Probleme der Sicherungsabtretung in Österreich


Diplomarbeit, 2001

85 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Einleitung
1.2. Historische Entwicklung der Sicherungsabtretung

2. Die Rechtsfigur der Sicherungsabtretung

3. Titel und Modus
3.1. Allgemeines
3.2. Der Titel der Sicherungszession
3.3. Der Modus der Sicherungszession
3.3.1. Nichtbuchforderungen
3.3.2. Buchforderungen
3.3.2.1. Die bisherige Rechtslage
3.3.2.2. Die neue Rechtslage
3.3.2.3. Problem der Abgrenzung zwischen Buchforderungen und Nichtbuchforderungen
3.3.3. Buchvermerk bei EDV Buchhaltung
3.3.3.1. Judikaturbeispiel: OGH 29.10.1997 - weitere Konkretisierung der an den Modus gestellten Anforderungen
3.3.3.2. Der Ort des Buchvermerkes
3.3.3.2. Der Inhalt des Buchvermerkes
3.3.4. Das Fehlen des Publizitätsaktes
3.4. Mehrfachabtretung und gutgläubiger Erwerb einer Forderung

4. Vorraussetzungen der Abtretbarkeit
4.1. Abtretbare Rechte im Allgemeinen
4.2. Die Abtretung künftig entstehender Forderungen
4.2.1. Judikaturbeispiel: OGH 30.8.2000
4.3. Gesetzliche Abtretungsverbote
4.3.1. § 12 Konsumentenschutzgesetz als Sonderfall
4.4. Vertragliche Abtretungsverbote

5. Die Erscheinungsformen der Sicherungszession
5.1. Die Sicherungsglobalzession
5.2. Die Mantelzession

6. Die Akzessorietät der Sicherungszession

7. Rechtsverhältnisse der Parteien im Einzelnen
7.1. Das Rechtsverhältnis zwischen Sicherungszessionar und Sicherungszedent
7.1.1. Im Außenverhältnis
7.1.2. Im Verhältnis zueinander
7.1.3. Die Anwendung des § 1371 ABGB
7.1.4. Der Übergang von Sicherungsrechten
7.1.5. Einzelexekution in das Vermögen des Zedenten, Konkurs oder Ausgleich des Zedenten
7.1.6. Einzelexekution in das Vermögen des Zessionars, Konkurs oder Ausgleich des Zessionars
7.2. Das Rechtsverhältnis zwischen Sicherungszessionar und Zessus
7.2.1. Der Erhalt von Einreden und Einwendungen
7.2.1.1. Die Aufrechnung
7.2.2. Die Nichtverständigung des Zessus
7.2.2.1. Judikaturbeispiel: OGH 5.3.1980
7.2.3. Das Anerkenntnis gemäß § 1396 Satz 2 ABGB
7.2.3.1. Judikaturbeispiele

8. Die Abgrenzung gegenüber anderen Rechtsinstituten
8.1. Die Zession zahlungshalber
8.2. Die Inkassozession
8.2.1. Die verfahrensrechtliche Stellung des Inkassozedenten und des Inkassozessionars
8.3. Das Factoring
8.3.1. Die Dienstleistungsfunktion
8.3.2. Die Sicherungsfunktion
8.3.3. Die Finanzierungsfunktion
8.4. Die stille Zession
8.4.1. Die Möglichkeiten der rechtlichen Konstruktion
8.4.2. Judikaturbeispiel: OGH 21.10.1999

9. Der Eigentumsvorbehalt
9.1. Der verlängerter Eigentumsvorbehalt
9.2. Kollision Globalsicherungszession mit verlängertem Eigentumsvorbehalt
9.2.1. Judikaturbeispiel: OGH 18.9.1991

10. Resümee

Judikaturverzeichnis

Literaturverzeichnis.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

1.1. Einleitung

„Pleitenrekord in Österreich“:[1]

„WIEN (apa). Mit 9.056 Pleiten gegenüber 8.949 im vorangegangenen Jahr musste Österreich 2002 einen Insolvenzrekord verkraften. Die meisten Pleiten gab es mit 1.001 Fällen im Bauhaupt- und -nebengewerbe, gefolgt von Gaststätten und Hotellerie mit 847 Fällen und Transportunternehmen mit 425 Fällen. Dies berichtete der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) in der am Dienstag veröffentlichten Insolvenzstatistik 2002.

Anstieg von Privatkonkursen

Von den Gesamtinsolvenzen entfallen 5.275 (58,2 Prozent) auf Unternehmen und 3.781 Fälle (41,8 Prozent) auf Private. Der traurige Rekord sei auf das Ansteigen bei den Privatkonkursen zurückzuführen, die im Jahresvergleich um 102 Fälle (2,8 Prozent) zulegten, während es bei den Firmenpleiten lediglich ein Plus von 5 Fällen (0,1 Prozent) zu verzeichnen gab. Die Passiva gingen auf 3,75 Mrd. Euro nach 4,03 Mrd. Euro im vorangegangenen Jahr zurück. Die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze ging 2002 auf 31.144 (32.910) zurück.

Keine Anhaltspunkte für eine Verbesserung

Die Insolvenzstatistik 2002 zeigt laut AKV keine Anhaltspunkte für eine Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, da die Zahl der Ausgleiche im Vorjahr mit 121 Fällen wieder auf das Niveau der Vorjahre zurückgegangen ist, während gleichzeitig die Konkurse und die abgewiesenen Konkursanträge gestiegen sind.
Laut AKV haben sich weder die Flutkatastrophe noch die Euroeinführung auffällig bemerkbar gemacht. Das allgemeine Insolvenzrisiko für die heimischen Wirtschaftstreibenden wird vom AKV als "unverändert hoch" eingeschätzt.“

Wenn man sich die aktuelle gesamtwirtschaftliche Entwicklung vor Augen hält, so wird es für Kreditinstitute - aber auch für sonstige kreditierende Gläubiger - immer essentieller, die Einbringlichkeit ihrer Forderungen durch entsprechende Mittel abzusichern. Die vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Instrumentarien, um dieses legitime Bedürfnis zu befriedigen, wurden in den letzten Jahrzehnten durch den Ideenreichtum der Praxis und der im ABGB geltenden Vertragsfreiheit enorm erweitert.

Eines dieser Instrumentarien ist die Sicherungsabtretung, die sich seit Jahren größter Popularität erfreut. Ein Vorteil der Sicherungszession ist sicherlich die leichte Übertragbarkeit von Forderungsrechten, die allerdings durch das in Österreich streng gehandhabte Publizitätsprinzip erschwert wird.

Ein weiterer Popularitätsgrund ist meines Erachtens die Möglichkeit, Forderungsrechte als Mittel der Kreditsicherung anbieten zu können. Die in Österreich vorherrschende Wirtschaftsstruktur setzt sich überwiegend aus Klein- und Mittelbetrieben zusammen. Gerade für diesen Wirtschaftssektor, in dem das Anlage- und Umlaufvermögen meist gering ist, sind Forderungen oft die einzigen Sicherungsmittel, die den Gläubigern als Sicherung angeboten werden können. Aber auch Privatpersonen haben die Möglichkeit, ihre Forderungen – man denke nur an Lohn- und Gehaltsforderungen – sicherungsweise abzutreten.

In dieser Arbeit soll deshalb versucht werden, die Probleme der Sicherungsabtretung näher zu untersuchen - vor allem auch im Lichte der jüngsten Judikatur, die eine Änderung der jahrzehntelangen „Publizitätspraxis“ anklingen lässt.

1.2. Historische Entwicklung der Sicherungsabtretung

Die Sicherungszession ist positivrechtlich nicht explizit geregelt, sondern konnte sich aus dem im Schuldrecht geltenden Prinzip der Vertragsfreiheit entwickeln, das es den Rechtssubjekten ermöglicht, neue Vertragstypen zu schaffen, um der Dynamik des Rechts, der Gesellschaft und der Wirtschaft freien Raum zu lassen.

Die Sicherungszession entwickelte sich in Österreich im Laufe des 19. Jahrhunderts und verlief parallel zur Entwicklung der Sicherungsübereignung.[2]

Ursprünglich wollte man dadurch die geforderten Publizitätsvorschriften, die für die Forderungsverpfändung gemäß §§ 451f ABGB gelten, umgehen. Durch die Sicherungsabtretung sollte die für den Schuldner nachteilige Verständigung des Drittschuldners unterbleiben. Man ging von der analogen Anwendung der für die Zession geltenden Bestimmungen (§§ 1392ff ABGB) aus. Ebenso sollte für die Sicherungsabtretung der § 461 ABGB, der bestimmt, dass eine Pfandsache nur gerichtlich verwertet werden darf, nicht zur Anwendung kommen, wodurch eine leichtere Verwertbarkeit der zur Sicherung dienenden Forderung erreicht werden konnte.[3]

Der OGH akzeptierte zunächst die von der Lehre entwickelte Rechtsfigur, und auch der Gesetzgeber ging 1914 bei der Abfassung der neuen Konkurs- und Ausgleichsordnung von der Gültigkeit der Sicherungszession aus. Nach einer kurzzeitigen Änderung der Rechtsansicht des OGH, in der er der Sicherungsabrede den tauglichen Erwerbsgrund absprach, gelangte er in seiner Entscheidung vom 21.4.1925[4] wiederum zur Ansicht, dass die Sicherungsabrede einen tauglichen Erwerbsgrund darstelle, jedoch die Sicherungszession nicht zur Gesetzesumgehung herangezogen werden dürfe. Aus diesem Grund fordert der OGH für eine gültige Sicherungsabtretung die Einhaltung der für das Pfandrecht aufgestellten Publizitätserfordernisse. Diese Auffassung bildet nach wie vor die Grundlage der ständigen Rechtssprechung und auch die überwiegende Lehre hält daran fest.[5]

2. Die Rechtsfigur der Sicherungsabtretung

Die Sicherungszession ist ein Rechtsgeschäft, bei dem der Zedent dem Zessionar eine Forderung zur Sicherung überträgt, die dem Zedenten gegen einem Dritten zusteht. Der Zessionar erwirbt nach außen hin die volle Rechtsstellung eines Gläubigers gegenüber dem Drittschuldner, jedoch ist er im Innenverhältnis zum Zedenten obligatorisch gebunden, dass er die ihm übertragene Forderung nur dann einzieht und sich aus ihrem Erlös befriedigt, wenn der Zedent mit seinen Zahlungen bzw seiner Zahlung in Verzug gerät.[6]

Die Sicherungszession ist eine Form der eigennützigen Treuhand, da es vor allem im Interesse des Zessionars steht, ein Sicherungsrecht an seiner Forderung zu erwerben. So ist sie geeignet, die Einbringungswahrscheinlichkeit des dem Zedenten gewährten Kredites wesentlich zu erhöhen. Sie steht aber auch im wirtschaftlichen Interesse des Sicherungszedenten, da es ihm dadurch erleichtert wird, Kredite aufzunehmen und Forderungsrechte als Sicherheiten anzubieten und zu übertragen.[7]

Zum besseren Verständnis dieses dreipersonalen Verhältnisses folgt eine graphische Darstellung, in der auch die synonymen Partei- und Forderungsbezeichnungen aufgezählt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Titel und Modus

3.1. Allgemeines

Auch Rechte, insbesondere Forderungsrechte, fallen unter den weiten Sachbegriff des § 285 ABGB. Da die meisten sachenrechtlichen Vorschriften jedoch auf körperliche Sachen zugeschnitten sind, erfolgt der Erwerb einer Forderung nach den Regeln der Zession (§§ 1392 ff ABGB).[8]

Wie bereits erwähnt, tritt die Sicherungszession nach außen hin als echte Zession in Erscheinung.[9]

Unter Zession (Abtretung) versteht man den Übergang eines Forderungsrechtes vom Zedenten auf den Zessionar. Die Zession bewirkt lediglich einen Wechsel in der Person des Gläubigers. Die Person des Schuldners und das abgetretene Forderungsrecht bleiben unverändert. Der Zessionar wird dadurch Inhaber des Anspruches und dem Zedenten wird die Geltendmachung verwehrt (§§ 1392 iVm 1395 ABGB).[10]

Die rechtsgeschäftliche Zession ist ein kausales Verfügungsgeschäft, das heißt, dass für ihre Wirksamkeit ein gültiger Titel (Verpflichtungsgeschäft) erforderlich ist, der rechtlich dazu geeignet ist, Eigentum an einer Sache zu verschaffen. Das Verpflichtungsgeschäft der Zession ist grundsätzlich ein formfreier Konsensualkontrakt. Formpflicht besteht für das Verpflichtungsgeschäft lediglich dann, wenn das Grundgeschäft zu seiner Wirksamkeit die Einhaltung einer bestimmten Form vorschreibt.[11]

Auf der Basis des Titels wird nun der Modus bzw das Verfügungsgeschäft vorgenommen, das bei Forderungsübertragung in der dinglichen Einigung der Parteien liegt, dass die Forderung auf den neuen Gläubiger übergeht. Es bedarf aber keines Aktes, der Dritten gegenüber in Erscheinung treten muss, wie zB die Verständigung des debitor cessus. Die einzige Ausnahme bildet lediglich die Sicherungszession, bei der eine bestimmte Form des Verfügungsgeschäftes eingehalten werden muss (siehe dazu später), wodurch Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft nicht untrennbar zusammenfallen und aus diesem Grund unterscheidbar sind.[12]

3.2. Der Titel der Sicherungszession

Den Titel bzw den rechtlichen Erwerbsgrund bildet bei der Sicherungszession die Sicherungsabrede.[13] Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist ein formfreier Konsensualkontrakt - es sei denn, es bestehen sondergesetzliche Formvorschriften – bei dem sich der Zedent und der Zessionar einigen, welche Forderungen, wann und unter welchen Bedingungen dem Zessionar sicherungsweise übertragen werden. Der Zessionar erlangt aber durch das Verpflichtungsgeschäft allein noch kein dingliches Recht an der Forderung. Dazu bedarf es vielmehr noch des Verfügungsgeschäftes.[14]

3.3. Der Modus der Sicherungszession

Die Sicherungszession verfolgt denselben wirtschaftlichen und rechtlichen Zweck wie die Forderungsverpfändung.[15] Aus diesem Grunde werden auch die für die Forderungsverpfändung aufgestellten, zT sehr strengen, Publizitätsvorschriften analog angewandt.

Der Zedent überträgt dem Zessionar eine Forderung in sein Eigentum, bindet ihn aber gleichzeitig im Innenverhältnis, von seiner überschießenden Rechtsmacht nur dann Gebrauch zu machen, wenn der Zedent seiner Verpflichtung gegenüber dem Zessionar nicht nachkommt. Zedent und Zessionar bedienen sich nicht der dafür im ABGB zur Verfügung stehenden Rechtsform des Pfandes, sondern haben sich auf Grund der im Schuldrecht geltenden Vertragsfreiheit das dingliche Vollrecht des Eigentums zu Nutzen gemacht.

Da der Verpfändungsmodus und analog dazu der Modus der Sicherungszession sondergesetzlich nicht geregelt sind, stellt sich die Frage, welche Modalitäten einzuhalten sind, um die geforderten Publizitätsvorschriften zu erfüllen.

Inhaber- und Orderpapiere (zB: Wechsel, Scheck, usw) nehmen im Vergleich zu den anderen Forderungsrechten eine Sonderstellung ein, da eine körperliche Übergabe möglich ist. Mit der dinglichen Einigung der Parteien und der Übergabe der Urkunde wird ein gültiger Modus gesetzt (analog § 451 ABGB).[16]

Welcher Modus allerdings bei der sicherungsweisen Abtretung von anderen Rechten einzuhalten ist, ist gerade in jüngster Zeit wiederum Gegenstand zahlreicher Diskussionen.

Der OGH hat in einem Gutachten über den Eskompte offener Buchforderungen vom 15.1.1929[17] festgestellt, dass bei Forderungen das geforderte Maß an Publizität dann erfüllt sei, wenn die Sicherungszession nachträglich leicht und sicher festgestellt werden könne (analog §§ 452 iVm 427 ABGB). Leicht und sicher festgestellt werden können müsse die Tatsache, dass abgetreten worden sei, in welchem Umfang und wann. Leicht feststellbar seien Rechtsvorgänge laut OGH nur dann, wenn sie urkundlich nachweisbar seien. Die Schriftlichkeit des Verfügungsgeschäftes und die Verständigung des debitor cessus trage diesem Erfordernis am besten Rechnung, jedoch sei dies nicht der einzige Weg, der leichten und sicheren nachträglichen Feststellung zu entsprechen.[18]

Der OGH legt also – wie sich daraus ergibt - nicht abschließend fest, welche Modalitäten für die Erfüllung des geforderten Publizitätsmaßes gegeben sein müssen, sonder überlässt es der Dynamik der Wirtschaft, neue Formen der leichten und sicheren Feststellung der Verpfändung bzw der sicherungsweisen Abtretung zu entwickeln.

3.3.1. Nichtbuchforderungen

Bei Nichtbuchforderungen ist als wirksamer Publizitätsakt die formlose Verständigung des Drittschuldners erforderlich.[19] Der OGH verlangt für einen wirksamen Publizitätsakt in seinem Gutachten vom 15.1.1929[20] auch die urkundliche Nachweisbarkeit der Sicherungsabtretung, dh die Schriftlichkeit des dinglichen Rechtsgeschäftes, welches er aber nur in Bezug auf Buchforderungen begründet.

Frotz[21] hingegen sieht die Schriftlichkeit des Verfügungsgeschäftes nicht als zwingend an. Für Karollus[22] scheint jedoch diese Auffassung nicht einsichtig, weil die Schriftlichkeit der dinglichen Einigung beim Buchvermerk verlangt werde und eine Ungleichbehandlung zwischen Buch- und Nichtbuchforderungen nicht zu begründen sei.

ME spielt dies in der Praxis jedoch nur eine sehr geringe Rolle, weil Banken aus Beweisgründen wohl immer eine schriftliche Zessionsvereinbarung abschließen.

Die darüber hinaus geforderte Verständigung des Drittschuldners hat anzugeben, welche Forderung, in welchem Umfang und an wen zur Sicherung abgetreten wurde. Sie kann auch – nach überwiegender Lehre – vom Zessionar vorgenommen werden.[23]

Dies lässt sich damit erklären, dass in der Verständigung nicht der Modus zur Übertragung eines Vollrechts gesehen wird, sondern die Publizität zur Bekanntmachung der Begründung des Sicherungsrechtes. Das eigentliche Verfügungsgeschäft ist bereits in der Sicherungsabrede iS einer Übergabe durch Erklärung enthalten. Die Publizität ist nur ein zusätzliches Erfordernis zum Erwerb des Sicherungsrechtes.[24]

3.3.2. Buchforderungen

3.3.2.1. Die bisherige Rechtslage

Bei Buchforderungen kommt neben der Verständigung des Drittschuldners alternativ die Eintragung der sicherungsweisen Forderungsabtretung in den Büchern des Zedenten in Betracht. Man kann allerdings nur dann von einem tauglichen Publizitätsmittel ausgehen, wenn es für einen mit verkehrserforderlicher Sorgfalt handelnden Dritten erkennbar ist, dass es sich bei der abgetretenen Forderung um eine Buchforderung handelt.[25]

Denn nur wenn eine Forderung als Buchforderung erkannt wird, wird der Zessionar Einsicht in die Geschäftsbücher des Zedenten fordern und sich somit von der wahren Rechtslage überzeugen. Erkennt der Zessionar die Buchforderung nicht als solche, dann ist die Gefahr für ihn umso größer, je auskunftsreicher der Drittschuldner ist.[26]

Denn dieser teilt ihm dann mit, dass er von einer Forderungsabtretung nicht verständigt wurde, so dass der Zessionar darauf vertraut, weil er vom Vorliegen einer Buchforderung keine Kenntnis hat. Verweigert jedoch der Drittschuldner die Auskunft, so ist der Zessionar – zumindest indirekt – gezwungen, weitere Auskünfte einzuholen oder sich eine andere Forderung sicherungsweise zedieren zu lassen, um ein gültiges Sicherungsrecht zu erwerben.

Eine Buchforderung liegt nach der Rsp dann vor, wenn der Zedent handelsrechtlich oder – wie in der E des OGH vom 29.9.1998[27] diskutiert wurde - abgabenrechtlich zur Buchführung verpflichtet ist.

Zusätzlich zum Vermerk in den Geschäftsbüchern des Zedenten bzw zu der Drittschuldnerverständigung verlangt der OGH – wie bereits erwähnt – eine schriftliche Festlegung des dinglichen Rechtsgeschäftes, um den Publizitätsanforderungen zu genügen. Frotz[28] dagegen vertritt die Ansicht, die geforderte urkundliche Nachweisbarkeit sei irreführend. Seiner Meinung nach reiche die Eintragung in den Geschäftsbüchern des Zedenten als Publizitätsakt aus.

Auch für mich stellt sich die Frage, welchen Sinn die Schriftlichkeit der dinglichen Einigung verfolgen soll, wenn ohnedies die Sicherungsabtretung teilweise in den Büchern des Zedenten schriftlich vermerkt ist. Die Geschäftsbücher reichen mE nach aus, also bedarf es nicht zusätzlich der Publizität in den Geschäftsbriefen des Zedenten.

3.3.2.2. Die neue Rechtslage

In der E des OGH vom 29.10.1997[29] äußert der entscheidende Senat das erste Mal Bedenken, ob bezüglich Buchforderungen die Drittschuldnerverständigung als tauglicher Publizitätsakt noch anerkannt werden könne. Denn bei Buchforderungen können Kreditinstitute oder Einzelpersonen vor Kreditgewährung die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Zedenten zur Bedingung stellen und sich so über den Haftungsfonds des potentiellen Zedenten informieren. Eine gleichwertige Informationsmöglichkeit biete die bloße Verständigung des debitor cessus nicht, weil ja der potentielle Gläubiger des Zedenten in diesem Fall auf die freiwillige Mitteilung der Drittschuldner bzw auf eine lückenlose Durchsicht der Geschäftsbriefe des Zedenten angewiesen sei.

Die Tendenz der oberstgerichtlichen Rechtssprechung, in Zukunft nur mehr den Buchvermerk als Publizitätsakt bei Buchforderungen anzuerkennen, wurde durch weitere nachfolgende Entscheidungen verstärkt.[30] Jedoch blieb die konkrete Frage, ob die Drittschuldnerverständigung als Publizitätsakt bei Buchforderungen nicht mehr genüge, unbeantwortet. Die neue Tendenz des OGH in Bezug auf die Reihung der Publizitätsakte ist auch in der Lehre nicht unbestritten geblieben.[31]

Es kann nicht bestritten werden, dass der Buchvermerk ein höheres Maß an Publizität gewährleistet als die Drittschuldnerverständigung. Für die Gläubiger des Zedenten ist es viel einfacher und zeitsparender, die Zahlungsfähigkeit des Zedenten anhand der Geschäftsbücher festzustellen. Dem Informationsbedürfnis der Gläubiger des Zedenten wird dadurch besser Rechnung getragen. Auch das Nebeneinander von Drittschuldnerverständigung und Buchvermerk besitzt den für die Praxis unwirtschaftlichen Beigeschmack, dass die Gläubiger sowohl die Geschäftsbücher prüfen, als auch Auskünfte bei Drittschuldnern einholen müssen. Durch die ausschließliche Zulassung des Buchvermerkes würde sich unter diesem Gesichtspunkt die Verkehrssicherheit erhöhen. Jedoch dürfen auch die zahlreichen Schwächen und Angriffspunkte nicht vergessen werden, die der Buchvermerk aufweist.

Der Eintrag in den Büchern kann ausschließlich vom Zedenten vorgenommen werden, wobei der Zessionar darauf angewiesen ist, dass er vom Zedenten gesetzt wird. Der Zessionar hat selbst also keine Möglichkeit, bei Buchforderungen das geforderte Publizitätsmaß zu erfüllen. Er kann sich auch nicht gegen das Löschen des Buchvermerkes schützen. Bei der (noch) jetzigen Rechtssprechung hat der Zessionar die Möglichkeit, in Krisenzeiten eine formlose Drittschuldnerverständigung vorzunehmen und somit die Publizität zu wahren.

Ein weiterer Nachteil der Ausschließlichkeit des Buchvermerkes besteht darin, dass Forderungen oft nicht taggenau verbucht werden, weil durch Auslagerung der Buchhaltung auf einen Wirtschaftstreuhänder zwischen Entstehung und Verbuchung bis zu 10 Wochen vergehen.[32] Die Sicherungszession wird – vorrausgesetzt der Zedent setzt den Buchvermerk – dann erst mit tatsächlichem Buchungszeitpunkt wirksam, vorher hat der Zessionar mithin keine Möglichkeit, einen Publizitätsakt zu setzen.[33]

Riedler[34] löst diese Problematik dadurch, dass er bis zur Verbuchung der Forderung die Grundsätze der Nichtbuchforderungen anwendet. Für ihn wird eine Forderung erst dann zur Buchforderung, wenn sie tatsächlich verbucht wird. Somit bleibt dem Zessionar zwischen Entstehung und Verbuchung die Möglichkeit, den Drittschuldner zu verständigen. Auch wenn dies seiner Meinung nach sehr unwirtschaftlich sei, biete sich so dennoch die einzige Chance, zwischen Entstehung und Verbuchung einen tauglichen Publizitätsakt zu setzen.

Ein weiteres Problem liegt darin, dass es für außenstehende Dritte oft nicht erkennbar ist, ob eine Buchforderung vorliegt oder nicht. Bei der (noch) bisherigen Rsp kann der Zessionar der Gefahr, die durch falsche Beurteilung entsteht, dadurch entgegenwirken, dass er den Drittschuldner verständigt und somit die Publizität wahrt. Da nach der neuen Tendenz für Buchforderungen nur mehr der Buchvermerk und für Nichtbuchforderungen nur mehr die Drittschuldnerverständigung ein taugliches Publizitätsmittel darstellen, wird die Schwierigkeit der Grenzziehung auf den Zessionar überwälzt. In Zweifelsfällen sollte man beide Publizitätsakte setzen, um Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen.[35]

3.3.2.3. Problem der Abgrenzung zwischen Buchforderungen und Nichtbuchforderungen

Das Problem der Abgrenzung zwischen Buch- und Nichtbuchforderungen stellt sich deswegen, weil die Rsp an die handelsrechtliche Buchführungspflicht anknüpft. Diese richtet sich im Anwendungsbereich der §§ 1 und 2 iVm 189 HGB danach, ob „nach Art und Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb“ erforderlich ist. Sie ist nicht von einer Firmenbucheintragung abhängig, sondern sowohl von qualitativen als auch quantitativen Kriterien. Dieser unbestimmte Gesetzesbegriff wird durch die Judikatur des OGH näher bestimmt, jedoch ist es mitunter im Einzelfall - gerade für einen außenstehenden Dritten - sehr schwierig, zu beurteilen, ob die handelsrechtliche Buchführungspflicht gegeben ist oder nicht. ZB qualifizierte der OGH in der E vom 29.9.1998[36] einen Unternehmer mit einem Jahresumsatz von 1,4 Millionen Schilling eindeutig als Minderkaufmann, der nicht buchführungspflichtig sei, weil nach Art und Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich sei (gemäß § 4 HGB).

Die Vollkaufmannseigenschaft, welche die handelsrechtliche Buchführungspflicht begründet, kann aber auch durch „Schrumpfen“ des kaufmännischen Unternehmens wieder verloren gehen und somit von der Buchführungspflicht befreien. Es stellt sich die Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gültigkeit des Buchvermerkes als Publizitätsakt heranzuziehen ist (Entstehen der Forderung, Setzung des Publizitätsaktes, Zeitpunkt der Fälligkeit der gesicherten Forderung, etc). Zwar würde § 125 BAO – geht man von Anknüpfung an der abgabenrechtlichen Buchführungspflicht aus, wie dies der OGH vor kurzen diskutierte - nur an quantitative Kriterien anknüpfen und so zumindest eine leichtere Feststellung der Buchführungspflicht ermöglichen, aber nicht das Problem der zeitlichen Anknüpfung und der Schwankung zwischen buchführungspflichtig und nicht buchführungspflichtig lösen.[37]

Die Qualifikation einer Forderung als Buchforderung solle nach Ansicht Riedlers[38] entgegen der bisherigen Judikatur nicht von der gesetzlichen Buchführungspflicht des Zedenten abhängen, sondern nur davon, ob der Zedent faktisch Bücher führe. Dies ergebe sich aus Vertrauensschutzerwägungen. Die potentiellen Zessionare und Gläubiger müssten dann nur mit verkehrserforderlicher Sorgfalt erkennen können, ob faktisch Bücher geführt würden. Es überspanne nach Riedler aber die gebotenen Sorgfaltspflichten, wenn die Gläubiger und die zukünftigen Zessionare zusätzlich noch überprüfen müssten, ob eine Buchführungspflicht nach § 189 HGB oder nach § 125 BAO bestehe. Bestehe keine Buchführungspflicht, so seien die dennoch geführten Bücher auf Grund von § 131 BAO dennoch nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung zu führen.

Auch mE nach trägt die Anknüpfung an die faktische Buchführung des Zedenten dem Vertrauensschutz besser Rechnung, weshalb ich diesem Anknüpfungspunkt den Vorzug gebe, denn Zweck der Bucheintragung ist weder ein handelsrechtlicher noch ein abgabenrechtlicher.

[...]


[1] Quelle: Online-Presse 14.1.2003.

[2] Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts12 I (2002) 368.

[3] Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts (1970) 244.

[4] SZ 7/46.

[5] Vgl Frotz, Kreditsicherungsrecht 106f.

[6] Ertl in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch2 II (1992) § 1392 Rz 3; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 369.

[7] Vgl Frotz, Kreditsicherungsrecht 248; Honsell/Heidinger in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2 VII (1997) § 1392 Rz 21.

[8] Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 216f.

[9] Honsell/Heidinger in Schwimann, ABGB2 VII § 1392 Rz 31.

[10] Honsell/Heidinger in Schwimann, ABGB2 VII § 1392 Rz 2.

[11] Ertl in Rummel II2 § 1392 Rz 2; Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts12 II (2001) 116.

[12] Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 II 116.

[13] Ehrenzweig Armin/Ehrenzweig Adolf/Mayrhofer, Das Recht der Schuldverhältnisse3 I (1986) 489.

[14] Apathy in Hadding/Schneider, Die Forderungsabtretung, insbesondere zur Kreditsicherung, in ausländischen Rechtsordnungen (1999) 512.

[15] Frotz, Kreditsicherungsrecht 252, 107f.

[16] Dittrich/Tades, Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch35 II (1999) § 1392 E 52c; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 342f.

[17] SZ 11/15.

[18] SZ 11/15.

[19] Dittrich/Tades, ABGB35 II § 1392 E 57f; Apathy in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 518; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 343.

[20] SZ 11/15.

[21] Frotz, Kreditsicherungsrecht 235ff.

[22] Karollus, Aktuelle Probleme der Sicherungszession, ÖBA 1999, 327.

[23] Karollus, ÖBA 1999, 327; Riedler, Gedankensplitter zur aktuellen Judikatur rund um Sicherungszessionen, ÖBA 2000, 583; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 343; anderer Meinung: Honsell/Heidinger in Schwimann, ABGB2 VII § 1392 Rz 22: Verständigung kann ausschließlich durch den Zedenten erfolgen.

[24] Riedler, ÖBA 2000, 583.

[25] Ertl in Rummel II2 § 1392 Rz 3.

[26] Frotz, Kreditsicherungsrecht 238f.

[27] SZ 71/154.

[28] Frotz, Kreditsicherungsrecht 236f; zustimmend auch Apathy in Hadding/Schneider, Forderungsabtretung 519.

[29] SZ 70/228.

[30] Vgl SZ 71/154; JBl 2002, 182 (Dullinger/ Riedler); JBl 2002, 187.

[31] Beführwortend: Iro, EDV-Buchhaltung: Anforderungen an den Zessionsvermerk, RdW 1998, 5.

Kritisch: Zepke, Buchvermerk für künftige Forderungen, ZIK 1998, 16; ÖBA 1998, 392 (Karollus).

[32] Teloni, Buchvermerk und Zessionsprüfung in der Bankpraxis, ÖBA 1999, 335.

[33] ÖBA 1998, 392 (Karollus).

[34] Riedler, ÖBA 2000, 583.

[35] ÖBA 1998, 392 (Karollus); derselbe in ÖBA 1999, 327.

[36] SZ 71/154.

[37] Karollus, ÖBA 1999, 327; Riedler, Vorrang, Ort, Inhalt und Umfang des Buchvermerks bei der Sicherungszession im Lichte der jüngsten OGH-Judikatur – zugleich eine Anm zur Entscheidung des OGH vom 26.6.2001, 1 Ob 290/00d, ÖBA 2000, 583.

[38] Riedler, JBl 2002, 194.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Probleme der Sicherungsabtretung in Österreich
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für Zivilrecht)
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
85
Katalognummer
V33850
ISBN (eBook)
9783638342278
Dateigröße
809 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der österreichischen Judikatur zeichnet sich ein Wandel bezüglich der Zulässigkeit des Publizitätsaktes bei Sicherungszessionen ab. Neben der Darstellung des aktuellen Standes der Judiktur wird auf neue Problemfelder eingegangen und versucht, ein Lösung zu finden.
Schlagworte
Probleme, Sicherungsabtretung
Arbeit zitieren
Stefan Keiler (Autor:in), 2001, Probleme der Sicherungsabtretung in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33850

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