,“ so schrieb Oswald von Nell-Breuning, „die den Menschen ihren Platz anweist in unserer Gesellschaft.“[6]

[...]


[1] Strasser, Johano: Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht. Zürich 1999. S. 50

[2] Strasser, Johano: S. 11

[3] Henry Ford (1863-1947), amerikanischer Großindustrieller, führte als Erster die Arbeit am Fließband ein

[4] Neuberger, Oswald: Arbeit. Stuttgart 1985. S.4

[5] vgl. Giarini, Orio; Liedtke, Patrick M.: Wie wir arbeiten werden. Der neue Bericht an den Club of Rome. München 1997. S. 32

[6] Zit. nach Fink, Ulf: Arbeit ist mehr als Broterwerb. In: Hoffmann, Hilmar; Kramer, Dieter (Hrsg.): Arbeit ohne Sinn? Sinn ohne Arbeit? Über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft. Weinheim 1994. S.104

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Zukunft der Arbeit
Hochschule
Universität Lüneburg
Veranstaltung
Kultur der Tätigkeit – Subjekt der Arbeit
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V37958
ISBN (eBook)
9783638371612
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit wird versucht, intensiv die Thematik rund um die menschliche Arbeit darzulegen und zu diskutieren. Im Zentrum der Untersuchungen sollen dabei die möglichen Zukunftsperspektiven der Arbeit stehen, die aufgrund der akuten Arbeitslosigkeit und der daraus resultierenden sozialen Probleme in den letzten Jahren vermehrt Einzug gefunden haben in gesellschaftliche und politische Diskussionen.
Schlagworte
Zukunft, Arbeit, Kultur, Tätigkeit, Subjekt, Arbeit
Arbeit zitieren
Jonathan Lock (Autor:in), 2003, Zukunft der Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37958

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