Nachhaltiger Tourismus in Europa. Ist ein erfolgreicher Umweltschutz im Tourismusbereich möglich?


Diplomarbeit, 2002

181 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Tourismus und Nachhaltigkeit
1.1 Folgen menschlichen Handelns für die Umwelt
1.2 Begriffserklärung
1.3 Vorgehensweise in dieser Arbeit
1.4 Entwicklung des Tourismus
1.5 Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung im Tourismus

2 Grundlagen des Nachhaltigen Tourismus
2.1 Ziele des Nachhaltigen Tourismus
2.2 Stellung des Nachhaltigen Tourismus
2.2.1 Tourismus in Europa
2.2.2 Nachhaltiger Tourismus in Zahlen
2.2.3 Gesellschaftliche Einflussfaktoren auf den Tourismus
2.3 Organisation des Nachhaltigen Tourismus
2.3.1 Organisation auf weltweiter Ebene
2.3.1.1 Öffentliche Akteure der weltweiten Ebene
2.3.1.2 Private Akteure der internationalen Ebene
2.3.2 Organisation auf europäischer Ebene
2.3.2.1 Öffentliche Akteure der europäischen Ebene
2.3.2.2 Die privaten Akteure der europäischen Ebene
2.3.3 Organisation auf nationaler Ebene
2.3.3.1 Öffentliche Akteure auf bundesdeutscher Ebene
2.3.3.2 Private Akteure auf bundesdeutscher Ebene
2.3.4 Organisation auf föderaler Ebene
2.3.5 Organisation auf kommunaler und regionaler Ebene
2.4 Verfahrensweisen und Instrumente des Nachhaltigen Tourismus
2.4.1 Erläuterung
2.4.2 Internationale Konferenzen und Abkommen
2.4.3 Gesetze und Verordnungen
2.4.4 Organisationen und Institutionalisierung
2.4.5 Abgaben und Gebühren
2.4.6 Kennzahlen und Indikatoren
2.4.7 Modelle zur Kostenbewertung der Umweltnutzung
2.4.8 Kapazitätsgrenze
2.4.9 Handlungsrichtlinien
2.4.10 Wettbewerbe und Umweltsiegel
2.4.11 Förderung
2.4.12 Umweltbildung und Ökomarketing
2.4.13 Umweltmanagement
2.5 Reisegestaltung am Prinzip der Nachhaltigkeit
2.5.1 Das Leistungsbündel Tourismus
2.5.2 Vorbereitung
2.5.3 An- und Abreise
2.5.4 Aufenthalt
2.5.5 Aktivitäten vor Ort
2.5.6 Nachbereitung

3 Beispiele für Nachhaltigen Tourismus
3.1 Politische Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit in Deutschland
3.1.1 Tourismus in Deutschland
3.1.2 Darstellung der nachhaltigen Einrichtungen und Maßnahmen
3.1.3 Erfolgseinschätzung
3.2 Region Nationalpark Bayerischer Wald
3.2.1 Der Nationalpark und Tourismus
3.2.2 Darstellung der nachhaltigen Einrichtungen und Maßnahmen
3.2.3 Erfolgseinschätzung
3.3 Hotel Victoria
3.3.1 Das Hotel Victoria im Freiburger Tourismusmarkt
3.3.2 Darstellung der nachhaltigen Einrichtungen und Maßnahmen
3.3.3 Erfolgseinschätzung

4 Die Zukunft der Nachhaltigkeit im Tourismus

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Tourismus und Nachhaltigkeit

1.1 Folgen menschlichen Handelns für die Umwelt

Immer öfter werden wir heutzutage mit Umweltkatastrophen konfrontiert. Und nicht mehr länger macht sich der Treibhauseffekt nur noch in weit entfernten Ländern bemerkbar. Auch in Europa bekommen wir die Folgen jahrzehntelanger Umweltverschmutzung und Ressourcenausbeutung zu spüren. Die “Jahrhundertflut“ in Deutschland im Sommer 2002 war eine deutliche Auswirkung der globalen Klimaveränderung.

Die Umwelt ist unser Lebensraum. Folglich bestimmt die Qualität der Umwelt auch unsere Lebensqualität. Die Umweltqualität ist wiederum von menschlichem Handeln abhängig. Daraus entsteht fortan eine Verantwortung im Umgang mit der Natur: mögliche Umweltauswirkungen müssen in Planung, Entscheidung und Verhalten einbezogen werden. Zukünftig muss der Schutz der Umwelt als Prämisse anerkannt werden und weltweit den Handlungsrahmen festlegen.

Natur und Umwelt sind gerade für die Tourismuswirtschaft Existenzgrundlage. Die schöne und intakte Umwelt ist es, die den Reiz für Touristen ausmachen. Andererseits ist Tourismus oft schädigend für die Natur und zerstört diese zunehmend. Gerade in beliebten Ferienorten zeigen sich Umweltschäden als Auswirkung des jahrelangen Tourismus. In den letzten Jahren haben auch Urlauber diese Umweltschäden in ihren Ferienregionen verstärkt wahrgenommen. Folge ist nun, dass diese Ferienregionen gemieden werden und andere Feriengebiete mit schöner Landschaft und intakten Naturverhältnissen bevorzugt werden.

Touristen legen immer mehr Wert auf Natur und Natürlichkeit. Bereits seit einigen Jahren zeigt sich dieser neue Trend auch in anderen Bereichen: Bio- und Ökoprodukte, Natur- und Alternativheilungsverfahren bzw. -medikamente und eine Vielzahl anderer „Ökoprodukte“ sind längst keine Nischenprodukte mehr. In der Fremdenverkehrswirtschaft möchte man

nun Erholung und Freizeit verstärkt in der Natur genießen. Outdoor- und Sportaktivitäten sowie Wellnessreisen werden zunehmend nachgefragt.1

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es gerade im Tourismus notwendig, Verschmutzung und Zerstörung von Umwelt und Natur zu verhindern. Eine Form der touristischen Nutzung, die im Einklang mit dem Umweltschutz steht, ist der Nachhaltige Tourismus. In dieser Arbeit wird nun untersucht auf welche Weise und wie erfolgreich Nachhaltiger Tourismus dem Umweltschutz sowie dem Schutz der Kultur und der Erhaltung der sozialen Strukturen gerecht werden kann.

1.2 Begriffserklärung

Mit Nachhaltigem Tourismus ist eine ganz bestimmte Form bzw. Ausprägung des Sammelbegriffs Tourismus gemeint. Unter dem Begriff des Tourismus, der hier gleichermaßen synonym mit dem Begriff des Fremdenverkehrs verwendet wird, kann sich jeder etwas vorstellen. Meist werden Urlaub und Ferien damit assoziiert. In der Literatur finden sich mehrere Vorschläge, wie Tourismus definiert werden kann.2 Im Rahmen dieser Arbeit wird Tourismus verstanden als die „Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und dauerhafter Wohn- noch Arbeitsort ist“.3 Bei dieser Auslegung wird Tourismus in seine Hauptbestandteile Reise und Aufenthalt untergliedert und somit der Charakter der Leistungsbündelung betont.

Um Nachhaltigkeit bzw. einen Nachhaltigen Tourismus erklären zu können, wird ein Umweg über verschiedene andere Begriffe gewählt. Denn der Ausdruck „nachhaltiger Tourismus“ ist relativ neu, dessen Inhalte finden sich jedoch teilweise in anderen Definitionen wieder. Es existiert eine Fülle von Begriffen, die eine nachhaltige Reiseform bzw. Teilaspekte davon widerspiegeln. Oft verwenden Autoren und Verfasser unterschiedliche Definitionen für ein- und denselben Begriff.

Der erste und sehr bekannte Begriff einer nachhaltigen Reiseform ist der sanfte Tourismus. Dieser Ausdruck wurde 1980 vom Zukunftsforscher Robert Jungk durch seine Gegenüberstellung von hartem und sanftem Reisen geprägt.4 „Für die inhaltliche Umschreibung des Begriffs „sanfter Tourismus“ liegen vielfältige Definitionen vor. Im Prinzip ging es um die Erweiterung zu einem umwelt- und sozialverträglichen Reisen.“5 Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA definiert sanften Tourismus genauer, nämlich als einen „Gästeverkehr, der gegenseitiges Verständnis des Einheimischen und des Gastes füreinander schafft, die kulturelle Eigenart des besuchten Gebietes nicht beeinträchtigt und der Landschaft mit größtmöglicher Gewaltlosigkeit begegnet.“6

„Erholungssuchende im Sinne des “Sanften Tourismus“ benutzen vor allem die in einem Raum vorhandenen Einrichtungen der Bevölkerung mit und verzichten auf wesentliche zusätzliche landschaftsbelastende Tourismuseinrichtungen.“7 Außerdem hat der sanfte

Tourismus die Bedürfnisbefriedigung aller Beteiligten zum Ziel.8 Diese Definitionen

entsprechen in ihrer Gesamtheit in allen wesentlichen Punkten dem nachhaltigen Tourismus.

Ökotourismus, ein weiterer bekannter Begriff, wurde vom englischen Bergriff

„ecotourism“ übernommen, der zum ersten Mal in den 80er Jahren in Nordamerika auftauchte.9 The Ecotourism Society bezeichnet Ökotourismus als „eine verantwortungsvolle Form des Reisens in naturnahe Gebiete, die zum Schutz der Umwelt und zum Wohlergehen der lokalen Bevölkerung beiträgt.“10 Andere Experten betonen besonders die Einbeziehung einer umweltpädagogischen Komponente und weisen darauf hin, dass Ökotourismus in diesem Sinne „nicht automatisch auch umweltverträglicher Tourismus“ ist.11

Das Jahr 2002 wurde von der United Nations Organization UNO und anderen Organisationen zum „internationalen Jahr des Ökotourismus“ ernannt. Inwieweit Ökotourismus mit Nachhaltigem Tourismus zusammenhängt, wurde während des

Weltgipfeltreffens des Ökotourismus in Quebec 2002 erläutert: „Es wurde vorgeschlagen, dass Planungs- und Politikentwicklungen des Nachhaltigen Tourismus den angemessenen Rahmen für die Planung des Ökotourismus bilden, da der Ökotourismus die Grundsätze des Nachhaltigen Tourismus in Bezug auf die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen des Tourismus verinnerlicht.“12

Der Begriff „sustainable development“ wurde 1987 durch den Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, dem so genannten Brundtland-Bericht geprägt.13 Im Deutschen gibt es mehrere Übersetzungen für sustainable: so benutzt die deutsche Ausgabe des Brundtland-Berichts das Wort

„dauerhaft“.14 Gegenüber „zukunftsorientiert“, „umweltverträglich“ und „tragbar“ im Sinne von verantwortbar hat sich heute „nachhaltig“ durchgesetzt. Auch in dieser Arbeit wird „nachhaltig“ benutzt, jedoch kann sich in den verwendeten Definitionen auch eine der anderen Übersetzungen finden. Die Bedeutung dieses Begriffs fand durch folgende Aussage Verbreitung: „Unter „dauerhafter Entwicklung“ verstehen wir eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“15 Im Zusammenhang mit dem Tourismus wurde dies so formuliert: „Nachhaltige Tourismusentwicklung befriedigt die Bedürfnisse der heutigen Touristen und Zielgebiete und schützt und erhöht gleichzeitig die Möglichkeiten in der Zukunft.“16 Auf der Weltkonferenz für Nachhaltigen Tourismus 1995 auf Lanzerote wurde im ersten Paragraphen der Charta für einen Nachhaltigen Tourismus dieser als “langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich machbar sowie ethisch und sozial gerecht für die ortsansässigen Gemeinschaften“ definiert.17 Die Charta stützt sich auf die Prinzipien der Agenda 21, dem Aktionsprogramm der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992.18

Das Jahr 2002 wurde von der United Nations Organization UNO, der World Tourism Organization WTO und mehreren weltweiten Umweltverbänden zum Internationalen Jahr des Ökotourismus ausgerufen.19 Umweltverträgliches Reisen wird in diesem Rahmen von folgenden Kriterien determiniert:20

- umweltverträgliche Mobilität
- begrenzte Anzahl der Reiseteilnehmer entsprechend den Gegebenheiten
- Darstellung der Umweltsituation der Destinationen vor Ort
- Bevorzugung lokaler Betriebe, die in die regionale Wertschöpfungskette integriert sind

1.3 Vorgehensweise in dieser Arbeit

Das Ziel der Arbeit ist es, dem Leser die Instrumente und Verfahrensweisen des Nachhaltigen Tourismus näher zu bringen. Dabei werden anhand von ausgewählten Beispielen mehrere Implementierungsmöglichkeiten der Nachhaltigkeit im Tourismus dargestellt und die Erfolgswirkung in der Praxis untersucht. Die Inhalte des Nachhaltigkeitskonzepts sollen anschaulich vermittelt werden, sodass der Leser selbst die Möglichkeit hat, die genannten Handlungsmaßnahmen einzuschätzen bzw. weiterzuführen.

Der Inhalt der Arbeit umfasst die europäische Ebene. Im Hinblick auf die Einzelstaaten wird im Rahmen des begrenzten Umfangs der Arbeit beispielhaft auf Deutschland Bezug genommen. Teilweise sprechen einige Darstellungen und Aussagen im Zusammenhang mit der Globalisierung und dem internationalen Charakter des Tourismus auch die weltweite Ebene an. Die Nutzung der Umwelt und deren Auswirkungen machen nicht vor Grenzen halt.

Im folgenden Unterkapitel 1.4 wird der Tourismus in seiner Entwicklung und seinem heutigen Ausmaß dargestellt. Das Unterkapitel 1.5 stellt die wichtigsten negativen

Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt dar, um ein Verständnis für die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den beiden Bereichen zu schaffen.

Das zweite Kapitel vermittelt einen Querschnitt der verschiedenen Aktivitäten und Projekte, die im Rahmen des Umweltschutzes bzw. eines nachhaltigen Umgangs mit der Natur ins Leben gerufen wurden. In Bezug zum Tourismus werden zuerst die Ziele des Nachhaltigkeitskonzepts genannt. Anschließend wird der Teilmarkt des Nachhaltigen Tourismus von der gesamten Branche abgegrenzt und gesellschaftliche Zusammenhänge und Tendenzen angesprochen, die Einfluss auf den Tourismus bzw. den Nachhaltigen Tourismus haben. Im Unterkapitel 2.3 wird versucht, das Geflecht von einflussnehmenden Organen auf den Nachhaltigen Tourismus innerhalb Europas und auf nationaler Ebene darzustellen. Anschließend werden die möglichen Instrumente und Verfahrensweisen des Nachhaltigkeitskonzepts im Tourismus aufgezeigt. Die bedeutendsten Instrumente und Verfahrensweisen werden erläutert und die persönliche Einschätzung der Verfasserin im Hinblick auf deren Wirksamkeit dargestellt. In der Praxis finden sich eine Fülle von Projekten und Programmen, entstanden aus unterschiedlichsten Initiativen und Motivationen, von denen hier mehrere repräsentativ mit Beispielen vorgestellt werden.

Das dritte Kapitel zeigt die Umsetzung einiger dieser Methoden. Um eine möglichst breite Bandbreite der Alternativen aufzuzeigen, wurde bei den Beispielen darauf geachtet, mehrere Ebenen der Implementierung zu betrachten. So werden Einflussmöglichkeiten von staatlicher Seite bis hin zur betrieblichen Ebene aufgezeigt. Dies wird an den Beispielen der bundesdeutschen Regierung, der Ferienregion Bayerischer Nationalpark und dem Hotel Victoria in Freiburg dargestellt.

1.4 Entwicklung des Tourismus

Reisen ist keine Entwicklung der modernen Gesellschaft. Die Menschen reisten schon immer aus privaten, beruflichen oder politischen Zwecken.21 Nicht zu vernachlässigen ist auch die Religion als traditionsreiches Reisemotiv. Schon der im 5. Jahrhundert vor

Christus lebende Herodot berichtete über Geschäftsreisende und Reisende auf Wallfahrt.22 Die Römer unterstützten die Entwicklung des heutigen Tourismus; einerseits schufen sie durch den Bau eines ausgedehnten Straßennetzes Möglichkeiten für schnelles und bequemes Reisen und andererseits unternahmen sie selbst regelmäßige Reisen zu ihren Sommerresidenzen.23 Im Mittelalter blieb es bei Handelsreisen und Wallfahrten.24 Die europäischen Adligen reisten im 18. Jahrhunderts schließlich um des Reisens Willen; ihre so genannte Grand Tour brachte sie zu den Fürstenhöfen und Kulturzentren europäischer Länder.25 Bald darauf begannen auch die Bürgerlichen zu reisen.26 Badereisende zog es zuerst an die südenglischen Küste und später an die Côte d’Azur.27 Die europäischen Alpen waren ein weiteres beliebtes Reiseziel, schwere Bergbesteigungen waren eine besondere Herausforderung.28

Das Phänomen des “Tourismus“ hingegen ist relativ neu. Der große Unterschied liegt in der Form des Reisens, die damals nicht organisiert war.29 Meistens wird der Beginn des Tourismus mit der Durchführung der ersten Pauschalreise gleichgesetzt. 1841 organisierte Thomas Cook in England eine Bahnfahrt von Leicester nach Loughborough für 570 Personen.30 In der Literatur wird Cook meist als Begründer des Pauschaltourismus dargestellt, welchen sich erst nur die Mittelklasse und sehr viel später auch die Arbeiterklasse leisten konnten. Nun war das Verreisen nicht länger ein Privileg der Reichen. In Deutschland wurden organisierte Reisen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts angeboten.31 Das erste deutsche Reisebüro eröffnete 1863.32

In Deutschland erhielt Massentourismus während der Zeit des Nationalsozialismus einen neuen Antrieb: ab 1934 wurde unter dem Motto „Kraft durch Freude“ Massentourismus staatlich organisiert und unterstützt.33 Durch staatliche Lenkung konnte politischer Einfluss auf die Menschen auch innerhalb der Freizeit ausgeübt werden. Während in der Nachkriegszeit die Tourismuswirtschaft – genau wie andere Bereiche – einen starken

Einbruch erlebte, befindet sich die Branche seit den 50er Jahren im stetigen Wachstum.34 Der neue deutsche Massentourismus entwickelte sich schließlich in den 60er Jahren:35 Damals gab es ca. 220 Reiseveranstalter. Parallel mit dem Charterflugverkehr erhöhte sich die Zahl auf rund 260 bis 1970 und in diesem Zeitraum wurden ebenfalls die heutigen

„marktbestimmenden Großveranstalter“ gegründet. 1963 wurde das Bundesurlaubsgesetz verabschiedet, das 15 Tage bezahlten Erholungsurlaub im Jahr gesetzlich garantierte.36 1968 fuhren zum ersten Mal mehr Deutsche ins Ausland als im Inland ihren Urlaub zu genießen.37

In Anlehnung an das Modell von Krippendorf werden für den Aufschwung des Fremdenverkehrs gewisse "Boomfaktoren des Tourismus" zu Grunde gelegt. Der Wirkungskreislauf wird so dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wirkungskette zur Entstehung des Tourismus 38

Das Modell stellt die Situation in Deutschland dar, ist aber repräsentativ für viele andere europäische Staaten.39 Ausgegangen wird vom Wirtschaftsaufschwung Anfang der 50er Jahre, der das durchschnittliche Einkommen erhöht hat. Innovationen der

Automobilbranche und mehr verfügbares Kapital ermöglichten einen Anstieg der Motorisierung. Die wirtschaftliche Stärke der Städte zog viele Menschen an. Zusammen mit einem Wachstum der Einwohner- und PKW-Anzahl verschlechterten sich Wohn- und Arbeitsbedingungen und das Bedürfnis nach Abwechslung und Erholung stieg an. Tourismus stellt sich somit als eine notwendige Konsequenz der modernen gesellschaftlichen Verhältnisse und Probleme dar.

Die Tourismusindustrie ist weltweit die am schnellsten wachsende Wirtschaftsbranche, der auch für das 21. Jahrhundert eine zunehmende Bedeutung zugesprochen wird.40

1.5 Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung im Tourismus

„Wachstum im Tourismus ist einer der größten Erfolge unserer Zeit. In den letzten Jahren gab es jedoch zunehmend Warnzeichen: Die Übersättigung und Qualitätsabnahme bestimmter Zielorte, die Beeinträchtigung gewisser Kulturen, Engpässe in Transportmitteln und ein zunehmendes Ressentiment der Bewohner gewisser Zielorte.“41

Die Tourismusbranche ist nicht nur Verursacher, sondern auch Leidtragender von Umweltbelastungen, denn eine intakte Umwelt ist die existenzielle Grundlage des Tourismus. Die Beeinträchtigungen von ökologischen und sozialen bzw. kulturellen Verhältnissen einer Ferienregion wirken sich letztendlich ökonomisch aus.

Tourismus unterstützt die Zerstörung, Verschmutzung, Ausbeutung und Schädigung der Natur. Im Folgenden werden die wichtigsten negativen Auswirkungen durch den Tourismus auf die Umwelt kurz erläutert. Es sei an dieser Stelle auf eine Fülle von informativer und facettenreicher Literatur hingewiesen, welche die Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt detailliert diskutiert.42

Tourismus zerstört Tourismus

Touristen nehmen mittlerweile verstärkt Umweltschäden wahr und meiden folglich die betroffenen Ferienregionen.43 Die Wirkungskette „Tourismus zerstört Tourismus“ kann als

„Lebenszyklus“ für Destination so beschrieben werden44: die landschaftlich intakte und attraktive Region wird zuerst nur von wenigen Touristen bereist, mit der Zeit spricht sich die Region aufgrund ihrer landschaftlichen oder kulturellen Attraktivität als „Geheimtipp“ rum, außerdem haben Investoren das touristische Potential entdeckt und machen mit Marketingaktivitäten auf die Region aufmerksam. Die Region wird nach und nach bekannter, mehr Touristen reisen in das Zielgebiet und erhöhen die Nachfrage. Die touristischen Unternehmen der Tourismusbranche erschließen das Urlaubsgebiet, machen es der Masse leicht zugänglich und schaffen somit ein Angebot für die gestiegene Nachfrage. Nun erreichen viele Touristen die Destination, zu viele, und schädigen durch ihre Aktivitäten, ihren Bedarf an Gütern und Produkten und ihre Mobilität die Umwelt. Die Schäden werden nach einiger Zeit sichtbar bzw. erlebbar und machen die Region unattraktiv, die Touristen bleiben aus. Zurück bleiben die Umweltprobleme, ein auf die Fremdenverkehrswirtschaft eingestellte regionale Arbeits- und Wirtschaftwelt und eine eintönige Landschaft, die durch Bebauung und Zersiedelung ihre Eigenart und Unverwechselbarkeit verloren hat. Die Touristenmassen hingegen haben schon ein neues

„unberührtes“ Urlaubsziel gefunden.

Massentourismus

Die zwei größten Probleme des Massentourismus sind die Zunahme der absoluten Anzahl der Reisenden und die Gleichzeitigkeit des Touristenaufkommens. Um diese Massen zu bewältigen werden Landschaften durch touristische Infrastruktur zerschnitten. Mögliche negative Auswirkungen werden am Beispiel der Alpenregion kurz erläutert. Als Folgen der hohen touristischen Nachfrage ergaben sich schnelle Kapazitätsengpässe, die zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung behoben wurden. In den beliebtesten Skiregionen beispielsweise fehlten Parkplätze, die Anfahrtswege konnten der Zahl der Besucher nicht mehr gerecht werden, sodass neue Straßen und Parkplätze gebaut werden mussten. Außerdem wurden weitere Hänge gerodet, um mehr Lifte und Skipisten für die neu hinzugekommenen Touristen zu bauen. Diese Eingriffe in das sensible Ökosystem der

Alpen haben sich bemerkbar gemacht. Erhöhte Lawinengefahr sowie Schmelzwasserstürze, teilweise verbunden mit verheerenden Schlammlawinen im Frühling, sind die Folgen. Weitere Auswirkungen auf die Umwelt haben der erhöhte Flächen- und Wasserbedarf sowie das erhöhte Müllaufkommen touristischer Regionen.

Bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Massentourismus hat sich die Furcht kritischer Beobachter bewahrheitet: mit steigender Anzahl der Besucher steigen eben nicht immer Profit und Einkommen, stattdessen kann sogar der Aufwand bei gleichem ökonomischen Ergebnis immer höher werden.45 Das liegt u. a. an den Kosten der öffentlichen Einrichtung, wie Wartung und Ausbau der Infrastruktur, Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen und Ausgaben für Marketingmaßnahmen. Gerade wenn sich die Ausgabenstruktur der Touristen auf ein niedrigeres Niveau absenkt, kann es sein, dass auch bei einer hohen Zahl an Gästen weniger eingenommen wird als bei geringerer Touristenzahl mit höherer Kaufkraft. Die Belastungen durch ein erhöhtes Touristenaufkommen dagegen steigen proportional mit der Besucheranzahl.

Verkehrsaufkommen im Tourismus

„Größtmögliches Fortkommen in der kürzestmöglichen Zeit, das ist die Utopie, welche im Transportzeitalter die Massen bewegt.“46 Ursache dafür sind u. a. der Trend öfter aber kürzer zu verreisen, die starke Ausprägung der Werte Spontaneität, Flexibilität und Unabhängigkeit sowie letztendlich die Bequemlichkeit und freie Gestaltungsmöglichkeit der PKW-Mobilität.47 Tatsache ist, dass der Verkehr mit dem PKW bzw. Wohnmobil bei den Deutschen am beliebtesten ist.48 Das Flugzeug ist das wachstumsstärkste Transportmittel und hat bis zum Jahr 2000 einen stetigen Anstieg erfahren.49 Mit großem Abstand folgen dann die Verkehrsmittel Bus und Bahn, die in 2001 zusammen nur um die 17% am Gesamtverkehr ausgemacht haben.50 Doch gerade die beliebten Verkehrsmittel bewirken besonders hohe Umweltbelastungen. Touristen leiden mittlerweile selbst unter den Massen der PKW. Erholung bleibt schon im Stau „auf der Strecke“, während Lärm,

Überfüllung vor Ort und vermehrter Schadstoffausstoß weiteren Stress für Mensch und Umwelt bedeuten.

Wirkung des Tourismus auf die Zielgebiete

Den negativen Folgen muss entgegengehalten werden, dass Tourismus wirtschaftliches Wachstum für ein Land, eine Region bzw. die einheimische Bevölkerung bedeuten kann. Problematisch ist, wenn sich die Wirtschaft zu sehr auf den Tourismus stützt und abhängig von ihm ist.51 Je größer diese Abhängigkeit, desto wichtiger wird der Schutz der Umwelt, denn desto schwerer ist dieser durchzusetzen.

Aufgrund des hohen Dienstleistungsanteils besteht eine hohe Personalintensität. Die Sicherheit dieser Arbeitsplätze ist direkt an Veränderungen in der Tourismusstruktur gekoppelt, die von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig ist. Die Saisonalität und die hohe Fluktuation fördern einen instabilen Arbeitsmarkt unter dem besonders die einheimischen Angestellten leiden. In Unternehmen, die national oder international agieren, fließen die Einnahmen des Tourismus oftmals aus der Destination ab und kommen der regionalen Wirtschaft nicht zugute. Gleichzeitig steigen aufgrund der erhöhten Nachfrage in anderen Bereichen die Lebenshaltungskosten am Ferienort, allen voran die Boden- und Mietpreise.52 Andere regionale Wirtschaftsbereiche verkümmern, denn Arbeitsplätze im Tourismus sind im Vergleich oft attraktiver oder besser bezahlt. Gerade die Landwirtschaft einer Region ist es oftmals, die im Zuge der touristischen Erschließung nach und nach verschwindet.53 Die hohe Platzintensität touristischer Einrichtungen bzw. Infrastruktur üben einen starken Druck auf das traditionsreiche und flächengroße Gewerbe aus.

Eine Anpassung der Region an die Bedürfnisse der Fremdenverkehrswirtschaft birgt das Risiko einer Monostruktur, die mit jeder anderen Monokultur austauschbar wird.54 Die Gastronomie, das kulturelle Angebot sowie andere Dienstleistungen werden an einer Touristenmasse ausgerichtet, die meist nur oberflächlich in der Lage ist Land und Leute kennen zu lernen. Um die Rentabilität zu erhöhen, findet eine Kommerzialisierung von

regionaltypischen Festen oder Veranstaltungen statt.55 Damit geht die Ursprünglichkeit und Authentizität der touristischen Zielgebiete nach und nach verloren, sodass die nächsten Generationen die ursprüngliche Kultur nicht mehr erleben, sondern diese in einem verfremdeten Zusammenhang kennen lernen.56 Besonders sensibel für Touristen sind Destinationen, die einen großen Unterschied im Lebensstandard der Touristen und der einheimischen Bevölkerung aufweisen.57 Die Einheimischen erleben die Touristen permanent als ausgabefreudige Menschen mit frei verfügbarer Zeit, während sie selbst in der Urlaubszeit am meisten arbeiten müssen.58 „Wenn die Einheimischen das unbeschwerte Leben der Urlauber beobachten, entsteht insbesondere bei den Jugendlichen der Wunsch, auch diesen Lebensstil zu übernehmen. Dabei wird meist übersehen, dass die Urlauber in der Regel während der meisten Zeit des Jahres intensiv arbeiten und gerade den Kontrast zur (eigenen) Arbeit suchen. Diese Übernahme von Lebensgewohnheiten und

-anschauungen der Gäste wird als „Akkulturation“ bezeichnet“.59 Der Verlust von

Lebensqualität, das Aufkommen von Umweltschäden und auch der psychologische Druck durch die Massen beeinträchtigen den Lebens- und Freiraum der einheimischen Bevölkerung und ihre Individualität. Unter dem Motto “Aufstand der Bereisten“ haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen und Verbände zusammengeschlossen, um einem weiteren Ausbau des Tourismus in ihrer Region entgegenzuwirken. Diese Ablehnungshaltung bekommen letztendlich auch die Touristen zu spüren.

Externe Kosten im Tourismus

Tourismus profitiert von einigen öffentlichen Einrichtungen, die durch Steuergelder finan- ziert werden. Darunter fallen beispielsweise Hallenbäder und Kureinrichtungen und die Verkehrsinfrastruktur.60 Für die Gemeinschaftseinrichtungen kommen alle Steuerzahler auf, auch die, die nicht an der Tourismuswirtschaft beteiligt sind.61 Dieses so genannte

„Free-Rider“-Problem stellt neue Anforderungen an die Finanzierungsstruktur und Politik des Tourismus durch den Staat.62 Für den Verbrauch bzw. die Nutzung der Natur erfolgt

gar keine bzw. keine ausreichende Vergütung durch die Tourismusindustrie.63 Luft- und Wasserverschmutzung bzw. -verbrauch durch Touristen sind so genannte externe Effekte, die von den Ansässigen getragen werden.64 Nachhaltiger Tourismus versucht diese negati- ven Auswirkungen zu verhindern. Er zeichnet sich durch möglichst umwelt- und sozialver- trägliche Gestaltung aus.

2 Grundlagen des Nachhaltigen Tourismus

2.1 Ziele des Nachhaltigen Tourismus

„Auf der Basis sich verschlechternder Umweltressourcen kann Entwicklung nicht stattfinden; die Umwelt lässt sich nicht schützen, wenn das Wachstum die Kosten der Umweltzerstörung ignoriert. Solche Probleme lassen sich nicht von getrennten Institutionen und Regelungen lösen, da sie innerhalb eines komplexen Systems von Ursache und Wirkung miteinander verbunden sind.“65

Das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung beinhaltet nach Definition der Vereinten Nationen die drei Komponenten “Wirtschaftswachstum und Gerechtigkeit, Soziale Entwicklung und Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Umwelt“.66 Die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GTZ veranschaulicht die drei Aktionsfelder der Nachhaltigkeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Zielsäulen der Nachhaltigkeit 67

Wirtschaftliches Ziel ist eine ertragreiche Tourismuswirtschaft für die Mitwirkenden. Dabei soll hauptsächlich die lokale Wirtschaft von den Erträgen und Arbeitsmarkteffekten profitieren.68 Die von der UNO angesprochene „Gerechtigkeit“ zielt auf eine Annäherung

der Lebensstandards zwischen den Nationen und innerhalb der Staaten ab. Grundbedürfnisse sollen befriedigt und ein Mindestlebensstandard garantiert werden.69 Im Hinblick auf die Industrieländer bedeutet das auch einen Verzicht auf Profit, um durch Kooperation und Unterstützung die Entwicklung der wirtschaftsschwächeren Länder zu gewährleisten.

Die problematische Einflussnahme auf Kultur und Sozialstruktur der ansässigen Bevölkerung durch den Tourismus wurden bereits im vorherigen Kapitel kurz betrachtet. Ziel des Nachhaltigen Tourismus ist es, die Kultur und damit die Individualität einer Ferienregion zu bewahren. Schwierig gestaltet sich die Abgrenzung wann und in welcher Form eine negative Beeinflussung stattfindet oder nicht. Diese Informationen müssen sich auf empirische Untersuchungen in der betroffenen Destination, d.h. auf subjektive Bewertungen stützen. Ein weiteres Ziel ist daher das Mitsprache- und Entscheidungsrecht der Bevölkerung zur touristischen Entwicklung und Planung.

Die natürlichen Faktoren und Gegebenheiten des Urlaubsgebiets gestalten das touristische Angebot. Eine Veränderung bedeutet im schlimmsten Falle Einbußen in der Attraktivität der Destination, in jedem Falle jedoch eine langfristige Änderung der Besucherstruktur. Wird die Destination wegen der Ursprünglichkeit oder Schönheit nachgefragt, so kann Tourismus als potentieller Bewahrer der Natur auftreten: der touristisch genutzte Naturraum wird vor anderen rentablen aber umweltschädigenden Nutzungsmöglichkeiten bewahrt. Umweltschutz kann vom Tourismus in der Art profitieren, dass durch ihn finanzielle Mittel in die Regenerierung bzw. Erhaltung der Umwelt fließen. Der umwelt- und naturorientierte Tourismus kann durch das Naturerlebnis zur Umweltbildung der Touristen und Einheimischen beitragen.

Ziel des Nachhaltigkeitsprinzips ist die ganzheitliche Sichtweise. Die Spannungsfelder Wirtschaft, Ökologie und Sozialstruktur müssen ausgeglichen und die einzelnen Ziele miteinander vereinbart werden. Nachhaltiger Tourismus muss als Gesamtkonzept die verschiedenen Teilaspekte vernetzen, Programme und Methoden zur Durchführung erstellen und die Ergebnisse überwachen um neue Zielvorgaben zu erarbeiten. Tourismus

ist multifunktional ausgerichtet und sollte in der Politik als Querschnittsfunktion eingesetzt werden.70

Ein wichtiger Punkt hierzu ist die globale Sicht der Umweltprobleme und deren Zusammenhänge. „Die Erde ist ein ganzes, aber die Welt ist es nicht. Wir alle sind für die Erhaltung unseres Lebens abhängig von unserer Biosphäre. Dennoch verfolgt jede Gemeinde, jedes Land Überleben und Wohlstand ohne Rücksicht auf andere.“71 Die westlichen Industrienationen sind für den Großteil der Umweltschädigungen verantwortlich.72 Die Auswirkungen bekommen aber alle Nationen zu spüren: Überflutungen, Veränderung der Vegetation und des Landschaftsbildes durch die globale Temperaturerwärmung sowie Waldsterben sind nur einige Folgen von menschlichen Eingriffen in höchst komplexe Ökosysteme, welche nationale Grenzen nicht kennen. Daher muss Umweltschutz und Nachhaltigkeit in internationaler Zusammenarbeit stattfinden.

„Mögen die Bilanzen unserer Generation auch noch Gewinne ausweisen – unseren Kindern werden wir die Verluste hinterlassen. Ohne Absicht oder Aussicht auf Rückzahlung borgen wir heute von künftigen Generationen unser „Umweltkapital“. Unsere Nachfahren mögen uns ob unseres verschwenderischen Vorgehens verfluchen – unsere Schulden werden sie nicht mehr eintreiben können. Unser Verhalten ist bestimmt von dem Bewusstsein, dass uns keiner zur Rechenschaft ziehen kann. Künftige Generationen haben heute kein Wahlrecht, sie verfügen über keinerlei politische oder finanzielle Macht und sind uns daher ohnmächtig ausgeliefert.“73

Um diesem Schreckenszenario des Brundtland-Berichts entgegen zu wirken orientiert sich das Nachhaltigkeitskonzept an der Zukunft, wie mit dem Generationenkonzept in Kapitel

1.2 bereits dargestellt wurde. Die Generationengerechtigkeit drückt den Langzeitcharak-

ter der Nachhaltigkeit aus. Mit Blick auf die Zukunft74 soll ein Interessensausgleich zwi- schen den Generationen stattfinden.75 Es geht darum, den zukünftigen Generationen keine

Bürden aufzulasten, die heute entstanden sind.76 „Der ethische Grundsatz lautet: Jede Ge- neration muss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht den kommenden Generationen auf- bürden.“77

In dieser Arbeit wird anstatt Nachhaltigem Tourismus oftmals von „nachhaltiger Entwicklung des Tourismus“ gesprochen, wie auch im Schaubild zu den Nachhaltigkeitskomponenten. Hauptsächlich gibt es zwei Gründe dafür: zum einen muss Nachhaltigkeit in allen Aspekten des Tourismus Einzug finden und daher besonders in die Entwicklung und Planung integriert werden. Zum anderen sind manche Teile des Tourismus nicht nachhaltig, wie z.B. Flugreisen und können nur in Zukunft durch Technologien und einer Produktveränderung nachhaltig werden.

2.2 Stellung des Nachhaltigen Tourismus

2.2.1 Tourismus in Europa

Die neuesten Zahlen der Welttourismusorganisation WTO beziffern das Touristenaufkommen für 2001 weltweit mit rund 692,7 Millionen.78 Auf Europa entfällt mit rund 50% der größte Anteil der Markteinnahmen.79 Der geschätzte BIP-Anteil liegt in Europa bei 5,5% und der Beschäftigungsanteil von ca. 6% zählt 8 Millionen Arbeitnehmer, die direkt in der Tourismuswirtschaft beschäftigt sind.80 Tourismus ist damit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Nicht eingerechnet sind die mit dem Tourismus indirekt verbunden Unternehmen. Kleine und mittelständische Unternehmen machen den Hauptteil der Tourismusunternehmen aus, denn über 99% der Unternehmen im Tourismus beschäftigen weniger als 250 Personen.81 Auch für die Zukunft wird dem Tourismus Wachstum in Umsatz und Beschäftigung vorausgesagt. 82

Die Europäische Union bleibt und wird auch zukünftig die Quelle und die Hauptdestination internationaler Tourismusströme sein.83 In 2000 waren fünf der zehn Top-Touristendestinationen europäische Länder.84 Innerhalb Europas stammen 87% der Tourismusaktivitäten von den Europäern selbst.85 Die Statistik hat zwei Gruppen hinsichtlich der Destinationspräferenz ermittelt: vorwiegend südliche Länder verzeichnen einen starken Inlandtourismus während die Nordeuropäer lieber ins (europäische) Ausland fahren.86

Die Europäer gehen mit Abstand am liebsten im August und Juli in den Urlaub und das häufigste Transportmittel ist der eigene oder gemietete PKW.87 Es wird geschätzt, dass Tourismus im Zusammenhang mit kultureller und natürlicher Attraktivität in Zukunft am stärksten zunehmen wird.88 Privatunterkünfte werden von Touristen aus den meisten EU- Ländern bevorzugt.89

Die Datenlage hinsichtlich europaweiter oder weltweiter Aussagen über den Tourismus ist bisher noch wenig entwickelt. Verschiedene Erhebungsmethoden, unterschiedliche Definitionen und Verfahren erschweren Vergleiche und länderübergreifende Untersuchungen. Beim Segment des Nachhaltigen Tourismus wird dies noch durch das Fehlen spezieller Untersuchungen und Umfragen erschwert.

Daher hat der Rat der Europäischen Kommission 1995 eine Richtlinie erlassen, die einheitliche Methoden für Statistiken im Bereich des Tourismus gewährleisten soll.90 Das

„Eurobarometer“, eine repräsentative Umfrage der Europäischen Kommission innerhalb der EU, ergab 1997 zum Thema Reiseverhalten, dass Tourismus in der europäischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert genießt:91 die durchschnittliche Reiseintensität lag bei 53%. Im untersuchten Jahr verreisten 33% der befragten Europäer zweimal, 11% ein

drittes und 3% ein viertes Mal. Am ehesten verreisen Touristen länger als 2 Wochen bzw. genau 2 Wochen. Lieblingsziele sind mit großem Abstand europäische Destinationen am Meer. Als Gründe für die Wahl des Urlaubsorts wurden mit 49% und 45% die Landschaft und das Klima angegeben. Das Kriterium Umwelt wurde mit knapp 30% an sechster Stelle angegeben.

2.2.2 Nachhaltiger Tourismus in Zahlen

Im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP wurde eine Studie über den Markt des Ökotourismus erstellt, die diesen als wachsendes Segment der Tourismusindustrie beschreibt.92 Ökotourismus ist dort als Unterform des Nachhaltigen Tourismus beschrieben und nach einigen nachhaltigen Entwicklungszielen – Erhaltung der ursprünglichen Natur, Information über das Nachhaltigkeitskonzept sowie Nutzengewinnung für die Einheimischen aus dem Tourismus – definiert.93 Demnach zieht es Reisende des Ökotourismus besonders in naturnahe und unberührte Gebiete.94 Auch hier wurde festgestellt, dass es im Bereich des Ökotourismus keine Untersuchungen und

Erhebungen und damit keine Marktdaten gibt. Ausgewichen wird auf die Spezialform des Naturtourismus. Umfragen im weltweiten Reisemarkt ergaben, dass 50% aller Reisenden planen im Urlaub ein naturnahes Gebiet zu besuchen.95 Eine grobe Schätzung ordnet den Marktanteil des Ökotourismus bei 7% ein und kalkulierte für das Jahr 1998 um die 45 Millionen Ankünfte, die bis 2010 auf ca. 70 Millionen ansteigen sollen.96 Nationalparke und geschützte Gebiete sind jeher starke Anlaufgebiete für den Ökotourismus und haben neben anderen Hauptdestinationen der Ökotouristen weltweit einen starken Anstieg verzeichnet.97 Untersuchungen stellten des Weiteren eine Verschiebung der Nachfrage fest, von den traditionellen Urlaubsgebieten in Europa hin zu einer breiten Angebotspalette naturnaher Destination in Entwicklungsländern.98

Stellvertretend für die Marktuntersuchungen zum Ökotourismus bzw. Nachhaltigen Tourismus in Europa werden nun die detaillierten Angaben einer Untersuchung im deutschen Markt herangezogen. Die WTO hat 2001 in sieben Ländern Europas Marktstudien zum Ökotourismus durchgeführt und somit erstmals Untersuchungen dieser Form zum Thema des umweltverträglichen Tourismus erstellt.99 Eingangs wird darauf hingewiesen, dass es Definitionsunterschiede zum Begriff des Ökotourismus gibt: während das deutsche Verständnis des Ökotourismus an nachhaltigen Prinzipien ausgerichtet ist, spiegeln die WTO-Zahlen teilweise einen naturnahen Tourismus wieder.100

Nach den Untersuchungen stehen rund 30% der deutschen Urlauber der Urlaubsform des Ökotourismus offen gegenüber.101 Die WTO berechnete ein Potential von rund 14,5 Millionen Ökotouristen in Deutschland, d.h. alle die Urlauber, die sich vorstellen könnten, Ökourlaub zu unternehmen.102 Im Hinblick auf eine Schätzung der vorhandenen Ökotouristen wurden Untersuchungen der Internationalen Tourismus Börse ITB 2001 und des Heidelberger Reisepavillons herangezogen. Der Mittelwert der beiden Ergebnisse – basierend auf dem Marktpotential von 14,5 Millionen Reisenden – ergibt ein Maximum von 3,2 Millionen Ökotouristen und ein Minimum von 0,9 Millionen.103 Untersuchungen ergaben auch bei dieser Studie, dass Ökotourismus in Zukunft stärker in Ferndestinationen nachgefragt werden wird.104 Die Experten nehmen für die Zukunft einen leichten bis mittleren Anstieg von umweltverträglichen Pauschalreisen an.105

Zieldestinationen nehmen den Ökotourismus als weitere Urlaubsform in ihr Angebot mit auf.106 Nach der WTO kann sich im Endeffekt fast jedes Zielgebiet als Ökodestination positionieren.107 Im Hinblick auf die Definition der deutschen Reiseveranstalter können sich dagegen nur sehr wenige Destinationen als mehr oder weniger reines Ökozielgebiet

bezeichnen, wie z.B. die Galapagos Inseln.108 Schon heute ist die Nachfrage nach Fernzielen im Ökotourismus fast doppelt so hoch wie beim durchschnittlichen Tourismus.109 Dies wirft die Problematik der Umweltverträglichkeit von Flugreisen auf, denn gerade die Touristen mit einem hohen Umweltbewusstsein fliegen besonders weit.110

Die Anzahl der Anbieter des Ökotourismus in Deutschland wird von der WTO auf mindestens 122 geschätzt.111 Das macht bei einem Gesamtmarkt von 1.500 bis 2.000 Reiseveranstaltern einen Anteil von ca. 6 bis 8% aus.112 Es wird angenommen, dass die Zahl weitaus höher ist, aber viele Veranstalter aufgrund der Größe oder der Definitions- unterschiede im Ökotourismus nicht ausgemacht werden konnten.113 Daher bezeichnet die WTO den Ökotourismus in Deutschland als Nischenmarkt.

Der Großteil der angebotenen Reisen, die dem Ökotourismus zugeordnet werden können, sind Trekking- und Wanderreisen, Safaris, Radtouren sowie Expeditionen.114 Die Reiseveranstalter sind oftmals spezialisiert, so z.B. auf bestimmte Zielgebiete, Themen oder Zielgruppen.115 Gemäß den Angaben der Reiseveranstalter liegen Ökoreisen im mittleren bzw. höheren Preissegment.116

Für die Untersuchung wurden 88 Reiseveranstalter des Natur- bzw. Ökotourismus analysiert. 117 Die ausgewählten Reiseveranstalter sind im Anhang 1.1 aufgelistet. 57 der untersuchten Veranstalter bieten weltweite Zielgebiete an während 25 Reisen zu europäischen Destinationen und 6 nur deutschlandweite Angebote offerieren.118

Bei einem Vergleich zwischen der Angebotshäufigkeit internationaler Reisen geht Europa als Spitzenreiter hervor, gefolgt von Amerika und Asien. 119 Innerhalb Europas staffelt sich die Verteilung der angebotenen Ökodestinationen so:120

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten121 122 123

Abbildung 4: Vergleich der beliebtesten europäischen Ökodestinationen der Kunden aus Sicht der Reiseveranstalter 124

In Deutschland selbst verzeichnen die Reiseveranstalter die höchste Nachfrage für den Bayerischen Wald und Mecklenburg Vorpommern.125

Während des Heidelberger Reisepavillons 2001 und der ITB 2001 wurden Befragungen an die Touristen direkt zu den beliebtesten Zieldestinationen durchgeführt.126 Es wurde eine deutliche Präferenz für Fernziele unter den Ökotouristen feststellt.127 Diese befinden sich am häufigsten in Asien und Südamerika.128 Deutschland nimmt ebenfalls eine starke Stellung unter den Ökodestinationen ein.129 21% der Befragten plant in Deutschland seinen Urlaub zu verbringen.130 53% gaben an, dass sie in Europa Urlaub machen möchten, bevorzugt in den Mittelmeerländern.131

Die Befragten zeigten ein sehr großes Interesse an dem Besuch von Naturparken und der Beobachtung von Tieren.132 Da knapp ein Drittel von ihnen angab, sie würden regelmäßig diese Form von Tourismus ausüben und knapp die Hälfte dies ab und zu tut, können diese Urlauber als Ökotouristen bezeichnet werden.133 Die Ansprüche und Wünsche an die Ökodestinationen teilen sich in folgende vier Hauptgruppen auf: 134

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Deutschen bilden Natur, Kultur und Menschen und die Authentizität eine unbedingte Einheit.135 Die Anstrengungen ausgefallene und lustige Sportarten anzubieten sind fraglich, denn spezielle Sportaktivitäten im Urlaub werden seltener nachgefragt, stattdessen mögen die Deutschen es lieber angenehm, gemütlich und ruhig.136

Von Seiten der Anbieter verkaufen sich reine Ökoreisen, die sich hauptsächlich mit Naturerlebnissen beschäftigen, nicht so gut wie kombinierte Reisen, die Sportaktivitäten oder ein kulturelles Programm ins das Programm integrieren.137 Laut den Angaben der Reiseveranstalter fragen die Kunden am häufigsten Trekking- und Wanderreisen sowie Safaris und Expeditionen nach.138 Für diese zwei Tätigkeitsfelder besteht auch das größte Angebot.139

Da die deutsche Tourismusindustrie Ökotourismus u. a. als nachhaltig versteht, haben viele Unternehmen eine umwelt- und sozialverträgliche Firmenphilosophie.140 Viele von den

Reiseunternehmen sind in Umweltschutzprogramme einbezogen oder unterstützen die Bevölkerung in den Zieldestinationen.141 Großes Anliegen der Reiseveranstalter ist die Kommunikation ihrer umweltbewussten Einstellung.142 Die wichtigsten Werbe- und Kommunikationskanäle der Reiseveranstalter sind Kataloge, Broschüren, Briefsendungen, Werbung, Internet und Mundpropaganda.143 Am erfolgreichsten wirken allerdings Empfehlungen und Informationen von Freunden und Bekannten, gefolgt von den klassischen Katalogen.144

Da der Ökotourismus ein Markt der kleinen Unternehmen ist, verzeichnen die meisten Befragten einen Umsatz von mehr als 500.000 Euro jährlich bzw. weniger als 50.000 Euro jährlich.145 Die Mitte ist nur wenig vertreten. Die Entwicklung der letzten drei Jahre zeigt einen moderaten Anstieg des Umsatzes von umweltverträglichen Reisen.146 Auch für die Zukunft wird diese Entwicklung erwartet.

2.2.3 Gesellschaftliche Einflussfaktoren auf den Tourismus

Im Folgenden wird kurz dargestellt, was die Touristen in ihrer Reisenentscheidung beeinflusst und wie sich dies für einen Nachhaltigen Tourismus vor- oder nachteilig auswirken kann.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OCED veröffentlichte 2002 eine Studie, die die Einflussfaktoren auf den Tourismus untersuchte. Die wichtigen Auswirkungen auf den Entscheidungsprozess für das Reiseprodukt werden auf drei Ebenen unterschieden: Grundvoraussetzung ist die Verfügbarkeit von Geld und Zeit, dann die Familienstruktur und Arbeitssituation und schließlich nimmt der Lebensstil und die persönlichen Präferenzen der Reisenden Einfluss auf die Entscheidung.147 Es

wurden verschiedene externe Einflüsse identifiziert, die sich auf die Trends und Entwicklungen des Tourismus auswirken, so z. B. die Zahl der bezahlten Urlaubstage.148

Die Studie erkannte, dass innerhalb eines Landes neben natürlichen und kulturellen Attraktionen auch Infrastruktur und das Produkt- und Leistungsangebot ausgereift sein müssen, damit eine Destination touristisch attraktiv ist.149 Daher sind Länder mit einem relativ hohen Bruttoinlandsprodukt bisher die erfolgreichsten Tourismusdestinationen. Die Entwicklungsländer befinden sich bereits im Aufbauprozess dieser Anforderungen: Kapazitäten werden ausgebaut und die Destinationen somit attraktiv für Investitionen während mit den niedrigen Personal- und Transportkosten der Marktanteil ausgebaut werden kann.150

Entscheidungsgründe für oder gegen eine Destination werden am häufigsten durch Empfehlungen von Bekannten, Freunden und der Familie beeinflusst.151. Ausschlaggebend sind außerdem die eigene Erfahrung und entwickelte Präferenzen; entsprechend den genannten Untersuchungen scheint der Trend zu Fernzielen weiterhin zu steigen.152 Ein anderer Aspekt ist, dass immer seltener Wiederholungsbesuche in die gleiche Region stattfinden, u. a. auch weil der Erfahrungsaustausch im Umgang mit Reisen und die Offenheit für Neues gestiegen sind.153 Laut OCED wird das Reisen außerdem beeinflusst durch die Trends: 154

- zum Zweitheim,
- zu sonnigen Urlaubszielen,
- zum Billigurlaub,
- zu spontanen Entscheidungen,
- zu mobilerem Verhalten
- kürzer und öfter verreisen

Allgemeine Trends in der Tourismusindustrie sind Globalisierung, Integration und Zusammenschlüsse, mit der Folge, dass Preise für Qualitätsdienstleistungen generell gesunken sind und Reiseunternehmen eine breitere Angebotspalette bieten.155

Die OCED erkennt einen direkten Zusammenhang zwischen den Umweltauswirkungen im Tourismus und der Reisehäufigkeit bzw. der Wahl des Zielgebiets.156 Diese Entscheidungskriterien werden durch die Haushalte bestimmt. Die Reishäufigkeit und die Zielgebietswahl durch Eingrenzung und Restriktionen zu lenken, ist bisher keine realistische Option, daher hat die OCED einige Strategien zur indirekten Beeinflussung genannt wie u.a. die Förderung des Inlandstourismus, die Informationsvermittlung und Umweltbildung im Zusammenhang mit Urlaubsreisen und im Hinblick auf die Transportmittel.157 Die OCED empfiehlt, dass die Regierungen größeren Einfluss auf die Tourismusindustrie nehmen, da sie den Rahmen für Aktivitäten der Unternehmen festlegen.158 Vorgeschlagen wird z. B. eine Umweltsteuer auf Fernflüge.

Reisemotive werden unter anderem von den Werten der Gesellschaft bzw. einem Wandel dieser beeinflusst.159 Werte sind die "Konzeption des Wünschenswerten" und können angestrebt werden oder zur Beurteilungsgrundlage dienen.160 Der Wertewandel hat somit langfristig eine „Verlagerung des Urlaubsinhaltes“ zur Folge.161 Nach Expertenmeinungen ist Umweltschutz kein Trend mehr, sondern hat sich als Wert in unsere Gesellschaft etabliert.162 In den letzten Jahren lag bei Befragungen in Europa der Umweltschutz mit ca. 60% bis 70% ganz vorn.163 In Deutschland wird Umweltschutz sogar mit über 90% als bedeutsamer politischer Arbeitsbereich erachtet und belegte innerhalb der aktuell wichtigsten Themen Platz 4.164 Eine Befragung zum Umweltbewusstsein in Deutschland wird im Kapitel 3.3.3 detaillierter behandelt.

Ein anderer Einfluss auf die Reisestruktur könnte aus dem Prozess der

„Kommerzialisierung“ des Urlaubs herrühren.165 Um wettbewerbsfähig zu sein, werden bestimmte Destinationen qualitativ und strukturell an europäische Zielgebiete angepasst. Die Urlauber setzten sich daraufhin mit der einheimischen Kultur und Individualität nicht mehr auseinander, sondern reduzieren die Reise auf Erholung. Gerade bei Fernzielen wünschen die Reisenden nicht, mit den Problemen am Urlaubsort konfrontiert zu werden.166 Obwohl sie ihre Lebensgewohnheiten im Urlaubsland nicht umstellen möchten, kommt ein Urlaub zu Hause nicht in Frage. Nicht zu verreisen würde in westlichen Gesellschaften ein Prestige- und Privilegsverlust bedeuten.167 Nach Meinung des Tourismusforschers Kramer wird somit das Erlebnis von Erkennen abgetrennt und keine Beziehung zum Gastland aufgebaut.168 Da es keine Beziehungen gibt, ist der Tourist nicht an eine Region gebunden und möchte jedes Jahr etwas anderes sehen.

2.3 Organisation des Nachhaltigen Tourismus

2.3.1 Organisation auf weltweiter Ebene

2.3.1.1 Öffentliche Akteure der weltweiten Ebene

Der Tourismus wurde lange Zeit in der Politik und Wirtschaft vernachlässigt. Oftmals wurde Tourismuspolitik in verschiedenen von einander unabhängigen Organen und Behörden abgehandelt. Daher ist die Institutionalisierung des Tourismus mangelhaft. Eine nachhaltige Tourismuspolitik findet kaum statt. Es gibt viele verschiedene Einrichtungen, die sich ganz unterschiedlichen Spektren des Tourismus widmen. Deswegen werden in diesem Kapitel die wichtigsten Einrichtungen der Tourismus - sowie die der Umweltpolitik

- parallel dargestellt.

United Nations Organization

Die weltweit größte – und in dieser Form einzigartige – internationale Organisation ist die United Nations Organization. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um den

[...]


1 Vgl. DTV,www.deutschertourismusverband.de/dtv2.html, Menupunkt „Neueste Trends“, Stand Aug 2002.

2 Vgl. beispielsweise Hopfenbeck, Zimmer, Tourismusmanagement, 1993, S.20 und ebenso Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.12.

3 Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.12.

4 Vgl. Schloemer, Nachhaltiger Tourismus, 1999, S.10 f.

5 Gewald, Handbuch, 1999, S.361.

6 Broggi, Sanfter oder harter Tourismus, in: CIPRA, Grenzen, 1987, S.15.

7 Ebd., S.15.

8 Vgl. ebd., S.15.

9 Vgl. Viegas, Ökodestinationen, 1998, S.2.

10 Ellenberg, u.a., Ökotourismus, 1997, S.56.

11 Viegas, Ökodestinationen, 1998, S.13.

12 Vgl. o.V.: World Ecotourism Summit, 2002, www.ecotourism2002.org/anglais/index_a.html#a, Original- text: “It was suggested that planning and policy development for sustainable tourism was the appropriate context for ecotourism planning, since ecotourism embraces the principles of sustainable tourism concern- ing the economic, social and environmental impacts of tourism.”, Stand Aug 2002

13 Vgl. Hauff, Zukunft, 1987, S.XV.

14 Vgl. ebd., S.XV.

15 Dabei legt der Brundtland-Bericht fest, dass Umwelt der allgemeine Lebensraum ist, und Entwicklung, das ist, was wir tun, um Einfluss auf die Zukunft zu nehmen. Vgl. ebd., S.XXI.

16 WTTC, u.a., Agenda 21, o. J., S.30.

17 Gewald, Handbuch, 1999, S.361.

18Vgl. Kahlenborn, u.a., Spannungsfeld, 1999, S.45.

19 Vgl. DZT, Ökotourismus, Stand Sep 2002.

20 Vgl. ebd., Stand Sep 2002.

21 Vgl. Kirstges, Sanfter Tourismus, 1992, S.3.

22 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.12.

23 Vgl. ebd., S.12. 24 Vgl. ebd., S.12 f. 25 Vgl. ebd., S.13.

26 Vgl. ebd., S.13.

27 Vgl. Ellenberg, u.a., Ökotourismus, 1997, S.45.

28 Vgl. ebd., S. 45.

29 Vgl. Kramer, Tourismus-Politik, 1990, S.45; dagegen Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S. 3.

30 Vgl. Kirstges, Sanfter Tourismus, 1992, S.3.

31 Vgl. ebd., S.3.

32 Vgl. Ellenberg, u.a., Ökotourismus, 1997, S.45.

33 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.13.

34 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.14.

35 Vgl. Kirstges, Sanfter Tourismus, 1992, S.3.

36 Vgl. Bundestag, in: CD Tourismus, Menupunkt „Rückblick“, o.J.

37 Vgl. ebd., o.J.

38 Quelle: Broggi, Sanfter oder harter Tourismus, 1987, S. 7 f; nach: Krippendorf, 1982, o.S.

39 Vgl. ebd., S.7 f; nach: Krippendorf, 1982.

40 Vgl. o.V.: Leading the World’s Largest Industry, o. J., www.world- tourism.org/frameset/frame_aboutwto.htm, Stand Aug 2002.

41 WTTC, u.a., Agenda 21, o.J., S.30.

42 Vgl. Boers, u.a., Ferienort, 1995; ebenso Opaschowski, Umwelt, 1999.

43 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.84.

44 Vgl. Kramer, Tourismus-Politik, 1990, S.37 f.

45 Vgl. Kramer, Tourismus-Politik, 1990, S.54.

46 BUND, Misereor, Deutschland, 1996, S.153.

47 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.17 ff.

48 Vgl. DTV, www.deutschertourismusverband.de/dtv2.html, Menupunkt “Der Tourismus in Deutschland: Zahlen-Daten-Fakten“, Unterpunkt “Touristische Nachfrage“, Stand Okt 2002.

49 Vgl. ebd., Stand Okt 2002.

50 Vgl. ebd., Stand Okt 2002.

51 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.39 ff.

52 Vgl. ebd., S. 39.

53 Vgl. ebd., S. 38.

54 Vgl, ebd., S. 38.

55 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S. 40.

56 Vgl. ebd., S. 40.

57 Vgl. ebd., S. 40 f.

58 Vgl. ebd., S. 40.

59 Vgl. ebd., S. 39.

60 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.214.

61 Vgl. ebd., S.214.

62 Vgl. ebd., S.214.

63 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.215.

64 Vgl. ebd., S.215.

65 Hauff, Zukunft, 1987, S.42.

66 Vgl. UNO, www.uno.de/umwelt/entwicklung/johannesburg/hintergrund.htm, Stand Okt 2002.

67 Quelle: GTZ, Akzente Juni, 2002, S.7.

68 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.7.

69 Vgl. Becker, u.a., Nachhaltige Entwicklung, 1996, S.5 f.

70 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.216.

71 Hauff, Zukunft, 1987, S. 31.

72 Vgl. BUND, Misereor, Deutschland, 1996, S.267.

73 Vgl. Hauff, Zukunft, 1987, S.9.

74 Vgl. UNO: Sustainable Tourism, www.uneptie.org/pc/tourism/sust-tourism/about.htm, Stand Sep 2002

75 Vgl. Dialog Nachhaltigkeit, Perspektiven, o.J., S.12.

76 Vgl. Dialog Nachhaltigkeit, Perspektiven, o.J., S.12

77 Vgl. ebd., S.12.

78 Vgl. WTO, www.world-tourism.org/market_research/facts&figures/menu.htm, Stand Okt 2002

79 Vgl. ebd., Stand Okt 2002

80 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S. 143; ebenso Vgl. EU, Facts, Stand Sep 2002.

81 Vgl. EU, Facts, Stand Sep 2002.

82 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.142.

83 Vgl. EU, Facts, Stand Sep 2002.

84 Vgl. ebd., Stand Okt 2002

85 Vgl. EU-Kommission, Zusammenarbeit, 2001,S.4.

86 Vgl. Schmidt, Urlaubsreisen, 2002, S.2.

87 Vgl. ebd., S.1.

88 vgl. EU-Kommission, Zusammenarbeit, 2001, S.5.

89 Vgl. Schmidt, Urlaubsreisen, 2002, S.1

90 Vgl. Freyer, Ganzheitlicher Tourismus, 2000, S.151; nach: EU-Kommission: „Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen - Maßnahmen der Gemeinschaft, die sich auf den Tourismus auswirken“, 1996, S.9.

91 Vgl. EU-Kommission, Holiday, l998, S.1ff.

92 Vgl. UNEP, Ecotourism, 2002, S.7.

93 Vgl. ebd., S.7.

94 Vgl. ebd., S.7 ff.

95 Tagesausflügler sind dabei inkludiert. Vgl. ebd., S.19.

96 Inländische Ausflügler wurden in die Schätzungen nicht miteinbezogen; Vgl. ebd., S. 20; nach: Lindberg, u.a., Ecotourism in the Asian Pacific Region: Issues and Outlook, FAO Regional Office for Asia and the Pacific, Thailand 1998, o.S.

97 Vgl. ebd., S.20.

98 Vgl. ebd., S.7.

99 Vgl. WTO, Ecotourism, 2001, S.23.

100 Die WTO untersuchte hierzu die Definition des Ökotourismus vom Bundesministeriums für Zusammen- arbeit BMZ und stellte fest, dass die deutsche Definition des Ökotourismus sehr stark am Konzept des nachhaltigen Tourismus ausgerichtet ist während die WTO Ökotourismus als eine naturnahe Form des Tourismus definiert, bei der der Tourist hauptsächlich die Natur beobachtet und wertschätzt. Vgl. ebd., S. 14 f.

101 Vgl. ebd., S.28.

102 Eingerechnet wurden nur Personen über 14 Jahren. Diese Berechnung stützt sich auf Werte vom Jahr 2000; Vgl. ebd., S.24 f.

103 Vgl. UNEP, Ecotourism, 2002, S.7.

104 Vgl. ebd., S.27.

105 Vgl. ebd., S.28.

106 Vgl. WTO, Ecotourism, 2002, S. 50.

108 Vgl. WTO, Ecotourism, 2002, S.51.

109 Vgl. ebd., S.51.

110 Vgl. ebd., S.51.

111 Vgl. ebd., S.51.

112 Vgl. ebd., S.51.

113 Vgl. ebd., S.51.

114 Vgl. ebd., S.59.

115 Vgl. ebd., S.60.

116 Vgl. ebd., S.60.

117 Vgl. ebd., S.40.

118 Auch hier wurde die Zahl der Deutschlandanbieter im Markt viel höher eingeschätzt; jedoch aufgrund der Größe konnten diese für die Studie nur sehr schwer ausgemacht werden. Vgl. ebd., S.41.

124 Quelle: WTO, Ecotourism, 2002, S.49.

125 Vgl. ebd., S.49.

126 Vgl. ebd., S.50.

127 Vgl. ebd., S.50.

128 Vgl. ebd., S.50.

129 Vgl. ebd., S.50.

130 Vgl. ebd., S.50.

131 Vgl. ebd., S.50.

132 Vgl. WTO, Ecotourism, 2002, S.36.

133 Vgl. ebd., S.36.

134 Vgl. ebd., S.36.

135 Vgl. ebd., S.36.

136 Vgl. ebd., S.40.

137 Vgl. ebd., S.61.

138 Vgl. ebd., S.61.

139 Vgl. ebd., S.61.

140 Vgl. ebd., S.64 f.

141 Vgl. WTO, Ecotourism, 2002, S.65.

142 Vgl. ebd., S.65.

143 Vgl. ebd., S.67.

144 Vgl. ebd., S.67.

145 Vgl. ebd., S.56.

146 Vgl. ebd., S.57.

147 Vgl. OCED, Consumption, 2002, S.28.

148 Vgl. OCED, Consumption, 2002, S.28.

149 Vgl. ebd., S.34.

150 Vgl. ebd., S.34 f.

151 Vgl. ebd., S.37.

152 Vgl. ebd., S.37.

153 Vgl. ebd., S.39.

154 Vgl. ebd., S.39; nach: OCED, 1999, o. S.

155 Vgl. OCED, Consumption, 2002, S.39.

156 Vgl. ebd., S.43.

157 Vgl. ebd., S.45.

158 Vgl. ebd., S.51.

159 Vgl. Kirstges, Sanfter Tourismus, 1992, S.50; nach: Raffée, Wiedmann., 1986, S.13.

160 Vgl. ebd., S.50; nach: Opaschowski, 1983, S. 75.

161 Vgl. ebd., S.53.

162 Vgl. Hopfenbeck, Zimmer, Tourismusmanagement, 1993, S.27.

163 Vgl. ebd., S.27.

164 Vgl. BMU, Umweltbewusstsein, 2002, S.18 ff.

165 Vgl. Kramer, Tourismus-Politik, 1990, S.20.

166 Vgl. ebd., S.21.

167 Vgl. ebd., S.21.

168 Vgl. ebd., S.20.

Ende der Leseprobe aus 181 Seiten

Details

Titel
Nachhaltiger Tourismus in Europa. Ist ein erfolgreicher Umweltschutz im Tourismusbereich möglich?
Hochschule
Hochschule München  (FB Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Diplomarbeit
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
181
Katalognummer
V12696
ISBN (eBook)
9783638185110
Dateigröße
3346 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umwelt, Tourismus, Tourismuspolitik, Tourismusorganisation, Nachhaltiger Tourismus, Umweltfreundlicher Tourismus, Sozialverträglicher Tourismus
Arbeit zitieren
Marleen Wernstedt (Autor:in), 2002, Nachhaltiger Tourismus in Europa. Ist ein erfolgreicher Umweltschutz im Tourismusbereich möglich?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12696

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