Marie Luise Kaschnitz und ihr Frühwerk


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

17 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Marie Luise Kaschnitz
1.1. Ihr Leben von 1901 bis 1937 und ihre Generation
1.2. Die Beziehung zu ihrem Mann

2. Das Frühwerk (1929 – 1937)
2.1. Erste Schritte in der Lyrik
2.2. „Juni“ (1935)
2.3. „Am Strande“ (1935)

3. Zusammenfassung

Bibliographie

Literatur und Bildnachweis

1. Marie Luise Kaschnitz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.1. Ihr Leben von 1901 bis 1937 und ihre Generation

1901 - das ist der Beginn des 20. Jahrhunderts und zugleich auch das Geburtsjahr von Marie Luise Kaschnitz. Dieser Jahrhundertsanfang bringt eine Generation hervor, die nach einer Metapher von Oskar Splett den Januskopf trägt. Ein Kopf, der zwei Gesichter aufweist, von denen das eine nach links und das andere nach rechts schaut, und wie dieser Januskopf schaut die Generation um die Jahrhundertwende mit dem einen Gesicht auf das 19. Jahrhundert zurück, während das andere in die Zukunft blickt, so dass diese Generation zwischen Tradition und Fortschrittsglaube schwankt. Denn diese Anfangsjahre des Jahrhunderts sind zunächst in der wilhelminischen Ära durch eine relative Sicherheit geprägt, die jedoch durch den I. Weltkrieg jäh zerstört wird.

Die ältere Generation lebt ihr Leben mit Sicherheit und Selbstverständlichkeit, doch die Jugend, zu der auch Marie Luise Kaschnitz gehört, muss ihren Weg erst noch finden.

Und wie ist sie ihn gegangen?

Am 31. Januar 1901 in Karlsruhe als Tochter des Offiziers Max Freiherr von Holzing-Berstett geboren, wächst sie in Potsdam und Berlin auf, wobei sie traditionell erzogen wird. Ihre Kinder- und Jugendjahre werden jedoch von einem Gefühl des Ungeliebtsein geprägt, da die Mutter einen Stammhalter wollte, es aber doch „nur“ ein Mädchen wurde. Hinzu kommt, dass sich Marie Luise im Gegensatz zu ihrer Schwester Helene, die sie als eine dunkle Schönheit bezeichnet, häßlich, blaß, pummelig und ungeschickt fühlt, weshalb ihr Charakter überwiegend ängstlich, schüchtern und leicht schwermütig ist. All diese negativen Erlebnisse beschreibt Marie Luise Kaschnitz rund vierzig Jahre später in der Erzählung „Das dicke Kind“.

Schöne Erinnerungen hat Marie Luise an ihre Großeltern mütterlicherseits, den Seldenecks aus Karlsruhe, die in ihrer Erzählung „Haus der Kindheit“ von 1956 verewigt sind. In diesen Ferien kann sie sich von dem elterlichen Druck und ihren Ängsten befreien. Die Beziehung zu ihren Eltern ist auch insofern wichtig zu erwähnen, da sie zu ihrer Mutter ein schlechtes Verhältnis hat, was vor allem in dem erwähnten Wunsch der Mutter nach einem Stammhalter liegt. So äußert sich Kaschnitz im „Haus der Kindheit“:

„Ich kann meine Mutter nicht verstehen, ihre Lebensfrische, ihre schreckliche Munterkeit, ihre unheimliche Kraft. Wenn sie anfängt zu singen, halte ich mir die Ohren zu, wenn ich höre, wie sie durch die Wohnung läuft und Kinder, schönes Wetter ruft, geht etwas in mir vor wie ein Krampf und ein Zittern und ein Haß.“

Ihr Verhältnis zur Mutter bleibt zeit ihres Lebens unnahbar und unterkühlt, weshalb sie ihr keines, dem Vater aber viele ihrer Gedichte widmet.

Zur Kinder- und Jugendzeit ist anzumerken, dass die Familie geistige Interessen und musische Begabungen hatte und auslebte und sich Marie Luise früh mit Literatur beschäftigt und sich neben Hofmannsthal vor allem für Trakl begeistert. Über ihn schreibt sie: „Mit seinen einfachen und schwermütigen Feststellungen, seinen farbenreichen Träumen, schuf er ... eine Welt, in der sich Leben und Tod durchdringen und die ich schon damals als meine Welt empfand.“ (REICHARDT, S. 7)

Nach dem Lyzeumbesuch beginnt sie in Weimar eine Buchhändlerlehre, dann in München und schließlich in Rom, wo sie auch ihren künftigen Mann, den Archäologen Guido von Kaschnitz-Weinberg, kennenlernt. Nach der Heirat 1925 lebte sie als seine Frau dort, wo er lehrte, nämlich in den Jahren 1932 bis 1937 in Königsberg, später dann in Marburg (1937-1941), danach in Frankfurt und Rom (1953-1958).

1928 wird die einzige Tochter Iris Constanza geboren, die Marie Luise Kaschnitz allein in Bollschweil bei Freiburg im Breisgau zur Welt bringt. Sie schämte sich mit ihrem Schwangerenbauch vor ihrem Mann, weshalb sie sich aus der gemeinsamen Wohnung in Rom nach Bollschweil flüchtete. Sie liebt ihre Tochter, doch wird sie als Mutter nicht das Gefühl los, dass das Kind zwischen den Eltern steht und in die Liebe „eindringt“. Dieses Schuldgefühl gegenüber ihrer Tochter wird sie zeit ihres Lebens nicht los, was sie in gewisser Weise schmerzt, aber nie ändern kann.

1.2. Die Beziehung zu ihrem Mann

Das Leben und Wirken einer Schriftstellerin ist auch eng mit dem Leben und der Einstellung, den der Ehemann zu der Schriftstellerei hat, verbunden. Gerade bei Marie Luise Kaschnitz stellt sich diese Frage, da sie doch erst nach der Heirat mit dem Schreiben begann, ihr Mann also damit erst umzugehen lernen musste.

Zunächst leben sie gemeinsam in Rom, wo sie sich im Kreise der Archäologen, Kunsthistoriker und Philologen sehr wohl fühlt. Sie kann in eine neue, geistige Welt eintauchen und hat reges Interesse, auf diesen Gebieten fehlendes Wissen nachzuholen. Später, in den dreißiger Jahren, bereist sie mit ihrem Mann fast das gesamte Abendland (beispielsweise Italien, Griechenland, Nordafrika, Türkei), was ihr viele Anregungen zum Schreiben gab, so dass die Begegnung mit der Antike wesentlich für ihr literarisches Schaffen wurde (vgl. „Griechische Mythen“ 1941, „Die Umgebung von Rom“ 1960 u. a.).

1932 gehen sie und ihr Mann nach Königsberg in Ostpreußen, wo sie auch viele Kontakte zu Kollegen und Freunden ihres Mannes aufbaut und pflegt. Guido von Kaschnitz-Weinberg ist ein toleranter Mann, was er auch immer gegenüber seiner Frau zeigt, indem er ihr den nötigen Freiraum lässt. Sie konnte trotz der familiären Pflichten und ihrer Rolle als Ehefrau ihre schriftstellerische Tätigkeit ausleben. Stellte sie ihr Schreiben jedoch teilweise in den Hintergrund, so lag das nicht am Unverständnis ihres Mannes, sondern war von ihr selbst so gewollt. Elsbeth Pulver beschreibt die Rolle von ihr sehr passend, indem sie sagt, dass Marie Luise Kaschnitz eine „persönliche Entwicklung ... im Rahmen der Ehe“ nahm (PULVER, S. 10).

Wie „modern“ Guido von Kaschnitz-Weinberg war, wird auch in dem Zitat deutlich, das Marie Luise Kaschnitz nach dem Tode ihres Mannes über ihn sagt: „Eine Frau, die daheim am Diwan sitzt und auf den Mann wartet, hätte ihn verrückt gemacht.“ (PULVER, S. 11). Trotzdem Marie Luise Kaschnitz um ihren Freiraum kämpft, ist sie keine „Vorkämpferin der Frauenemanzipation“ (METZLER, S. 339). Sie arrangierte ihr Leben als Schriftstellerin und Ehefrau sehr gut und fühlte sich trotz einiger Einengungen an der Seite ihres Mannes sehr wohl. Pulver stellt sogar fest, dass „die Ehe ... zur Voraussetzung des Schreibens [wird]“ (PULVER, S. 10), und spielt damit zum einen auf die Studienreisen an, die Marie Luise Kaschnitz durch ihren Mann ermöglicht werden, aber zum anderen auch auf die durch die Anstellungen des Mannes häufigen Wohnortwechsel, die ihr Abwechslung, neue Themen und Motive für die Literatur bringen. Zudem kauft sie sich 1936 ein Auto, um unabhängig zu sein und die Umgebung auf eigene Faust erkunden zu können und somit auf Themensuche zu gehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Marie Luise Kaschnitz und ihr Frühwerk
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Weibliches Schreiben-Autorinnen des 20. Jh.
Note
1,8
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V13950
ISBN (eBook)
9783638194693
ISBN (Buch)
9783638758079
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marie, Luise, Kaschnitz, Frühwerk, Weibliches, Schreiben-Autorinnen
Arbeit zitieren
Cornelia Weinreich (Autor:in), 2002, Marie Luise Kaschnitz und ihr Frühwerk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13950

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