Rechnungslegung in Hochinflationsländern


Vordiplomarbeit, 2004

28 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Grundlagen
1.2.1. Definition von Inflation und Hochinflation
1.2.2. Messung von Inflation

2. nominelle Kapitalerhaltung
2.1. Anschaffungswertprinzip
2.2. Nominalwertprinzip
2.3. Scheingewinne
2.3.1. Definition von Scheingewinnen
2.3.2. Bestimmung des Ausmaßes von Scheingewinnen
2.3.3. Folgen und Auswirkungen von Scheingewinnen

3. Unternehmenserhaltungskonzeptionen
3.1. Realkapitalerhaltung
3.1.1. Definition
3.1.2. Verfahren von Schmalenbach
3.1.3. Current Purchasing Power Method
3.2. Substanzerhaltung
3.2.1. Konzeptionen der Substanzerhaltung
3.2.2. Brutto- und Nettosubstanzerhaltung

4. Die Bedeutung der Hochinflation für die Konzernrechnungslegung
4.1. Währungsumrechnung
4.1.1. Grundlagen der Währungsumrechnung
4.1.2. current-noncurrent-method
4.1.3. monetary-nonmonetary-method
4.1.4. Zeitbezugsmethode
4.1.5. Stichtagskursmethode
4.2. Korrekturmöglichkeiten hochinflationärer Jahresabschlüsse
4.2.1. Translate-Restate Method
4.2.2. Restate-Translate Method
4.2.3. Restate-Translate-Restate Method
4.3. Hartwährungsbilanzierung

5. Hochinflation am Beispiel Argentinien
5.1. Ursachen der Hochinflation in Argentinien
5.2. Maßnahmen zur Bekämpfung
5.3. Entwicklung seit 2001

6. Schlussbetrachtung

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Gerade heute, wo regelmäßig die Rede von Globalisierung ist, ist der Kontakt zu Kunden, Lieferanten oder Tochterunternehmen in Hochinflationsländern nichts Ungewöhnliches mehr. Oft werden aber starke Bedenken in Bezug auf eine Tätigkeit in diesen Ländern geäußert, da das Risiko dort um ein vielfaches höher ist. Dies bezieht sich vor allem auch auf Tochterunternehmen und Joint Ventures, da das eingesetzte Kapital oft sehr hoch ist. Viele internationale Unternehmen haben aber gar nicht die Möglichkeit einer Alternative zu einem solchen Engagement, um ihre Kunden in diesen Ländern zu bedienen. Für diese Unternehmen ist es sehr wichtig, die speziellen Möglichkeiten des Rechnungswesen, der Bilanzierung und des Controlling zum Umgang mit der Hochinflation zu kennen und anwenden zu können.

In dieser Seminararbeit möchte ich auf die Problematik von im Umgang mit dieser Problematik eingehen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt im Bereich der Bilanzierung. Ich werde die auf die Entstehung von Scheingewinnen eingehen, die grundsätzlich parallel mit dem Anstieg der Inflationsrat ansteigen. Ich werde in diesem Zusammenhang die Instrumente der Unternehmenserhaltung erklären, ebenso wie die entsprechenden Besonderheiten in Hochinflationsländern. Zum Abschluss meiner Arbeit werde ich die Maßnahmen anhand des Länderbeispieles Argentinien verdeutlichen.

1.2 Grundlagen

1.2.1 Definition von Inflation und Hochinflation

Inflation wird definiert als anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Dies beinhaltet einen anhaltenden Rückgang der Kaufkraft. Relevant hierbei ist nicht die Erhöhung einzelner Güterpreise, da der Preisanstieg innerhalb verschiedener Warengruppen unterschiedlich verläuft. Vielmehr ist als Grundlage der Berechnung des allgemeinen Anstieges der Preise, also der Durchschnitt der Preise aller Güter und Dienstleistungen innerhalb einer Wirtschaftszone, zu nehmen. Folgen der Inflation sind infolge des Rückganges der Kaufkraft in der Regel ein ansteigen der Lohn- und Pensionszahlungen. Hierdurch kann eine inflationäre Spirale ausgelöst werden.[1]

Es gibt mehrere Ausprägungsformen der Inflation. Unterschieden werden die schleichende, die trabende und die galoppierende Inflation, wobei es aber keine einheitliche definierten Grenzen zwischen diesen Ausprägungen gibt. Hochinflation ist eine weitere Ausprägung der Inflation, die durch eine extrem hohe Inflationsrate gekennzeichnet ist. Im Allgemeinen spricht man von einer Hochinflation ab einer Inflationsrate von 25% p.a. und von einer Hyperinflation ab einer monatlichen Rate von 50%. Die amerikanische FASB sieht ein Land als hochinflationär, wenn seine Inflationsrate über einen Zeitraum von 3 Jahren über 26% p.a. liegt.[2]

Vereinfacht gesagt ist die Hochinflation eine unkontrollierbare Inflation mit hohen monatlichen Raten. Die Hochinflation ist hauptsächlich eine Erscheinung des 20 Jahrhunderts, da vorher die Währungen an Edelmetalle (z.B. Goldstandart) gebunden waren. Erst der immer stärkere Einsatz von ungedecktem Geld (durch drucken großer Geldmengen) ermöglichte die Hochinflation. Auch in Europa gibt es eine Reihe von Beispielen für Hyperinflation. Besonders Hervorzuheben sind zum Beispiel Deutschland in den zwanziger Jahren mit Inflationsraten von bis zu 32.400% oder Griechenland 1943/44 mit einer monatlichen Rate von maximal 8,55 Milliarden %. Andere Beispiele sind Jugoslawien Anfang der neunziger ebenso wie Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.[3]

Das Gegenstück zur Inflation ist die Deflation, die gekennzeichnet ist durch einen anhaltenden Verfall des Preisniveaus. Folgen der Deflation sind ein Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion und eine mögliche daraus entstehende Wirtschaftskrise. Beispiel hiervor ist Japan.[4]

1.2.1 Messung von Inflation

Da sich die Preise der verschiedenen Güter auch sehr unterschiedlich entwickeln, und man aus Umsetzungs- und Kostengründen nicht die Preisentwicklung jedes einzelnen Gutes ermitteln kann, wird zur Messung der Inflation die Veränderung des allgemeinen Preisniveaus herangezogen. Hierzu wird in meistens der Preisindex der Lebenshaltungskosten benutzt. Dieser Preisindex wird unter Zuhilfenahme eines repräsentativen Warenkorbes berechnet, der in regelmäßigen Abständen erhoben wird. Dieser Warenkorb dient als Grundlage der Berechnung der Lebenshaltungskosten und deren Veränderung im Vergleich zum Basisjahr. Die Preissteigerungen werden monatlich berechnet und veröffentlicht. Im Schnitt betragen diese zurzeit zwischen 0,5 und 1,5 , wobei die Mineralölpreise die Steigerungen am stärksten beeinflussen.

Ein Problem der Messung anhand des Warenkorbes ist die ständige Änderung des Konsumverhaltens, der technische Fortschritt und die qualitative Steigerung. Dadurch wird der Warenkorb immer weniger repräsentativ je länger das Basisjahr zurückliegt. Weiter ist zu beachten, dass die Berechnung über einen statistischen Mittelwert erfolgt und somit nicht problemlos auf jedermann anzuwenden ist. Besonders zu beachten sind hierbei die Unterschiede im Einkommen der Haushalte.[5]

2. Nominelle Kapitalerhaltung

2.1. Anschaffungswertprinzip

In Österreich (ebenso wie in Deutschland) gilt nach Handelsrecht beim Jahresabschluss das Anschaffungswertprinzip, wonach Gegenstände in der Bilanz höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellkosten angesetzt werden dürfen (§203HGB). Sie bilden somit die Obergrenze der Bewertung und für die Bemessung der Abschreibungen. Höhere Wiederbeschaffungskosten dürfen nicht berücksichtigt werden.[6] Das Anschaffungswertprinzip gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB), dessen Zugehörigkeit hierzu ist aber umstritten.[7]

Das Anschaffungswertprinzip folgt dabei dem Realisationsprinzip, nach dem nur die am Abschlussstichtag realisierten Gewinne auszuweisen sind (§201 HGB). Der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung ist der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung an Dritte. Durch die Beachtung des Realisationswertprinzips wird erreicht, dass Werterhöhungen bis zum Realisationszeitpunkt keinen Einfluss auf den Gewinnausweis haben, wodurch die Entstehung nicht realisierter Gewinne verhindert wird. Bei Verbrauch dieser Gegenstände sind die Aufwendungen in der G&V auf Basis der historischen Kosten zu verbuchen.

Steuerrechtlich gilt für Vermögensgegenstände ebenfalls das Anschaffungswertprinzip analog zum Handelrecht. (§6EstG). Jede Mehrung des nominellen Eigenkapitals gilt dabei als Gewinn:[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2. Nominalwertprinzip

Nach österreichischem Handelsrecht ist der Jahresabschluss in Euro zu erstellen (§193(4) HGB), was impliziert, das nach dem Nominalwertprinzip vorzugehen ist. Dieses Prinzip geht dabei von der Annahme „Euro = Euro“ aus. Das heißt im Grundsatz, dass eine Geldeinheit einen konstanten Wert hat und damit dass Geldwertschwankungen keinen Einfluss auf die Wertansätze von Sach- und Nominalgütern in der Bilanz haben. Diese Stabilität entspricht aber nicht der Realität, da selbst große Volkswirtschaften Schwankungen unterliegen. Bei einem Festhalten am Nominalwertprinzip ist daher die Vergleichbarkeit von Vermögensgegenständen in verschiedenen Perioden nicht mehr vollständig gegeben. Darunter leiden sowohl die Aussagefähigkeit der Bilanz als auch die nominelle Gewinngröße.[9]

2.3. Scheingewinne

2.3.1. Definition von Scheingewinnen

Die Bewertungsgrundsätze (Nominal- & Anschaffungswertprinzip) bilden die Grundlage der nominalen Kapitalerhaltung. Die Nominalkapitalerhaltung verlangt dass die Differenz zwischen Vermögensgegenständen (mit Anschaffungskosten oder Herstellungskosten bewertetet) und Schulden zu Beginn und am Ende der Rechnungsperiode mindestens gleich groß ist. Gewinne ergeben sich erst wenn die Erlöse die Aufwendungen übersteigen. Der Erhalt des Unternehmens ist somit gesichert, wenn das nominelle Eigenkapital von Periode zu Periode ziffernmäßig wenigstens gleich bleibt.

Soll ein Unternehmen aber real erhalten bleiben, so muss es in der Lage sein die verbrauchten Güter wieder zu beschaffen. Dies wird in dem Moment schwierig, in dem die Wiederbeschaffungspreise oder das allgemeine Preisniveau, z.B. durch Inflation, steigen. Setzt man diesen Wiederbeschaffungswert an, so muss erkannt werden, dass die Kosten gestiegen und die Gewinne somit zu hoch angesetzt sind. Diese Differenz zwischen der Nominalbewertung und der Bewertung zu Wiederbeschaffungspreisen nennt man Scheingewinne.

Scheingewinne entstehen also vor allem aufgrund der Ausweisung von Gewinnen ohne die Berücksichtigung von Preissteigerungen. Der nominelle Gewinn laut Bilanz enthält Bestandteile, die nicht als Gewinn sondern als Scheingewinn erkannt werden müssen. Somit sind Scheingewinne häufig eine direkte Folge der Nominalbewertung.[10]

2.3.2. Bestimmung des Ausmaßes von Scheingewinnen

Ermittelt werden Scheingewinne durch Berechnung des Unterschiedsbetrags zwischen verbrauchten Produktionsgütern zu historischen Anschaffungskosten und zu Wiederbeschaffungswerten. Steigen also die Wiederbeschaffungswerte oder steigt das allgemeine Preisniveau, so bei der Anwendung des Nominalprinzips ein Ausweiß von Scheingewinnen unterstellt:[11]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entstehung von Scheingewinnen[12]

Die Ermittlung wird dadurch kompliziert, dass bei einer Fremdfinanzierung eine Tilgung mit „nominalem“ (entwerteten) Geld erfolgt. Allgemein unterscheidet man zwischen zwei Methoden zur Bestimmung des Scheingewinnes:

Eigenkapitalansatz: Es wird die Steigerung des Eigenkapitals ermittelt, die für den realen Erhalt des Eigenkapitals erforderlich ist.

Gewinnkorrektur: Alle Positionen, die aufgrund des Nominalwertprinzips zu niedrig angesetzt sind, werden korrigiert. Dies sind vor allem:

- Anlagevermögen: Die Abschreibungen sind aufgrund der Bewertung zu Anschaffungskosten zu niedrig und müssen auf den Ansatz der Wiederbeschaffungswerte korrigiert werden.
- Vorräte: Eine Wiederbeschaffung zu den historischen Kursen ist nicht realistisch. Aus diesem Grund der Ansatz für Materialaufwand zu niedrig und muss auch korrigiert werden.
- Fremdkapital: Insofern das Fremdkapital mit entwertetem Geld zurückgezahlt wird und die Zinsen auf Grundlage der Nominalwerte ermittelt werden, entsteht kein Wertverlust, da sich die nominale Aktivseite und die Finanzierung durch Fremdkapital entsprechen. Die Korrektureffekte sind daher nur auf den mit eigenkapital finanziertem Anteil der Bilanzsumme anzuwenden.

Beide Methoden sollten eigentlich zu demselben Ergebnis führen. Im Ergebnis ist die einfachste Methode eine Schätzung des Scheingewinns durch die Formel: Eigenkapital * Inflationsrate = Scheingewinne. In dieser Höhe ist der Gewinn zu hoch angesetzt.[13]

2.3.3 Folgen und Auswirkungen von Scheingewinnen

Das operative Controlling geht von einer Konstanz der Bewertungseinheit von Periode zu Periode aus, was beim Übergang zur neuen Periode Umwertungen erforderlich macht. Außerdem verfügt die Kosten- und Leistungsrechnung mit den kalkulatorischen Ansätzen für Anlagevermögen über Möglichkeiten sich vom nominalen Anschaffungswertprinzip zu trennen und auf ein System der Werterhaltung mittels Wiederbeschaffungswerten überzugehen und die Inflation zu berücksichtigen.

[...]


[1] www.unister.de/inflation

[2] vgl. Seicht, 1992, S.72

[3] www.net-lexikon.de/Hyperinflation

[4] www.unistar.de/inflation

[5] www.net-lexikon.de/inflation.html

[6] vgl. Wöhe, 2000, S.912

[7] vgl. Frick, 1999, S.65

[8] vgl. Wöhle, 2000, S.914

[9] vgl. Maurer, 1996, S.8-9

[10] vgl. Maurer,1996, S.12

[11] vgl. Wöhle,2000, S.914

[12] vgl. Wöhle, 2000, S.915

[13] vgl. Klenger,1997, S.950

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Rechnungslegung in Hochinflationsländern
Hochschule
Fachhochschule Burgenland  (Internationale Wirtschaftsbeziehungen)
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V31299
ISBN (eBook)
9783638323475
ISBN (Buch)
9783638637978
Dateigröße
602 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechnungslegung, Hochinflationsländern
Arbeit zitieren
Jens Althoff (Autor:in), 2004, Rechnungslegung in Hochinflationsländern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31299

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