Ein Überblick über das spanische Planungssystem


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Aufbau des spanischen Staats
1.1 Autonome Gemeinschaften
1.2 Provinzen
1.3 Kommunen

2. Grundlagen des spanischen Baurechts
2.1 Gesetzliche Grundlagen
2.2 Planungsebenen
2.3 Besonderheiten des spanischen Baurechts

3. Die lokale Planungsebene am Beispiel der Comunidad de Madrid
3.1 Plan General
3.2 Plan de Sectorización
3.3 Programa de Actuación Urbanística (PAU)
3.4 Plan Parcial
3.5 Planes Especiales
3.6 Estudio de Detalle
3.7 Catálogo de Bienes y Espacios Protegidos
3.8 Sonstige Planwerke

4. Plan Parcial und Bebauungsplan im Vergleich

Literaturverzeichnis

Diese Arbeit will einen Überblick über den generellen Aufbau des spanischen Staats, seine Planungsebenen und die jeweiligen planerischen Instumente geben. In der grundlegenden Darstellung des spanischen Baurechts auf nationaler und - am Beispiel der Comunidad Autónoma de Madrid - auch regionaler Ebene werden die Besonderheiten und Unterschiede zum deutschen Baurecht deutlich. Im Anschluss an die Beschreibung der Pläne, die der Kommune in Spanien zur Verfügung stehen, werden der spanische Plan Parcial und der deutsche Bebauungsplan miteinander verglichen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede dargestellt.

1. Aufbau des spanischen Staats

Der spanische Staat ist eine parlamentarische Monarchie, die sich mit der Constitución Española1 (der spanischen Verfassung) von 1978 eine demokratische Struktur gegeben hat.

In der Verfassung ist - im Gegensatz zur bis dahin existierenden zentralisierten territorialen Staatsgliederung - eine Verteilung von Zuständigkeiten und Verantwortung auf verschiedene Ebenen vorgesehen. Das Staatsgebiet gliedert sich in 17 Comunidades Autónomas (Autonome Gemeinschaften) und die nordafrikanischen Exklaven Ceuta und Melilla, die seit 1994 den Status Autonomer Städte mit den gleichen Rechten der Autonomen Gemeinschaften besitzen. Außerdem gibt es noch die Zwischenebene der 52 Provinzen und schließlich über 8.000 Kommunen (Abb.1). Mit der anhaltenden und umfangreichen Übertragung von Zuständigkeiten der Staatsverwaltung an die Autonomen Gemeinschaften ist Spanien zu einem der am meisten dezentralisierten Länder Europas geworden.2

Die Grundprinzipien, auf denen diese Form der territorialen Gliederung basiert, sind folgende:

- Gleichheit unter den Bürgern, unabhängig davon, in welchem Gebiet sie wohnen,
- Einheit der spanischen Nation,
- Solidarität zwischen den Autonomen Gemeinschaften und
- Autonomie, d.h. die Fähigkeit der verschiedenen Nationalitäten und Regionen zur Ausübung ihrer eigenen Zuständigkeiten.

Alle diese Prinzipien unterliegen dem Grundsatz der Loyalität gegenüber der Verfassung3.

Die Zuständigkeiten werden zwischen dem Staat und den 19 Autonomen Gemeinschaften verteilt. Sie sind in drei Kategorien aufgeteilt4:

a) ausschließliche Zuständigkeit: Staat bzw. Autonome Gemeinschaften besitzen in bestimmten Bereichen eine eigene gesetzgebende und ausführende Gewalt5 ;
b) geteilte Zuständigkeit: Staat und Autonome Gemeinschaften üben in bestimmten Bereichen gemeinsam die gesetzgebende und ausführende Gewalt aus;
c) konkurrierende Zuständigkeit: Staat wie auch Autonome Gemeinschaften können in bestimmten Bereichen die Verantwortung an sich ziehen.

1.1 Autonome Gemeinschaften

Jede der 19 Autonomen Gemeinschaften verfügt über eine eigene Hauptstadt, in der der Regierungsrat und das Parlament ihren Sitz haben. Die Mitglieder des Parlaments werden in direkter und geheimer Wahl von den Bürgern der jeweiligen Gemeinschaft gewählt. Es ist verantwortlich für die Wahl des Vorsitzenden der Autonomen Gemeinschaft, die Verabschiedung der notwendigen Gesetzgebung innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches und die Verabschiedung des Gemeinschaftshaushalts und kontrolliert die entsprechende autonome Regierung.

Die autonome Regierung besteht aus dem Präsidenten und dem Kabinett. Ihre Aufgabe es ist, die vollziehende Gewalt im Rahmen der von der Autonomen Gemeinschaft übernommenen Zuständigkeitsbereiche auszuüben.

Der Prozess der Dezentralisierung ist so weit fortgeschritten, dass die Autonomen Gemeinschaften u.a. für die Bereiche Bildung und Kultur, Gesundheitswesen, Landwirtschaft und Industrie, Beschäftigungspolitik und auch gebietseigene Infrastrukturen allein verantwortlich sind.

Aufgrund der weitreichenden Befugnisse sind die Gemeinschaften auch finanziell weitgehend unabhängig von der Zentralregierung.6

Die Autonomen Gemeinschaften können am ehesten mit den Bundesländern in Deutschland verglichen werden.

1.2 Provinzen

Eine Zwischenebene zwischen den Kommunen und den Autonomen Gemeinschaften bilden die 52 Provinzen. Jede Provinz setzt sich normalerweise aus einer Gruppe von Städten und Gemeinden zusammen, in einigen Fällen sind Provinz und Autonome Gemeinschaft aber auch identisch.Dies trifft u.a. auf die Comunidad de Madrid zu, bei der dann eine Ebene entfällt.

Die Provinz stellt eine zentralstaatliche Verwaltungsebene dar, ihre Aufgaben sind durch die Verfassung definiert.7 Ein Provinzialrat, dessen Mitglieder unter den Gemeinderäten der Städten und Gemeinden gewählt werden, verwaltet die Provinz.

Eine solche Ebene gibt es in der Bundesrepunlik nicht. Sie kann aus baurechtlicher Sicht auch nicht mit der Ebene der Regionalplanung gleichgesetzt werden, da diese ja den Bundesländern verantwortlich sind und nicht der nationalen Ebene direkt.

1.3 Kommunen

Den Städten und Gemeinden Spaniens sichert die spanische Verfassung Autonomie zu. Sie werden vom Gemeinderat verwaltet, an dessen Spitze der Bürgermeister steht. Die Bereiche eigenverantwortlichen Handelns unterscheiden sich je nach Einwohnerzahl, klassische Zuständigkeiten liegen im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie im Transportwesen. Dabei sind die Kommunen an die Rahmenvorschriften - vom Staat und/oder den Autonomen Gemeinschaften - gebunden. Zentral- und Regionalregierung können den Kommunen auch weitergehende Befugnisse übertragen. Der Stadt- oder Gemeinderat wird für jeweils vier Jahre gewählt und trägt die Verantwortung für die Haushaltswirtschaft. Zur Ergänzung der staatlichen Geldmittel kann er weitere Steuern und Abgaben festlegen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Aufbau des spanischen Staats

Quelle: Eigene Darstellung

2. Grundlagen des spanischen Baurechts

2.1 Gesetzliche Grundlagen

In Spanien sind es die Autonomen Gemeinschaften, die die Kompetenzen für die räumliche Planung besitzen, der spanische Staat setzt nur die Rahmenbedingungen und stellt so sicher, dass z.B. hinsichtlich der Rechte und Pflichten des (privaten) Grundeigentümers und der öffentlichen Verwaltung in ganz Spanien dieselben Bedingungen anzutreffen sind.8

Auf nationaler Ebene bildet das Ley 6/1998 sobre R é gimen del Suelo y Valoraciones 9 (Gesetz über die Bodennutzung und Wertermittlung, im folgenden abgekürzt mit LRSV) mit den Ergänzungen des Real-Decreto Ley 4/2000 de Medidas Urgentes de Liberalizac ó n en el Sector Inmobiliario y Transportes 10 (Königliches Dekret11 über die dringenden Maßnahmen zur Liberalisierung des Immobiliensektors und Transportwesens) die gesetzliche Grundlage der räumlichen Planung. Es trifft Regelungen zu den folgenden Themenbereichen:

- Grundlegende Definition der Eigentumsrechte an Grund und Boden
- Wertermittlung und Wertausgleich
- Grundlegende Klassifizierung des Bodens und Darstellung der Rechte und Pflichten der Eigentümer
- Enteignung
- Entschädigung

Außerdem finden sich in ihm die Teile des Vorgängergesetzes (Real-Decreto Ley 1/1992 sobre Régimen de Suelo y Ordenación Urbana12 ), die als Übergangsregelungen weiterhin Anwendung finden.

Die Mehrzahl der Autonomen Gemeinschaften hat sich - den staatlichen Rahmen genauer definierend - eigene Planungsgesetze gegeben, die Festlegungen in den folgenden Bereichen treffen:

- Leitlinien und Kriterien zur räumlichen Ordnung
- Genaue Klassifizierung der „Arten“ des Bodens

Bodennutzung

- Festlegung der Instrumente der Planung
- Vorschriften zur Ausführung der Planung

(dazu gleich mehr) und der

- Bauordnungsrechtliche Vorschriften

In den Autonomen Gemeinschaften, die noch nicht über ein „komplettes“13 baurechtliches System (d.h. ein eigenes Ley del Suelo) verfügen, sondern nur einzelne Bestimmungen verabschiedet haben, gelten sinngemäß die Bestimmungen des vorher gültigen staatlichen Ley del Suelo von 1976 (Texto Refundido de la Ley sobre Régimen de Suelo y Ordenación Urbana14 ).15

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Planungsebenen und Planwerke

[...]


1 Constitución Española in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.08.1992; veröffentlicht im Boletín Oficial de Estado Nr. 207, 1992, Spanien.

2 http://www.administracion.es/portadas/portal_internacional/organizacion_territorial/index _deutsch.html#BM1

3 Art. 2 Constitución Española.

4 Die Gewaltenteilung zwischen den autonomen Regionen und der Zentralregierung wird in den Art. 148f. der Constitución Española geregelt.

5 Die Zentralregierung besitzt die ausschließliche Zuständigkeit in den Bereichen: Aussenpolitik, Landesverteidigung, Justizverwaltung, Straf-, Handels- und Arbeitsgesetzgebung, Aussenhandel und Steuern, Wirtschaftsplanung, Finanzwesen und öffentliche Sicherheit (vgl. Art. 149 Constitución Española).

6 In Art. 156 Constitución Española ist die finanzielle Autonomie "für die Entwicklung und Ausübung ihrer Zuständigkeiten" festgeschrieben. Neben ihren eigenen örtlichen Steuern und Einnahmequellen erhalten die Gemeinschaften von der zentralen Regierung direkte und indirekte Geldmittel. Allerdings muss der Haushalt in Zusammenarbeit mit der Zentralregierung aufgestellt werden, da diese letztendlich für die Steuergesetzgebung und die gleiche steuerliche Behandlung der Bürger in Spanien verantwortlich ist.

7 Art. 141 Constitución Española.

8 Art. 148, Punkt 3 und 149, Punkte 1, 18 Constitución Española.

9 Ley 6/1998 sobre Régimen del Suelo y Valoraciones in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.04.1998; veröffentlicht im Boletín Oficial de Estado Nr. 89, 1998, Spanien.

10 Ley 4/2000 de Medidas Urgentes de Liberalizacón en el Sector Inmobiliario y Transportes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.07.2000; veröffentlicht im Boletín Oficial de Estado Nr. 162, 2000, Spanien.

11 Im Gegensatz zum Ley Orgánica wird das Real-Decreto nicht von der Legislative verabschiedet. In dringenden Fällen ist die spanische Regierung durch die Verfassung (Art. 86) dazu bevollmächtigt, gesetzesähnliche Vorschriften in Kraft zu setzen. Diese müssen jedoch sofort in der gesetzgebenden Versammlung, den Cortes, zur Debatte gestellt und innerhalb einer bestimmten Frist bestätigt werden. Wird das Real-Decreto dort nicht bestätigt, verliert es jede rechtliche Wirkung.

12 Ley 1/1992 sobre Régimen de Suelo y Ordenación Urbana in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.06.1992; veröffentlicht im Boletín Oficial de Estado Nr. 156, 1992, Spanien.

13 García Erviti, Federico (2001): Compendio de Arquitectura Legal. S. 234.

14 Texto Refundido de la Ley sobre Régimen de Suelo y Ordenación Urbana in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.06.1976; veröffentlicht im Boletín Oficial de Estado Nr. 145f., 1976, Spanien.

15 Aufgrund des Gerichtsurteils 61/1997 des spanischen Verfassungsgerichts sind Teile des Ley de Suelo von 1992 nicht rechtsgültig. Somit treten in den Autonomen Gemeinschaften ohne vollständige Gesetzgebung zur Raumplanung automatisch die Regelungen des vorher gültigen Ley de Suelo von 1976 in Kraft. Dies ist insofern schwierig, als dass viele Instrumentarien und vor allem die Gesetzesentwürfe für ein eigenes Ley del Suelo der Autonomen Gemeinschaften auf dem Gesetz von 1992 beruhten und nun neu formuliert werden mussten bzw. müssen.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ein Überblick über das spanische Planungssystem
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Stadt- und Regionalplanung)
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V29958
ISBN (eBook)
9783638313360
Dateigröße
735 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Selbständiger Teil einer größeren Hausarbeit mit städtebaulichem Entwurf in Madrid. Der Baurechtsteil wurde selbständig mit genannter Note bewertet.
Schlagworte
Planungssystem
Arbeit zitieren
Arend Bewernitz (Autor:in), 2004, Ein Überblick über das spanische Planungssystem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29958

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