Sanierungskredite in der Restrukturierungsfinanzierung


Diplomarbeit, 2004

138 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Methodische Vorbemerkungen

2 Unternehmenskrisen und Restrukturierung
2.1 Unternehmenskrisen
2.1.1 Begriffliche Abgrenzung
2.1.2 Ursachen für Unternehmenskrisen
2.1.3 Arten von Unternehmenskrisen
2.2 Restrukturierung als Instrument zur Krisenbewältigung
2.2.1 Begriffliche Abgrenzung
2.2.2 Träger der Restrukturierung von Krisenunternehmen
2.2.3 Ablauf der Restrukturierung von Krisenunternehmen
2.2.4 Maßnahmen im Rahmen der Restrukturierung
2.2.4.1 Strategische und operative Maßnahmen in der Restrukturierung
2.2.4.2 Finanzwirtschaftliche Maßnahmen in der Restrukturierung

3 Sanierungskredit als finanzwirtschaftliche Maßnahme im Rahmen der Restruktuierung
3.1 Grundlagen zum Sanierungskredit
3.1.1 Begriffliche Abgrenzung
3.1.2 Charakteristika eines Sanierungskredites
3.2 Banken als wesentliche Sanierungskreditgeber
3.3 Gründe für die Vergabe von Sanierungskrediten
3.4 Probleme und Haftungsrisiken bei der Sanierungskreditvergabe
3.4.1 Probleme
3.4.2 Haftungsrisiken

4 Konzeptionalisierung des Entscheidungsproblems
4.1 Entscheidungsproblem der Sanierungskreditgeber
4.2 Entscheidungsparameter bei der Restrukturierungsfinanzierung durch Sanierungskredite
4.2.1 Qualitative Entscheidungsparameter
4.2.1.1 Endogene Parameter
4.2.1.2 Exogene Entscheidungsparameter
4.2.2 Quantitative Entscheidungsparameter
4.3 Erstellung der Parameterfunktion

5 Empirische Untersuchung zur Sanierungs­kreditvergabe
5.1 Methodische Vorgehensweise und Datenerhebung
5.1.1 Methodik
5.1.2 Auswahl der Stichprobe
5.1.3 Profil der Stichprobe
5.2 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
5.2.1 Häufigkeit der Vergabe von Sanierungskrediten innerhalb der Stichprobe
5.2.2 Statistische Auswertung und Interpretation der einzelnen Parameter
5.2.3 Statistische Auswertung und Interpretation der Parameterfunktion
5.3 Kritische Würdigung der empirischen Ergebnisse

6 Zukünftige Bedeutung des Sanierungskredites
6.1 Entwicklungstendenzen und der Einfluss auf die Sanierungskreditvergabe
6.2 Alternativen zum Sanierungskredit
6.3 Auswirkungen auf die Entscheidungsparameter

7 Schlussbemerkungen und Ausblick

Anhangsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Konzeptionelle Grundlagen von Unternehmenskrisen

Abbildung 2: Charakteristika von Sanierungskrediten

Abbildung 3: Entscheidungsproblem der Sanierungskreditvergabe

Abbildung 4: Auflistung und Gewichtung der qualitativen Entscheidungsparameter

Abbildung 5: Auflistung und Gewichtung der quantitativen Entscheidungsparameter

Abbildung 6: Einordnung sämtlicher Entscheidungsparameter

Abbildung 7: Parameterfunktion

Abbildung 8: Profil der Stichprobe

Abbildung 9: Häufigkeitsverteilung der Sanierungskreditvergabe

Abbildung 10: Auswertung der Ausprägungsstärken der Parameter in den jeweiligen Gruppen

Abbildung 11: Adjustierte Parameterfunktion

Abbildung 12: Ergebnisse der Parameterfunktion für die jeweiligen Gruppen

Abbildung 13: Modifizierte Relevanz einzelner Entscheidungsparameter

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen durchschnittlich um ca. 10,5 Prozent per annum gestiegen und hat im Jahr 2003 mit rund 39.700 Insol­venzen abermals einen neuen Höchststand erreicht.[1] Neben überwiegend kleinen und mittelgroßen Firmen waren auch große (Traditions-)Unternehmen wie Aero Lloyd, Babcock Borsig, Fairchild Dornier, Grundig, Herlitz, Kirch Media oder Philipp Holz­mann in den Jahren 2001 bis 2003 von der Insolvenz betroffen. Der gesamtwirtschaftli­che Schaden ist enorm. Im Jahr 2003 betrugen die Insolvenzschäden in Deutschland rund 40 Mrd. EUR, wobei infolge der Unternehmensinsolvenzen über 613.000 Mitar­beiter ihren Arbeitsplatz verloren.[2] Die Zahl der Insolvenzanträge zeigt jedoch nur die „Spitze des Eisbergs“, da die Insolvenz das vorläufige Endstadium einer krisenhaften Entwicklung von Unternehmen ist.[3] Die Anzahl der Unternehmen, die sich in den letz­ten Jahren tatsächlich in einer Krise befanden, ist folglich um ein Vielfaches höher. Ne­ben der konjunkturellen Schwäche der letzten Jahre, wird gerade bei kleinen bis mittle­ren Unternehmen[4] die unzureichende Kapitalausstattung als Hauptgrund der Unterneh­menskrisen identifiziert.[5]

Die Schlüsselrolle bei der Finanzierung einer Krisenbewältigung obliegt in Deutschland bis heute den Banken, da sie in der Regel die Großgläubiger der Krisenunternehmen sind und sich die Frage der Krisenbewältigung unter anderem auf die Gewährung neuer Finanzmittel, insbesondere von Sanierungskrediten, konzentriert.[6] Die Unternehmensin­solvenzen im Jahr 2003 verdeutlichen jedoch, dass die Bereitschaft der Banken, Sanie­rungskredite zu vergeben, selektiver und restriktiver geworden ist.[7] Diese Erkenntnis begründet die hohe Relevanz der vorliegenden Arbeit für die Praxis. Grundsätzlich basiert die Entscheidung zur Sanierungskreditvergabe unter Sicherheit auf einem Barwertvergleich. In der Praxis respektive unter Unsicherheit kommt es aber zu Abweichungen von dieser Entscheidungsregel. Daher stellt die Arbeit einen Versuch dar, das Entscheidungsproblem mittels mehrdimensionaler und interdependenter Ein­flussfaktoren zu erfassen. Ziel soll es sein, Banken, Krisenunternehmen und Dritten eine Parameterfunktion an die Hand zu geben, die das einzelfallspezifische Entscheidungs­problem der Sanierungskreditvergabe annäherungsweise konzeptionalisiert. Darüber hinaus soll die Arbeit aktuelle Entwicklungstendenzen aufzeigen und so unter Verwen­dung der ermittelten Ergebnisse einen Anstoß für weitere Forschungsaktivitäten geben.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist in sieben Kapitel untergliedert. Im ersten Kapitel wird die Problemstellung des Themas aufgezeigt sowie die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit definiert. Des Weiteren wird der Aufbau beschrieben und Anmerkungen zum methodi­schen Vorgehen gemacht.

Im zweiten Kapitel werden die konzeptionellen Grundlagen zu Unternehmenskrisen und der Restrukturierung als Instrument zur Bewältigung solcher Krisen genannt. Dazu werden die bestehenden Erkenntnisse der Forschung systematisiert und für die Arbeit relevante Abgrenzungen vorgenommen.

Das dritte Kapitel baut auf den vorherigen Erkenntnissen auf und beschreibt den Sa­nierungskredit als bedeutsame finanzwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahme. Die Ausführungen basieren dabei auf existierenden theoretischen Grundlagen und auf Er­kenntnissen aus der Praxis. Das zweite und dritte Kapitel bilden den konzeptionellen Bezugsrahmen für den weiteren Verlauf der Arbeit.

Basierend auf der theoretischen Herleitung des Entscheidungsproblems, ist es Ziel des vierten Kapitels, die wesentlichen Entscheidungsparameter für eine Sanierungskredit­vergabe zu identifizieren und zu gewichten, um Transparenz im Entscheidungskalkül der Sanierungskreditgeber zu gewährleisten. Ferner soll in Abhängigkeit der erzielten Erkenntnisse eine Parameterfunktion aufgestellt werden, die das einzelfallspezifische Entscheidungsproblem der Banken konzeptionalisiert.

Im fünften Kapitel wird die Praxis der Sanierungskreditvergabe untersucht und die Bedeutung der erarbeiteten spezifischen Entscheidungsparameter im Kontext mit realen Restrukturierungsfällen aufgezeigt. Außerdem ist es das Ziel, die erarbeitete Parameter­funktion auf die betrachteten Unternehmen anzuwenden, um Tendenzen für ihre prakti­sche Anwendbarkeit und Aussagekraft zu erhalten.

Im sechsten Kapitel sollen Veränderungen im Rahmen der Sanierungskreditvergabe aufgrund aktueller Entwicklungstendenzen und innovativer Vorgehensweisen zur Fi­nanzierung von Krisenunternehmen, identifiziert werden. Entgegen vereinzelten Mei­nungen soll die weiterhin hohe Bedeutung von Sanierungskrediten herausgestellt sowie auf mögliche Einsatzfelder der erarbeiteten Erkenntnisse hingewiesen werden.

Neben der Zusammenfassung des Erkenntnisgewinns widmet sich das siebte Kapitel den Schlussfolgerungen für Theorie und Praxis und endet mit einen Ausblick über zu­künftige Forschungsfelder im Rahmen des betrachteten Untersuchungsgegenstandes.

1.3 Methodische Vorbemerkungen

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit hat explorativen Charakter, da es nicht Ziel der Arbeit ist, bestehende Hypothesen über Strukturen und Zusammenhänge zu bestäti­gen („konfirmatorisches Vorgehen“), sondern neue zu erkunden und darzustellen („exploratives Vorgehen“).[8] Zwar haben die gewonnen Erkenntnisse und Handlungs­empfehlungen eher einen probabilistischen als einen gesetzesartigen Charakter, dennoch kann durch das gewählte methodische Vorgehen ein besseres und weiterführendes Ver­ständnis des Untersuchungsgegenstandes erzielt werden.[9] Das explorative Vorgehen in dieser Arbeit ist gekennzeichnet durch die Erweiterung der theoretischen Erkenntnisse mittels zehn problemzentrierter Experteninterviews.[10] Ziel dieser Interviews ist es, um­fangreiche und praxisorientierte Erkenntnisse in Abhängigkeit zur Zielsetzung dieser Arbeit zu erhalten. Während das zweite und dritte Kapitel durch Expertenmeinungen ergänzt bzw. erweitert werden, basieren vor allem das vierte und sechste Kapitel auf den Expertengesprächen. Aufgrund der hohen Brisanz des Themas und der notwendigen Vertraulichkeit der Aussagen wird bewusst auf deren personengenaue Zuordnung ver- zichtet.[11] Die Selektion der befragten Personen erfolgte nach dem Verfahren der „be­wussten Auswahl“.[12] Ein Zustandekommen der Gespräche war jedoch nur aufgrund persönlicher Kontakte bzw. Referenzen zwischen den Interviewpartnern und Roland Berger Strategy Consultants möglich. Um Schlussfolgerungen aus den Interviews an­zuwenden und teilweise zu überprüfen, wird zusätzlich eine empirische Untersuchung durchgeführt, welche den explorativen Charakter der Arbeit verstärkt.

2 Unternehmenskrisen und Restrukturierung

2.1 Unternehmenskrisen

2.1.1 Begriffliche Abgrenzung

Der Begriff „Krise“ stammt etymologisch vom griechischen Wort „krísis“ ab und be­deutet die Zuspitzung einer Handlungssituation, welche sich durch einen ambivalenten Ausgang auszeichnet.[13] Diese Ambivalenz ist somit charakteristisch für eine Unterneh­menskrise, für die in der betriebswirtschaftlichen Literatur eine Bandbreite an Definiti­onen[14] existiert. Dies verwundert nicht, da Fragestellungen zum Thema Unternehmens­krisen bis in die Anfänge betriebswirtschaftlicher Forschung zurückgehen.[15] Dieser Ar­beit wird die Begriffsbestimmung von Krystek (1987) zugrunde gelegt, da diese beson­ders umfassend und in der deutschsprachigen Literatur weit verbreitet ist:

„ Unternehmenskrisen sind ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Be- einflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang. Sie sind in der Lage, den Fortbestand des ge­samten Unternehmens substantiell und nachhaltig zu gefährden oder sogar unmöglich zu ma­chen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung bestimmter Ziele (dominanter Ziele), deren Ge­fährdung oder gar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer nachhaltigen Existenzgefähr­dung oder Existenzvernichtung des Unternehmens als selbständig und aktiv am Wirtschaftspro­zess teilnehmender Einheit mit ihren bis dahin gültigen Zweck- und Zielsetzungen.“[16]

Eine Unternehmenskrise im Sinne der Insolvenzordnung liegt vor, wenn Zahlungsunfä­higkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und/oder Überschuldung (§ 19 InsO) eines Unternehmens eingetreten sind.[17] Insolvente Unternehmen sind folg­lich immer Krisenunternehmen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet jedoch nicht zwangsläufig das Ende der Unternehmenskrise.[18]

2.1.2 Ursachen für Unternehmenskrisen

Genaue Kenntnisse der Ursachen und der spezifischen Ursachen-Wirkungs-Ketten sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermeidung und Bewältigung von Unternehmens­krisen: „Ohne eine fundierte Ursachenanalyse bleibt jedes Sanierungskonzept reine Glückssache.“[19] Die Literatur unterscheidet dabei zwischen endogenen, im Unterneh­men selbst begründeten (z.B. Managementfehler), und exogenen, vom Unternehmen nicht zu verantwortenden Krisenursachen (z.B. Markteinbruch). Vor allem bei endoge­nen Krisenursachen ist es dem Unternehmen meist nicht möglich, ohne fremde Hilfe die Krisensituation erfolgreich zu meistern.[20] In diesen Fällen ist das Unternehmen auf das Know-how von Externen, wie zum Beispiel von Unternehmensberatungen angewiesen. Es erweist sich jedoch als schwierig, den Unternehmenskrisen eindeutige Ursachen zugrunde zu legen; vielmehr lassen sich Unternehmenskrisen auf unterschiedlichste, sowohl mehrstufige als auch multilokale, Ursachen zurückführen.[21] Eine Befragung von knapp 100 Kreditbetreuern und -entscheidern ergab, dass vor allem unzureichende Ma­nagementqualitäten und verspätete Reaktion auf erkennbare Krisensymptome die Hauptkrisenursachen darstellen.[22]

2.1.3 Arten von Unternehmenskrisen

In Abhängigkeit vom Grad der Existenzbedrohung und zeitlicher Nähe zur Insolvenz unterscheidet man verschiedene Arten von Krisen:[23]

- Die strategische Krise ist gekennzeichnet durch die Bedrohung bzw. den Verlust der langfristigen Erfolgspotenziale. Ein exemplarischer Grund ist eine verpasste technologische Entwicklung. Zur Überwindung einer strategischen Krise sind vor allem langfristige Gegenmaßnahmen erforderlich.
- In der Ergebnis- bzw. Ertragskrise werden Gewinn- und Rentabilitätsziele verfehlt. Operative Verluste entstehen, und die Abnahme des wirtschaftlichen Eigenkapi- tals[24] beschwört die Gefahr einer Überschuldung herauf. Eine Ursache liegt bei­spielsweise in einer ungenügenden Effizienz im operativen Bereich des Unterneh­mens. Gegenmaßnahmen sollten eine mittel- bis langfristige Wirkung entfalten.
- Die Liquiditätskrise ist aufgrund nachhaltiger Verluste und/oder fehlenden finanz­ wirtschaftlichen Spielraums durch die akute Gefahr der Zahlungsunfähigkeit cha­rakterisiert. Gleichzeitig kann die Gefahr einer Überschuldung gegeben sein. Von Bedeutung sind kurz-, mittel- und langfristig wirkende Gegenmaßnahmen.

Die Übergänge der herausgestellten Arten von Unternehmenskrisen sind fließend.[25] Jedoch sind z.B. Liquiditätskrisen nicht automatisch die Folge einer strategischen und/oder Ergebniskrise. So kann eine finanzwirtschaftliche Fehldisposition zu einer Liquiditätskrise führen, ohne dass jedoch die Wettbewerbsposition gefährdet ist. In der Praxis sind Liquiditätskrisen jedoch häufig die Folge nicht beherrschter strategischer und/oder Ergebniskrisen. Des Weiteren durchläuft ein Krisenunternehmen die verschie­denen Krisenarten typischerweise in einem kontinuierlichem Prozess. Ist es nicht mög­lich, die Krisenursachen durch geeignete Gegenmaßnahmen zu beheben, führen die auf­geführten Krisenarten letztlich zur Insolvenz des Unternehmens (Zahlungsunfähigkeit § 17 InsO und/oder Überschuldung § 19 InsO). Der Handlungsspielraum zur Überwin­dung der Krise nimmt dabei aufgrund der zeitlichen Nähe zur Insolvenz, von der strate- gischen Krise über die Erfolgs- bis hin zur Liquiditätskrise, ab.[26]

Abb. 1 fasst die konzeptionellen Grundlagen von Unternehmenskrisen zusammen:

Abb. 1: Konzeptionelle Grundlagen von Unternehmenskrisen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Gless (1996), S. 129.

2.2 Restrukturierung als Instrument zur Krisenbewältigung

Sowohl in der Literatur als auch in der Praxis findet sich eine große Bandbreite an Beg­riffen zur Bewältigung von Unternehmenskrisen. Entscheidend für die Begriffswahl ist vor allem der Zeitpunkt des Beginns der Krisenbewältigung. Neben Begriffen wie Kri­senmanagement und Turnaround findet in der Literatur vor allem der Begriff der Sanie­rung Verwendung.[27] In der Praxis spricht man in diesem Zusammenhang häufig von Restrukturierung, da der Terminus Sanierung zum Teil negativ belegt ist. Aufgrund des hohen Praxisanspruchs dieser Arbeit, soll im Folgenden der Begriff Restrukturierung verwendet werden.

2.2.1 Begriffliche Abgrenzung

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht entstammt die Terminologie Restrukturierung der Reorganisationsforschung und reicht von unbedeutenden Umorganisationen bis zu Maßnahmen von tief greifenden und beabsichtigten Wandel eines Unternehmens.[28] Bezogen auf konkrete Krisensituationen eines Unternehmens bestehen in der deutsch­sprachigen Literatur unterschiedliche Interpretationen des Begriffes Restrukturierung, weshalb er bereits den Charakter eines Oberbegriffes annehmen könnte.[29] In Anlehnung an Kraus/Gless (1998) bezeichnet im Rahmen der vorliegenden Arbeit Restrukturierung die Summe aller strategischen, operativen und finanzwirtschaftlichen Maßnahmen, wel­che in einer akuten Unternehmenskrise erforderlich sind, um das Leistungspotenzial und die existenzerhaltende Rentabilität eines Unternehmens wieder herstellen.[30]

Voraussetzung für eine Unternehmensrestrukturierung ist somit eine eingetretene akute Krisensituation, welche häufig durch die (drohende) Zahlungsunfähigkeit und/oder Ü­berschuldung gekennzeichnet ist.

2.2.2 Träger der Restrukturierung von Krisenunternehmen

Träger der Restrukturierung können sowohl unternehmensinterne als auch unterneh­mensexterne Stakeholder sein, welche sich durch ihre Fähigkeiten, Interessen und Auf­gaben unterscheiden.[31] Aus diesem Grund entstehen regelmäßig Zielkonflikte zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen (z.B. Banken und Arbeitnehmern).[32] Entscheidungsträger für eine Restrukturierung sind grundsätzlich die Eigenkapitalgeber beziehungsweise ihre gewählten Vertreter.[33] Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Restrukturierung insbesondere von Unternehmen in der Liquiditätskrise ist jedoch häu­fig die Zuführung liquider Mittel, um die Ertrags-, Expansions- und Selbstfinanzie­rungskraft des Unternehmens wieder herzustellen.[34] Somit sind Kapitalgeber wichtige Träger der Restrukturierung, weil ihnen indirekt die endgültige Entscheidung über die Durchführung der Restrukturierung obliegt. Darüber hinaus erhalten sie in akuten Kri­sensituationen zusätzliche Informations- und zum Teil Einwirkungsrechte[35], wodurch sie den Ablauf einer Restrukturierung maßgeblich beeinflussen können.[36]

2.2.3 Ablauf der Restrukturierung von Krisenunternehmen

Der komplexe Prozess der Krisenbewältigung bedarf einer strukturierten Vorgehens­weise, welche die im Rahmen der Restrukturierung erforderlichen Maßnahmen planvoll und systematisch durchführt.[37] Wesentlicher Einflussfaktor ist dabei ein zunehmender Zeitdruck, der mit einem abnehmenden Handlungsspielraum einhergeht.[38] Aus diesem Grund erscheint es plausibel, den Restrukturierungsprozess in einzelne Phasen aufzutei­len, um eine Komplexitätsreduktion zu erzielen. Die Zerlegung in Teilschritte zielt da­bei jedoch weniger auf eine strenge zeitliche Abfolge als vielmehr auf eine logische Ordnung der im Zusammenhang mit der Krisenbewältigung erforderlichen Maßnahmen ab. Abhängig vom Einzelfall sind die Phasen unterschiedlich lang und intensiv ausge­prägt. Ferner überlappen sie sich gegenseitig und müssen gegebenenfalls mehrmals durchlaufen werden.[39] Anzahl und Bezeichnung der unterschiedlichen Restrukturie­rungsphasen variieren zwischen den verschiedenen Autoren, jedoch hat sich die Eintei­lung in acht Phasen als sinnvoll erwiesen:[40]

- Die Krisenerkennung und Initiierung der Krisenbewältigung beinhaltet die bewuss­te Wahrnehmung der Krise und damit die Wahrnehmung der Restrukturierungsbe­dürftigkeit des Unternehmens. (Phase 1)
- Die Grobanalyse dient der Gewinnung eines Überblicks vom Krisenunternehmen sowie der Erstellung einer vorläufigen Beurteilung der Sanierungsfähigkeit und der Sanierungswürdigkeit. Die Sanierungsfähigkeit ist im Allgemeinen gegeben, wenn das Unternehmen nach Durchführung der Restrukturierungsmaßnahmen mit über­wiegender Wahrscheinlichkeit eine nachhaltige Zahlungsfähigkeit aufweist.[41] Im Gegensatz zu dieser betriebswirtschaftlichen Bewertung der Sanierungsfähigkeit ist die Sanierungswürdigkeit von Risikoneigung und Interessenlage der an der Restruk­turierung beteiligten Parteien abhängig.[42] Die Restrukturierung eines sanierungsfähi­gen Unternehmens ist somit subjektiv und kann abgelehnt werden.[43] (Phase 2)
- Die Initiierung von Sofortmaßnahmen (z.B. Investitionsstopp) soll eine Verschlech­terung der Krisensituation aufhalten und zunächst das kurzfristige Überleben des Un­ternehmens sichern. (Phase 3)
- Die Detailanalyse dient der Unternehmens- und Umweltanalyse und ist Ausgangsba­sis für ein umfassendes Restrukturierungskonzept. (Phase 4)
- Die Entwicklung des Restrukturierungskonzepts basiert auf den Zielen und Er­kenntnissen der vorangegangenen Analysetätigkeiten. Das Restrukturierungskonzept beinhaltet die erforderlichen Maßnahmen, um eine erfolgreiche Restrukturierung durchführen zu können, und ist daher eine Handlungs- und Verfahrensanweisung. Auf Grundlage des Konzepts wird über die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit ent­schieden. (Phase 5)
- Die Detaillierung der Maßnahmen fixiert Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Termine, der in den Restrukturierungsprozess beteiligten Personen. (Phase 6)
- Die Implementierung sichert die Umsetzung des Konzepts. (Phase 7)
- Die Koordination und Kontrolle findet sowohl durch unternehmensinterne als auch durch unternehmensexterne Organe (insbesondere Kreditgeber) statt. (Phase 8)

Im Folgenden sollen die in einem Restrukturierungskonzept enthaltenen Maßnahmen beschrieben und der Sanierungskredit als finanzwirtschaftliche Maßnahme in die Re­strukturierungsfinanzierung eingeordnet werden.

2.2.4 Maßnahmen im Rahmen der Restrukturierung

Die Literatur unterscheidet vorwiegend drei (strategische, operative und finanzwirt­schaftliche) Maßnahmendimensionen, wobei vor allem die finanzwirtschaftlichen Maß­nahmen für diese Arbeit von Bedeutung sind.[44]

2.2.4.1 Strategische und operative Maßnahmen in der Restrukturierung

Strategische Maßnahmen dienen der Zurückgewinnung, der Festigung und dem Ausbau der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Grundlage dieser Maß­nahmen ist die klare strategische Zielsetzung einer erfolgreichen Positionierung des Unternehmens im Wettbewerb.[45] Aus diesem Grund sollte unter Berücksichtigung der Krisensituation eine neue Strategie für das Unternehmen formuliert werden.[46] Die strategischen Maßnahmen unterliegen dabei einer Unterteilung auf Unternehmens­und Geschäftsfeldebene. Ziel der Maßnahmen auf Unternehmensebene ist die Optimie­rung des Geschäftsfeldportfolios, z.B. durch Erwerb neuer Geschäftsfelder. Demgegen­über dienen Maßnahmen auf Geschäftsfeldsebene der Erlangung einer optimalen Pro- dukt-Markt-Kombination, z.B. durch Bereinigung des Produktsortiments.[47]

Unabdingbar für eine erfolgreiche Unternehmensrestrukturierung sind operative Maß­nahmen (z.B. Freisetzung von Mitarbeiterkapazitäten), mittels deren die strategische Neuausrichtung umgesetzt wird.[48] Jedoch können diese auch unabhängig von der Stra­tegie angewandt werden und müssen nicht ausschließlich an bestimmte Unternehmens­bereiche gebunden sein. Sie dienen damit primär der unmittelbaren Überlebensfähig­keit, das heißt der kurzfristigen Liquiditätssicherung des Unternehmens.[49] Ziel der ope­rativen Maßnahmen ist die Steigerung der in Krisenunternehmen häufig unzureichenden betrieblichen Profitabilität des Unternehmens und die Widerherstellung der Zahlungsfä­higkeit.[50]

2.2.4.2 Finanzwirtschaftliche Maßnahmen in der Restrukturierung

Die Gefährdung der unternehmerischen Existenz ist immer mit der finanziellen Situati­on des Unternehmens verknüpft. Kontinuierliche Verluste und ein damit verbundener Cashflow-Rückgang bzw. negativer Cashflow haben negative Auswirkungen auf das Unternehmen und sind somit charakteristisch für eine Liquiditätskrise.[51] Ziele der finanzwirtschaftlichen Maßnahmen sind die Verhinderung und Überwindung der Insolvenztatbestände der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung,[52] die kurzfristige Liquiditätssicherung, die langfristige finanzielle Revitalisierung, welche in der Regel eine fundamentale Neuordnung der Kapitalverhältnisse eines Unterneh­mens und die Finanzierung von Wachstum erfordert.[53]

Einigkeit herrscht in der Literatur darüber, dass zum einen operative und strategische Maßnahmen ohne eine gesicherte Finanzierung nicht umgesetzt werden können, zum anderen eine rein finanzwirtschaftlich ausgerichtete Restrukturierung keine langfristige Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit bewirken kann.[54] Restrukturierungsmaßnahmen wie z.B. die Erschließung neuer Märkte oder ein Personalabbau entfalten eine zeitlich verzögerte oder gar erst mittel- bis langfristige Wirkung. Aus diesen Gründen erfordern Restrukturierungsmaßnahmen neben der Vermeidung einer Insolvenz und der Förde­rung von Wachstum einen erhöhten Finanzmittelbedarf. Daher sind Maßnahmen zur finanziellen Restrukturierung von entscheidender Bedeutung. Genaues und fortwähren­des Wissen über Höhe und Entwicklung des Finanzmittelbedarfs stellt eine fundamenta­le Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung dar.[55] Darüber hinaus ist für eine erfolgreiche Restrukturierung eine Bandbreite sich in der Regel gegenseitig bedin­gender finanzwirtschaftlicher Maßnahmen erforderlich. Nur in den seltensten Fällen können einzelne Finanzmaßnahmen den Anforderungen gerecht werden.[56] Eine Systematisierung der finanzwirtschaftlichen Instrumente erfolgt auf oberster Ebene in autonome und heteronome Maßnahmen. Auf der zweiten Ebene wird darüber hinaus zwischen Maßnahmen mit unmittelbarer Liquiditätswirkung, welche den finanziellen Spielraum des Unternehmens erhöhen, und bilanzbereinigenden Maßnahmen, welche buchungstechnische Vorgänge zur Erhöhung des Eigenkapitals und/oder zur Vermei­dung der bilanziellen Überschuldung darstellen, unterschieden:[57]

- Autonome Maßnahmen können vom Unternehmen und seinen Eigentümern ohne Einwilligung und Mitwirken externer Interessengruppen durchgeführt werden.[58] Ihre Anwendung und Umsetzung erfolgt verhältnismäßig schnell. Beispielhafte Maßnah­me zur Bilanzbereinigung: Kapitalherabsetzung. Beispielhafte Maßnahme mit Liqui­ditätswirkung: Eigenkapitalzuführung durch Gesellschafter.
- Heteronome Maßnahmen können nur mit Einwilligung und unter Mitwirkung ex­terner Interessengruppen[59] durchgeführt werden. Eine besondere Rolle nehmen dabei die Banken[60] ein. Beispielhafte Maßnahme zur Bilanzbereinigung: Debt-Equity Swap. Beispielhafte Maßnahme mit Liquiditätswirkung: Sanierungskredit.

Im Verlauf einer Unternehmenskrise werden aufgrund der leichteren und schnelleren Verwendbarkeit zunächst autonome Maßnahmen ergriffen. Nach deren Ausschöpfung finden verstärkt heteronome Maßnahmen Anwendung.[61] Eine empirische Untersuchung belegt, dass die Vergabe von Sanierungskrediten die häufigste heteronome Maßnahme darstellt.[62]

3 Sanierungskredit als finanzwirtschaftliche Maßnahme im Rahmen der Restruktuierung

3.1 Grundlagen zum Sanierungskredit

3.1.1 Begriffliche Abgrenzung

In Anlehnung an Gawaz (1997) werden in der in dieser Arbeit Sanierungskredite als die Gewährung neuer Kredite oder die Ausweitung bestehender Kreditlinien durch ein Kre­ditinstitut oder eine Gruppe von Kreditinstituten im Rahmen der Restrukturierungsfi­nanzierung von Unternehmen in der Liquiditätskrise verstanden.[63] Entgegen der Mei­nung von Buth/Hermanns (1998b) werden autonome Maßnahmen, wie z.B. ein Gesell­schafterdarlehen, nicht als Sanierungskredit im Sinne dieser Arbeit betrachtet.[64] Ferner ist der Sanierungskredit von einem sog. Überbrückungskredit abzugrenzen, welcher ausschließlich zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit während der Entwicklung des Restrukturierungskonzeptes oder bei einem betriebswirtschaftlich „gesunden“ Un­ternehmen zur Finanzierung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses dient.[65] Der Überbrückungskredit wird häufig spontan gewährt, so dass eine Sanierungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Kreditgewährung fraglich ist. Die Gewährung eines Sanierungskre­dites setzt hingegen die Sanierungsfähigkeit voraus.[66] In der Praxis werden Sanierungs­kredite jedoch häufig als Überbrückungskredite deklariert, da man diese aufgrund ihrer kürzeren Laufzeiten in regelmäßigen Sequenzen erneuern kann.[67] Im Folgenden soll zum besseren Verständnis eine Beschreibung der wesentlichen Charakteristika von Sa­nierungskrediten erfolgen.

3.1.2 Charakteristika eines Sanierungskredites

Der Sanierungskredit ist ein Fremdkapitalinstrument und geht nicht in das Eigentum des Unternehmens über. Er begründet eine schuldrechtliche Beziehung zwischen Kredit­nehmer und Kreditgeber.[68] Der Sanierungskredit ist eine in der Praxis häufig verwende-
te heteronome finanzwirtschaftliche Maßnahme mit dem Ziel der Zuführung neuer Li­quidität[69] und wird dem Unternehmen im Stadium der Sanierungsbedürftigkeit zuge­führt. Eine Insolvenzreife ist nicht gegeben, das Unternehmen befindet sich jedoch in einer Liquiditätskrise.[70] Aufgrund der Liquiditätsproblematik wird von den Banken im Regelfall ein nicht-risikoadäquater Zins (sog. Sanierungszins) zugestanden. Immer häu­figer ist die Gewährung eines Sanierungskredites dabei von der Zusage einer Erfolgsbe­teiligung nach gelungener Restrukturierung (sog. Success Fee) abhängig.[71] Tendenziell nimmt auch die vertragliche Zusicherung eines sog. Equity Kickers[72] zu. Der ursprüng­liche Zins verliert somit an Bedeutung, da andere Instrumente das Risiko der Banken geeigneter reflektieren.[73]

Abb. 2 fasst die Charakteristika von Sanierungskrediten zusammen:[74]

Abb. 2: Charakteristika von Sanierungskrediten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung.

3.2 Banken als wesentliche Sanierungskreditgeber

Sanierungskreditgeber sind in der Regel Banken, wobei ein Sanierungskredit vorwie­gend von mehreren Kreditinstituten, einem sog. Bankenpool, gewährt wird.[75] Der Ban­kenpool dient als privatrechtliches Instrument zur Koordination der an der Restrukturierung beteiligten Banken.[76] Ziel ist die frühzeitige und vollständige Einbindung aller mit dem Unternehmen verbundenen Kreditgeber. Dadurch sollen aufgrund des erhöhten Informationsbedarfs die Kommunikation verbessert sowie Informationsasymmetrien unter den Banken abgebaut werden. Ferner werden die Rechte der Gläubiger gebündelt, und die (noch) existierenden Sicherheiten anteilig auf die in der Krise finanzierenden Gläubiger verteilt, womit letztlich das Ausfallrisiko der Kreditgeber begrenzt wird.[77] Die Führerschaft des Bankenpools wird in der Regel von der Hausbank[78] oder der Bank mit dem höchsten Ausfallrisiko (unbesichertes Kreditvolumen) übernommen. Häufig ist die Hausbank aufgrund ihrer guten Besicherung nicht die treibende Kraft einer Banken­poolbildung.[79] Steigt die Anzahl der Bankenpoolmitglieder, nehmen Unstimmigkeiten innerhalb des Bankenpools zu, so dass seine Effizienz sinkt.[80]

Im folgenden Abschnitt soll auf die wesentlichen Gründe für eine Sanierungskreditver­gabe eingegangen werden. Erkenntnisse aus der Theorie und aus den geführten Exper­teninterviews werden dabei zusammengeführt.

3.3 Gründe für die Vergabe von Sanierungskrediten

Nach übereinstimmender Expertenmeinung ist der wichtigste Grund für eine Sanie­rungskreditvergabe die Verlustvermeidung bzw. Verbesserung der individuellen Risi­koposition der Banken. Durch eine weitere Kreditgewährung soll dem Unternehmen Liquidität zugeführt und häufig die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verhindert werden. Ziel ist es, als Folge einer erfolgreichen Restrukturierung bereits gewährte und möglicherweise verloren geglaubte Kredite zurückzuerlangen (Kosten-Nutzen- Kalkulation).[81] Da der Sanierungskredit häufig erst bei einer weit fortgeschrittenen Li­quiditätskrise gewährt wird, dient er als Ultima Ratio zur Vermeidung des Insolvenztat­bestandes der Zahlungsunfähigkeit. Unter der Voraussetzung, dass ein sog. Rangrück­tritt[82] vereinbart wird, kann ebenfalls der Insolvenztatbestand der Überschuldung ver­hindert werden.[83]

Neben der Finanzierung von Restrukturierungsmaßnahmen, wie z.B. Teilbetriebsstille­gungen oder Mitarbeiterentlassungen,[84] und der Vermeidung der Insolvenztatbestände dient der Sanierungskredit auch der Finanzierung von zukünftigem Wachstum und der Ablösung von Krediten.[85]

In Ausnahmefällen gewähren Banken auch ohne bisheriges Engagement einen Sanie­rungskredit, oft als Folge einer Ablösungsfinanzierung.[86] In diesen Fällen ist die Bank davon überzeugt, dass das Unternehmen erfolgreich restrukturiert werden kann. Neben höheren zukünftigen Zinserträgen versucht die Bank vor allem neue Ertragsquellen zu erschließen und z.B. die Durchführung einer M&A-Transaktion nach erfolgreicher Re­strukturierung zu begleiten. Des Weiteren werden durch die Vermeidung einer Insol­venz auch Folgeinsolvenzen verhindert. Hat eine Bank einen hohen Betrag unbesicher­ter Kredite bei Unternehmen, welche Gegenstand einer Folgeinsolvenz wären, kann sich die Bank veranlasst sehen, einen Sanierungskredit auch ohne bisheriges Engagement zu gewähren.[87] Letztlich könnte eine Bank einen Sanierungskredit gewähren, um aufgrund erfolgreicher Restrukturierung seine Marktmacht auszuweiten.[88] Volkswirtschaftliche Gründe, wie z.B. die Erhaltung von Arbeitsplätzen, haben für Privatbanken keine prak­tische Relevanz. In Ausnahmefällen[89] und unter staatlichem bzw. öffentlichem Druck gewähren Banken einen Kredit, obwohl die Entscheidung betriebswirtschaftlich irratio­nal ist. Betroffen sind vor allem Sparkassen und Landesbanken.[90] Neben den Gründen für eine Sanierungskreditvergabe gibt es jedoch auch Probleme und Risiken, die ebenfalls von hoher Entscheidungsrelevanz sind. Daher werden diese im nächsten Abschnitt beschrieben.

3.4 Probleme und Haftungsrisiken bei der Sanierungskreditvergabe

3.4.1 Probleme

Grundsätzlich ist die Entscheidung, einen Sanierungskredit zu erteilen, für die Kredit­geber frei von jeglicher Verpflichtung.[91] Gegenstand häufiger öffentlicher Kritik ist die Wahl des richtigen Interventionszeitpunktes seitens der Banken.[92] Wartet die Bank zu lange, kann die Vergabe eines Sanierungskredites nutzlos sein, da veraltete und überhol­te Strukturen erhalten bzw. gefördert werden. Diese sog. Erhaltungssubventionen beein­trächtigen letztlich die Leistungsfähigkeit und den Selektionsprozess einer Volkswirt- schaft.[93] In der Vergangenheit ist die Einflussnahme der Banken häufig aufgrund der Hausbankbeziehungen zu spät erfolgt.[94] Allerdings hat sich in den letzten ein bis zwei Jahren ein Wandel vollzogen, vor allem aufgrund der Bildung sog. Work-out Groups[95].

Ein wesentliches Problem im Zusammenhang mit der Sanierungskreditvergabe ist auch eine Informationsasymmetrie[96] zwischen Bank und Krisenunternehmen. Die Ge­schäftsleitung ist über Qualität und Entwicklungspotenzial des Unternehmens besser informiert als der Kapitalgeber. Banken besitzen kein hundertprozentiges Wissen über die (zukünftige) Bonität des Unternehmens. Ferner können die Banken trotz Überwa­chung den Informationsstand des Schuldners nicht eindeutig bzw. kostenlos beobachten. Somit ergibt sich für den Schuldner ein Verhaltensspielraum, welcher opportunistisch ausgenutzt werden kann.[97] Diese Möglichkeit findet bei der Ausgestaltung der Kredit- verträge Berücksichtigung, unter anderem durch höhere Auflagen. Daher liegt es im beidseitigen Interesse, Informationsasymmetrien so weit wie möglich abzubauen.[98] In der Praxis verschleiert die Geschäftsleitung häufig den wirklichen Grad der Krise und nutzt somit den Informationsvorsprung aus, um einen Kredit zu erhalten. Erfährt dies die Bank, kommt es zum Vertrauensverlust und damit oft zu einer Nichtgewährung.[99]

Ein weiterer problematischer Aspekt im Zusammenhang mit der Sanierungskreditver­gabe ist die Thematik des Eigenkapitalersatzes (§ 32a GmbHG). Besaß ein Sanie­rungskreditgeber gleichzeitig Geschäftsanteile an dem Krisenunternehmen bzw. wurden diese zum Zweck der Restrukturierung erworben, so konnte in der Vergangenheit keine Rückzahlung des Sanierungskredites in der Insolvenz verlangt werden, da er in diesem Fall nachrangig gestellt war. Sicherheiten, die zur Absicherung des Kreditanspruches bestimmt waren, konnten nicht verwertet werden.[100] Mit der Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)[101] hat der Gesetz­geber ein sog. Sanierungsprivileg ermöglicht. Geschäftsanteile zum Zweck der Krisen­überwindung können vom Sanierungskreditgeber erworben werden, ohne dass dieser länger den Vorschriften über den Eigenkapitalersatz unterliegt. Darüber hinaus sind die Regelungen des Eigenkapitalersatzes für einen nicht geschäftsführenden Gesellschafter, welcher mit bisher höchstens 10 Prozent am Stammkapital einer GmbH beteiligt war, nichtig. Bei einer Aktiengesellschaft liegt die maximale Beteiligungsgrenze bei 25 Pro­zent der bisherigen Anteile.[102] Das Sanierungsprivileg ist nur bis zur Überwindung der aktuellen Krise, nicht für Anschlusskrisen gültig. Scheitert die Restrukturierung, so muss der „neue“ Gesellschafter die Eignung der Maßnahmen belegen. Ansonsten gilt das Sanierungsprivileg nicht.[103]

Letztlich ist auch eine Kündigung des Sanierungskredites nicht unproblematisch, da es keinen Anspruch auf eine ordentliche Kündigung seitens des Kreditgebers gibt.[104] Die Kündigungsrechte der Sanierungskreditgeber sind durch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf existenziell wichtige Belange des Kreditnehmers und des Verbots einer Kündigung zur Unzeit eingeschränkt. Ferner reicht das Argument einer in der geplanten Zeit nicht erfolgreich abzuschließenden Restrukturierung nicht aus. Eine unvorhersehbare, aber voraussichtlich überwindbare Verschlechterung der Erfolgs- und Vermögenslage ist kein Kündigungsgrund.[105] Gründe können z.B. eine stark beschädigte und irreparable Vertrauenslage oder schwerwiegende Verstöße gegen wesentliche Vertragsverpflich­tungen (Auflagen) sein.[106] Gelegentlich kündigt eine Bank ihren Vertrag aufgrund eines sog. Lemmingverhaltens[107]. Die Bank ist in diesem Fall nicht gewillt, nach Kündigung seitens der anderen Banken allein das Engagement zu tragen, insbesondere da eine Ver­letzung der Poolvereinbarung eingetreten ist. Oft sind diese Handlungen Folgen emoti­onal statt rational getroffener Entscheidungen.[108]

Die Beweislast des Vorliegens eines Kündigungsgrundes obliegt immer dem Sanie­rungskreditgeber.[109] Aus diesem Grund sowie wegen einer möglichen Anklage wegen sittenwidriger Kreditkündigung wird die Bank nur bei schwerwiegenden Vorfällen den Kredit fällig stellen und somit das Krisenunternehmen möglicherweise zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens veranlassen. Ferner haben insbesondere bei größe­ren Unternehmen Sanierungskreditkündigungen für Banken oftmals nachteilige Presse­mitteilungen und ein geschädigtes Öffentlichkeitsbild zur Folge. Der Bank bleibt daher meist nur die Möglichkeit, an Prolongationsverhandlungen nicht mehr teilzunehmen.

3.4.2 Haftungsrisiken

Grundsätzlich kann die Bank einen Sanierungskredit gewähren, ohne dass das Kredit­engagement den Anschein der Sittenwidrigkeit[110] (§ 826 BGB) und damit eine Banken­haftung zur Folge hat. Jeder Versuch, ein Krisenunternehmen zu retten, ist mit dem Ri­siko des Scheiterns verbunden. Einzig aufgrund der Tatsache, dass die Vergabe eines Sanierungskredites die Möglichkeit des Misserfolges und damit eine Schädigung Dritter einschließt, muss aber nicht per se sittenwidrig sein.[111] Sowohl die Literatur als auch die interviewten Experten bezeichnen eine Insolvenzverschleppung sowie eine faktische Geschäftsführung als die zwei wesentlichen Tatbestände, nach denen ein Sanierungs­kreditgeber sittenwidrig handelt.[112]

Eine sog. eigennützige Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn die Bank aufgrund der Vergabe eines Sanierungskredites das Unternehmen von dem gebotenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abhält. Ziel ist es, den wirtschaftlichen Zusammen­bruch des Unternehmens für einen bestimmten Zeitraum hinauszuzögern. Häufig wird dieses Verhalten durch eine extrem eigennützige und rücksichtslose Risikoreduzierung mittels der Inanspruchnahme weiterer und übermäßiger Sicherheiten flankiert. Eine Be­nachteiligung oder gar Schlechterstellung anderer Gläubiger wird bewusst bezweckt. Übt der Sanierungskreditgeber aufgrund direkten und vehementen Einflusses eine fakti­sche Geschäftsführung aus, so ist der Sanierungskredit ebenfalls sittenwidrig.

Kann einer dieser beiden Tatbestände nachgewiesen werden, so können die Sanierungs­kreditgeber aufgrund sittenwidrigen Verhaltens auf Herausgabe der Sicherheiten ver­klagt werden.[113] In der Praxis sind diese Fälle jedoch eher selten.[114] Ansonsten würde der Sanierungskredit als Maßnahme zur unmittelbaren Liquiditätszuführung in akuten Krisensituationen an Bedeutung verlieren, da den Banken das Haftungsrisiko zu hoch wäre.[115] Um Haftungswirkungen ausschließen zu können, muss vor der Sanierungskre­ditvergabe die Sanierungsfähigkeit des jeweiligen Krisenunternehmens detailliert durch die Bank selbst oder durch einen unabhängigen Dritten geprüft werden.[116] Auf Grund­lage dieser Untersuchung muss gewährleistet sein, dass der Neukredit eine geeignete und in der Höhe korrekte finanzwirtschaftliche Maßnahme zur Revitalisierung des Un­ternehmens darstellt.[117] Ein Instrument, das Problem der faktischen Geschäftsführung zu umgehen und dennoch (nachhaltigen) Einfluss auf das Krisenunternehmen auszu­üben, ist die Teilnahme an sog. Lenkungsausschüssen[118], jedoch ohne Stimmrecht.[119] Aufbauend auf den vorangegangenen Grundlagenkapiteln, wird im nächsten Kapitel das

Entscheidungsproblem zur Vergabe von Sanierungskrediten behandelt. Durch die Erör­terung relevanter Entscheidungsparameter für die Sanierungskreditvergabe werden die Einflussfaktoren auf die individuelle Kosten-Nutzen-Analyse der Banken und somit letztlich auf die Entscheidung zur Kreditvergabe verständlich gemacht. Ableitend aus bestehenden theoretischen Grundlagen und den Ergebnissen intensiver Expertengesprä­che, wird eine Parameterfunktion erstellt, welche es ermöglicht, das einzelfallspezifi­sche Entscheidungsproblem der Banken zu konzeptionalisieren.

4 Konzeptionalisierung des Entscheidungsproblems

4.1 Entscheidungsproblem der Sanierungskreditgeber

Wie bereits im vorigen Kapitel angedeutet, befindet sich der Sanierungskreditgeber in einem Entscheidungskonflikt zwischen Kreditvergabe und Nichtvergabe. Dabei sollte die Entscheidung zur zusätzlichen Kreditvergabe „in erster Linie die resultierenden Auswirkungen auf die Rentabilität, Sicherheit und Liquidität als grundlegendes Zielsys­tem einer erwerbswirtschaftlich orientierten Bank [...] berücksichtigen“.[120] Für die Bank ergibt sich ein Entscheidungsproblem, welches in Abb. 3 grafisch dargestellt ist:[121]

Abb. 3: Entscheidungsproblem der Sanierungskreditvergabe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung.

Durch eine zusätzliche Kreditvergabe erhöht sich das Gesamtkreditengagement, wobei sich zwei mögliche Szenarien ergeben können. Szenario A spiegelt die Rettung des Unternehmens mittels der Gewährung des Sanierungskredites wider. In der Summe können die bereits bestehenden und womöglich verloren geglaubten Kredite sowie der zusätzliche Kredit zurückgezahlt werden.

Demgegenüber illustriert Szenario B die Möglichkeit, dass trotz Sanierungskreditver­gabe eine Insolvenz eintreten kann. Dabei soll zur Vereinfachung die Annahme gelten, dass der Sanierungskredit vollständig und werthaltig besichert ist, dass heißt dass der Erlös für den Sanierungskredit seinen Kreditsicherheiten und somit seinem Gesamtbe­trag entspricht.[122] Meistens kann die zusätzliche Kreditgewährung für einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum die Insolvenz verhindern.[123] Der Kreditgeber erhält in diesem Fall auch den Erlös aus der Verwertung der Kreditsicherheiten für das bisherige Enga­gement. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass erstens die Kreditsicherheiten für das bishe­rige Engagement im Regelfall nicht das vollständige Ausfallrisiko abdecken und zwei­tens der Erlös aus der Verwertung nicht den Kreditsicherheiten entspricht, da unter an­derem Kosten des Insolvenzverfahrens sowie diverse wirtschaftliche und rechtliche Ri­siken mit den Besicherungen verbunden sind.[124]

Schließlich kann sich die Bank auch entscheiden, keinen Sanierungskredit zu vergeben. Wiederum können zwei Entscheidungsalternativen identifiziert werden. Im Szenario C erhält die Bank einen Erlös durch den Verkauf ihrer bisherigen Forderungen an andere Banken. Meist jedoch nur mit einem erheblichen Abschlag, welcher immer vom indivi­duellen Ausmaß der Krisensituation sowie den Rentabilitätszielen der Banken ab­hängt.[125] Ist dieser Wert höher als der sichere Erlös aus der Insolvenz, so werden die Banken ihr Altengagement verkaufen.[126] Diese Entscheidungsalternative gewinnt zu­nehmend an Bedeutung und wird daher im Rahmen der Erörterung aktueller Entwick­lungstendenzen in Kapitel 6.1 ausführlicher thematisiert.

Eine Alternative zum Verkauf des Altengagements ist ähnlich wie in Szenario B die Verwertung von Sicherheiten im Insolvenzverfahren. Diese Handlungsalternative beschreibt Szenario D. Im Gegensatz zu Szenario B sind die Sicherheiten im Szenario D in Summe geringer, da keine weiteren Sicherheiten für einen Sanierungskredit aufge­bracht werden müssen.

In der Praxis erleidet der Sanierungskreditgeber in Szenario B höhere wirtschaftliche Einbußen, als derjenige in Szenario D, da der gewährte Sanierungskredit in den seltens­ten Fällen hundertprozentig besichert ist und der Nominalwert seiner Besicherung häu­fig niedriger ist als der Buchwert.

Die Entscheidungssituation des Kreditgebers ist somit komplex und hoch bedeutsam für das Fortbestehen des Unternehmens. Grundsätzlich ist sie mit der eines Investors, wel­cher zwischen zwei alternativen Investitionsobjekten zu entscheiden hat, vergleichbar.[127] Analog zu einer Investition kann die Vorteilhaftigkeit der Vergabe eines Sanierungs­kredites mit Hilfe investitionsrechnerischer Verfahren beurteilt werden.[128]Die Vergabe eines Sanierungskredites kann als eine geschlossene Fragestellung’ betrachtet werden. Konditionen des Sanierungskredites wie Laufzeit, Höhe und Zins werden - bedingt durch die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen und das stark geminderte Leistungs­vermögen des Krisenunternehmens - als fix behandelt.[129] Im Rahmen der Investitions­rechnung sind die risikoorientierten erwarteten Barwerte der unterschiedlichen Hand­lungsalternativen einander gegenüberzustellen. Ist der errechnete Barwert aufgrund des weiteren Kreditengagements höher als ohne weitere Kreditzuführung, wird die Bank einen Sanierungskredit gewähren.[130] Dabei müssen die Barwerte von Szenario A und B in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Wahrscheinlichkeit addiert und mit der Summe der Barwerte aus Szenario C und D verglichen werden.[131] Diese Entscheidungsregel basiert auf der Prämisse der Entscheidungsfindung unter Sicherheit, was allerdings die Abwe­senheit der angesprochenen Informationsasymmetrie zwischen Kreditgeber und -nehmer sowie die Nichtexistenz unvollständiger Verträge impliziert.[132]

Die praktische Anwendung der geschilderten Entscheidungsregel ist aufgrund einer hohen Anzahl an unbekannten Einflussgrößen mit beachtlichen Schwierigkeiten ver- bunden. Wesentliches Problem ist die Unsicherheit der genauen finanzplanorientierten Erfassung der erwarteten Einzahlungsüberschüsse des Krisenunternehmens, aus denen die Verbindlichkeiten zurückgezahlt und/oder verzinst werden müssen. Es ist schwer quantifizierbar, in welchem Umfang der zukünftig zu erwartende Erfolg des restruktu- rierten Unternehmens für den Zins- und Tilgungsdienst zur Verfügung steht.[133] In die­sem Zusammenhang erweist sich auch eine genaue Prognose hinsichtlich einer erfolg­reichen Krisenbewältigung bzw. einer Insolvenz trotz Sanierungskreditvergabe als na­hezu unmöglich. Problematisch ist ferner, dass die Verwertung von Kreditsicherheiten mit einem wirtschaftlichen und rechtlichen Risiko verbunden ist.[134] Darüber hinaus sind die in Kapitel 3.4 geschilderten Probleme und Risiken von wesentlicher Bedeutung für den Prozess der Entscheidungsfindung. Schließlich ist auch zu bedenken, dass Banken im Regelfall Risiken scheuen und eine konservative und pro-zyklische Investitionsstra­tegie verfolgen.

Aus diesen Gründen ist eine einfache Barwertberechnung nicht ausreichend. Vielmehr wird die Entscheidung von mehrdimensionalen und interdependenten Parametern beein­flusst, welche im folgenden Abschnitt detailliert vorgestellt werden.

4.2 Entscheidungsparameter bei der Restrukturierungsfinanzierung durch Sanierungskredite

Die Auswahl der Entscheidungsparameter orientiert sich an ersten Erkenntnissen von Kudla (2004)[135] und wird durch die geführten Experteninterviews, auf denen - sofern nicht explizit auf anderes verwiesen - die folgenden Aussagen basieren, bestätigt und erweitert. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, und aufgrund der komplexen Zusammenhänge kann es Überschneidungen geben. Jedoch kann eine Gewichtung der Parameter erzielt werden (1 = keine Relevanz bis 5 = höchste Relevanz).[136] In Abhän­gigkeit der Quantifizierbarkeit wird zwischen qualitativen und quantitativen Kriterien unterschieden.

4.2.1 Qualitative Entscheidungsparameter

Um eine möglichst strukturierte Auflistung der zahlreichen qualitativen Parameter zu ermöglichen, werden diese in endogene, von den Banken und betroffenen Krisenunter­nehmen begründete und beeinflussbare, sowie in exogene, von den Banken und Krisen­unternehmen nicht unmittelbar beeinflussbare Entscheidungsparameter unterteilt. Die endogenen Parameter sind für die Sanierungskreditvergabe im Regelfall aufgrund der Einzelfallbetrachtung von höherer Bedeutung.

4.2.1.1 Endogene Parameter

Unabdingbare Voraussetzung für eine Sanierungskreditvergabe ist eine hohe Qualität der Geschäftsleitung (0 4,9). In Krisensituationen muss die Geschäftsleitung spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zur Krisenbewältigung besitzen. So muss sie schnell und konsequent durchgreifen sowie schmerzliche Kapazitätseinschnitte im Konsens mit den Betroffenen durchführen können. Als wichtigste Anforderungen werden existierende Glaubwürdigkeit, hohe Analysefähigkeiten, gutes Durchsetzungsvermögen sowie über­ragende Qualitäten im Bereich Mitarbeiterführung und Motivation genannt.[137] Da die Krisensituation vorwiegend auf Fehler der amtierenden Geschäftsführung zurückzufüh­ren ist (80 Prozent aller Krisen) und/oder diese die Krisensituation bewusst verschleiert hat, wird das Management häufig ausgetauscht.[138] Eine Beurteilung der Qualität der Geschäftsleitung ist aus Sicht der Banken zwar wichtig, zugleich aber auch äußerst schwierig. Eingeschränkt hilfreich kann hier die Jahresabschlussanalyse sein, sofern der finanzielle und bilanzielle (Miss-)Erfolg des Krisenunternehmens der amtierenden Ge­schäftsleitung zugeordnet werden kann.[139]

Eine weitere unabdingbare Voraussetzung für die Sanierungskreditvergabe ist das Vor­handensein von Vertrauen der Banken in die Geschäftsleitung (0 4,8). Vertrauen ist ein sehr komplexes und multidimensionales Konstrukt.[140] Charakteristisch für Vertrauen ist die Erbringung einer in die Zukunft gerichteten (riskanten) Vorleistung, mit der eine Verlustgefahr verbunden ist.[141] Im Fall der Sanierungskreditvergabe leistet die Bank ihrem Schuldner ebenfalls einen Vertrauensvorschuss. Sie vertraut darauf, dass eine

Restrukturierung erfolgreich sein wird und als Konsequenz die Kreditrückzahlungsfä­higkeit gewährleistet ist.[142] Dieser Mechanismus erweist sich jedoch gerade bei der Sa­nierungskreditvergabe als schwierig. Das Vertrauen der Banken und anderer Stakehol­der[143] in das bestehende Management eines Krisenunternehmens ist häufig stark erschüt­tert bzw. kaum mehr vorhanden.[144] Daher sollte das Unternehmen versuchen, vertrau­ensfördernde Maßnahmen einzuleiten. Beispiele sind die Beauftragung einer Unterneh­mensberatung für die Konzepterstellung und -umsetzung oder die Zuführung von Ei­genkapital durch die Gesellschafter.

Sehr entscheidend für eine Sanierungskreditvergabe ist auch die Qualität des Restruk­turierungskonzeptes (0 4,7). Die Qualität wird bestimmt durch weiche Faktoren, wie z.B. eine realistische Einschätzung der Ziele, sowie durch harte Faktoren, wie z.B. den zusätzlichen Kapitalbedarf und das damit verbundene Risiko.[145] Eine realistische Ein­schätzung der Höhe des benötigten Sanierungskredites sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken geht aus dem Restrukturierungskonzept hervor.[146] Das Restruk­turierungskonzept beinhaltet ferner die Restrukturierungsstrategie. Grundsätzlich kann man zwischen einer Konsolidierungs-[147] und einer Wachstumsstrategie[148] unterscheiden, wobei letztere mit einem höheren Kapitalbedarf und daher mit einer höheren Unsicher­heit für die Banken verbunden ist. Primäres Ziel der Sanierungskreditgeber ist die Zu­rückgewinnung ihrer unbesicherten Altforderungen. Daher ziehen sie meist eine Konso­lidierungsstrategie vor, und aufgrund ihrer hohen Risikoaversion reicht den Banken hierzu häufig bereits ein leicht positiver Barwert. Aus Risiko- und Rentabilitätsge­sichtspunkten versuchen sie außerdem, ihr Neuengagement so niedrig wie möglich zu halten.[149] Die richtige Wahl der Restrukturierungsstrategie ist unabdingbar für eine sehr gute Qualität des Restrukturierungskonzeptes.

[...]


[1] Vgl. Creditreform (2003), S. 1.

[2] Vgl. Kudla (2004), S. 1; Creditreform (2003), S. 6.

[3] Vgl. Lafrenz (2004), S. 1.

[4] Gemäß dem Institut für Mittelstandsforschung haben kleine Unternehmen maximal neun Beschäftig­te und einen Umsatz von weniger als einer Million EUR per annum. Mittlere Unternehmen haben zwischen 10 und 499 Beschäftigte und einen Umsatz zwischen 1 und 50 Million EUR. Vgl. hierzu Institut für Mittelstandsforschung (2003), S. 2.

[5] Vgl. Creditreform (2003), S. 12-13.

[6] Vgl. David (2001), S. 71; Buchalik (1998), S. 27; Müller (1986), S. 442.

[7] Vgl. Hofmann (2002), S. 551; Vera (2002), S. 31. Aktuelle Beispiele sind Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs KG oder Fairchild Dornier GmbH. Vgl. hierzu o. V. (2003a), S. 2.

[8] Vgl. Fritz (1992), S. 60; Kirsch (1981), S. 194.

[9] Vgl. Kubicek (1975), S. 39-40.

[10] Der Interviewer spielt während der Interviewphase eine aktive Rolle und stützt sich dabei auf einen vorab entworfenen Leitfaden (Anhang 1-1). Vgl. hierzu Dieckmann (2002), S. 450-451.

[11] Die Namen und Positionen der Interviewpartner sind im Anhang 1-2 offen gelegt. Die Ergebnispro­tokolle der Gespräche sind in den Anhang 1-3 bis 1-13 zusammengefasst.

[12] Vgl. hierzu Dieckmann (2002), S. 328. So wurden die Experten beispielsweise in Abhängigkeit ihrer Tätigkeit oder Position ausgewählt.

[13] Vgl. Krystek (1987), S. 3.

[14] Vgl. Müller (1986), S. 33-34; Zahn (1983), S. 191-193; Löhneysen (1982), S. 26-27.

[15] Vgl. u.a. Fleege-Althoff (1930); Le Coutre (1926); Leitner (1919).

[16] Krystek (1987), S. 6-7. Diese Definition findet ebenfalls Verwendung u.a. bei Bergauer (2001), S. 4; Kraft (2001), S. 57; Kall (1999), S. 4. Siehe Anhang 2-1 für eine graphische Darstellung.

[17] Vgl. Hess et al. (1998), S. 830-834.

[18] Vgl. Kraus/Moldenhauer (2002), S. 1. Ziel des neuen Insolvenzrechts ist neben der Gläubigerbefrie­digung der Erhalt des Unternehmens. Vgl. hierzu Braun/Uhlenbruck (1997), S. 167.

[19] Müller (1986), S. 346.

[20] Vgl. Finsterer (1999), S. 5; Böckenförde (1996), S. 28-35; Fleege-Althoff (1930), S. 85.

[21] Mehrstufigkeit bedeutet, dass zahlreiche Interdependenzen zwischen den Ursachen bestehen. Multi­lokalität drückt aus, dass Krisen nicht an einem bestimmten Ort, sondern häufig simultan im inner-, zwischen- und überbetrieblichen Bereich entstehen. Vgl. hierzu Krystek (1987), S. 67-68.

Für eine Übersicht möglicher Krisenursachen siehe Anhang 2-2. Vgl. hierzu auch Bergauer (2001), S. 55; Hess et al. (1998), S. 85; Töpfer (1986), S. 159-162.

[22] Vgl. Finsterer (1999), S. 5 und die dort zitierte Literatur. Eine aktuelle Studie von Roland Berger Strategy Consultants belegt, dass 80 Prozent der Krisenursachen auf Managementfehler zurückzu­führen sind. Vgl. hierzu Roland Berger Strategy Consultants (2002).

[23] Vgl. Müller (1986), S. 53-56. Für die Beschreibung der folgenden Auflistung siehe außerdem Kraus/Gless (1998), S. 99; Böckenförde (1996), S. 16; Gless (1996), S. 14.

[24] Wirtschaftliches Eigenkapital ist zu Verkehrs- nicht zu Buchwerten bewertet.

[25] Vgl. Hess et al. (1998), S. 24, die ein Modell der kybernetischen Beziehungen der Krisenarten ent­worfen haben.

[26]Vgl. Müller (1986), S. 54-56.

[27] Für eine inhaltliche Präzisierung der unterschiedlichen Begriffe siehe Lafrenz (2004), S. 16-21.

[28] Vgl. Finsterer (1999), S. 9-10; Franceschetti (1993), S. 12; Hess (1990), S. 319. Für eine Interpreta­tion des dem deutschen ähnlichen angelsächsischen Begriffes „Restructuring“ siehe Bowman/Singh (1993), S. 5-14; Singh (1993), S. 147-172. Die Terminologie „distressed restructuring“ bezeichnet die situative Eingrenzung auf den Fall einer akuten Krisensituation. Vgl. Altmann (1993), S. 5.

[29] Vgl. Kudla (2004), S. 91; Franceschetti (1993), S. 12. Für eine Gegenüberstellung der unterschiedli­chen Begriffsdefinitionen verschiedener Autoren siehe Anhang 2-3.

[30] Vgl. Kraus/Gless (1998), S. 101. Zusätzlich vgl. Picot/Aleth (1997), S. 260; Lüthy (1988), S. 27.

[31] Vgl. Böckenförde (1996), S. 101-102; Gless (1996), S. 60. Anhang 2-4 zeigt wesentliche Träger einer Restrukturierung mit ihren jeweiligen Interessen. Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf den Kapitalgebern.

[32] Vgl. Finsterer (1999), S. 24-27. Finsterer beschreibt mögliche Konflikte zwischen Kreditinstituten, die an einer Maximierung des Wertes der eigenen Zahlungsansprüche und -anwartschaften interes¬siert sind und beispielsweise Arbeitnehmern, die auf die Arbeitsplatzsicherung bedacht sind.

[33] Vgl. Gless (1996), S. 61.

[34] Vgl. Hauschildt/Leker/Mensel (2000), S. 50, und die dort zitierte Literatur.

[35] Bei der Gewährung zusätzlicher Einwirkungsrechte muss die Bank jedoch die Gefahr der faktischen Geschäftsführung ausschließen. Siehe hierzu ausführlicher Kapitel 3.4.2.

[36] Vgl. Gless (1996), S. 61-62; Steiner (1994), S. 237.

[37] Vgl. Lüthy (1988), S. 27.

[38] Vgl. Gless (1996), S. 48-49.

[39] Vgl. Böckenförde (1996), S. 52; Müller (1986), S. 317-319.

[40] Siehe stellvertretend für die unterschiedlichen Phasenmodelle Böckenförde (1996), S. 52-100; Gless (1996), S. 130-131; Gunzenhauser (1995), S. 22; Müller (1986), S. 317-324; Krummenacher (1981), S. 100. Für einen graphischen Überblick der Phasen siehe Anhang 2-5. Siehe die genannten Auto­ren auch für die folgenden Beschreibungen der einzelnen Phasen.

[41] Vgl. Picot/Aleth (1999), S. 91; Braun/Uhlenbruck (1997), S. 244; Dörner (1992), S. 212.

[42] Vgl. Gawaz (1997), S. 55.

[43] Vgl. Jozefowski (1985), S. 35-36.

[44] Vgl. Lafrenz (2004), S. 214; Bergauer (2001), S. 60-61.

[45] Vgl. Kraus/Gless (1998), S. 111-112.

[46] Vgl. Dörner (1992), S. 224; Müller (1986), S. 92-93.

[47] Vgl. Slatter/Lovett (1999), S. 226-228; Barker III./Duhaime (1997), S. 25; Gless (1996), S. 300.

[48] Vgl. Müller (1986), S. 205.

[49] Vgl. Kraus/Gless (1998), S. 111; Gless (1996), S. 73.

[50] Vgl. Kraus/Gless (1998), S. 110-111; Lüthy (1988), S. 105-113. Umfangreiche Maßnahmen finden sich u.a. bei Hess et al. (1998), S. 204-219 oder Jobsky (1998a), S. 126-128.

[51] Vgl. Kraus/Gless (1998), S. 99-100; Burger (1995), S. 14-15; Volkart (1983), S. 19.

[52] Vgl. Slatter/Lovett (1999), S. 308-309; Böckenförde (1996), S. 138.

[53] Vgl. Bergauer (2001), S. 213; Müller (1986), S. 221.

[54] Vgl. Krystek (1987), S. 232; Baur (1978), S. 15.

[55] Vgl. Kudla (2004), S. 109; Fetterman (2003), S. 10; Schaaf/Schimke (1986), S. 36.

[56] Vgl. Böckenförde (1996), S. 138.

[57] Gleichfalls verwenden diese Unterteilung u.a. Hess et al. (1998), S. 192-221; Böckenförde (1996), S. 138-193. Für eine systematische Darstellung finanzwirtschaftlicher Maßnahmen siehe Anhang 2-6.

[58] Gegebenfalls ist eine Genehmigung durch die Aufsichts- und Kontrollgremien erforderlich.

[59] Unternehmensexterne sind bereits bestehende Stakeholder sowie andere unabhängige Dritte, bei­spielsweise neue Finanzinvestoren.

[60] Für eine ausführliche Beschreibung der Rolle der Banken in der Restrukturierungsfinanzierung siehe David (2001) und Lüthy (1988), S. 203-350.

[61] Vgl. Kudla (2004), S. 122.

[62] Vgl. Roland Berger Strategy Consultants (2003), S. 49. Siehe auch Anhang 2-7.

[63] Vgl. Gawaz (1997), S. 15-16, und die dort zitierte Literatur. Auf eine rechtliche Begriffsdefinition soll verzichtet werden.

[64] Vgl. Buth/Hermanns (1998a), S. 234.

[65] Vgl. Peppmeier/Thiele (1999), S. 43; Buchalik (1998), S. 29-30, S. 35; Lauer (1998), S. 187. Bezüg­lich einer Abgrenzung zu anderen Typen von „Stützungskrediten“ siehe Gawaz (1997), S. 16-19.

[66] Vgl. Lützenrath/Keller (2003), S. 40-41; Peppmeier/Thiele (1999), S. 43; Hess et al. (1998), S. 441; Lauer (1998), S. 187. Außerdem entspricht dies den Aussagen aller befragten Experten.

[67] Vgl. Kahl (2002), S. 135-168. Kahl begründet dieses Verhalten mit der Intention, eine potenzielle Liquidationsentscheidung hinauszuzögern, um vorhandene Informationsdefizite zu reduzieren.

[68] Vgl. Olfert (2001), S. 263. Ein Problemfall ist der sog. Eigenkapitalersatz. Siehe dazu Kapitel 3.4.1.

[69] Vgl. Lauer (1998), S. 241. Für weitere Möglichkeiten der Fremdkapitalaufnahme siehe Perridon/ Steiner (2002), S. 384-460; Wöhe/Bilstein (2002), S. 207-297.

[70] Vgl. Gawaz (1997), S. 15; Kämpfer (1993), S. 1.

[71] Ziel ist ein risikogerechteres Pricing. Siehe hierzu ausführlicher Kapitel 6.1.

[72] Unter Equity Kicker versteht man die Option auf Eigenkapitel, z.B. ist bei einem angestrebten späte­ren Börsengang eine Aktienbeteiligung denkbar. Vgl. hierzu Betsch/Groh/Lohmann (2000), S. 302.

[73] Ergebnis aus den Experteninterviews. Siehe dazu auch Kapitel 6.1.

[74] Eine Übersicht grundsätzlicher Charakteristika von Fremdkapital findet sich bei Perridon/Steiner (2002), S. 354, S. 384-385 und Olfert (2001), S. 264.

[75] Vgl. Elsas/Krahnen (2002), S. 42. Die Ergebnisse von Elsas/Krahnen werden durch die Ergebnisse der durchgeführten Experteninterviews bestätigt. Selten ist der Staat Sanierungskreditgeber, jedoch stellt er im Rahmen der Sanierungskreditvergabe gegebenenfalls Sicherheiten bereit.

[76] Für eine detaillierte Analyse der Rolle von Bankenpools in finanziellen Krisensituationen siehe Brunner/Krahnen (2002). Außer Banken sind v.a. auch Kreditversicherer am Pool beteiligt.

[77] Vgl. Buchalik (1998), S. 29. Weitere Gründe finden sich bei David (2001), S. 127. Es ist jedoch nicht möglich, dass der Bankenpool mehr Rechte und Sicherheiten besitzt, als die einzelnen Banken kumuliert erlangen würden. Letztlich soll die Bildung des Bankenpools signalisieren, dass die betei­ligten Banken durch eine aktive Partizipation an der Unternehmensrestrukturierung den Schuldner bei der Krisenbewältigung unterstützen, aber auch verstärkt ihre Interessen gegenüber anderen Par­teien durchsetzen wollen. Vgl. hierzu David (2001), S. 127; Lüthy (1988), S. 315.

[78] Eine Hausbank zeichnet sich durch eine intensive Beziehung zu ihrem Kunden aus, wodurch das Problem der Informationsasymmetrie verringert wird. Vgl. hierzu Boot (2000), S. 7.

[79] Vgl. Brunner/Krahnen (2002), S. 10.

[80] Vgl. Elsas/Krahnen (2002), S. 13; David (2001), S. 127-128.

[81] Ergebnis aus den Experteninterviews.

[82] Die Bank tritt mit ihrer Forderung im Rang hinter die übrigen Gläubiger zurück. Ferner wird der Sanierungskredit für den Überschuldungsstatus nicht als Fremdkapital eingestuft. Vgl. hierzu Buth/Hermanns (1998a), S. 233.

[83] Vgl. Buth/Hermanns (1998a), S. 234; Lauer (1998), S. 242; Drukarczyk (1986), S. 11.

[84] Vgl. Buchalik (1998), S. 35. Eine Untersuchung von Bergauer (2001) belegt, dass 39 Prozent der Krisenunternehmen, die finanzwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen haben, Sanie­rungskredite im Rahmen der Finanzierung für strategische und operative Maßnahmen aufgenommen haben. Vgl. hierzu Bergauer (2001), S. 228.

[85] Vgl. David (2001), S. 123; Lüthy (1988), S. 314. Die Ablösung von Krediten betrifft vor allem klei­nere oder Auslandsengagements.

[86] Ergebnis aus den Experteninterviews. So hat z.B. die Deutsche Bank ihre Kredite bei einem großen deutschen Unternehmen gekündigt und später ohne Altkreditengagement einen Sanierungskredit gewährt. Die Deutsche Bank war davon überzeugt, das Unternehmen erfolgreich restrukturieren und danach hohe Erträge generieren zu können.

[87] Ergebnis aus den Experteninterviews.

[88] Vgl. Kämpfer (1993), S. 16-17.

[89] Siehe z.B. Philipp Holzmann AG oder Babcock Borsig AG.

[90] Ein Beispiel ist die LfA (Förderbank Bayern), die zu 100 Prozent im Besitz des Freistaates Bayern ist. Jedoch hat sie aufgrund neuer EU-Richtlinien ihre Satzungen ändern müssen und darf keine Kre­dite mehr an Krisenunternehmen vergeben bzw. andere Banken bei Krisenengagements ablösen.

[91] Vgl. Picot/Aleth (1999), S. 163; Lauer (1998), S. 241. Eine konträre Meinung vertritt Canaris

(1979), S. 113-138, der behauptet, dass in bestimmten Situationen eine Vergabepflicht besteht. Die Rechtsprechung belegt aber eindeutig, dass kein Anspruch besteht.

[92]Vgl. David (2001), S. 76; Franceschetti (1993), S. 257; Lüthy (1988), S. 205. Allgemein birgt ein zu frühes Eingreifen der Bank die Gefahr, in die Sphäre des Unternehmens einzudringen, ohne hierzu legitimiert und unternehmerisch fähig zu sein. Eine zu späte Intervention wiederum kann zu einer Verletzung der Sorgfaltspflicht führen. Die Bank sieht sich dann dem Vorwurf des leichtfertigen Umgangs mit den ihr von Einlegern und Aktionären anvertrauten Geldern konfrontiert.

[93]Vgl. David (2001), S. 76.

[94]Vgl. David (2001), S. 76; Lüthy (1988), S. 205.

[95]Ergebnis aus den Experteninterviews. Work-out Groups sind spezielle Abteilungen der Banken, die sich mit der Behandlung von Krisenunternehmen beschäftigen. Ziel ist es, den Kunden zügig wieder ins „normale“ Geschäft zurückzuführen. Vgl. hierzu Deutsche Bank (2003), S. 9-12. Im Jahr 2003 hat der Zeitraum von der Krisenerkennung bis zum Beginn der Restrukturierung ca. 14 Monate, im Jahr 2001 ca. 30 Monate betragen. Vgl. hierzu Roland Berger Strategy Consultants (2003), S. 15

[96]In der Neuen Institutionenökonomik wird das Problem der Informationsasymmetrie detailliert in der sog. Agency Theory beschrieben und analysiert. Zum Begriff und den Aussagen der Agency Theory siehe Perridon/Steiner (2002), S. 529-538 sowie grundlegend Jensen/Meckling (1976), S. 305-308. Für eine detaillierte Beschreibung der Unsicherheitskonstellationen siehe Breid (1995), S. 823-854.

[97]Vgl. Schäfer (2002), S. 73; Franke/Hax (1999), S. 411-412.

[98] Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 97.

[99] Ergebnis aus den Experteninterviews. Siehe dazu ausführlich Kapitel 4.2.

[100] Vgl. Gawaz (1997), S. 175-178; Harz/Hub/Schlarb (1996), S. 83-101.

[101] Beschlossen am 27.04.1998 mit Wirkung zum 1.05.1998.

[102] Vgl. Peppmeier/Thiele (1999), S. 43; Picot/Aleth (1999), S. 158.

[103] Vgl. Finsterer (1999), S. 188-189; Obermüller (1998), S. 51-54.

[104] Vgl. Kulzer (2002), S. 9. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken sehen ein ordentliches sowie außerordentliches Kündigungsrecht vor, sofern bestimmte Bedingungen gegeben sind. Vgl. hierzu Lauer (1998), S. 110-116.

[105] Vgl. Kulzer (2002), S. 9; Picot/Aleth (1999), S. 163.

[106] Ergebnis aus den Experteninterviews. Weitere Gründe sind schwindende Sicherheiten und ihre er­sichtliche Gefährdung bei Nichtkündigung oder Rechtshandlungen der Gesellschafter/Geschäfts­führung, die den Restrukturierungserfolg maßgeblich gefährden oder verhindern. Ähnliche Gründe finden sich bei Lauer (1998), S. 243-244.

[107] Darunter versteht man, dass, wie bei den Nagern, alle blindlings einem „Führer“ oder Vorbild fol­gen, selbst wenn der Weg in die Katastrophe führt.

[108] Ergebnis aus den Experteninterviews.

[109] Vgl. Lauer (1998), S. 114.

[110] Der Begriff Sittenwidrigkeit wird nach überkommener Anschauung in Rechtsprechung und Literatur interpretiert im Sinne einer individualethischen Gesinnungsmoral. Vgl. hierzu Gawaz (1997), S. 137.

[111] Vgl. Kämpfer (1993), S. 16; Drukarczyk (1986), S. 6.

[112] Vgl. Peppmeier/Thiele (1999), S. 43; Hess et al. (1998), S. 442-443; Gawaz (1997), S. 37-76; Fran- ceschetti (1993), S. 253; Drukarczyk (1986), S. 6. Weitere Gründe können sein: Gläubigergefähr­dung, Schuldnerknebelung und Kreditbetrug.

[113] Vgl. David (2001), S. 79-85.

[114] Ergebnis aus den Experteninterviews.

[115] Ergebnis aus den Experteninterviews. Ähnliche Ergebnisse finden sich bei Gawaz (1997), S. 32.

[116] Siehe Kapitel 3.1.1. Unabhängige Dritte sind v.a. Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer.

[117] Vgl. David (2001), S. 123; Picot/Aleth (1999), S. 165.

[118] Lenkungsausschüsse (LA) bestehen aus Geschäftsführung, Vertretern der Banken und anderen Sta- keholdern. Im LA werden Ergebnisse und weiterer Verlauf der Restrukturierung thematisiert. Vgl. hierzu Blatz/Mohr (1998), S. 425; Harenberg/Wlecke (1998), S. 302; Kütz (1998), S. 220.

[119] Ergebnis aus den Experteninterviews.

[120] Lüthy (1988), S. 245.

[121] Die folgenden Aussagen zu den jeweiligen Szenarien basieren vorwiegend auf den Ergebnissen aus den Experteninterviews.

[122] Wie in Kapitel 3.1.2 erwähnt, kann unter Umständen ein Sanierungskredit auch ohne Sicherheiten gewährt werden. Dieser Fall soll hier aber nicht betrachtet werden, da dieser Fall nach Möglichkeit vermieden werden sollte.

[123] Bezüglich einer möglichen Problematik aufgrund Insolvenzverschleppung siehe Kapitel 3.4.2.

[124] Vgl. Drukarczyk (1999), S. 494-496.

[125] Der Abschlag beträgt laut Experten aktuell zwischen 50 und 90 Prozent.

[126] Darüber hinaus gibt es noch weitere Gründe, wie z.B. den Rückzug aus bestimmten Branchen. Laut Expertenmeinungen verkaufen Banken gegebenenfalls auch bei einem Wert, der niedriger als der wahrscheinliche Erlös ist. Siehe dazu ausführlicher Kapitel 6.1.

[127] Vgl. Elsas/Krahnen (2002), S. 24; Fouquet (1987), S. 63. Es handelt sich dabei um eine Entschei­dung unter Sicherheit. Für eine ausführliche Beschreibung einer Investitionsentscheidung und - rechnung siehe Perridon/Steiner (2002), S. 27-152.

[128] Vgl. Schneider (1980), S. 504.

[129] Vgl. Fouquet (1987), S. 67.

[130] Vgl. David (2001), S. 108. Eine alternative Möglichkeit zur Identifikation der optimalen Handlungs­alternative könnte auch die Gegenüberstellung von Liquidations- und Fortführungswert sein. Vgl. hierzu dazu David (2001), S. 108; Böckenförde (1996), S. 60.

[131] Für eine graphische Darstellung der Barwertformel siehe Anhang 4-1.

[132] Vgl. Elsas/Krahnen (2003), S. 32.

[133] Vgl. Fouquet (1987), S. 78-79.

[134] Vgl. Drukarczyk (1999), S. 494-496.

[135] Vgl. Kudla (2004), S. 109-119. Kudla orientiert sich bei seiner Auswahl vor allem an Rating Verfah­ren von Banken.

[136] Zur Methodik siehe Kapitel 1.1.3. Nachfolgend soll für die Entscheidungsparameter die durch­schnittliche Bewertung aus den Experteninterviews in Klammern angegeben werden. Es wurden zehn Experteninterviews geführt, wobei jeder Interviewpartner die einzelnen Entscheidungsparame­ter bewertete, so dass das arithmetische Mittel die Gewichtung widerspiegelt.

[137] Ähnliche Erkenntnisse finden sich bei Wilden (1998), S. 21-22 und Müller (1986), S. 461.

[138] Vgl. Hotchkiss (1995), S. 4; Gilson (1989), S. 241-242.

[139] Vgl. Wilden (1998), S. 21-22.

[140] Vgl. Das/Teng (2001), S. 252; Petermann (1985), S. 12. Eine Beschreibung unterschiedlicher Ver­trauensarten findet sich bei Luhmann (1989), S. 40-50, S. 50-66. Der Begriff Kredit stammt vom la­teinischen Verb „credere“ ab und bedeutet, Jemandem zu glauben bzw. zu vertrauen.

[141] Vgl. Bachmann (2000), S. 112; Krystek (1997), S. 544; Zand (1972), S. 232-233.

[142] Vgl. Petersen/Rajan (1995), S. 407-443.

[143] So ist beispielsweise die Vertrauensbeziehung zwischen Lieferant und dem Krisenunternehmen oft sehr beschädigt. Vgl. hierzu Schaaf/Schimke (1986), S. 40. Des Weiteren ist häufig auch das Ver­trauen der Kunden in das Krisenunternehmen beeinträchtigt. Vgl. hierzu Ziechmann (1998), S. 157.

[144] Vgl. Slatter/Lovett (1999), S. 82; Kaufmann (1998), S. 316.

[145] Vgl. Kudla (2004), S. 115.

[146] Vgl. Buth/Hermanns (1998b), S. 355-356.

[147] Die Konsolidierungsstrategie fokussiert sich auf eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch Kostensenkungen und/oder auf den Rückzug aus bestimmten (Teil-)Märkten. Vgl. hierzu Müller (1986), S. 96; Baur (1978), S. 240-242.

[148] Die Wachstumsstrategie impliziert den Ausbau eigener Marktanteile oder die Erschließung neuer Märkte. Vgl. hierzu Ansoff (1966), S. 132-136.

[149] Ähnliche Erkenntnisse finden sich bei Kudla (2004), S. 116.

Ende der Leseprobe aus 138 Seiten

Details

Titel
Sanierungskredite in der Restrukturierungsfinanzierung
Hochschule
European Business School - Internationale Universität Schloß Reichartshausen Oestrich-Winkel  (LS für Bank- und Finanzmanagement)
Veranstaltung
European Business School
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
138
Katalognummer
V28333
ISBN (eBook)
9783638301480
Dateigröße
1238 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Schlüsselrolle bei der Finanzierung einer Krisenbewältigung obliegt in Deutschland bis heute den Banken, da sie in der Regel die Großgläubiger der Krisenunternehmen sind und sich die Frage der Krisenbewältigung unter anderem auf die Gewährung neuer Finanzmittel, insbesondere von Sanierungskrediten, konzentriert. Daher ist es wichtig zu verstehen, nach welchen Kriterien Banken i.d. Praxis neue Kredite an Krisenunternehmen vergeben. Daher wurde eine Parameterfunktion entwickelt u. angewandt.
Schlagworte
Sanierungskredite, Restrukturierungsfinanzierung, European, Business, School
Arbeit zitieren
Tobias Weigl (Autor:in), 2004, Sanierungskredite in der Restrukturierungsfinanzierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28333

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