Machtkampf um Blut und Körper - Rivalität und Zusammenarbeit zwischen gelehrter Medizin und Handwerksärzten in der frühen Neuzeit


Seminararbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1. Who is Who?

2. Machtkampf? „Chirurgi“ und „Medici“
1. Freibrief: „mag jederman dem andern helffen“
2. Krise: „soll keiner dem andern Eingriff thun“
3. Teamwork: „in brüderlicher Harmonie“

3. Niederlage: Wundärzte zwischen den Fronten
1. Internes: Bader contra Barbier

4. Schlussbemerkungen

5. Literaturverzeichnis
1. Literatur
2. Quellen

1. Einleitung

Der Arzt der Gegenwart ist meist ein hochangesehener Gesundheitsdienstleister mit akademischer Laufbahn und immer ein Spezialist auf seinem Gebiet. Doch neben den akademischen Ärzten, den Medici, wie sie sich nannten, stand das Gesundheitswesen in der frühen Neuzeit auf einem zweiten Bein, das so gar nicht in unser heutiges Ärzteverständnis passt: Der Wundarzt, er entstammte den Badern und Barbieren, war ein handwerklich organisierter Arzt. Für ihn galt Ordnung und Gesetz seiner Chirurgenzunft. Seine medizinischen Fertigkeiten wurden vom Meister an den Gesellen weitergegeben, ganz so wie es auch ein Schmied oder Maurer tat. Diese, oft fälschlicherweise als Laienärzte bezeichneten Wundärzte, deckten in weiten Teilen die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung ab. Vom Aderlass bis zur Amputation kümmerten sie sich um einen Großteil der Krankheitsbilder, mit denen die frühneuzeitliche Bevölkerung Kontakt hatte1.

Wundärzte sind seit dem 19. Jahrhundert aus dem Alltag verschwunden und gingen voll in einer akademischen Laufbahn auf. Wichtige Weichenstellungen ihrer Entwicklung nahmen im 16. Jahrhundert ihren Lauf. Von da an kam es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen gelehrt- ärztlichen und wundärztlichen Interessen, die sowohl direkt als auch über die Obrigkeit geführt wurden. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, welche Dienstleistungen und Kompetenzen die jeweiligen Lager für sich beanspruchen konnten. Konkret also wer welche Art von Krankheiten und Verletzungen behandeln durfte und wer in medizinisches Fragen gesetzgebende Instanz war. Viele Quellen belegen diese Entwicklung, vor allem ab dem 18. Jahrhundert nimmt ihre Dichte stetig zu.

Den Machtkampf zwischen akademischer und handwerklicher Medizin soll diese Analyse beleuchten. Hier ist zu beantworten, welche Art von medizinischen Leistungen die jeweiligen Lager für sich beanspruchten. Danach soll anhand vorhandener Literatur und Quellen untersucht werden, ob sich überhaupt eine ausgeprägte Konkurrenzsituation entwickelt hat oder ob vielmehr ein Austausch unter den Berufsgruppen dominierte. Es stellt sich folglich die Frage, aus welchen Gründen es zu dieser Situation in den vorzufindenden Ausprägungen kam. Ein besonderes Augenmerk soll schließlich auch auf die Rolle der Obrigkeit in diesem Auseinandersetzung gelegt werden. Am Ende soll aus den gewonnenen Erkenntnissen die Frage beantwortet werden, ob und wie weit dieser Disput mit dem allmählichen Verschwinden der Wundärztzünfte in Verbindung steht.

Da sich die vorhandene Literatur meist lokal- und regionalgeschichtlich mit dem Thema auseinander setzt, können die Antworten auf diese Fragen aller Erwartung nach zu keinen allgemein gültigen Feststellungen gelangen. Um dennoch ein differenziertes Ergebnis zu erhalten, werden die Fragestellungen aus Sicht der Schweizer Regionalgeschichte betrachtet und den Entwicklungen im süddeutschen Raum gegenübergestellt. Am Schluss kann so eine größere Bandbreite an Entwicklungen beurteilt werden. Es wird belegt innerhalb welcher Grenzen sich Arzt-Wundarzt Beziehungen abspielten.

Insgesamt ist bei der Analyse Vorsicht geboten. Wundärzte sind in der von akademischen Medizinern dominierten Geschichte der Medizin lange Zeit weitgehend ignoriert und missinterpretiert worden. Erst in der jüngeren Forschung werden erste Schritte unternommen dieses nicht-akademische Kapitel der Medizingeschichte zu erforschen2. Deshalb muss aber auch Literatur zu diesem Thema, vor allem von Medizinern verfasste, auf eventuelle Befangenheit überprüft werden. Eine gelungene Analyse - zudem mit umfangreichem Quellen- und Datenmaterial - findet man in den Werken von Sabine Sander und Urs Leo Gantenbein3. Sie bilden deshalb einen roten Faden in dieser Untersuchung.

1. Who is Who?

Handwerklich organisierte Ärzte übten in der frühen Neuzeit eine schwer überschaubare Anzahl von Heilmethoden aus. Genauso verwirrend und vielfältig sind auch die Berufsbezeichnungen die sie sich gaben. Chirurgen, Scherer, Barbiere, Wund- und Schnittärzte boten eine mehr oder weniger ähnliche Palette an Leistungen an. Trotz der Gefahr die Grenzen zerfließen zu lassen wird im Folgenden zur besseren Verständlichkeit die Bezeichnung Wundarzt allgemein auf alle Arten von Handwerkschirurgen, die in Zünften oder zunftähnlichen Gesellschaften organisiert waren, angewendet. Sie führten Operationen durch und absolvierten keine akademische Ausbildung. Im Gegensatz hierzu werden Ärzte mit akademischer Ausbildung als „Medici“ oder „Physici“, auch „Doctores“ bezeichnet, um eine deutliche Abgrenzung gegenüber den handwerkenden Wundärzten zu ermöglichen. Um Missverständnissen vorzubeugen werden die korrekten Bezeichnungen teilweise angemerkt.4

2. Machtkampf? „Chirurgi“ und „Medici“

1. Freibrief: „mag jederman dem andern helffen“

Noch anfangs des 15. Jahrhundert war die Ausübung medizinischer Tätigkeiten in der Schweiz und in Süddeutschland kaum reglementiert. Dies betraf auch die wundärztliche Medizin. 1431 erlaubte der Züricher Rat: „ Es mag jederman dem andern helffen [...] und [...] zu sinem gebresten raten [...],daran die Scherer nieman sumen sullent5 “. In den Augen der Medici und Wundärzte war bei solcher Freizügigkeit in medizinischen Fragen allerdings ein Eingreifen nötig, denn eine ganze Reihe von unausgebildeten Heilern teilte sich mit ihnen den Gesundheitsmarkt. Ab dem 16. Jahrhundert herrschte eine regelrechte Gründerzeit. Allerorten wurden die Wundärzte in Zünften und Gesellschaften organisiert und umfassende Zunftordnungen regelten die Ausbildung und Ausübung dieses Berufs. So erlangten die Scherer im schweizerischen Winterthur 1591 mit einer frühen „Scherenordnung“ weitgehende Autonomie6 und errichteten ein Quasi-Monopol für „aderlassen, bartabscheren, harabhouwen“7. Gemeint waren die so genannten äußeren Krankheiten. Heutzutage würde man diese medizinischen Leistungen als Aderlassen, Schröpfen, Behandlung von Wunden und Brüchen, Amputationen und Behandlung von Geschwulsten zusammenfassen8. Mit dieser „Scherenordnung“ wurde den Wundärzten, zu dieser Zeit hießen sie noch Bader, Scherer, Barbiere, ein alleiniges Recht zur „Curierung“ dieser Krankheiten eingeräumt. 1597 folgte übrigens die Zürcher Landschaft mit ihrer „Landscherenordnung“, 1651 konnten sich auch württembergische Wundärzte in einer „Bader- und Barbierordnung“ Recht verschaffen.

Die Vermutung, dass diese Monopolbildung zu einer direkten Konfrontation zwischen Wundärzten und gelehrter Medizin führte, liegt nahe. Wie sich zeigen wird ist das für diese Zeit ein Irrglaube. Die Medicis und Physicis hatten zunächst ein eigenes Monopol auf die inneren Krankheiten errichtet. Dies schloss Krankheiten ein, die ohne direkt sichtbare Veränderungen oder Verletzungen auftraten und mit Medikamenten und Tränken kuriert werden sollten. Den Parteien lag folglich vielmehr daran, eine soziale Hierarchie und gefestigte Grundstrukturen aufzubauen. Für ein Dominanzstreben einer der Berufsgruppen gab es vor dem 18. Jahrhundert noch keine Anzeichen9.

Es gab aber vereinzelte Auseinandersetzungen, deren spezifische Bedeutung der nächste Abschnitt klären soll.

2. Krise: „soll keiner dem andern Eingriff thun“

Im Winterthur des frühen bis mittleren 18. Jahrhunderts bestand eine traditionsreiche und gefestigte Zunft der Wundärzte sowie eine zahlenmäßig erstarkende akademische Ärzteschaft. Da hier sowohl zuverlässige Zahlen als auch umfangreiches Quellenmaterial vorliegen, soll eine exemplarische Untersuchung von Kompetenzstreitigkeiten an diesem Beispiel vorgenommen werden. In den 1730er Jahren kam es in Winterthur zu einem Disput in dem die Medici den Wundärzten eine Überschreitung der ihnen zugestandenen Kompetenzen vorwerfen. Sie berufen sich dabei auf die 1738 gültige Zunftordnung der Wundärzte in der es heißt:

„[...]1. In hitzigen fieberen, Waßersucht und Schwindsucht, auch bey verdächtigen Weibspersohnen soll keinem Barbier ohne vorwüßen eines verständigen Medici, ader zu laßen erlaubt sein.

2. Es sollen die Doctores und Chirurgi keiner dem anderen Eingriff thun, sondern ein jeder sich seines Berufs helfen.[...]“10

Die ansässigen Medici hatten starke Zweifel daran, ob sich die Wundärzte tatsächlich an die festgesetzte Ordnung hielten. Sie beschuldigten die Wundärzte sich regelmäßig mit der Heilung innerer Krankheiten zu befassen, vor allem das Aderlassen wurde regelmäßig ohne ärztliche Anordnung praktiziert. Nach heutigem Kenntnissstand wurden die Wundärzte zurecht beschuldigt: Da sie für weite Teile der Bevölkerung die einzig erreichbare wie auch nutzbare Quelle medizinischer Hilfeleistung waren, nahmen sie auch oft die Aufgaben war, die laut geltendem Recht von einem Medici durchgeführt werden sollten. Sie verabreichten Tränke und Tinkturen und bereiteten Arzneimittel, die ursprünglich nur von Apothekern und Medicis hergestellt wurden11. In einem dringlichen Brief an den Stadtrat schlagen die Medici deshalb expliziter geregelte neue Verordnungen vor, wagen aber gleichzeitig einen dreisten Vorstoß in das Arbeitsgebiet der Wundärzte. So fordern sie:

„[...]Den Medici ist einzig das Anlegen von Verbänden untersagt. Ferner kann 6. bei Familienmitgliedern oder Hausgenossen nach Belieben verfahren werden12

Eine Erfüllung dieser Forderung wäre praktisch ein Freibrief für willkürliches Werken der Medici gewesen, und hätte angesichts der bestehenden Verhältnisse annähernd eine erneute Gleichberechtigung unter den Heilkundigen ergeben. Bei anstehenden Behandlungen hätte der Medici sich auf diese Ausnahmeregelung berufen können. Aderlassen und Schröpfen, zuvor von Wundärzten monopolisierte Handlungen wären auch den Medici möglich gewesen.

Den Wundärzten waren diese Anschuldigungen suspekt. In einem Gegenbrief wehren sie sich 173913 gegen die Vorwürfe und den Vorstoß der Medici, nehmen aber darin eine defensive Haltung ein und berufen sich auf Gewohnheitsrecht. Scheinbar war den Wundärzten viel mehr an einer Stabilisierung der vorhandenen Rangordnung gelegen als an einer direkten Konfrontation:

„Ja, es ist die Chirurgie nicht geringer anzusehen als die Medicin, [...] wo nicht schleunigste hülff von einem Chirurgo geschehe, er [AdV: der Mensch] in wenig Stunden absolute deß Todes eigen were, woraus abnzunehmen, daß diese Wüssenschaft nicht so gering, und mehr daran gelegen alß etwann nur an einer aderläß.14

Für unsere Untersuchung ist von Interesse, dass hier zwar der Nachweis eines Spannungsaufbaus zwischen den konkurrierenden Medizinern vorliegt, aber dennoch, zumindest von Seiten der Wundärzte an einer Eskalation kein Interesse bestand. Die Treibende Kraft waren die Medicis. Es ist aber strittig, ob dies eine vereinzelte Auseinandersetzung oder aber ein beginnender Medizinerkrieg war. Gantenbein vermutet, dass eine „Schwemme“ studierter Medicis die zu dieser Zeit in Winterthur auftrat, ein anormales Verhältnis der Ärztezahlen zur Folge hatte. Um sich Kundschaft und Auskommen unter der wachsenden Anzahl der Mitbewerber zu sichern kam es zu diesen Spannungen. Der Ärger entlud sich auf die Wundärzte15. Eine einleuchtenden These, schließlich wussten die Medici das Recht auf ihrer Seite. Sie setzten sich mit ihrem Vorstoß aber über die gängige Alltagspraxis hinweg.

In Süddeutschland waren die Verhältnisse gravierender. Die „Collegia Medica“, eine Art früher Gesundheitsbehörde, versuchte noch 1731 in einem Erlass der Reichshandwerksordnung gegen „Handwercker-Mißbräuche“ vorzugehen. Beabsichtigt war dabei eine deutliche Beschneidung der wundärztlichen Autonomie16. Hier liegt ein obrigkeitlicher Beschluss vor. Dieser Fall soll deshalb im letzten Kapitel analysiert werden.

Das vorangegangene Beispiel mag eindrucksvoll sein. Gegenseitige Differenzen innerhalb und außerhalb der medizinischen Professionen in der Schweiz waren nach derzeitigen Forschungsstand aber Alltagsgeschehen, um den sozialen Status einzelner Gruppen zu erhalten. Es wäre falsch in diese Auseinandersetzungen zu jener Zeit eine Grundsatzfrage der zwei Professionen zu interpretieren17. Gianna Pomata geht sogar noch weiter und diagnostiziert zur Standesproblematik im Bologna des 16. Jahrhunderts: „The Bolognese barber-surgeons' subordination to the medical college was never questioned18 “. Ein nachvollziehbarer Schluss, schließlich war die Segregation zwischen den Medizinern sowohl räumlich als auch sozial stark ausgeprägt. Wundärzte waren stärker auf dem Lande anzutreffen und versorgten dort die unteren bis mittleren Bevölkerungsschichten, sie waren - stark verallgemeinert - Universalärzte für einen Großteil der Bevölkerung. Medicis waren dagegen sozial höher gestellt, versorgten tendenziell reichere Bürger und waren in größerer Zahl nur in den Städten angesiedelt19. Die Wirkungkreise der Professionen überschnitten sich nicht so stark, dass eine ausgeprägte Konkurrenz erwachsen konnte. Die Sorgen der Ärzteschaft und der Zünfte galten vielmehr den Heilern und Heilkundigen, die ihren sozialen Status längst noch nicht gefestigt und stabilisiert hatten: Den in zahlreichen Erscheinungen auftretenden unapprobierten Heilern20, deren ausführliche Behandlung den Rahmen dieser Arbeit leider sprengen würde.

Die Segregation hatte noch einen weiteren Effekt. Die sozial höher gestellten Medici hatten mehr Einfluss und Macht auf die Obrigkeit. Eine wichtige Feststellung die erklärt, weshalb in den vorgestellten Konflikten meist die Medici als treibende Kraft erscheinen, obwohl diese zahlenmäßig unterlegen waren. Das durchschnittliche Zahlenverhältnis gelehrter Ärzte zu Wundärzten betrug, je nach Region, zwischen eins zu zwei und eins zu 15, auf jeden Fall immer zu

16 Vgl. Sander: Handwerkschirurgen (1989), S. 206 - 209.

17 Vgl. Brändli: Retter (1990), S.56 - 57.

18 Pomata, Gianna: Patients, Healers and the Law in Early Modern Bologna, Baltimore / London 1998, S. 67.

19 Vgl. Sander: Handwerkschirurgen (1989), S 183 - 190. und Vgl. Pelling, Margaret: The Common Lot. Sickness, Medical Occupations and the Urban Poor in Early Modern England, London / New York 1998, S. 232ff.

20 Vgl. Kinzelbach, Annemarie: „...Und sich der Curierung anmassen“. Konkurrierende Heilkundige und Gesellschaft. Süddeutsche Reichstädte in der frühen Neuzeit, in: Sozialgeschichte der Medizin. Stadtgeschichte und Medizingeschichte, Thaur / Wien / München 1998, S. 67 - 73. Hier finden sich auch weitergehende Analysen und Verweise zu diesem Thema.

Gunsten der Handwerksärzte21. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts ist dieses Verhältnis in etwa gleich22.

Diese Zahlen, Entwicklungen und Bedingungen lassen zunächst kein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Medizinerlagern vermuten. Doch die Schweizer Medizin entwickelte sich außerordentlich kooperativ. Rund 50 Jahre nach dem geschilderten Winterthurer Briefwechsel entwickelt sich ein freundschaftliches Arzt-Wundarzt-Verhältnis. Im folgenden Kapitel wird verdeutlicht, dass „Die Helvetische Gesellschaft correspondierender Ärzte und Wundärzte“, die erste schweizerische Ärztevereinigung aus dem Jahr 1788 einen Meilenstein in der Zusammenarbeit der medizinischen Dienstleister setzte. Die Bedeutung dieser Gesellschaft liegt weit vor den dokumentierten Zwistigkeiten des vorangegangenen Beispiels. Und widerlegt damit vorerst die These vom Medizinerkrieg.

3. Teamwork: „in brüderlicher Harmonie“

Kooperation unter Ärzten war europaweit kein Einzelfall. Im Bologna des 17. Jahrhunderts wohnten Medicis häufig als Zeugen chirurgischen Operationen bei, und zwar auf Anfrage der Wundärzte, nicht aus eigenem Antrieb23. Ein weiteres Beispiel zeigen auch die Briefe des gelehrten Arztes Christoph Jacob Drews, der noch im 18. Jahrhundert rege Korrespondenz mit Ärzten zünftischer und akademischer Abstammung führte24. Unter allen Beispielen der Zusammenarbeit ragt eines besonders heraus: In der deutschsprachigen Schweiz hatten sich Medicis und Wundärzte besonders ausgeprägt ausgetauscht.

Der Zustand der Schweizer Heilkunde schien aus Sicht der gelehrten Medizin in der Mitte des 18. Jahrhunderts mangelhaft: Schlecht ausgebildet seien die Wundärzte und das gefährde mitunter die Gesundheit des Schweizer Volkes dramatisch, meinte Johann Melchior Äepli, Doktor und Hoffrath von Diessenhofen25.

[...]


1 Vgl. Widmann, Martin / Mörgeli, Christoph: Bader und Wundarzt. Medizinisches Handwerk in vergangenen Tagen, Zürich 1998.

2 Vgl. Sander, Sabine: Handwerkschirurgen. Sozialgeschichte einer verdrängten Berufsgruppe, Göttingen 1989, S. 12.

3 Gantenbein, Urs Leo: Schwitzkur und Angstschweiss. Praktische Medizin in Winterthur seit 1300, Winterthur 1996, S. 320.

4 Sander: Handwerkschirurgen. (1989), S. 11 und S. 245. Die Autorin verfährt ähnlich, verwendet allerdings den Überbegriff „Handwerkschirurgen“. Wegen der Gleichbedeutung „cheirourgia“(griech.) = Handwerk, wird der Begriff Wundarzt bevorzugt.

5 Nabholz, Hans: Die Zürcher Stadtbücher des XIV und XV Jahrhunderts. Bd. 3, Leipzig 1906, S. 47.

6 Diese Autonomie darf nicht überbewertet werden, schließlich standen die Zünfte vielerorts unter Aufsicht eines studierten Stadtmedici. Wohl aber legte sie einen Grundstein zur geregelten Ausübung des Handwerks.

7 Die Scherenordnung der Stadt Winterthur. Staatsarchiv Winterthur AH 98/1/1/Bar, 26.2.1591, in: Gantenbein: Schwitzkur (1996), S. 320.

8 Vgl. Brändli, Sebastian: Die Retter der leidenden Menscheit. Sozialgeschichte der Chirurgen und Ärzte auf der Zürcher Landschaft. 1700 - 1850, Zürich 1990, S. 55.

9 Vgl. ebd. S. 57.

10 Staatsarchiv Winterthur AF 78/36, 19.9.1738, in: Gantenbein: Schwitzkur (1996), S. 337.

11 Vgl. Sander: Handwerkschirurgen (1989), S. 101.

12 StaW AF78/36 (1738), S. 337.

13 Vgl. StaW AF 78/36, 28.1.1739, in: Gantenbein: Schwitzkur (1996), S. 339.

14 Ebd.

15 Vgl. Gantenbein: Schwitzkur (1996), S. 150 - 155.

21 Diesen Angaben liegen allerdings starke regionale und zeitliche Schwankungen zugrunde. Ausführliche Statistiken in verschiedenen Regionen und Epochen bietet: Vgl. Sander, Sabine: Zur medizinischen Versorgung in der frühen Neuzeit oder. Die These von der Unterversorgung. Eine schwarze Legende, in: Ergebnisse und Perspektiven sozialhistorischer Forschung und Medizingeschichte. Kolloquium zum 100. Geburtstag Siegerists, Leipzig 1991, S. 70 - 80.

22 Zahlen für Bregenz / Österreich (Ärzte/Wundärzte): 1831 3:5, 1852 3:4, 1880 4:3, aus: Sozialgeschichte der Medizin. Stadtgeschichte und Medizingeschichte, Thaur / Wien / München 1998, S. 233. Aufgrund der Nähe sowohl zur Schweiz als auch zu Deutschland wurde dieses Vergleichsgebiet gewählt.

23 Vgl. Pomata: Bologna (1998), S. 65.

24 Vgl. Schnalke, Thomas: Medizin im Brief. Der städtische Arzt des 18. Jahrhunderts im Spiegel seiner Korrespondenz, Stuttgart 1997.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Machtkampf um Blut und Körper - Rivalität und Zusammenarbeit zwischen gelehrter Medizin und Handwerksärzten in der frühen Neuzeit
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Institut für Geschichte der Medizin)
Veranstaltung
Seminar: Ärzte, Heiler und Patienten in der frühen Neuzeit
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V21207
ISBN (eBook)
9783638248754
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aufgrund des geringen Forschungstandes zu Arzt-Wundarztbeziehungen in der frühen Neuzeit ist diese Arbeit ein wichtiger Beitrag zur Frage nach Konflikten und Zusammenarbeit beider Proffesionen. Anhand zweier Vergleichsregionen und Quellenbeispielen wird die ganze Bandbreite, innerhalb derer sich diese Konflikte abspielen aufgezeigt und auf europäische Ebene heruntergebrochen.
Schlagworte
Machtkampf, Blut, Körper, Rivalität, Zusammenarbeit, Medizin, Handwerksärzten, Neuzeit, Seminar, Heiler, Patienten, Neuzeit
Arbeit zitieren
Hagen Schönherr (Autor:in), 2003, Machtkampf um Blut und Körper - Rivalität und Zusammenarbeit zwischen gelehrter Medizin und Handwerksärzten in der frühen Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21207

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