Rechnungslegung im Umbruch - Bilanzansatz und Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS


Diplomarbeit, 2004

97 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis.

Anlagenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Die Rechnungslegung im Umbruch
1.2 Aufgabenstellung und Ziele

2 Rahmenbedingungen
2.1 Das International Accounting Standards Committee
2.2 Aufbau der IAS - Rechnungslegung
2.2.1 Entwicklung eines Standards
2.2.2 Die rechtlichen Grundlagen
2.2.3 Grundgedanken der internationalen Rechnungslegung
2.2.3.1 Übergeordnete Grundsätze
2.2.3.2 Qualitative Anforderungen
2.2.3.3 Einschränkungen und Prinzipien
2.3 Allgemeine Unterschiede zwischen HGB und IAS
2.4 Ziele der internationalen Rechnungslegung

3 Aufbau des Abschlusses
3.1 IAS - Aktiva
3.2 IAS - Passiva
3.3 Income Statement
3.4 Zusammensetzung des Jahresabschlusses
3.4.1 Bestandteile und Eigenkapitalentwicklung
3.4.2 Kapitalflussrechnung und Segmentbericht
3.4.3 Lagebericht
3.5 Einordnung der Analyseobjekte
3.5.1 Vermögenswerte
3.5.2 Eigenkapital nach IAS - Anforderungen

4 Bilanzierungsgrundsätze immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS
4.1 Definition und Anforderungen
4.2 Aktivierungspflicht nach IAS
4.3 Ansatz und Bewertung
4.4 Die Bilanzierung ausgewählter immaterieller Anlagegegenstände
4.4.1 Software
4.4.2 Erstellungsaufwand für Internetseiten
4.4.3 Forschungs- und Entwicklungskosten
4.4.4 Entgeltlich erworbene immaterielle Vermögenswerte
4.4.5 Geschäfts- oder Firmenwert
4.4.6 Selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände

5 Fazit und Ausblick

Anlagen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aktuelle Bilanzierungspraxis in Deutschland

Abb. 2: Organisationsstruktur des IASC

Abb. 3: Entwicklung eines Standards

Abb. 4: Der steigende Verpflichtungsgrad

Abb. 5: IAS - Prinzipienpyramide

Abb. 6: Gegenüberstellung von IAS und HGB

Abb. 7: Ziele einer internationalen Rechnungslegung

Abb. 8: GuV - Mindestanforderungen nach IAS

Abb. 9: Bestandteile des IAS - Abschlusses

Abb. 10: Segmentberichterstattung der Bosch - Gruppe

Abb. 11: Der Abschluss nach HGB

Abb. 12: Anforderungen an immaterielle Güter nach IAS

Abb. 13: Übersicht der Einschränkungsvoraussetzungen

Abb. 14: Softwarekategorien

Abb. 15: Positiver Geschäfts- oder Firmenwert

Anlagenverzeichnis

Anlage 1 (Blatt 1 - 4) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Anlage 2 International Accounting Standards

Anlage 3 Framework

Anlage 4 SIC Interpretationen - Überblick

Anlage 5 (Blatt 1 - 7) SIC - Interpretationen detailliert

Anlage 6 Aufbau einer IAS - Bilanz

Anlage 7 Beispiel einer Kapitalflussrechnung

Anlage 8 Lagebericht

1 Einleitung

1.1 Die Rechnungslegung im Umbruch

Schneller, höher, weiter: Täglich liest man auf den Sportseiten von neuen Rekorden, die kurz danach schon wieder überboten werden. Sportler sind permanent damit beschäftigt, sich und ihre Leistung zu vergleichen, und schöpfen daraus einen Teil ihrer Motivation und Kraft, noch intensiver zu trainieren und neue Spitzenleistungen zu erzielen. Im gegenwärtig immer härter werdenden Wettbewerbsumfeld gilt dies auch für Unternehmen. Spitzenleistungen können nur erbracht werden, wenn hohe Transparenz und Vergleichbarkeit gegeben sind.

Eine weltweite Öffnung der Kapitalmärkte und stark zunehmende Globalisierung des Handels und der Produktion sowie die Privatisierung staatlicher Unternehmen lassen derzeit einen Trend zur Bildung international agierender Unternehmen unaufhaltsam erscheinen. Der steigende Kapitalbedarf dieser Konzerne kann hÄufig nicht mehr durch die nationalen Märkte abgedeckt werden und zwingt die Unternehmen dazu, weltweit auf den Kapitalmärkten tätig zu werden. Hinzu kommen Probleme bei der Zulassung dieser Firmen zu den internationalen Kapitalmärkten, wie die Börsenein- führung der Daimler - Benz AG an der New York Stock Exchange (NYSE) vor eini- gen Jahren deutlich gemacht hat. Die Zulassung erforderte eine Anpassung an die Bilanzierungsrichtlinien der Vereinigten Staaten und die Veröffentlichung von bila n- ziellen Zusatzinformationen.1 Für das Unterne hmen bedeutete diese Tatsache ein Leben in unterschiedlichen Bilanzwelten. Mittlerweile ist Daimler Chrysler bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das durch die unterschiedlichen nationalen Rech- nungslegungsvorschriften zunehmend vor Schwierigkeiten gestellt wird.

Grundsätzlich konnte global gesehen bisher zwischen zwei großen Rechnungsle- gungssystemen unterschieden werden, dem kontinental - europäischen und dem angloamerikanischen. Gesetzliche Vorschriften spielen bei den Jahresabschlüssen im europäischen Raum eine bedeutende Rolle. Im nordamerikanischen Raum richtet man sich nach den United States - Generally Accepted Accounting Principles (US - GAAP), welche allerdings kein satzungsmäßiges Recht darstellen, sondern fallweise Regelungen treffen, die sich innerhalb eines Rechtsrahmens bewegen. Die Philoso- phie der US - Rechnungslegung beinhaltet primär die Informationsfunktion des Jah- resabschlusses bzw. der gesamten externen Berichterstattung (financial reporting). Seit 1973 entwickelt das International Accounting Standards Committee (IASC) ein drittes Referenzsystem mit dem Namen International Accounting Standards (IAS). Mittlerweile hat sich dieses Rechnungslegungssystem weltweit etabliert und firmiert in Zukunft unter dem Namen International Financial Reporting Standards (IFRS). Die vorliegende Arbeit wird jedoch weiterhin den gebräuchlicheren Namen IAS verwe n- den.

In der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.06.2002 wird vorgeschlagen, “... dass alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften in der Ge- meinschaft ihre konsolidierten Abschlüsse spätestens ab dem Jahr 2005 nach ein- heitlichen Rechnungslegungsstandards, den „International Accounting Standards“ (IAS), aufstellen.“2 Für die derzeit nach US - GAAP bilanzierenden, börsennotierten Unternehmen gilt eine Übergangsfrist bis 2007. Bereits in der Berichtsperiode 2002 erstellten zwei Drittel der DAX - Unternehmen ihren Konzernabschluss nach der neuen IAS - Rechnungslegung und alle im DAX gelisteten Unternehmen veröffentli- chen zusätzlich zum HGB mindestens einen weiteren Jahresabschluss.3

Dabei bedienen sich die Unternehmen unterschiedlicher Möglichkeiten. Beim so ge- nannten dualen Abschluss werden die Wahlrechte des HGB so ausgelegt, dass gleichzeitig die Vorschriften des IASC erfüllt werden. Eine andere Vorgehensweise ist der parallele Abschluss, wobei zwei separate Bilanzen, eine nach HGB und eine nach IAS oder US - GAAP, erstellt werden. Um diesem Mehraufwand vorzubeugen, hat das Bundesjustizministerium bereits 1998 seine Bereitschaft erklärt, eine Geset- zesänderung zum Thema „Befreiende Konzernabschlüsse“ auf den Weg zu bringen, um damit deutschen Konzernen die doppelte Rechnungslegung nach HGB und IAS oder US - GAAP zu ersparen.4 Dadurch wäre es in Deutschland rechtlich gesehen möglich, einen befreienden Abschluss nach nur einem der drei großen Standards zu erstellen.5 In Anbetracht der unterschiedlichen Rechnungslegungsrichtlinien, der ve r- schiedenen nationalen Vorschriften und der derzeitigen Entwicklungen auf den inte r- nationalen Kapitalmärkten wird deutlich, dass sich die Rechnungslegung weltweit im Umbruch befindet. Die nachstehende Übersicht verdeutlicht die aktuelle Bilanzierungspraxis der größten deutschen Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aktuelle Bilanzierungspraxis in Deutschland6

Nicht nur Unternehmen sind an einer Vereinheitlichung der Rechnungslegung inte- ressiert. Für die gesamte Exportbranche spielt die Harmonisierung der Rechnungs- legungsvorschriften eine wichtige Rolle, da sich jeder Exporteur detaillierte Informa- tionen über seinen jeweiligen Handelspartner wünscht. Auch sind weltweit operie- rende Anleger und global agierende Investoren an internationalen Jahresabschlüs- sen interessiert. Sie alle wünschen sich bestmögliche Vergleichbarkeit der Jahres- abschlüsse, um die unterschiedlichen Vertragsbedingungen, Anlagemöglichkeiten und Investitionsentscheidungen besser beurteilen zu können. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Interessengruppen mit jeweils eigenen Anliegen und Motiven, wie beispielsweise Gläubigerbanken von international tätigen Großkonzernen, die ihre Kreditrahmen auf der Basis von weltweiten Finanzdaten abstecken. Arbeitnehmer und Kunden interessieren sich ebenso für die Finanzlage Ihres Arbeitgebers oder Geschäftspartners wie Regierungen und andere wirtschaftliche Institutionen.7

In jüngerer Zeit scheint sich bei all diesen Parteien eine höhere Bereitschaft zur Akzeptanz von Harmonisierungsrichtlinien anzudeuten. Eine Vereinheitlichung der Rechnungslegungsvorschriften zählt deshalb heutzutage zu den übergeordneten Zielen staatlicher und privater Organe und Institutionen.8

1.2 Aufgabenstellung und Ziele

Die Einigung auf eine einheitliche Rechnungslegung nach neuen internationalen Rahmenbedingungen scheint aufgrund neu verabschiedeter gesetzlicher Richtlinien und verschiedener Vorteile für unterschiedliche Interessengruppen unaufhaltsam. Derzeit treffen deshalb viele Unternehmen die Vorbereitungen für die Umste llung ihres externen Rechnungswesens auf neue Standards oder erstellen bereits die ers- ten Abschlüsse nach internationalen Normvorschriften. Um eine erfolgreiche Umset- zung zu garantieren, müssen Unternehmen die wesentlichen Kernprozesse des ne u- en Bilanzierungsstandards innerbetrieblich darstellen und allen beteiligten Mitarbei- tern zugänglich machen.

Diese Diplomarbeit wird die wichtigsten Merkmale des neuen Rechnungslegungssys- tems erörtern. Der Aufbau eines Jahresabschlusses auf Grundlage der IAS sowie der zugehörigen Interpretationen durch das Standard Interpretation Committee (SIC) wird untersucht. Umsetzung und Ausgestaltung der neuen Richtlinien werden am Beispiel des immateriellen Anlagevermögens aufgezeigt. Durch die Festlegung auf diesen Bilanzteil werden die spezifischen Anforderungen des IASC an diese beson- dere Form der Vermögenswerte dargestellt. Standards oder SIC - Interpretationen, die derzeit gar nicht oder nur in Sonderfällen angewendet werden können, sind von der Arbeit ausgenommen. Ziel dieser Arbeit ist es, für einen möglichst großen Emp- fängerkreis eine Dokumentation des Bilanza nsatzes von immateriellen Vermögens- werten zur Verfügung zu stellen. Hierbei sollen aktuelle Entwicklungen und Vorgaben des IASC und des Europäischen Parlaments einbezogen werden.

Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage werden zunächst die Rahmenbedin- gungen aufgezeigt. Dafür wird das IASC in seiner heutigen Organisationsstruktur beschrieben und zentrale historische Merkmale erörtert. Anschließend erfolgt ein Überblick über den Aufbau der IAS - Rechnungslegung. Es wird erläutert, wie sich Standards entwickeln und welche Institutionen daran beteiligt sind. Eine wichtige Rol- le spielen dabei die den Standards zu Grunde liegenden Gesetze. Deshalb wird ein kurzer Rückblick auf die bisherige historische Entwicklung der dazu gehörigen Rechtssysteme gegeben. Die Zusammensetzung des Gremiums der IASC Grün- dungsmitglieder war ausschlaggebend für den rechtlichen Aufbau der IAS. Zu die- sem Zweck werden im darauf folgenden Punkt juristische Voraussetzungen er- forscht, auf denen die Vorschriften der Gründer und damit auch die Vorschriften des Rechnungslegungssystems basieren. Darüber hinaus gehören verschiedene vom IASC entworfene Prinzipien zu den Rahmenbedingungen der Bilanzierung. Dazu zählen sowohl der Rechnungslegungszweck mit seinen übergeordneten Grundsät- zen, als auch die qualitativen Anforderungen und Einschränkungen der Informations- funktion. In einer Gegenüberstellung von IAS- und HGB - Regelungen werden die gravierendsten Unterschiede der beiden Bilanzierungsnormen estgehalten. Weiter- hin beschäftigt sich diese Studie mit den Zielen eines i nternationalen Rechnungsle- gungssystems. Die Ziele werden aufgeführt, Bestandteile und Aufbau des IAS - Ab- schlusses werden erläutert. Aufgezeigt wird nicht nur die Gliederung von Aktiva und Passiva, sondern auch die Ausgestaltung des Income Statements. Beschrieben we r- den neben den Vorschriften zur Eigenkapitalentwicklung auch die IAS - Regelungen zu Kapitalflussrechnung und Segmentberichten sowie die Besonderheiten des Lage- berichts. Die Begriffsdefinitionen von Anlagegegenständen nach IAS sollen danach die Einordnung von immateriellen Vermögenswerten innerhalb der IAS - Bilanz ve r- deutlichen. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit der Schilderung der Besonder- heiten des Eigenkapitals nach IAS.

Rechnungslegungsgrundsätze, die eine Rolle bei der Betrachtung immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS spielen, werden erläutert und Begriffe definiert. IAS - Anforderungen an immaterielle Vermögensgegenstände werden geschildert. Unter Punkt 4.2 werden allgemeine einschränkende Voraussetzungen beschrieben, die das IASC unter dem Standard IAS 38 für eine generelle Aktivierungspflicht fo r- dert. Zusätzlich werden weitere einschränkende Bedingungen erläutert, die unter anderem bei der Aktivierung von immateriellen Vermögenswerten erforderlich sind, sofern sie sich in einer von der Forschungsphase abzugrenzenden Entwicklungs- phase befinden. Bevor eine spezifische Beschreibung von ausgewählten immateriel- len Anlagegegenständen erfolgt, wird es zunächst einen allgemeinen Überblick über den Ansatz und die Bewertung von immateriellem Anlagevermögen geben.

Zum Ende der Studie werden dann die spezifischen Anforderungen aufgezeigt, die an einzelne ausgewählte Bilanzpositionen gestellt werden, angeführt vo n der Positi- on Software, die in der heutigen Zeit einen nicht unerheblichen Anteil am immateriel- len Anlagevermögen von großen Unternehmen darstellt. Eine Besonderheit des im- materiellen Anlagevermögens ist der Erstellungsaufwand für Internetseiten, der in Zukunft eine deutlichere Rolle auf der unternehmerischen Aufwandsseite spielen wird. Weiterhin erfolgt die Auseinandersetzung mit den Forschungs- und Entwick- lungskosten nach IAS. Es wird dargelegt, welche Eigenheiten das IASC für die For- schungs- und Entwicklungsphase konzipiert hat. Die Vorschriften zur Bilanzierung des Geschäfts- oder Firmenwerts werden untersucht und die IAS - Regelungen zu selbsterstellten immateriellen Vermögensgegenständen dargestellt.

Im Fazit erfolgen eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Entwicklung des neuen internationalen Rechnungslegungssta n- dards. Die Arbeit endet mit der Bewertung und Eingliederung des Bilanzpostens im- materieller Vermögensgegenstände unter kritischer Beurteilung der derzeitigen IAS - Anspruchsgrundlagen.

2 Rahmenbedingungen

2.1 Das International Accounting

Standards Committee

Die Unzufriedenheit über die vielen unterschiedlichen nationalen Vorschriften und Gestaltungsmöglichkeiten von Jahresabschlüssen bewogen das „Institute of Accoun- tant“ in Großbritannien bereits vor über 30 Jahren dazu, das IASC zu gründen. Ver- treter des Instituts trafen sich 1972 mit Kollegen aus Kanada und den USA zu einem ersten Gespräch in Sydney. Die Wirtschaftsprüfer aus Großbrita nnien stellten mit Lord Henry Benson den ersten Chairman des am 29. Juni 1973 in London gegründe- ten IASC.9 In den letzten 30 Jahren hat das IASC enorm an Bedeutung und internati- onaler Anerkennung gewonnen und mehrfach seine interne Organisationsstruktur geändert. Mittlerweile ist das IASC die einzige weltweit anerkannte Organisation für die Erarbeitung und Durchsetzung einheitlicher Rechnungslegungsstandards. Das IASC besteht heute aus über 150 Mitgliedern, die mehr als 100 verschiedenen Nati- onen entstammen.

Wichtige Details der Organisation können neben unzähligen Internetseiten von Hochschulen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und anderen wirtschaftlichen Orga- nisationen der organisationseigenen Homepage entnommen werden.10 Da es mitt- lerweile wöchentlich zu Änderungen kommt, ist man dazu übergegangen, neue Sachverhalte direkt im Eingangsportal darzustellen. Daneben werden alle derzeit verfügbaren Standards und aktuelle Organisationsstrukturen dargestellt.11

Neben Engländern, US - Amerikanern und Kanadiern gab es Anfang der siebziger Jahre auch in Deutschland ein Interesse an einer Vereinheitlichung der Rechnungs- legung. Unter den Gründungsmitgliedern befinden sich mit dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) und der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) auch zwei deutsche Vertreter.

Das IASC agiert auch heute noch auf privatrechtlicher Basis und ist seit seiner Gründung verantwortlich für die Formulierung und Verbreitung von IAS.12 Zu Beginn des Jahres 2001 fand eine gravierende Änderung der Organisationsstruktur des IASC statt. Aspekte dieser Reorganisation waren die Umbenennung von einzelnen Institutionen des IASC und der bereits in der Einleitung erwähnte neue Name International Financial Reporting Sta ndard.13

Vereinfacht dargestellt besteht das IASC seitdem aus sieben Abteilungen. Das oberste Organ ist ein Überwachungsausschuss (Trustees), der aus 19 Mitgliedern besteht. Seine Aufgabe besteht darin, das International Accounting Standards Board (IASB), das International Accounting Sta ndards Advisory Council (IASAC) und das Standard Interpretations Committee (SIC) zu bestellen und zu überwachen.14

Das IASB wiederum besteht aus vierzehn Mitgliedern und ist dafür verantwortlich, einzelne Standards zu beschließen und zu verabschieden, sowie Entwürfe des SIC abzusegnen. Darüber hinaus ist es die Hauptaufgabe des Boards, das IASC zu leiten und speziell für inhaltliche und organisatorische Fragestellungen zur Verfügung zu stehen. Mitglieder des Boards setzen sich satzungsgemäß aus unterschiedlichen Nationen zusammen und erhalten die Unterstützung von bis zu vier weiteren Vertre- tern interessierter Organisationen, so genannten Nonprofessionals. Es wird konse- quent darauf geachtet, dass nicht mehr als zwei Vertreter einer Nation zugleich in den Vorstand gewählt werden. Boardmitglieder sind auf eine Amtszeit von fünf Jah- ren gewählt. Von Angehörigen des Boards wird erwartet, dass sie nationale Wün- sche dem öffentlichen, internationalen Interesse unterordnen.15

Das SIC, ein weitere Abteilung des IASC, wurde nach der Umstrukturierung offiziell von Standard Interpretations Committee (SIC) in International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) umbenannt. Seine zwölf Mitarbeiter sind haup t- sächlich damit beschäftigt, die einzelnen Standards zu interpretieren und für deren ordnungsgemäße Anwendung zu sorgen. Interpretationen beinhalten den größten Verpflichtungsgrad des IAS - Rechtsrahmens, wie sich später noch zeigen wird. Au- genblicklich gibt es 35 offizielle Interpretationen, die unter den jeweiligen Kürzeln SIC 1 - 35 in den Anlagen 4 und 5 dargestellt sind.16

Das Steering- oder Advisory Committee ist mittlerweile eine dauerhafte Institution des IASC, die das Board bei der Erarbeitung einzelner Standards unterstützt. Für die Erarbeitung der Standards wird ein als „Setting Prozess“ bezeichnetes Verfahren durchgeführt. Aktuell gibt es 41 Standards, die in Anlage 2 dargestellt werden. Ein Steering Committee ist insbesondere auf Fachfragen spezialisiert und arbeitet per- manent an der Umsetzung von Fachfragen und Standards. Vor der Restrukturierung handelte es sich bei Steering Committees nicht um eine permanente Einrichtung, sondern um separate Arbeitskreise, die auf Initiative des Boards gebildet wurden. Sie sind daher in älteren Abbildungen noch nicht erfasst.17 Früher waren bis zu sieben Arbeitsgruppen gleichzeitig mit der Erarbeitung von Standards beschäftigt.18

Eine weitere Einrichtung übt eine beratende Tätigkeit für Überwachungsausschuss und Board aus, das bereits erwähnte IASAC. Ihm gehören circa 30 Mitarbeiter an. Das Gremium ergab sich aus der ehemaligen Consultative Group, und seine Mita r- beiter entstammen auch heute noch Fachverbänden und Organisationen der interna- tionalen Wirtschaft. Zweimal jährlich hält dieses Gremium seine Sitzungen unter Ein- beziehung des Boards ab, wobei Stellung zu aktuellen Projekten des IASC geno m- men wird.

Dem IASC steht ein Commercial Director zur Seite, der dem Überwachungsaus- schuss zuarbeitet und sich um finanzielle Angelegenheiten, Veröffentlichungen und Verwaltungsaufgaben kümmert. Er hat die Funktion des im April 1994 eingerichteten

Financial Reporting Committees (FRC) übernommen. Letzteres wurde damals gegründet, um die Finanzierung, die sich überwiegend aus Mitgliederbeiträgen zusammensetzt, zu sichern. Auch die aktuelle Funktion des Commercial Directors beschränkt sich überwiegend auf die Mittelbeschaffung.19 Eine zusammenfassende Übersicht der einzelnen Institutionen und Tätigkeitsfelder kann der nachfolgenden Abbildung entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Organisationsstruktur des IASC20

Das IASC ist eine Interessenvertretung sämtlicher Mitgliedsländer. Jede Mitgliedsna- tion ist seit 1994 mit mindestens einem Repräsentanten einer Wirtschaftsorganisati- on vertreten, um an der Gestaltung und Umsetzung der jeweiligen Interessen mitzu- wirken.21 Die Erarbeitung von Rechnungslegungsstandards wird im IASC als wirk- samer politischer Meinungsbildungsprozess nach demokratischen Grundprinzipien behandelt, bei dem sämtlichen Mitgliedern Stimmrechtsausübung gewährt wird.22

2.2 Aufbau der IAS Rechnungslegung

2.2.1 Entwicklung eines Standards

Um den Aufbau der IAS Rechnungslegung genauer zu untersuchen, muss zunächst der Prozess analysiert werden, in dem die jeweiligen Regelungen entstehen. Mittle r- weile gibt es 41 Standards; einen Überblick über den aktuellen Stand enthält Anlage 2.

Im deutschen HGB werden Bilanzierungsvorschriften ähnlich wie im gesamten eu- ropäischen Raum per Gesetzbeschluss festgelegt. Anders stellt sich der Sachverhalt bei der Erschaffung eines Standards nach internationalen Richtlinien dar. Hier erfolgt die Entwicklung in einem siebenstufigen Projekt, dem Standard Setting Prozess, der in der nachfolgenden Abbildung dargestellt wird. Häufig wird dieses Verfa hren als Policy Making Process bezeichnet, wodurch die Möglichkeiten der Einflussnahme aller Interessenten verdeutlicht werden sollen. Oft wird auch vom „Due Process“ ge- sprochen, was wörtlich übersetzt nichts anderes bedeutet als Ausbringungspro- zess.23 Die folgende Abbildung stellt die sieben Stufen des Standard Setting Prozes- ses dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Entwicklung eines Standards24

Konkret besteht bei diesem Prozess die Gelegenheit zur Intervention in drei der sie- ben Projektphasen. Bereits im ersten Schritt können Interessenten der MitgliedslÄn- der Vorschläge zur Bearbeitung eines Bereichs einreichen. In der dritten Phase we r- den unterschiedliche Standpunkte zu den einzelnen Vorschlägen dargestellt, die im Draft of Statement Principles (DSOP) festgehalten werden.25 Die einzelnen Stand- punkte werden in Projektschritt fünf in eine n Vorentwurf aufgenommen, dem Exposu- re Draft (ED).26 Durch die aktive Mitarbeit möglichst unterschiedlicher Interessen- gruppen wird gewährleistet, dass alle relevanten Themen angesprochen werden und die verabschiedeten Standards dem Conceptual Framework entsprechen.27 Die Aus- bringung eines neuen Standards ist eine Art Gratwanderung, da einerseits eine weltweite Akzeptanz gefördert werden soll, aber dennoch nationale Interessen in den Hintergrund gerückt werden.

Zusätzlich werden in den Phasen zwei, vier und sechs interne Aufgaben des IASC wahrgenommen, die aus Informationssammlung, wiederholter Auswertung und Beratung bestehen und keine Möglichkeiten zu äußerer Einflussnahme bieten.

2.2.2 Die rechtlichen Grundlagen

Die juristischen Grundlagen der neuen Rechnungslegung sind aus deutscher Sicht gesehen ein Sonderfall. Im angelsächsischen Raum gilt seit jeher das Case Law, während im kontinental - europäischen System das Code Law verbreitet ist. Beim Code Law liegt ein gesetzlich verankertes System vor, das allgemeingültig auf eine Vielzahl von Fällen angewendet werden kann, so wie man es auch in Deutschland kennt. Beim Case Law dagegen handelt sich um jeweilige Einzelfallregelungen.28

Zusammensetzung und Mehrheitsparitäten der Gründungsmitglieder des IASC wa- ren ausschlaggebend für die rechtlichen Grundlagen der neuen Rechnungslegung und den Aufbau der IAS. Bereits zum Zeitpunkt seiner Gründung galt in sechs von neun Ländern das Case Law, das folglich den Grundgedanken der IASC - Rechts- grundlagen bildet. Für die Entwicklung der Sta ndards ergeben sich daraus Vor- und Nachteile. Zum einen ist die Ausführlichkeit aufgrund der vielen Spezialregelungen innerhalb des IAS - Systems gewährleistet, andererseits kommt es durch die vielen Wiederholungen zu einem größeren und erheblich unübersichtlicheren Umfang. Um auf den Kern dieser Studie zurück zu kommen, sollen die Rechtsgrundlagen am Bei- spiel von immateriellem Sachanlagevermögen dargestellt werden. Betrachtet man immaterielle Vermögensgegenstände auf der einen Seite und materielle Sachanla- gen auf der anderen, stellt man fest, dass nach IAS die Methode des Abschrei- bungsverfahrens in beiden Fällen die gleiche ist. Dennoch wird trotz Übereinstim- mung durch die Einzelfallregelung des Case Law das Abschreibungsverfahren in den jeweiligen Abschnitten des Regelwerks ausführlich separat dargestellt.29

Basis der Bilanzierungsvorschriften des IASC bildet jedoch nicht ausschließlich die Vorgehensweise nach Case Law. Übergeordnet gelten eine Reihe allgemeiner Regelungen, die dem Einzelfallkonzept vorangestellt werden. Es wird versucht, die Nachteile des Case Law, insbesondere die Unübersichtlichkeit, durch Rangfolgeverhältnisse zu kompensieren.

Das Framework beinhaltet mehrere generelle IAS - Regelungen, die zusätzlich durch die bereits angesprochenen „Interpretations“ ergänzt werden. Es wird ein hierarchischer Aufbau deutlich, der dem Einzellfallkonzept teilweise widerspricht und in der folgenden Abbildung veranschaulicht wird.30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Der steigende Verpflichtungsgrad31

Der Grafik kann entnommen werden, dass es im IAS - System Grundkonzeptionen gibt, die formal nicht verpflichtend sind. Darunter fallen insbesondere Aufbauvo r- schriften bezüglich Bilanzierung oder Gewi nn- und Verlustrechnung (GuV). Ein stÄr- kerer Verpflichtungsgrad wird bei der Umsetzung der Standards gefordert, die mittlerweile zu jedem Rechnungslegungsproblem existieren. Standards werden durch Interpretationen des SIC erläutert, die den höchsten Verpflichtungsgrad der internationalen Rechnungslegung darstellen und den geringsten Ermessenspielraum für das bilanzierende Unternehmen bereithalten.

Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass das Rahmenkonzept als Grundlage für die Entwicklung neuer Standards und Interpretationen gilt, aber formal nicht verpflichtend ist. IAS dagegen sind als eine Art Normierung zu Einzelfragen bereits bindend und werden durch ebenfalls verpflichtende SIC - Interpretationen ergänzt. Dennoch te n- diert die rechtliche Grundlage eher zu dem im angelsächsischen Raum verbreiteten Case Law.32

2.2.3 Grundgedanken der internationalen Rechnungslegung

2.2.3.1 Übergeordnete Grundsätze

Neben den besonderen rechtlichen Vorschriften unterliegen die IAS weiteren Ra h- menbedingungen und Prinzipien, die im folgenden Abschnitt detaillierter untersucht werden. Der Rechnungslegungszweck der IAS ist stark geprägt von der Informati- onsfunktion des Abschlusses. Der internationale Jahresabschluss soll Rechenschaft über die aktuelle Finanz- und Ertragslage des bilanzierenden Unternehmens geben und Veränderungen aufzeigen.33 Gliedert man die Prinzipien in unterschiedliche Hierarchiestufen, bilden die übergeordneten Grundsätze eine zweite Ebene.

Zum einen werden die Abschlüsse nach dem Prinzip der Periodenabgrenzung auf- gestellt. In diesem Zusammenhang wird vom Matching Principle gesprochen. Auf- wendungen sind der Periode zuzuordnen, in der die Aufwand verursachenden Leis- tungen realisiert und die korrespondierenden Erträge erfasst werden. Adressaten erhalten dadurch nicht nur Informationen über vergangene Geschäftsvorfälle, son- dern werden über zukünftige Unternehmensverpflichtungen und Ressourcen info r- miert.34

Zum anderen liegt einem Abschluss nach IAS die Annahme der Unternehmensfort- führung zu Grunde. Das als Going - Concern Prinzip bezeichnete Verfahren beruht auf der Annahme, dass die Unternehmung auch im Folgejahr noch besteht. Alle Be- wertungsansätze basieren auf der Voraussetzung, dass die Unternehmenstätigkeit mindestens über den Abschlussstichtag hinaus fortgesetzt wird.35 Die Vermutung der Unternehmensfortführung ist zwingend, solange es keine gegenteiligen Anzeichen gibt. Sollten konkrete Fakten vorliegen, die gegen eine Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit nach dem Bilanzstichtag sprechen, wird nach den dafür vorgesehenen IAS - Vorschriften zur Einstellung von Bereichen, den so genannten Discontinuing Opera- tions, vorgegangen.36

2.2.3.2 Qualitative Anforderungen

Eine weitere Hierarchieebene der Prinzipien bilden die vier qualitativen Anforderun- gen, die an einen IAS - Abschluss gekoppelt sind. Zunächst soll dazu die qualitative Anforderung der Verständlichkeit (Understandibility) veranschaulicht werden. Danach sind alle Posten von wesentlicher Bedeutung gesondert darzustellen. Die Qualität der dargestellten Informationen hängt entscheidend davon ab, ob Informationen für den jeweiligen Empfänger leicht verständlich sind. Das gilt jedoch nur unter der Prämisse, dass bei dem jeweiligen Empfänger ausreichende Kenntnisse bilanzieller Vorgänge vorhanden sind und die Bereitschaft gegeben ist, die vorhandenen Informationen mit angemessener Sorgfalt zu lesen. Sachverhalte, die aufgrund ihrer Relevanz in den Jahresabschluss einbezogen werden müssen, dürfen demnach nicht aufgrund ihrer Komplexität ignoriert werden.37

Der erwähnte Grundsatz der Relevanz (Relevance) stellt eine weitere qualitative An- forderung an IAS - konforme Abschlüsse. Grundlage der Relevanz ist die Wesent- lichkeit, orientiert an den Interessen der Adressaten. Es sollen genau die Informatio- nen berücksichtigt werden, die für wirtschaftliche Entscheidungen der Empfänger von Bedeutung sind und entweder deren Prognosen beeinflussen oder bereits bekannte Informationen bestätigen. Speziell im Hinblick auf Prognosen ist dabei die gewählte Darstellungsform maßgeblich. Hier bestehen insbesondere bei der Gewinn- und Ver- lustrechnung oder bei konkreten Prognoserechnungen erhebliche darstellungsspezi- fische Gestaltungsspielräume, die geeignet sind, relevante Fakten unterschiedlich zu veranschaulichen.38

Weiterhin müssen alle im IAS - Abschluss enthaltenen Informationen verlässlich sein. Laut IASC ist das der Fall, wenn keine wesentlichen Fehler enthalten sind und der Abschluss hinsichtlich Inhalt und Darstellung glaubwürdig ist. Schwierigkeiten treten häufig bei der Bewertung einzelner Geschäftsfälle auf und gefährden dann die Glaubwürdigkeit des Abschlusses. Um zuverlässig zu sein, müssen Bewertungs- und Darstellungsverfahren sorgfältig ausgewählt werden. Gerade im Hinblick auf immate- rielle Vermögensgegenstände ist eine authentische Bewertung ein heikles Thema. Bei Ansatz und Bewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts (GoF) kann es bei- spielsweise zu verfälschten Darstellungen kommen, da ein korrekter Ansatz eine Vielzahl von Überlegungen beinhaltet, die nicht immer ausreichend beachtet we r- den.39

Eine ganz entscheidende Rolle spielt die qualitative Anforderung der Vergleichbar- keit. Jeweilige Adressaten müssen in der Lage sein, IAS - Abschlüsse eines Unter- nehmens innerhalb verschiedener Perioden vergleichen zu können. Darüber hinaus muss eine Vergleichbarkeit verschiedener Unternehmen der gleichen Branche ge- währleistet sein, um Investoren mögliche Tendenzen aufzuzeigen. Um das zu errei- chen, muss eine Stetigkeit innerhalb der Bewertungsmethoden gewährleistet sein, und der Jahresabschluss muss Aufschluss über die angewandten Methoden geben, so dass ein Fachkundiger abweichende Bilanzierungsmethoden erkennen kann. Ver- gleichbarkeit darf in diesem Zusammenhang nicht bedeuten, dass qualitativ bessere Ansätze vernachlässigt werden.

Qualitative Anforderungen an die neuen Standards werden in der Literatur unte r- schiedlich dargestellt. Einige Autoren sehen die Anforderung der Wesentlichkeit als separate Anforderung, während die Mehrzahl diesen Aspekt unter der qualitativen Anforderung der Relevanz ve rbucht.40

2.2.3.3 Einschränkungen und Prinzipien

Betrachtet man den Informationsgehalt des IAS - Abschlusses, lässt sich feststellen, dass Einschränkungen vorhanden sind, die sich in drei Kategorien einteilen lassen. Die deutlichste Einschränkung stellt der Zeitfaktor dar. Eine zeitnahe Berichtersta t- tung lässt sich nur realisieren, wenn berücksichtigt wird, dass ein Teil des Informati- onsgehalts im Hinblick auf bestimmte Zeiträume an Bedeutung verliert. Das gilt ins- besondere für Informationen aus dem Forschungs- und Entwicklungsbereich, die nach kurzer Zeit veraltet sind. Dafür kann es notwendig sein, Informationen zu einem Zeitpunkt bekannt zu geben, in dem noch nicht alle Einzelheiten bekannt sind. Dieses Vorgehen widerspricht wiederum der qualitativen Anforderung der Verlässlichkeit. Das Unternehmen muss in diesem Fall versuchen, eine Lösung zu finden, die beiden Anforderungen gerecht wird. Der Zeitpunkt, in dem Informationen bekannt gegeben werden, muss so gewählt werden, dass Interessenten des Jahresabschlusses ausreichend Zeit für eigene Entscheidungen haben und die Informationen dennoch als zuverlässig betrachten können.41

Ferner muss der Aufwand für die Erstellung des Abschlusses im Auge behalten we r- den. Natürlich ist es schwierig, bei der Vielzahl der Informationen eine Kosten - Nutzen - Analyse durchzuführen. Allgemein gesehen muss dennoch darauf geachtet werden, dass zwischen dem Nutzen einzelner Informationen und den Kosten, die ihre Bereitstellung verursacht, ein angemessenes Verhältnis besteht.42

Letztendlich müssen mehrere Kompromisse hinsichtlich der qualitativen Anforderungen gefunden werden. Die Zielsetzung des Abschlusses besteht unverändert darin, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Unternehmung darzustellen. Um dies zu realisieren, muss also sorgfältig selektiert werden, welche qualitativen Anforderungen für diese Zielerreichung erforderlich sind. Es sind also Grundsätze, Anforderungen und Einschränkungen bei der Erstellung des Jahresabschlusses zu beachten, die in der nachstehe n- den Abbildung noch einmal verdeutlicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: IAS - Prinzipienpyramide43

2.3 Allgemeine Unterschiede zwischen

HGB und IAS

Der Überblick darüber, welche Änderungen das IAS - Bilanzierungssystem im Vergleich zum HGB mit sich bringt, berücksichtigt ausschließlich die bedeutendsten Unterschiede zwischen beiden Systemen.

Grundsätzlich unterscheiden sich beide Systeme in ihrer Orientierung. IAS berücksichtigt überwiegend die Interessen der Investoren, indem in erster Linie Informationen für wirtschaftliche Entscheidungen vermittelt werden und Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens weitergegeben werden.44

Das HGB stellt den Gläubigerschutz in den Vordergrund und versucht, kein zu opti- mistisches Bild der Unternehmenslage zu zeichnen. Die Vorgehensweise bei der Er- stellung des Jahresabschlusses ist deshalb vom Vorsichtsprinzip geprägt, das sich inhaltlich aus Imparitäts- und Realisationsprinzip ergibt.45 Im Vergleich dazu stützen sich die Regelungen nach IAS auf die „Fair Presentation“, nach deren Auffassung nicht die vorsichtige Einschätzung im Vordergrund steht, sondern ein möglichst reali- tätsnahes, zutreffe ndes Bild der Unternehmenslage gezeichnet werden soll. Durch die Vielzahl an Einzelfallregelungen, die sich durch das Case Law begründen, sind die Gestaltungsspielräume und Wahlrechte im Vergleich zum HGB erheblich einge- schränkt. Wie sich später noch zeigen wird, sind gerade im Hinblick auf Ansatz und Abschreibung immaterieller Vermögensgegenstände die Vorschriften des HGB mit sehr viel größeren Freiheiten ausgestattet als die IAS - Normen.46

Ein gravierender Unterschied zwischen den Bilanzierungssystemen ist der steuerliche Einfluss, dem die Unternehmen nach HGB - Norm ausgesetzt sind. Hier hängt die Grundlage der Besteuerung von der Steuerbilanz ab, die im Zuge der Maßgeblichkeit aus der Handelsbilanz abgeleitet wird. Ein derartiges Vorgehen ist bei Erste l- lung des IAS - Abschlusses nicht nötig, da IAS - Jahresabschlüsse frei von steuerlichen Einflüssen aufgestellt werden.

Die folgende Abbildung soll noch einmal die genannten Unterschiede innerhalb der beiden Bilanzierungssysteme verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Gegenüberstellung von IAS und HGB47

[...]


1 Vgl. Financial Times Deutschland, http://www.ftd.de/ub/fi/1270995.html?nv=rs 05.01.2004 [Online].

2 Siehe hierzu Anlage 1 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften: Verordnung (EG) Nr.1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates.

3 Der Deutsche Aktienindex repräsentiert die 30 größten und umsatzstärksten deutschen Unterneh- men.

4 Vgl. Veröffentlichungen der Turnaround Management Consult GmbH, http://www.turnaround.de/veroeffentlichungen/1999-02-kontrag1.pdf 15.01.2004, [Online].

5 Vgl. Stahl, A. B.: Wechsel vom HGB auf IAS oder US -GAAP. in: Kostenrechnungspraxis (46) 2002, 1. 35. Vgl. hierzu auch Spanheimer, J.; Koch, C.: Internationale Bilanzierungspraxis in Deutschland - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung der Unternehmen des DAX und MDAX sowie des Neuen Marktes. in WPg (53) 2000, S. 303-308.

6 eigene Darstellung

7 Vgl. Nowotny, C.: Rechnungslegung, Prüfung und Beratung, 1996, S. 70 f.

8 Vgl. Glaum, M.; Mandler, U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, 1997, S.2 f.

9 Vgl. Ballwieser, W.: US - amerikanische Rechnungslegung, 2000, S.470.

10 Alle Informationen bezüglich Organisation, Standards, Rechnungslegungsfragen und aktuellen Pla- nungen können der offiziellen Homepage des International Accounting Standards Committee http://www.iasc.org.uk abgefragt werden.

11 Vgl. Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, http://www.hfv- speyer.de/Lueder/Publikationen/120-dbl-mueller.pdf 14.10.2003, [Online].

12 Vgl. Born, K.: Rechnungslegung nach IAS, US - GAAP und HGB im Vergleich, 2001, S. 2 - 8.

13 Vgl. Stahl A. B.: Wechsel vom HGB auf IAS oder US - GAAP in: in: Kostenrechnungspraxis (46) 2002, 1. S. 33 - 36.

14 eine aufschlussreiche Beschreibung gibt es auf der Internetseite der Standardsetter: http://www.standardsetter.de/drsc/docs/iasb_about.html, 03.02.2004, [Online].

15 Vgl. Uni Siegen, http://www.uni-siegen.de/dept/fb05/untrech/Down/Handout%20- %20Kapitel%201.pdf 12.01.2003 [Online].

16 Vgl. Standardsetter, http://www.standardsetter.de/drsc/docs/iasb_about.html, 03.02.2004, [Online].

17 Vgl. Bolin, M.: Das International Accounting Standards Committee, 1990, S. 482 ff. Vgl. hierzu auch Haller, A.: Die Rolle des International Accounting Standards Committee bei der welt- weiten Harmonisierung der externen Rechnungslegung. in: DB (46) 1993, 26/27. S. 1297 -1305.

18 Vgl. Dörner, D; Wollmert, P.: IASC - Rechnungslegung, 1995, S. 99 ff.

19 Insbesondere hatte die Absage einer in Südafrika angesetzten Konferenz aus finanziellen Gründen zur Bildung des damaligen FRC geführt.

20 eigene Darstellung, einen Bericht über die Zusammensetzung und Organisation des IASC erhält man auf der Internetseite der Ruhr Universität Bochum, http://www.iur.ruhr-uni- bochum.de/publikationen/kir/kategorie_meldungen.php3?13+0 19.12.2003, [Online].

21 Vgl. IASC: International Accounting Standards, 1998, S.1.

22 Vgl. Schaffer, A.: Die Übernahme internationaler Normen in die deutsche Rechnungslegung, 2000, S. 18.

23 Exakt beschreibt das IASC dazu: „This process involves experts in accounting from the accoun- tancy profession, the users of financial statements, the business community and, increasingly, national standard setting bodies.“, was zum Ausdruck bringt, dass alle wesentlichen Interessengruppen am Projekt beteiligt sind. IASC: IASC Insight, December 1993, S.1.

24 eigene Abbildung

25 Vgl. Schaffer, A.: Die Übernahme internationaler Normen in die deutsche Rechnungslegung, 2000, S. 26.

26 Vgl. IASC: International Accounting Standards, 1998, S. 9 ff.

27 Anm.: Das Framework behandelt die Zielsetzung von Abschlüssen, die qualitativen Anforderungen an die im Abschluss vermittelten Informationen, die Definition, den Ansatz und die Bewertung der Abschlussposten sowie Kapital- und Kapitalerhaltungskonzepte. Einen Gesamtüberblick über das Framework enthält Anlage 3 im Anhang.

28 Vgl. Universität Düsseldorf,

http://www.uniduessedorf.de/HHU/fakultaeten/wiwi/lehrstuehle/bwlUnternContr/Service/download/Exte rnesRechungswesen/ExternesRechnungswesen 17.12.2003, [Online].

29 Vgl. Universität Düsseldorf,

http://www.uniduessedorf.de/HHU/fakultaeten/wiwi/lehrstuehle/bwlUnternContr/Service/download/Exte rnesRechungswesen/ExternesRechnungswesen 17.12.2003, [Online].

30 Vgl. KMPG: International Accounting Standards, 1999, S. 10. Vgl. hierzu auch Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung: Die Vorschriften nach IAS; HGB und US - GAAP im Vergleich - mit Aufgaben und Lösungen, 2002, S. 20. Baetge, J.; Thiele, S.: Die Restrukturierung des IASC - Auf dem Weg zum globalen Standardsetter. in: DB (53) 2000, S. 1033 - 1038.

31 Vgl. Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung: Die Vorschriften nach IAS; HGB und US - GAAP im Vergleich - mit Aufgaben und Lösungen, 2002, S. 20.

32 Vgl. Universität Düsseldorf, http://www.uniduessedorf.de/HHU/fakultaeten/wiwi/lehrstuehle/bwlUnternContr/Service/download/Exte rnesRechungswesen/ExternesRechnungswesen 17.12.2003, [Online].

33 Vgl. Baetge, J.: Die deutsche Rechnungslegung vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungen, 1994, S. 48.

34 Vgl. KPMG Österreich, http://www.kpmg.at/files/service6.pdf 19.01.2004 [Online].

35 Vgl. ebenda.

36 Vgl. Kremin-Buch, B.: Jahresabschluss nach HGB, IAS, US - GAAP, 2002, S. 23.

37 Vgl. Seminar für ABWL und für Wirtschaftsprüfung, http://www.wiso.uni- koeln.de/treuhand/Veranstaltungen/SS03/hs-abwl/Kap4Handza.pdf 29.01.2004 [Online].

38 Vgl. Enterprise Webag, http://www.webag.com/text_db/owa/wt_show.text_page?p_text_id=700&p_flag=(tax) 30.01.2004 [On- line].

39 Vgl. Seminar für ABWL und für Wirtschaftsprüfung, http://www.wiso.uni- koeln.de/treuhand/Veranstaltungen/SS03/hs-abwl/Kap4Handza.pdf 29.01.2004 [Online].

40 Vgl. Epstein, B. J.; Mirza A. A.: IAS 2003 - Interpretation and Application of International Accounting Standards, S.112.

41 Vgl. Bosch - Gruppe: Zentralanweisung IAS - Bilanzierung, 2002, S. 19.

42 Vgl. ebenda.

43 eigene Darstellung, sehr gut dargestellt sind die IAS - Prinzipien auf der Internetseite der Europäi- schen Union: http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/taxation/consultations/ias_summary_de.pdf 25.12.2003, [Online].

44 Vgl. Born, K.: Rechnungslegung nach IAS, US - GAAP und HGB im Vergleich, 1999, S. 23. Vgl. hierzu auch Selchert, F.; Erhardt, M.: Internationale Rechnungslegung, 1998, S.12- 3. Goebel, A.: Die Konzernrechnungslegung nach HGB, IAS und US - GAAP. in: DB (50) 2000, S. 2489ff. KPMG Deutsche Treuhand - Gesellschaft: International Accounting Standards, 1999, S. 18f.

45 Vgl. Coenenberg, A.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 1997, S.42.

46 Vgl. ebenda.

47 eigene Darstellung, eine ausführliche Abbildung der Unterschiede beider Bilanzierungssysteme befindet sich auf: http://www.steuernetz.de/aktuell/iasusgaap.pdf 16.12.2003, [Online].

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Rechnungslegung im Umbruch - Bilanzansatz und Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS
Hochschule
Hochschule Harz Hochschule für angewandte Wissenschaften
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
97
Katalognummer
V24916
ISBN (eBook)
9783638276788
Dateigröße
1936 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechnungslegung, Umbruch, Bilanzansatz, Bewertung, Vermögensgegenstände
Arbeit zitieren
Jens Niessner (Autor:in), 2004, Rechnungslegung im Umbruch - Bilanzansatz und Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24916

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