Mafia im Mezzogiorno. Die Probleme des italienischen Südens


Seminararbeit, 2001

16 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Begriffsdefinition

2. Die Organisation

3. Die Mafia als historisches Phänomen
3.1 Anfänge auf Sizilien
3.2 Der Aufstieg der gabellutti
3.3 Die Mafia im späten 19. Jahrhundert
3.4 Süditalienischer Exodus nach Nordamerika
3.5 Die Mafia im 1. Weltkrieg und während des Faschismus
3.6 Die USA und die Mafia im 2. Weltkrieg
3.7 Die Mafia zwischen 1945 und 1982
a) Internationalisierung
b) Finanzen und Drogenhandel
c) Drogenherstellung und –verkauf
3.8 Widerstand aus der Bevölkerung

4. Die Mafia heute

5. Struktureller Aufbau der Mafia
5.1 Die cosca
5.2 Der partito
5.3 Die Faktion
5.4 Die famiglia
5.5 Moderne Mafiastrukturen

6. Mafia in Abgrenzung zu Briganten, camorra, ´ndrangheta, la sacra corona unita und cosa nostra
6.1 Briganten und Gangster
6.2 camorra
6.3 ´ndrangheta
6.4 cosa nostra

7. Wichtige Mafiosi

8. Die Anti-Mafia-Bewegungen
8.1 Die Anti-Mafia-Kommission
8.2 Falcone und Borsellino

9. Kurzchronologie

10. Literatur

11. Glossar

1. Begriffsdefinition

Zitat Caselli (siehe Robb s. 351)

„Die Cosa Nostra ist eine Maschinerie, die Macht und Geld produziert. Wo und wie sie nur kann. Es wäre verhängnisvoll, die Mafia als rein sizilianisches oder rein italienisches Problem zu betrachten. Der immense Reichtum der Cosa Nostra macht sich in der heutigen Wirtschaft immer stärker bemerkbar. [...] Historisch wurzelt die Cosa Nostra in Sizilien, ihr Herz und ihr Geist sind dort vermutlich bis heute zu Hause. Ihre Aktivitäten und Interessen aber sind mit der Weltwirtschaft verflochten. Und weil ökonomisch so viel auf dem Spiel steht, muß die Mafia die Politik unterwandern, das ist unvermeidlich. Aber wo die Mafia ist, sind Menschenrechte, Freiheit und Demokratie in Gefahr.“

Jedoch war die Mafia nicht nur eine kriminelle Organisation, sondern auch ein Gesellschaftssystem, eine Lebenserhaltung, ein Berufsstand.

(siehe Robb S. 45)

2. Die Organisation

Erst seit Mitte der achtziger Jahre wissen wir mehr über die internen Strukturen. Das italienische Anti-Mafia-Gesetz (1982) und damit die Anwendung der Kronzeugenregelung in Mafia-Prozessen haben unser Wissen vertieft. Seitdem erahnen wir, wie weit der tatsächliche Einfluss der Mafia in Staat, Politik, Wirtschaft, Kultur und Sozialgefüge reicht.

Die Mafia behielt in den letzten 50 Jahren im Kern ihre alten Sozialstrukturen bei. Die Mafiosi sind vor allem durch wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit sowie eine eigentümliche Auffassung von Pflichtgehorsam und Verschwiegenheit geprägt. Die Mafiosi selbst bezeichneten sich als uomini d´onore (Ehrenmänner). Um als ein Ehrenmann in die Cosa Nostra aufgenommen zu werden, musste man an einer Einführungszeremonie teilnehmen.

3. Die Mafia als historisches Phänomen

3.1 Anfänge auf Sizilien

Die Ursprünge der Mafia liegen naturgemäß im Dunkeln. Erstmals schriftlich nachgewiesen ist das Wort mafiusi im Titel einer Dialektkomödie ("I mafiusi della Vicaria"), die um 1860 verfasst wurde. 1865 verwendet die italienische Strafverfolgung den Begriff zur Kennzeichnung von Verbrechern. Bereits 1875 ist "Mafia" eine in fast allen Sprachen Europas geläufige Bezeichnung für Kriminelle. Vor 1860 wurde der Begriff in der Volkssprache gebraucht, in der er „bellezza“ (Schönheit) bzw. „eccellenza“ (Exzellenz) bedeutet. Ein MAFIUSU wäre also ein „mutiger Mann“ gewesen. Es handelt sich um einen alt-sizilianische Ausdruck, der seinen ursprünglichen und durchaus positiven Sinn nach 1860 verlor, und einen anderen, negativen annahm. Das Wort Mafia kommt im Zusammenhang mit Politik und in den Medien seit Mitte des 19. Jhdt. immer wieder vor. Es handelt sich jedoch um einen mehrdeutigen Begriff, der jeweils nach dem Kontext gedeutet werden muss.

3.2 Der Aufstieg der gabellutti

Die Entstehung der Mafia reflektiert die sozialen Umwälzungen des sizilianischen Feudalismus während der italienischen Nationalstaatsgründung. Die adeligen Großgrundbesitzer Westsiziliens vergaben ihre Ländereien zur Pacht an Verwalter. Diese gabellutti (Steuereintreiber) verpachteten das Land an die ansässigen Bauern, die weiterhin arm waren, und verlangten von diesen hohe Bodenzinse. Die gabelluti eigneten sich die Herrschaftsrechte des Adels an und waren fortan in einer ungeheuer starken Position.

Sie gabellutti stellten in vielen Regionen Süditaliens die einzige wirkliche Autorität dar. Auch boten sie den wirksamsten Schutz vor Übergriffen räuberischer Banden, den sogenannten Briganten. Dieser Schutz wurde den Bauern und dem Landadel gegen das zahlen des pizzu (Schutzgeld) geboten.

3.3 Die Mafia im späten 19. Jahrhundert

Von 1881 bis 1913 drang die Mafia auch in den Bereich der Politik vor. Das hatte drei Konsequenzen:

- Die Mafia erweiterte ihre Kontrolle über die sizilianische Landbevölkerung, der sie Schutz für die richtige Stimmabgabe versprach.
- Die gewählten Abgeordneten verhinderten im Parlament Anti-Mafia-Gesetze.
- Der Einfluss der Mafia sich beschränkte nicht mehr nur auf den Süden des Landes.

Die Wirksamkeit des Paktes zwischen Mafia und Politik garantierte die südliche Mentalität. Es galt das „Gesetz“ der omertà, die "Schweigepflicht".

3.4 Süditalienischer Exodus nach Nordamerika

Gegen die immer stärkeren Belastungen, die die Mafia der Bevölkerung zumutete, regte sich auf Sizilien und im Mezzogiorno, wo die Urbanisierung kaum vorankam, am Ausgang des Jahrhunderts vermehrt Widerstand. Der Protest verschmolz mit den sozialistischen Bewegungen, die vor allem die Schuldenlast von Arbeitern und Bauern anprangerten. An diesem Punkt kooperierten Staat und Mafia miteinander: Schon aus Eigeninteresse bekämpfte die Mafia die Aufstände der revolutionären Landarbeiter, so dass letztere sich in die einsetzende Ausreisewelle nach Übersee einreihten, um der Verfolgung zu entgehen. Für die italienische Regierung bedeutete der Sachverhalt aber, dass die sozialen Konflikte des ländlichen und kaum industrialisierten Südens entschärft waren.

3.5 Die Mafia im 1. Weltkrieg und während des Faschismus

Während des 1. Weltkriegs organisierte die Mafia die Versorgung des italienischen Heeres mit Material und Verpflegung. Auf diese Weise erlangten sie Reichtum und wurden zu Adeligen.

Nach 1918 finanzierte die Mafia die faschistische Partei und beeinflusste süditalienische Abgeordnete, für Mussolini zu votieren. Der Pakt zwischen Mafia und Faschisten war labil. Mussolini schickte Cesare Mori als Präfekten nach Palermo, der entschlossen gegen die mafiusi vorgehen sollte. Die Macht der Mafia war jedoch zu stark.

3.6 Die USA und die Mafia im 2. Weltkrieg

Während des Faschismus hatte die Mafia Grundstücke erworben und kontrollierte das Geschehen auf dem Land. Sie stand in der Blüte ihrer agrarisch-feudalen Macht. Im 2. Weltkrieg bereitete sie die Landung der Alliierten in Süditalien vor. Die Verfolgungen der Mafia unter den Faschisten machten sie in den Augen der Amerikaner zu einem vertrauenswürdigen Partner.

Die Mafia arbeitete so erfolgreich mit den Alliierten zusammen, dass sie nach Kriegsende mit der kommunalen Verwaltung Siziliens betraut wurde. 1946 wird Sizilien ein Autonomiestatut gewährt, das die zentralstaatlichen Eingriffe auf der Insel beschränkte. Damit wurde die Macht der Mafia anerkannt. Sie wurde zur wichtigsten Entscheidungsinstanz in Süditalien.

3.7 Die Mafia zwischen 1945 und 1982

a) Internationalisierung

Nach dem 2. Weltkrieg verschob die Mafia ihren politischen Schwerpunkt endgültig von Sizilien nach Italien. Sie lehnte sich an die DC (democrazia cristiana) an. Diese Zusammenarbeit von Politikern und mafiusi brachte eine intensive Politisierung der Mafia. Sie legte ihren ländlich-feudalen Charakter ab. So konnte sie Anschluss an die Urbanisierung und Industrialisierung Süditaliens gewinnen. Sie trat als Unternehmer auf, wobei kriminelle Praktiken der cosa nostra in die sizilianischen Mafia-Clans einsickerten.

Es folgte eine Ausweitung der "Geschäfte" der Mafia auf den gesamten Erdball und sie wandelte sich zu einem illegalen Verbrechenskartell mit internationalen Verbindungen, wobei die Elemente der ursprünglichen Mafia nicht sofort verschwanden.

b) Finanzen und Drogenhandel

Die Beteiligung am Drogenhandel machte es notwendig, nach neuen Finanzstrukturen zu suchen, da das illegal erworbene Geld erst reingewaschen werden musste. Den mafiusi gelang es, ihre Gewinne dem legalen Wirtschaftkreislauf zuzuführen. Dabei half ihnen der Autonomiestatus für Sizilien aus dem Jahre 1946. Denn damit waren auch Freiheiten im Kreditwesen verbunden. Die Mafia erreichte zunächst eine Kontrolle über das sizilianische Geld- und Kreditwesen, von dort wuchs sie sogar in die internationalen Hochfinanz ein und teilte sich fortan mit einigen anderen Bankgruppen die Beherrschung des europäischen Finanzmarktes.

Zugleich wandelte sich das Verhältnis zu Polizei und Justizbehörden, die durch Schmiergeldzahlungen zum Schweigen animiert wurden. In ähnlicher Weise verfilzte sich die Mafia mit der italienischen Politik. Die Korruptionsskandale und politischen Mafiaprozesse verdeutlichen dies. Der berühmteste Fall ist der Prozess gegen den früheren Ministerpräsidenten Giulio Andreotti. Diese Gerichtsverfahren haben erkennen lassen, dass die Mafia durch die Drogengewinne finanziell zwar unabhängig wurde, aber dennoch des Schutzes durch korrupte Politiker bedurfte, um weiterhin ungestört agieren zu können.

c) Drogenherstellung und –verkauf

In den späten 70er Jahren wurde in geheimen Labors, die, aus dem Mittleren Orient nach Sizilien transportierte, Morphinbase zur Heroinherstellung verwendet. Bei der Einrichtung dieser Labors wurden keine Kosten gescheut. Die Morphinbase wurde in den frühen achtziger Jahren auf der traditionellen Balkanroute in einem Lastwagen, auf dem Seeweg in Frachtschiffen oder auf dem Luftweg an Bord von kleinen Jets auf die Insel gebracht. Die amerikanische Drogenfahndungsbehörde sah voraus, dass die Sizilianer bald in der Lage sein würden, jährlich mehrere Tonnen Heroin in die USA zu schicken. Bald begann ein reger Export der Drogen. Die Heroinnachfrage war derart hoch, dass die Droge ohne Schwierigkeiten zu hohen Preisen abgesetzt werden konnte.

[...]

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Details

Titel
Mafia im Mezzogiorno. Die Probleme des italienischen Südens
Hochschule
Universität Wien  (Romanistik Wien)
Veranstaltung
Literaturwissenschaftliches Proseminar
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V12918
ISBN (eBook)
9783638187008
ISBN (Buch)
9783656454021
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mafia, Mezzogiorno, Probleme, Südens, Literaturwissenschaftliches, Proseminar
Arbeit zitieren
Mag. Verena Lindtner (Autor:in), 2001, Mafia im Mezzogiorno. Die Probleme des italienischen Südens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12918

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