Hartmann von Aue: Iwein. Ein Analyse zum "literarischen Ich" im 'Iwein'


Seminararbeit, 2001

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorkenntnisse
2.1. Was wissen wir von Hartmann von Aue?
2.2. Autorenschaft und Literatur im späten Mittelalter

3. Das literarische Ich – Funktionen und Verhältnis zu Autor und Erzähler
3.1. Erzählsituation im Iwein
3.2. Das literarische Ich im Iwein
a) Prolog (V. 1 – 30)
b) Nachsatz zum Prolog (V. 47 – 58)
c) Überleitungen, Einleitungen kurzer Exkurse (V. 1107, 1135, 2716, 3031, 3036, 7125f.)
d) Deutungen, Abstraktionen und allgemeine Ratschläge (V. 1298-1300, 2716-2721, 3812-3817, 4949f., 5586-5590)
e) Rekapitulationen (V. 3928, 6939-6951)
f) Große Exkurse, fingierte Gespräche (V. 1872-1888, 2971-3024, 7015-7074)
g) Understatements des dichterischen/erzählerischen Wissens, Verweise auf die Überlieferung (V. 1113, 2980, 3025f., 7144, 8160-8163)
h) Persönliche Eigenschaftszuweisungen und ausdrückliche Nennung des Namens (V. 2974, 2982, 3015, 3098-3100, 7027)
3.3. Steht das literarische Ich für den Autor oder den Erzähler?

4. Abschlussbemerkungen

Literaturverzeichnis
A. Primärliteratur
B. Sekundärliteratur

1. Einleitung

Das Spätwerk Hartmanns von Aue ist wohl unbestritten eines der Bedeutendsten der deutschen Artusdichtung des späten Mittelalters. Der "Iwein" wurde vermutlich um 1205 geschrieben, bzw. beendet und beruht auf der Vorlage von Chrestién de Troyes "Yvain".

Die vorliegende Hausarbeit wird sich mit Hartmanns Spätwerk beschäftigen und soll vorrangig betrachten, in welchen unterschiedlichen Funktionsweisen das literarische Ich[1] auftaucht und inwieweit /ob sich der Autor im Werk durch das literarische Ich zu erkennen gibt. Ich werde also auch versuchen herauszufinden, inwieweit der Dichter Hartmann die Wertungen etc. vornimmt und sich nicht nur hinter seiner Erzählerrolle versteckt.

Um die Hausarbeit in einem vernünftigen Rahmen zu halten, werde ich mich bei der Beschäftigung mit dem Originaltext an jene Stellen halten, an denen das dichterische/erzählerische "ich" explizit "ich" (oder auch "mich") genannt wird (einbezogen werden auch die Verse, in denen Hartmanns Name zusätzlich zum literarischen Ich oder auch extra genannt wird), wohlwissend, dass zu einer ausführlichen Betrachtung der Erzählerbemerkungen und des literarischen Ichs auch Gedankenreferate, Erzählfloskeln, rhetorische Fragen u. ä. gehören. Außerdem halte ich die genannten Stellen auch für die, bei denen die Trennung zwischen Erzähler und Autor am schwersten fällt und wo somit eine genauere Untersuchung vonnöten ist.

2. Vorkenntnisse

Bevor ich mich mit dem Auftreten des literarischen Ichs und dem Verhältnis Hartmanns zu seinem Werk "Iwein" bzw. seiner möglichen Offenbarung darin beschäftige, möchte ich zunächst einmal bestimmte Fakten als Voraussetzung für die spätere Untersuchung zum Verhältnis Autor – Erzähler – literarisches Ich anführen.

2.1. Was wissen wir von Hartmann von Aue?

Alles, was wir von Hartmann wissen, erfuhren wir aus seinen eigenen Werken, außer dem "Iwein" z. B. "Der arme Heinrich", "Gregorius" oder "Erec". Seinen Namen Hartmann von Ouwe nennt er selbst in den Prologen. Man erkennt in ihnen auch, dass er sich zum unfreien Dienstadel der Ministerialen rechnet. Seine genaue örtliche Herkunft ist ungeklärt, man vermutet aber den allemannischen Sprachraum, genauer, das Herzogtum Schwaben.

Seine Bildung, die er auch sehr selbstbewußt formuliert, ist sehr fundiert und beinhaltet aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl Theologie als auch Philosophie. Im übrigen werden aufgrund der Tatsache, dass er Chrestien als literarische Grundlage verwendete, französische Sprachkenntnisse vermutet.[2]

2.2. Autorenschaft und Literatur im späten Mittelalter

In weitaus größerem Maße als in unserer Zeit galt es in der damaligen Literatur Vorgegebenes zu erneuern, aufzunehmen und mit neuer Konzeption zu gestalten[3]. Der bearbeitete Stoff, soll sowohl erfreuen (delectare) als auch nützen (prodesse). Dafür sucht sich der Autor meist Themen, die dem Publikum bereits in Grundzügen bekannt sind und erzählt diese auf der Suche nach neuen Aspekten. Oft verarbeiten Dichter "diese Prozesse des Suchens und Findens zum Bestandteil ihrer Dichtung selbst, meist von der Handlung gelöst in Prologen, Epilogen oder Exkursen"[4], so Bein. Literatur hatte damals oft auch didaktische Funktion (im Sinne des Nützens), sie sollte vor allem die höfische Vorbildlichkeit aufzeigen. Eine solche didaktische Funktion impliziert auch ein enges Verhältnis zum Publikum. Es wird als Mitspieler geschätzt und benötigt, denn die Dichter im späten Mittelalter in hohem Maße auf die Gunst von Mäzenen und Zuhörern angewiesen[5]. Oft werden in Prologen, Exkursen etc. die Zuhörer direkt angesprochen und diese Gespräche im weiteren Verlauf durch rhetorische Frage, direkte Anreden oder fingierte Fragen des gedachten Publikums im Werk fortgesetzt. Laut Bumke

spiegelt sich in der Gelehrigkeit und Wißbegierde der fingierten Zuhörer der Wunsch des Autors, es auch in Wirklichkeit mit einem Publikum zu tun zu haben, das an seinen [denen des Autors, Anm. von mir, S. H.] Erzählungen Anteil nahm und den Autor als überlegenen Autor verehrte[6].

3. Das literarische Ich – Funktionen und Verhältnis zu Autor und Erzähler

3.1. Erzählsituation im Iwein

Bezieht man sich auf die Erzählertypologie nach Franz Stanzel, so wird man unschwer erkennen können, dass im "Iwein" eine auktoriale Erzählsituation vorherrscht. Das heißt, es ist ein persönlicher Erzähler vorhanden, der sich, gleichsam allwissend, einmischt und Kommentare zum Erzählten abgibt[7]. Z.B.: V. 1058f.

ez het der halptôte man

ze vliehen einen gereiten muot:

ouch was sîn ors alsô guot

daz er vil nâch was komen hin.

do gedâhr her îwein, ob er in

niht erslüege od vienge,

daz ez im danne ergienge

als im her Keiî gehiez,

der niemens ungespottet liez:[8]

Ein Merkmal des auktorialen Erzählers ist an dieser Stelle sofort offenkundig: der Vorrang der berichtenden Darstellung[9]. Außerdem kristallisieren sich anhand dieser Textstelle bereits die Möglichkeiten des Erzählers, sich einzubringen, heraus. Er charakterisiert Personen bzw. erinnert an deren Handlungen: Keie, der alle verspottet. Er hat als allwissender Erzähler Einblick in die Gedanken der handelnden Personen: Iwein denkt, er muss den Verfolgten töten oder gefangennehmen. Außerdem ist der Erzähler derjenige, der Gründe für das Handeln liefert und die Handlung logisch arrangiert: die Verfolgung wird schwierig, weil der Verfolgte ein gutes, schnelles Pferd besitzt.

Der auktoriale Erzähler ist also immer Mittelsmann zwischen dem Gesagten und dem Publikum, zwischen der Wirklichkeit des Autors und des Lesers / Hörers, denn er versucht das Geschehene dem Leser / Hörer durch seine Bemerkungen und Einschübe zugänglicher zu machen.

Ist es nun aber tatsächlich immer der Erzähler, der dies tut, oder bringt sich nicht auch der Autor selbst ins Spiel? Betrachten wir die Stellen des Iwein, an denen das literarische Ich auftritt.

3.2. Das literarische Ich im Iwein

Im gesamten Werk habe ich 21 ein- oder mehrversige Stellen gefunden, an denen das literarische Ich und/oder Hartmanns Name auftaucht. Diese Stellen möchte ich zunächst einmal gruppieren (teilweise muss ich dafür auch Verse aus der zugehörigen Stelle auslösen und noch einmal gesondert aufführen) und nach ihrem erzählerischen Wert analysieren[10], um ihre vielfältige Auftretensmöglichkeiten und Funktionsweisen darzustellen, bevor ich sie als Ganzes im nächsten Kapitel dahingehend untersuche, inwieweit es der Erzähler oder Hartmann selber ist, der sich da in das Geschehen einbringt.

[...]


[1] Diesen Begriff wähle ich für diese Arbeit, um einer vorweggenommenen Festlegung, ob es sich bei der Nennung eines "ich" um den Autor oder den Erzähler handelt, aus dem Wege zu gehen.

[2] vgl. Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Hg. von Kurt Ruh. Bd. 3. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Berlin, New York: De Gruyter 1981, S. 500f.

[3] vgl. Meissburger, Gerhard: Einführungen in die mediävistische Germanistik. Göppingen: Kümmerle 1983, S. 185

[4] Bein, Thomas: Germanistische Mediävistik. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1998, S. 75

[5] vgl. Bumke, Joachim: Höfische Kultur, Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Bd. 2. 5. Auflage. München: dtv 1990, S. 706

[6] Bumke 1990, S. 707

[7] vgl. Martinez, Matias und Michael Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie. München: C. H. Beck 1999, S. 90 ff.

[8] Cramer 1983, S. 21, V. 1058 - 1066

[9] Hartmann benutzt zwar in seinem Werk auch oft das Darstellungsmittel des Dialogs, allerdings überwiegt doch die berichtende Erzählweise.

[10] dazu gehört auch der Vergleich mit Chrestiens "Yvain", um sicherzugehen, dass das literarische Ich von Hartmann selbst eingesetzt und nicht einfach von Chrestien übernommen wurde

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Hartmann von Aue: Iwein. Ein Analyse zum "literarischen Ich" im 'Iwein'
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (INstitut für Germanistische Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Hartmann von Aue: Iwein
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V30513
ISBN (eBook)
9783638317634
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hartmann, Iwein, Analyse, Iwein, Hartmann, Iwein
Arbeit zitieren
Sabine Heinichen (Autor:in), 2001, Hartmann von Aue: Iwein. Ein Analyse zum "literarischen Ich" im 'Iwein', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30513

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