Ad Reinhardt und Konrad Fiedler: Der künstlerische Akt, der nur sich selbst meint


Referat (Ausarbeitung), 2003

23 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1 Ad Reinhardts Biographie

2 Ad Reinhardts Werk
2.1 Die Entwicklung vor 1960
2.2 Die schwarzen Bilder ab 1960

3 Ad Reinhardts Kunstauffassung..
3.1 Moralisch-ethische Ansprüche an die Kunst und den Künstler
3.2 Art-as-Art
3.3 Ästhetik

4 Ad Reinhardt und Konrad Fiedler
4.1 Gemeinsamkeiten von Fiedlers Schrift Über die Beurteilung von Werken der bildenden Kunst und Ad Reinhardt
4.2 Ad Reinhardt im Vergleich zu Fiedlers Ursprung der künstlerischen Tätigkeit
4.2.1 Fiedlers Kunstauffassung und Ad Reinhardts schwarze Bilder
4.2.2 Parallelen zwischen Fiedler und Ad Reinhardts Art-as-Art-Dogma

5 Das « L’art pour l’art » im 19. Jahrhundert als mögliche Verbindung zwischen Reinhardt und Fiedler.

6 Schlussbemerkung

Literatur

1 Ad Reinhardts Biographie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[1][2][3]

2 Ad Reinhardts Werk

Ad Reinhardt (im Folgenden R) war sein Leben lang stolz darauf, im Jahr der Armory Show geboren zu sein. Sie war ein Wendepunkt amerikanischer Kunst. Eine 1911 gegründete Künstlervereinigung (American Association of Painters and Sculptors) war mit den beschränkten Ausstellungen der National Academy of Design nicht mehr einverstanden. Der Präsident dieser neu gegründeten Vereinigung, Arthur B. Davies, hatte die Idee, ihre erste Ausstellung zu einer internationalen zu machen. 1912 reist er mit einem Mitarbeiter, Walt Kuhn, nach Europa. Sie waren von der europäischen Kunst derart begeistert, dass sie viel mehr entliehen, als ursprünglich geplant war. Ingres, Delacroix, Corot, Courbet und die Impressionisten wurden als Vorfahren moderner Rebellen präsentiert und bildeten eine Folge großer Neuerer bis hin zu Künstlern wie Henri Matisse. Als die Ausstellung dann 1913 in New York, Chicago und Boston gezeigt wurde, reichten die Reaktionen des Publikums von Enthusiasmus über Neugierde bis hin zu schockartiger Ablehnung. Die Heftigkeit der Reaktion verstörte die Organisatoren derart, dass die Association schon 1914 daran zerbrach. Die Armory Show blieb deren einzige Ausstellung. Von dieser Zeit an aber musste die amerikanische Kunst sich an internationalen Maßstäben messen. Die Lektion in Modernität und Internationalismus, die diese Ausstellung erteilte, sprengte die Enge des selbstzufriedenen, provinziellen Geschmacks: Das Sammeln alter Meister oder der Nachbau von Renaissancevillen verloren ihr früheres Prestige, das Interesse an neuer Kunst hingegen wurde zu einer beherrschenden Leidenschaft. Man verstand Modernität nun als fortschreitende Gegenwart und wollte an diesem neuen Zeitgefühl teilhaben.[4]

Für R war die Armory Show die Geburtsstunde der modernen Kunst in Amerika,[5] durch die sein Werk erst möglich wurde. Er sah sich und sein Werk in dieser Tradition.

2.1 Die Entwicklung vor 1960

Bis um 1948 malte R Perserbrückenbilder, wie er sie selbst scherzhaft nannte.[6] Sie sind von lebhafter Farbigkeit, die Farben sind tatsächlich teppichartig ornamental miteinander verwoben.[7] Die sehr grellen Farben der ganz frühen, von Stuart Davis beeinflussten Bilder vor 1940 sind bei diesen Bildern nicht mehr zu finden. Die Perserbrückenbilder wirken ausgeglichener und harmonischer, ohne die scharfen Linien und frei von den starken Farbkontrasten der ganz frühen Bilder.

Ab 1949/50 verdichten seine Strukturen sich zu den sog. Farbziegelbildern,[8] die dem abstrakten Impressionismus zugeordnet werden (wobei meiner Meinung nach fraglich ist, inwieweit solche Zuordnungen überhaupt sinnvoll sind). Die Farben sind nun nicht mehr atmosphärisch miteinander verwoben, sondern ziegelartig flächig nebeneinander gesetzt. Er schwankt zwischen der leuchtenden Farbpalette der Perserbrückenphase und eng abgestuften, dunkleren Tönen.[9] Die Entwicklung geht mehr in Richtung der Fläche und weg von der Farbe.[10]

Ab 1951 verfestigen die Farbziegel sich zu strengen, geometrischen Formen, die vorwiegend auf Horizontale und Vertikale aufbauen. Was die Farbigkeit betrifft, sind die frühen 50er von monochromen roten und blauen Bildern geprägt, die aber in sich eine Vielzahl von Farbabstufungen aufweisen.[11]

Um 1952 entwickelte R daraus die Einzel-Querbalken-Muster.[12] Sie sind auf Horizontale und Vertikale beschränkt und nähern sich der Kreuzform des Spätwerks. Weiterhin dominieren Rot und Blau.[13]

In den späten 50ern traf R die Entscheidung, sich nur noch auf dunkle Bilder zu konzentrieren. Es ist aber aufgrund seiner Angewohnheiten nicht möglich, das erste schwarze Bild genau zu datieren. R datierte nach Ausstellungsdatum, nicht nach der Entstehung der Bilder. Dadurch ist seine Datierung leider unklar, bei vielen seiner Bilder lässt sich heute noch nicht einmal mehr der Standort ermitteln.[14]

Es folgt eine kontinuierliche Entwicklung zu immer weniger und immer dunkleren Farben, die immer mehr in einer Kreuzform angeordnet werden.[15]

2.2 Die schwarzen Bilder ab 1960

Im Jahr 1960 entschloss R sich dazu, nur noch schwarze Bilder der Größe 60x60’’ (152,4x152,4 cm) zu malen. Zu dieser Zeit behauptete er, bereits seit zehn Jahren nichts anderes als schwarze Bilder gemalt zu haben. Sein Hauptanliegen sei immer das Wegmalen augenfälliger Kontraste gewesen. Tatsächlich war seine Entwicklung zum Schwarz hin so langsam und kontinuierlich über viele Jahre hin verlaufen, dass es keinen Aufschrei der Kritiker, keinen Durchbruch, gab.[16]

R’s Kunst hat einen subversiven Aspekt.[17] Die schwarzen Bilder stellen eine Art von Ende der Malerei dar. 1966 schrieb er: Ich male gerade die letzten Bilder, die man malen kann.[18] Immer wieder malte er das allerletzte Gemälde.

Und doch unterscheidet sich jedes seiner schwarzen Bilder vom anderen, da er stets mehrere Sorten von schwarz gegenüberstellte und diese verschieden anordnete.[19] Farbe diente ihm als fast unsichtbare Grundlage der Schwärze. Jede Farbe wurde mit einer bestimmten Menge Kohle schwarz abgemischt. Dadurch sind die Bilder nicht wirklich schwarz – sie können entweder als farblos oder auch als farbig erscheinen. Beides gleichzeitig kann nicht wahrgenommen werden.[20] Diese verschiedenen Sorten von Schwarz ordnete R kreuzförmig (manchmal auch H-förmig) an. Diese Unterteilungen stehen zwar im Widerspruch zu seinen Theorien, bilden aber einen wichtigen Hinweis für das Auge. Es kann zunächst die Bildmitte finden, um dann auch wieder von ihr loslassen zu können.[21]

Wichtig war R, dass das Schwarz nicht glänzte, sondern eine matte Oberfläche aufwies. Glänzendes Schwarz verhält sich nämlich wie ein Spiegel, es reflektiert alles um sich herum. Dadurch ist es unruhig und nicht unbeteiligt. Diese ablenkende Aktivität steht im Widerspruch zu der Dunkelheit, die R herstellen möchte.[22] Ebenso vermied er jegliche Struktur – er malte dünn und glatt, um ein makelloses Medium für das Licht zu schaffen.[23]

Die Betrachtung eines schwarzen R-Bildes kostet Zeit. Dadurch, dass sein Schwarz eine übersteigerte Verzögerung des Wahrnehmungsvermögens bewirkt, dauert es zehn Minuten, bis man das Bild wirklich „sieht“. Erst dann merkt man, dass die Bilder nicht wirklich schwarz sind. Der erste Eindruck ist eine schwarze, matte Fläche. Nach einer Weile bemerkt man die Farbigkeit, schließlich erkennt man die Kreuzform. Viele Menschen erleben Reinhardt-Bilder als religiös-mystische Erfahrung, wobei dieser Effekt vom Künstler nie beabsichtigt war. Er betonte immer wieder, dass es ihm um Ästhetik und nicht um Religion oder Philosophie gehe.[24]

[...]


[1] Lippard, 1984, S. 108-203

[2] Gruppe von Malern (mit Willem de Kooning, Adolph Gottlieb, Robert Motherwell, Jackson Pollock, Richard Pousette-Dart, Mark Rothko und anderen), die sich 1950 formierte, um gegen die Beschränkungen des Metropolitan Museum of Art zu demonstrieren, die die amerikanische Avantgarde betrafen.

[3] Lippard, 1984, S. 120

[4] Schapiro, 1982, SS. 160 ff

[5] Es spielten natürlich noch andere Faktoren eine Rolle (s. Schapiro, 1982, SS. 160 ff), die ich hier vernachlässigen möchte, da im Zusammenhang dieser Arbeit Ad Reinhardts subjektive Sicht interessiert.

[6] Lippard, 1984, S. 58

[7] Beispiele: Lippard, 1984, Abstract Painting in rot und grün, S. 41 und Yellow, S. 60;

[8] ebd., S. 70

[9] ebd., S. 80

[10] Beispiele: Lippard, 1984, Abstract Paintin g von 1949, S. 73, und Abstract Painting von 1950, S. 85;

[11] Beispiel: ebd, Blue, 1950/51, S. 93;

[12] ebd., S. 97

[13] Beispiele: Lippard, 1984, Blue von 1953, S. 103 und Red and Blue von 1954, S. 108;

[14] ebd., S. 109

[15] ebd., S. 114

[16] ebd., S. 121

[17] ebd., S. 116

[18] ebd., S. 160

[19] ebd.

[20] ebd., S. 151

[21] ebd., S. 148

[22] ebd., S. 146; s. auch R’s Äußerung zum Thema Schwarz in Kellein, 1984, S. 232

[23] Lippard, 1984, S. 151

[24] Kellein, 1984, S. 232

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Ad Reinhardt und Konrad Fiedler: Der künstlerische Akt, der nur sich selbst meint
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Die Aktualität der Kunsttheorie Konrad Fiedlers
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
23
Katalognummer
V33385
ISBN (eBook)
9783638338752
ISBN (Buch)
9783638684330
Dateigröße
445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reinhardt, Konrad, Fiedler, Aktualität, Kunsttheorie, Konrad, Fiedlers
Arbeit zitieren
Anne-Barbara Knerr (Autor:in), 2003, Ad Reinhardt und Konrad Fiedler: Der künstlerische Akt, der nur sich selbst meint, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33385

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