Verteiltes Lernen - Künstliche Intelligenz in der Schule


Seminararbeit, 2002

23 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Schwächen der traditionellen Lehr-/Lernmodelle anhand der drei Hauptströmungen:
Behaviorismus
Kognitivismus
Konstruktivismus
Zusammenfassung

2. Was ist „Lernen“?
2.1 Verteiltes Lernen
2.2 Von der Künstlichen Intelligenz zur Verteilten Künstlichen Intelligenz
2.3 Vorteile des Verteilten Lernens
2.4 Soziales Lernen
2.4.1 Banduras „Social Learning Theory“
2.4.2 Kognitive soziale Lerntheorie Zusammenfassung

3. Wie unterstützt das MAS das Verteilte Lernen?
3.1 Interaktion und Kommunikation
3.2 Albert in der Geographie – Ein Beispiel des Verteilten Lernens im MAS

Zusammenfassung

Anhang

Literatur

Einleitung

Angesichts der immer dichter werdenden Informationsflut und der Verdopplung der Wissenszunahme reichen die bisherigen Lehr- und Lernmodelle nicht mehr aus, um Wissen den Anforderungen entsprechend zu vermitteln. Auch die Globalisierung und der verstärkte Einsatz der sogenannten neuen Medien stellen die Schule und vor allem das Lernen vor Probleme. Die Schüler lernen mehr denn je „für das Leben“ – doch was sie in der Schule lernen, lässt sich nur unzureichend auf die Problemlösung außerhalb der Schule übertragen. Die Inhalte werden oft ohne bedeutungsvollen Kontext zum Erfahrungshintergrund vermittelt. Der Lehrer ist ein „didactic leader“, der „fertige Wissenssysteme“ präsentiert. Zudem stellt Selbständigkeit einen immer zentraler werdenden Punkt dar. Die Schule muss deshalb ihre bisherigen Aufgaben neu formulieren – denn die traditionellen Theorien konzentrieren sich vor allem darauf, wie Unterricht geplant, durchgeführt und gesteuert werden muss. So muss sie vor allem folgende Aspekte vermitteln: die Schüler müssen in der Lage sein, Ziele klar formulieren und Fragestellungen und Such-/Informationsstrategien entwickeln zu können. Die Informationen müssen bewertet und die Ergebnisse dokumentiert werden. Dabei stellt die Selbstkontrolle einen wesentlichen Punkt dar. Diese wenigen genannten Aspekte sind mit den traditionellen Modellen aber nicht bzw. kaum umsetzbar. Zudem muss der Unterricht insbesondere in seiner Form neu gestaltet werden: Weg vom lehrerzentrierten, hin zum schülerzentrierten Unterricht. Ein Lösungsansatz für dieses komplexe Problem bietet das Verteilte Lernen, welches diesen Anforderungen gerecht wird. Unterstützt werden kann es dabei von einem entsprechend ausgerichteten Multi-Agenten-System und der Verteilten Künstlichen Intelligenz.

Die Arbeit soll einen Einblick geben, was „Lernen“ überhaupt ist und warum die traditionellen Lehr- und Lernmodelle nicht mehr zeitgemäß sind (auf Grund der Unmenge an didaktischen Modellen soll hier nur auf die drei Hauptströmungen eingegangen werden, die sämtliche Theorien einschließen). Zudem soll erläutert werden, was Verteiltes Lernen bedeutet und worin seine Stärken liegen.

1. Schwächen der traditionellen Lehr-/Lernmodelle

1.1 Behaviorismus

Der Behaviorismus wurde 1913 durch John B. Watson begründet und beruht auf der Reiz-Reaktions-Psychologie. Die Person an sich mit ihren Emotionen und Erfahrungen wird lediglich als „Black Box“ mit sogenannten „Inputs“ und „Outputs“ verstanden, die wissenschaftlich nicht relevant ist. Gemessen wird nur das objektive und messbare Verhalten; Selbstbeobachtung und die Analyse innerer seelischer Vorgänge werden strikt abgelehnt. Weiterhin geht der behavioristische Ansatz davon aus, dass sich der Lernprozess bei jedem Menschen gleich gestaltet: Auf einen bestimmten Reiz erfolgt eine bestimmte Reaktion bzw. ein bestimmtes Verhalten (auf die gleichen Reize folgen dabei stets die gleichen Reaktionen). Das Verhalten der Schüler ist nach den Vertretern dieser Theorie also durch äußere Reize und positive bzw. negative Verstärkung (Lob oder Tadel) steuerbar.

Als Vorteile des Behaviorismus können drei Punkte genannt werden:

1. Das gelernte Faktenwissen dient als Basis für komplexes Wissen.
2. Große Bedeutung werden dem Erlernen von Reaktionsmustern sowie Standardabläufen beigemessen.
3. Lehr- und Lernmodelle, die den Behaviorismus als Grundlage nutzen, sind besonders geeignet für die Aufstellung statistischer Modelle.

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile:

1. Da kein zusammenhängendes Wissen gelehrt wird, erscheint das Faktenwissen als losgelöst und läuft somit Gefahr, aus den kontextuellen Gegebenheiten gerissen und damit unverständlich zu werden.
2. Stark kritisiert wird die Vernachlässigung der menschlichen Faktoren.
3. Zudem wird das menschliche Gedächtnis nur als passiver Behälter betrachtet ohne Verarbeitung und eigenes Feedback.
4. Ebenfalls vernachlässigt werden die Randbedingungen (z.B. die Gegebenheiten des Klassenzimmers oder die Klassen-/Lernsituation).
5. Schließlich muss gesagt werden, dass die Erkenntnisse der Behavioristen nur auf Tierexperimenten beruhen (man denke an Pawlows Versuche mit dem Hund zur klassischen Konditionierung). Die Ergebnisse wurden anschließend analog auf den Menschen übertragen.

Die Rolle des Lehrers ist stark reduziert: er vermittelt lediglich Faktenwissen im sturen Frontalunterricht.

Durch die Weiterentwicklung des Behaviorismus wurde auch der Einsatz von Medien näher erläutert. Sie dienen der Präsentation bestimmter Informationen oder Reizen, worauf der Schüler ein bestimmtes Verhalten/eine bestimmte Reaktion erwidert. Viele Computer-Lernprogramme arbeiten auf dieser Basis. Der Schüler erhält eine Rückmeldung vom System als Verstärkung. Diese erfolgt entweder als positive oder negative Meldung (positiv: Lob, Animation, Weiterkommen etc.; negativ: Tadel, Wiederholen etc.). Solche Programme werden als „Drill & Practice-Programme“ bezeichnet und finden schon in ihrem Namen den Hauptkritikpunkt: ihnen wird vorgeworfen, lediglich auf Basis der Konditionierung zu arbeiten und nur das instruierende Lernen zu unterstützen. Ein weiterer, wesentlicher Kritikpunkt ist der der fehlenden Kommunikation und dass der Schüler keine Möglichkeit der Einflussnahme und Interaktion hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Funktionsweise der Drill & Practice-Programme

1.2 Kognitivismus

Der Kognitivismus hat seine Entstehungszeit im Jahr 1920 und sieht den Wissenserwerb als Wechselwirkung zwischen dem Lernstoff und dem Vorwissen. Das neue Wissen wird in die vorhandenen Wissensstrukturen eingegliedert. Die Kognitivisten betonen insbesondere den Zusammenhang von Denk- und Verarbeitungsprozessen und begründen ihre Theorie auf der internalen individuellen Informationsverarbeitung der Lernenden. Vertreter des Kognitivismus sind unter anderem in der Gestaltpsychologie zu finden sowie in dem Modell des Entdeckenden Lernens. Der Lehrer ist hier nicht mehr ganz so passiv – wie im Behaviorismus – sondern fungiert als ein Tutor, der die Schüler begleiten und bei Problemen unterstützen soll.

Konstruktivisten gehen auf die Natur des Menschen als ein individuelles Wesen ein (jeder Mensch lernt anders) und legen weniger Wert auf die Einzelleistung als auf das Wissen, Probleme lösen zu können. Das Lernziel wird dem gemäß definiert als das Finden von Lösungsmethoden.

Nachteilig auf diese Theorie wirkt sich jedoch aus, dass es nur eine objektive Wirklichkeit gibt und der menschliche Geisteszustand (Bewusstsein) vernachlässigt wird. Ebenso fehlt der soziale Aspekt, sprich der Bezug auf andere und zur Welt während des Lernens.

1.3 Konstruktivismus

Wissen wird erlangt durch die subjektive Konstruktion von Ideen und Konzepten. Der 1945 aufgekommene Konstruktivismus hebt sich schon dadurch vom Kognitivismus ab, dass die Variable „Subjektivität“ einbezogen wird und eine Steuerung des Lernprozesses von außen ausgeschlossen wird. Ein weiterer Unterschied zu den Kognitivisten ist der, dass nicht alles Wahrgenommene auch verarbeitet wird. Nach einer ersten Vorverarbeitung werden die Informationen danach beurteilt, was benötigt wird und nur das wird gelernt. Der Lernende konstruiert sich auf diese Weise seine eigene, individuelle „Wissenslandkarte“[1]. Neues Wissen wird definiert als Konstruktion in bezug auf Vorwissen und Aufgabe. Besonderen Wert legen die Konstruktivisten auf die kommunikative und soziale Kompetenz. Darunter wird verstanden, dass Informationen in Zusammenarbeit mit anderen gefunden und verarbeitet werden muss. Entwickelt werden sollen kognitive (Problemlösewissen) und metakognitive (Lern- und Kontrollstrategien) Strategien.

Eine weitere bedeutende Weiterentwicklung durch den Konstruktivismus ist, dass der Mensch als ein Individuum aufgefasst wird, welches in verschiedenen Situationen spezifisch lernt (dabei kann es vorkommen, dass bei gleichen Situationen unterschiedliche Lernmethoden/-erfolge zu Tage treten auf Grund unterschiedlicher mentaler Verfassungen z.B.).

Der Lehrer soll den Lernenden bei der aktiven Konstruktion seines Wissens zur Seite stehen und den Lernprozess unterstützen. Wissen wird somit nicht länger ausschließlich vom Lehrer vermittelt und „transportiert“.

Konstruktivisten definieren die Erkenntnisse eines Individuums als individuelle Konstruktionen von der Wirklichkeit auf der Basis subjektiver Entscheidungskriterien und bevorzugen offenen Lernumgebungen, die ...

1. ...authentische und komplexe Situationen präsentieren,
2. ...den Lernenden Interaktionsmöglichkeiten bieten,
3. ...multidimensional und pluralistisch sind und
4. ...den Lernenden das selbständige Sammeln von Erfahrungen ermöglichen.

Der Konstruktivismus betont also stärker die individuellen Unterschiede und kann als weniger autoritär verstanden werden. Von großer Bedeutung sind Begriffe wie Selbständigkeit und Eigeninitiative sowie die Ausbildung komplexer Fähigkeiten. Weiterhin wird das kritische, vernetzte und ganzheitliche Denken gefördert und als Hauptziel des Konstruktivismus wird die Förderung von Kompetenz angesehen und nicht Wissen (→ Behaviorismus) oder Leistung (→ Kognitivismus).

Deutlich sind aber auch die Nachteile. Hervorstechend ist die Tatsache, dass Lernen als Konstruktionsprozess oft verwechselt wird mit der Beliebigkeit der Wissensbildung. Des weiteren kann festgehalten werden, je allgemeiner die Strategien sind, desto geringer ist das Detailwissen. Angesprochen wurde der Punkt, das Konstruktivisten komplexe Lernumgebungen bevorzugen. Sind diese jedoch zu komplex, übersteigt dies die Anforderungen an die Lernenden und es entsteht ein hoher Entwicklungsaufwand.

Dieses Kapitel sollte der Erklärung dienen, warum die traditionellen Lehr- und Lernmodelle nicht mehr ausreichend sind, den heutigen Anforderung an Schule und Gesellschaft gerecht zu werden. Wenn man sich aber den Konstruktivismus noch einmal näher betrachtet, scheint dieser nicht wirklich dazu zu gehören. Erklärt werden kann dies damit, dass sich innerhalb dieser Richtung Weiterentwicklungen vollzogen haben, wodurch unter anderem der „Neue Konstruktivismus“ entstanden ist. Auf dessen Grundlage – und unter Einbezug verschiedener Aspekte der Grundtheorie – können Modelle und Theorien entwickelt werden, die mit der neuen Ausgangslage konfrontiert werden können.

Gegenstand des Neuen Konstruktivismus ist die kontextuelle und kulturelle Einbettung des Wissens sowie die Verbindung von sozialem Handeln und Lernen. Es werden Möglichkeiten angeboten, die den Wissenserwerb fördern und den Lernenden Hilfestellungen geben sollen für ein komplexes, selbstorganisierendes Lernen in Zusammenarbeit mit anderen.

[...]


[1] Ch. Nitschke, Ph. Ahrendt: Lerntheorien und Lernpraktiken mit Computer

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Verteiltes Lernen - Künstliche Intelligenz in der Schule
Hochschule
Technische Universität Dresden
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V30568
ISBN (eBook)
9783638318037
ISBN (Buch)
9783638692021
Dateigröße
983 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verteiltes, Lernen, Künstliche, Intelligenz, Schule
Arbeit zitieren
Sandra Starke (Autor:in), 2002, Verteiltes Lernen - Künstliche Intelligenz in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30568

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