Die maurische Stadt in Spanien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

42 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Geschichte der iberischen Halbinsel bis zur Eroberung durch die Mauren
1.2. Geschichte der maurischen Herrschaft in Spanien

2. Über die Mauren
2.1. Der Islam als Wegbereiter der Mauren
2.2. Wer waren die Mauren?
2.3. Multikulturelle Bevölkerung und ihre Probleme
2.3.1. Sprachen in al- Andalus
2.4. Die Wirtschaft in al- Andalus
2.5. Lebensstil der Mauren

3. Die maurischen Städte
3.1. Stadtgründungen
3.2. Gestalt der maurischen Städte
3.2.1. Befestigungen
3.2.2. Der Bazar
3.2.3. Die Moschee
3.3. Zur Architektur
3.4. Vergleich zu den islamischen Städten des Orients
3.5. Das Beispiel Córdoba

4. Zusammenfassung

5. Literatur

6. Anhang: Abbildungen

1. Einleitung

Die Geschichte der Mauren ist über viele Jahrhunderte hinweg eng mit der Geschichte der iberischen Halbinsel verbunden.

711 eroberten die Mauren Spanien1 und machten Córdoba, eine bis dahin unbedeutende Stadt, zur Hauptstadt. Córdoba wurde zu einer Metropole mit mehreren hunderttausend Einwohnern. Dies zeigt deutlich, welchen Einfluss die Araber hatten. Die Mauren prägten dieses Gebiet bis 1492, als in der Reconquista die Könige Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragonien Granada zurücker- oberten.

Eine Betrachtung des heutigen Córdoba lässt, wie in anderen Städten Spaniens auch, noch die Spuren dieser Herrschaft erkennen. Dies soll in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden.

Die Hintergründe und Betrachtungen der komplexen Geschichte wurden versucht auf das nötigste zu reduzieren; sie sind erwähnt, soweit es hier notwendig ist.

Die höchst komplizierten ethnischen Verhältnisse sollen hier soweit angerissen werden, wie sie für das Verständnis vonnöten sind; auch wenn sie oftmals in unsrem Kulturkreis nur schwer nachvollziehbar sind.

1.1. Geschichte der iberischen Halbinsel bis zur Erober- ung durch die Mauren

Seit ungefähr der Zeit des Neolithikum besiedeln die Iberer die iberische Halbinsel, seit dem 6. Jahrhundert vor Christus trifft dies auch auf die Kelten zu. Bereits etwa 1100 vor Christus gründeten die Phöniker an der Südwestküste Kolonien.

Auch die Griechen versuchten im 7. Jahrhundert vor Christus in diesem Teil Spaniens zu siedeln, wurden aber durch die Karthager in den Nordosten gedrängt. Bis zur Herrschaft Augustus´ war die gesamte Halbinsel dem Römischen Reich eingegliedert (Provincia Hispania citerior und Hispania ulterior), was zur vollständigen Romanisierung führte. Die Provinzen hatten für das Reich große ökonomische Bedeutung (Wein, Öl, Gold, Silber). Zu Beginn des 5. Jahrhunderts nach Christus drangen Sweben, Alanen und Wandalen über die Pyrenäen ein, kurz danach die Westgoten. Diese gingen, besonders nach ihrem Übertritt vom Arianischen zum katholischen Christentum (587), in der romanischen Bevölkerung auf. Ihr Reich, durch innere Wirren geschwächt, erlag 711 dem Angriff der muslimischen Araber (Mauren), deren Feldherr Tarik bei Jerez de la Frontera die Westgoten besiegte.

1.2. Geschichte der maurischen Herrschaft in Spanien

Um die Herrschaft der Mauren erklären zu können, ist es nötig, etwas in der Geschichte auszuholen. Im Jahre 610 hat Mohammed sein Berufungserlebnis. Er verkündet in Mekka die Lehre des Islam, der, so die Übersetzung, „Ergebung in den Willen Gottes“.2 Nach seiner Verkündung muss der Prophet Mekka verlassen, kehrt aber zwanzig Jahre später zurück, um die Stadt und die Kaaba vom Götzendienst zu reinigen. 632 stirbt Mohammed in Mekka; seine Nachfolger werden sich Kalifen nennen. Schon 634 tritt Kalif Omar, „der Beherrscher der Gläubigen“3, an, um den arabischen Staat in ein theokratisches Weltreich zu wandeln. Die Kalifen dehnen ihr Reich aus und unterwerfen zahlreiche Stämme.

Die Dynastie der Omaijaden4, die 661 an die Macht kamen, führt Eroberungszüge bis Kabul im Osten und erobert im Westen 698 Karthago. Im gleichen Jahr schon wird eine einheitliche arabische Währung eingeführt. Unter dem Kalifen Walid I. (705 - 715) erreicht die Expansion des Islam unter der Omaijaden- Dynastie ihren Höhepunkt: Im Osten wird das Indusgebiet erobert, im Westen überschreitet der Feldherr Tarik die Meerenge von Gibraltar und schlägt die Westgoten in Jerez de la Fontera.

Zur gleichen Zeit findet auf der iberischen Halbinsel folgendes statt: Nach Sweben, Alanen und Wandalen dringen auch die Westgoten ein. Bei der Schlacht von Vouillé 507, besiegt Chlodwig das Westgotenreich und drängt es bis zu den Pyrenäen zurück. Der Herrscher der Westgoten, Alarich II. , fällt in Vouillé. Das neue Reich der Westgoten auf der iberischen Halbinsel wird von Anfang an durch Kämpfe zwischen König und Adel geschwächt.5 551 erobern Byzantiner den Süden, werden aber von Leowgild geschlagen. Unter Leowgild wird das Reich der Sweben eingenommen und Toledo zur Hauptstadt. Unter Rekhared I. werden die Westgoten katholisch, wodurch die Kirche einen großen Einfluss gewinnt. Dennoch gibt es fortwährend Kämpfe innerhalb des Reiches. Unter Roderich ist das Reich schließlich derart geschwächt, dass es einem Angriff der Araber nicht standhält. Auch die hatten von den Auseinandersetzungen erfahren und schienen die Schwäche der Westgoten nun auszunutzen.6 Im Jahr 711 besiegte Tariq ibn Ziyad ibn Abdlah al-Laithi die Westgoten. Tariq setzte bei der „Meerenge zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent über. Der in das Meer hervorspringende Berg, an dem [er] [...] landete, erhielt später den Namen ‚Berg des Tariq‘, arabisch ‚djabal at-Tariq‘, woraus sich der heutige spanische Name dieses Ortes ableitet: Gibraltar.“7 Bei der Einnahme des Landes, das die Araber „al-Andalus“8 nannten, trafen sie auf keinen nennenswerten Widerstand. Die Städter und Bauern der staatlich organisierten Zonen kapitulierten nahezu widerstandslos, „da die Unterdrückung durch die Herrschenden oft schwerer auf ihnen lastete als die Plünderungen durch neue Eroberer, vor allem, wenn sie Freiheit und Gerechtigkeit versprachen“.9 Hermann Lautensach schreibt, dass die innerpolitische Entwicklung des Gebietes während der ersten 45 Jahre von 711 an keine klaren Linien erkennen ließ.10 45 Jahre vergingen, bis einem 25-jährigen Mitglied der Omaijaden- Dynastie die Flucht gelungen war, und er die iberische Halbinsel betrat. Zur gleichen Zeit werden die Omaijaden in der Schlacht am Zab, einem Nebenfluss des Tigris, verheerend geschlagen. Die Herrschaft der Omaijaden- Dynastie wird vom Abbasiden- Kalifat abgelöst. Nur Abd ar-Rahman I. entkommt dem unter den überlebenden Omaijaden angerichteten Blutbad und gründet eben dieses Emirat der Omaijaden zu Córdoba. 929 wird Córdoba unter Abd ar-Rahman III. zum Kalifat, er selbst zum Kalifen. Unter ihm erlebt das Land eine fast einhundertjährige Blütezeit. Erst 1031 werden die Omaijaden gestürzt, das Kalifat zerfällt „für 50 Jahre in viele kleine Fürstentümer [sogenannte Taifas] und Stadtstaaten.“11

Trotz einiger Feldzüge in den Norden, die durchaus erfolgreich waren, nahmen die Araber dieses Gebiet nicht ein. Ihnen schien, so Ohloff, das Klima, je weiter sie nach Norden kamen, immer unwirklicher zu erscheinen.12 Dies muss nicht der einzige Hinderungsgrund gewesen sein; Fakt ist dennoch, dass sie das Gebiet nicht dauerhaft einnahmen, sondern die christlichen Fürstentümer und Königreiche, die sich dort bildeten, zu hohen Tributzahlungen verpflichteten.13 Nach 1031 wurden allerdings die Araber in die Defensive gedrängt, was die nordspa- nischen Christen zu Angriffen zu ermuntern schien. Neue christliche Königreiche und Fürstentümer formierten sich zum Widerstand, um die Idee der Wiedereroberung Spaniens, der sogenannten Reconquista, zu verwirklichen. So wurde bereits 1085 Toledo von den Kastiliern erobert und „bald darauf zur neuen Hauptstadt des christlichen Nordens“14 ernannt. Die Fürsten der Taifas, der Fürstentümer, in die al-Andalus nach Ende der Omaijaden zerfallen war, riefen den Sultan von Marokko zur Hilfe im Kampf gegen die Christen. Die Bestrebungen der Reconquista, und damit die Kriegszüge des Königs von Kastilien- León, Alfonso VI. , wurden damit gestoppt. Die aus Marokko stammenden Berber, die Almoraviden, war militärisch sehr stark und „machten den Andalus in der Folgezeit zu einer Provinz ihres Reiches. Auf die Almoraviden folgte im 12. Jahrhundert die Berberdynastie der Almohaden, welche ebenfalls von Nordafrika aus das islamische Spanien beherrschte.“15 Doch die Reconquista ist nicht aufzuhalten: 1212 unterliegen die Almohaden den christlichen Truppen des Norden in der Schlacht von Las Navas de Tolosa. Schon 1236 fällt Córdoba, Sevilla 1248. Lediglich das maurische Königreich Granada bleibt bestehen. Ohloff schreibt: „Granada, militärisch schwach, aber wirtschaftlich stark, kann sich in den folgenden zweieinhalb Jahrhunderten durch hohe Tributzahlungen seine Existenz [...] bewahren, da es keine ernsthafte Bedrohung für seine Nachbarn darstellt.“16 Erst 1492, dem Jahr, in dem Kolumbus zu seiner Reise zur Entdeckung eines Seeweges nach Indien aufbricht, wird Granada unter den sogenannten katholischen Königen von Aragonien - Katalonien, Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragonien (beide heirateten 1469), gestürmt.

2. Über die Mauren

2.1. Der Islam als Wegbereiter der Mauren

Die Identität der Mauren fußt auf den Gesetzen des Islam. Nur mit Hilfe des Islam und seiner Ideologie und der Macht der oftmals gottähnlich verehrten Stammesführer war es den Mauren möglich, ihr Herrschaftsgebiet weit nach Westen auszudehnen. Ohloff formuliert klar, dass die Eroberungsheere neben Aussicht auf Beute „von dem göttlichen Auftrag [...], den islamischen Machtbereich zu erweitern“ angetrieben wurden.17

Burchard Brentjes schreibt über die islamische Zeit, dass es „eine von Hass und Liebe, Rache und Tod bestimmte Geschichte“18 sei. Jedoch erreichten unter arabischer Herrschaft Landwirtschaft, Handwerk und geistiges Leben eine hohe Blüte.19 Doch was ist die Lehre des Islam, der eine derartige Kultur ermöglichte? Mohammed verkündete 610 diese Lehre nach seinem Berufungserlebnis, in der das nahende Weltgericht mit strafen und Belohnung der Taten und die Lehre von Allah, dem Schöpfer und Richter, der das Schicksal der Menschen bestimmt die Hauptsäulen sind. Jeder Muslime hat fünf Hauptpflichten: das Glaubensbekenntnis („Es gibt keinen Gott außer Gott [d.i. Allah], Mohammed ist der Gesandte Gottes“); das Pflichtgebet, das fünfmal täglich zu halten ist; die Almosengabe (anstelle der staatlichen Steuer); das Fasten im Monat Ramadan; die Wallfahrt nach Mekka. Der Glauben basiert auf dem zwischen 644 und 656 schriftlich fixierten Koran (arabisch für „Lesung“), der Sunna, die die Überlieferung der Gewohnheiten und Aussprüche des Propheten sind und den Idschma, welche die Übereinstimmung der Gläubigen darstellen.20

Interessant scheint in diesem Zusammenhang zu sein, dass die Mauren ihren besiegten Feinden die Möglichkeit gaben, sich zu unterwerfen und dabei ihre Religion beizubehalten. Bei den christlichen Missionaren war dies nicht möglich. Dies beruht laut Ohloff auf der islamischen Vorstellung jener Zeit, „dass Judentum und Christentum in ihren Offenbarungsschriften neben vielen Verfälschungen und Verstellungen der wahren Lehre auch zahlreiche richtige und mit dem Koran in Einklang stehende Inhalte überlieferten [sic!], da zu ihnen nach koranischer Aussage einstmals auch die islamische Botschaft ergangen war, die sie dann aber verfälscht hatten.“21

2.2. Wer waren die Mauren?

Der Begriff „Maure“ kommt, so lässt das Lexikon wissen, vom griechischen amaurós, das „dunkel“ heißt. Das lässt den Rückschluss zu, dass es sich bei den Mauren vornehmlich um dunkelhäutige Menschen handelte. Betrachtet man die Herkunftsgebiete der Mauren, so liegt dies auf der Hand. Gerade, wenn man die Herrschaft der Almoraviden und Almohaden, den beiden aus dem Maghreb22 stammenden Dynastien, berücksichtigt, ist dies verständlich.

2.3. Multikulturelle Bevölkerung und ihre Probleme

Als die Mauren auf die iberische Halbinsel kamen, war diese natürlich nicht menschenleer. Auch die jetzt eingefallenen Araber war dort nicht allein, zumal sie ohnehin nur einige Tausend waren. „Die Masse der maurischen Heere bestand aus Berbern, die ihrerseits erst wenige Jahre zuvor unterworfen und zum Islam bekehrt worden waren.“23 Allerdings zählten auch diese „Heeres- Berber“ nur einige Zehntausende. Auch waren sie keine Araber, oder waren denen gut gesonnen. Lautensach schreibt, die Berber hätten in den ersten Jahrhunderten häufig auf dem Boden der [iberischen] Halbinsel gegen die Herrschaft, die von einem Kreis Privilegierter ausgeübt wurde, rebelliert.24 Die Mauren übten auf die Bevölkerung keinen Druck aus, den mohammedanischen Glauben anzunehmen. Allerdings, so Lautensach, veranlasste die Steuerbefrei- ung viele, vor allem wohlhabende Bürger zur Konversion. Sie wurden ‚Muladies‘ genannt.25 Im Norden Spaniens werden heute noch Araber, Berber und eben jene Muladies als Mauren bezeichnet.26 Neben diesen erwähnten Gruppen gibt es die sogenannten Mozaraber (von arabisch musta`rib „arabisiert“). Dies sind die christlichen Bewohner des al- Andalus, die vorwiegend niederen Ständen angehören.27

Bei den Juden waren die Araber durchaus willkommen, wurden sie von den Westgoten doch jahrzehntelang unterdrückt. Auch von den Arabern waren sie in den ersten Jahrhunderten gern gesehen, weil sie ein wichtige Rolle im Handel spielten.28. Laut Brentjes nahmen die Juden allerdings den untersten Rang im sozialen System ein. Die Araber unterschied man in die im Lande geborenen und Syrer. Unter ihnen standen die Berber, die vom afrikanischen Kontinent kamen, darunter die einheimische, zum Islam konvertierte Bevölkerung. Darunter standen die Mozaraber. „Den untersten Rang nahmen die Juden ein.“29 Teilweise Gegensätzliches schreibt jedoch Ohloff: In Granada betrug der Anteil der Juden an der Gesamtbevölkerung im 11. Jahrhundert bis zu 50 Prozent. Der Jude Isma’il ibn Naghrallah stiegt vom Steuerbeamten zum Minister und Heerführer auf. Sein Sohn Yusuf ibn Naghrallah folgte ihm nach seinem Tod in die Ämter. „Er errichtete sich in exponierter Lage über der Stadt einen Palast, den man -später erweitert und ausgebaut - heute noch in Granada sehen kann: die Alhambra [...]“.30 Im christlichen Europa dieser Zeit wäre es undenkbar gewesen, dass Juden weltliche Macht derart zur Schau stellen. Allerdings auch in al-Andalus war die muslimische Bevölkerung davon nicht derart angetan, so dass es „zum Sturz und zur Ermordung Yusufs ibn Naghrallah kam. An diese Vorfälle,“ so Ohloff, „schloss sich ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung Granadas an [...].“31 Jedoch stellt er klar, dass diese Gewalt gegen Juden eine Ausnahme im islamischen Spanien sei, wohingegen Juden in Mitteleuropa und Gewalt und Vertreibung zu leiden hatten.32

2.3.1. Sprachen in al- Andalus

Man kann sagen, dass es sich beim Andalus schon zu früher Zeit um einen multikulturellen Staat handelt, in dem einzelne Bevölkerungs- gruppen sicherlich ihre Probleme miteinander hatten, aber dennoch relativ friedlich miteinander lebten. Auch Dinge, die heute als Errungenschaften moderner Gesellschaftssysteme gelten, wie etwa Mehrsprachigkeit waren im Andalus schon im 8. Jahrhundert verwirklicht: Neben Arabisch wurden berberische Dialekte und das Vulgärlateinische gesprochen. Hermann Lautensach stellt 1960 fest, dass sich diese Mehrsprachigkeit auch in topographischen Namen auswirkt. So nehme die Häufigkeit der arabischen und arabisierten Namen [...]mit der Dauer der Herrschaft des Islam von Norden nach Süden zu. Im Baskenland und der Provinz Santander, die beide im Norden des heutigen Spaniens liegen, fehlten die arabischen Namen, wohingegen Provinzen im Süden, wie Granada oder Córdoba gänzlich arabisiert seien.33 Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen Dauer der islamischen Herrschaft und den Auswirkungen auf die Sprache des Landes.

2.4. Die Wirtschaft in al- Andalus

Die Araber hatten auf die Wirtschaft des Landes einen großen Einfluss. Die Nachwirkungen dieses Einflusses sind heute noch sichtbar. Die Flußtäler mit ihren fruchtbaren Böden laden vor allem im Süden des Landes zum Ackerbau ein und bieten dafür gute Voraussetzungen. Lautensach hält fest, dass die Araber verschieden Früchte mit auf die iberische Halbinsel brachten, die es vorher dort nicht gab. Exemplarisch seien hier Zitrone, bittere Apfelsine, Granatäpfel oder der Johannisbrotbaum genannt. Wie auch zuvor hat Lautensach das Aufkommen von arabischen Namen für bestimmte Gegenstände, hier also Pflanzen, untersucht, um deren Auftreten den Arabern zuzuschreiben. Auch Zuckerrohr, Safran und Baumwolle brachten die Araber mit. Die wichtigste Pflanze sei allerdings der Reis gewesen, den die Mauren in Spanien einführten. Lautensach nennt Beschreibungen arabischer Schriftsteller, besonders al- Awam34, die auf bestimmte Anbautechniken hinwiesen und die die ostasiatische Pflanzbeetmethode empfehlen.35 Noch im 13. Jahrhundert sei in den katalanischen Häfen Reis ein Exportgut gewesen.36

Möglich wurde den Mauren auch der Feldbau in den trockeneren Regionen, da „die Bewässerungstechnik der andalusischen Muslime sowie ihre Kenntnisse in Anbaumethoden höchstes Niveau erreicht“37 hatten. Nur so wäre es möglich gewesen, geschätzte zehn Millionen Menschen zu ernähren, schreibt Ohloff.38 Teilkenntnisse im Bewässerungsfeldbau waren auch schon vor der Eroberung der Araber bekannt. Norias (Göpelwerke) mit langer, hoher Achse, die an Ufern von Flüssen stehen, ordnet man römischen Ursprungs zu, hingegen seien aber Norias mit kurzer, niedriger Achse und solche, die von der Strömung getriebenen zur Förderung von Flusswasser eingesetzten (sogenannte Norias fluvial) arabischen Ursprungs.39

Allerdings brachten die Araber nicht alle Pflanzen, die sie je anbauen wollten, aus dem Osten oder Süden mit. Einige Früchte fanden sie bereits auf der iberischen Halbinsel vor und nutzten sie weiter. Sie nutzen Feigenbäume, Olivenbäume, Eichen und Reben, schreibt Lautensach.40 Einige Sorten der Steineiche lieferten essbare Eicheln, die damals für die menschliche Ernährung wichtiger waren. Da der Koran den Muslime den Genuss von Alkohol untersagt, konnte die Mauren keinen Wein vergären. Die Trauben des Weines wurden daher auch getrocknet und zu Rosinen. Allerdings, so Lautensach, erzeugte man aus den Trauben auch eine Art Sirup und kelterte sogar, trotz Verbot, Wein. „[...]Es ist sicher, dass dieser [d.i. der Wein] nicht nur von den ärmlichen Mozarabern getrunken wurde. Der Mohammedaner al-Razi lobt von der Halbinsel ‚die guten Weine, die zur Freude beitragen‘.“41 Große Gewinne erwirtschafteten die Mauren durch den Export „von weiterverarbeiteten Erzeugnissen wie Leder, Keramik, Papier und Stoffen, darunter Seide [...]“42. Ohloff schreibt weiter, das sich entlang der Ostküste viele Hafenstädte befunden hätten, die durch den Mittelmeerhandel florierten, daneben wäre Sevilla wichtiger Warenumschlagplatz gewesen. Ferner trieb man auch regen Handel mit dem christlichen Norden, woher man im Gegenzug Rohstoffe erhielt.43 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Mauren über eine intakte, hochentwickelte Landwirtschaft und einen florierenden Handel verfügten. Vor allem aber durch den Handel kamen sie zu Reichtum, der zu jener Zeit in der Welt seines gleichen suchte.

2.5. Lebensstil der Mauren

Für die Betrachtung der Nachwirkungen der maurischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel ist es von Nutzen, zu wissen, wie die Mauren lebten. Ihr Lebensstil lässt sich knapp als luxuriös bezeichnen. Unter der Herrschaft der Omaijaden- Dynastie gelangte das muslimische Spanien zu einer Blüte. Federführend für diese Entwicklung war Kalif Abd al- Rahman III gewesen, der 912 zunächst noch als Emir den Thron bestieg. 929 gab er sich den Titel Kalif und machte aus dem Emirat ein Kalifat.

[...]


1 Die Länderbezeichnungen mit heutigen Namen, wie Spanien, Marokko usw. mögen als Hilfsmittel zur Lagebeschreibung verstanden werden.

2 DTV- Atlas zur Weltgeschichte. München26 1992, S.135. Zu den Inhalten der islamischen Lehre soll das Kapitel 2. ‚Über die Mauren‘ vorbehalten sein.

3 ebenda

4 gelegentlich ist auch die Übersetzung ‚Umaiyaden‘ mit ihren Abwandlungen zu finden. Vgl. z.B. Burchard Brentjes: Die Mauren. Wien 1989

5 vgl.: DTV- Atlas zur Weltgeschichte. a.a.O., S.117

6 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. Vortrag vom 16.01.1998

7 ebenda

8 ebenda

9 Burchard Brentjes: Die Mauren. a.a.O., S. 15

10 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. Bonn 1960, S. 34

11 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

12 ebenda

13 Vgl. Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

14 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

15 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

16 ebenda

17 ebenda

18 Burchard Brentjes: Die Mauren. a.a.O. , S.9

19 vgl.: DTV- Atlas zur Weltgeschichte. a.a.O., S.137

20 vgl.: ebenda

21 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

22 Maghreb: arabisch für Westen. Die Bezeichnung umfasst den Westen der Arabischen Welt, die heutige Länder Tunesien, Algerien, Marokko und Libyen

23 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 34 f.

24 ebenda

25 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 35

26 ebenda

27 Vgl.: Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 35

28 Vgl.: Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 36

29 Burchard Brentjes: Die Mauren. a.a.O. , S.9

30 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

31 ebenda

32 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

33 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 23 f.

34 J.A. Banqueri: Libro de Agricultura. Spanische Übersetzung des Buches von Abu Zaccaria Iahia Aben Mohamed Ebn el Awam, Madrid 1802. Zit. in: Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O., S. 71

35 Bei der ostasiatischen Pflanzbeetmethode wird Reis in ein Pflanzbeet gesät und nach zwei Monaten in ein Nassfeld umgepflanzt.

36 Vgl. :Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 60

37 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

38 ebenda

39 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 71 f.

40 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 66

41 Hermann Lautensach: Maurische Züge im geographischen Bild der iberischen Halbinsel. a.a.O. , S. 67

42 Ralf Ohloff: Geschichte und Kultur des islamischen Spaniens. a.a.O.

43 ebenda

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Die maurische Stadt in Spanien
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Geografisches Insitut)
Veranstaltung
Die europäische Stadt
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
42
Katalognummer
V26365
ISBN (eBook)
9783638287241
Dateigröße
4095 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit zahlreichen Abbildungen.
Schlagworte
Stadt, Spanien, Stadt
Arbeit zitieren
Alexander Gehmlich (Autor:in), 2002, Die maurische Stadt in Spanien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26365

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