Berücksichtigung von Erziehungsarbeit in der Pflegeversicherung, ein Modell auch für andere Versicherungssysteme?


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen der Grundbegriffe
2.1. Die wesentlichen Pfeiler des bundesdeutschen Sozialversicherungssystems
2.1.1. Die Rentenversicherung
2.1.2. Die Krankenversicherung
2.1.3. Die Pflegeversicherung
2.2. Erziehungsarbeit

3. Die Urteile zur Berücksichtigung der Erziehungsarbeit in der Pflegeversicherung
3.1. Der Sachverhalt
3.2. Das Verfahren zur sozialen Pflegeversicherung (1 BvR 1629/ 94)
3.2.1. Der spezielle Sachverhalt
3.2.2. Das Urteil
3.2.3. Die Gründe
3.3. Das Verfahren zur privaten Pflegeversicherung (1 BvR 1681/ 94)
3.3.1. Der spezielle Sachverhalt
3.3.2. Das Urteil
3.3.3. Die Gründe
3.4. Sichtweisen unterschiedlicher Interessenvertreter

4. Konsequenzen des Urteils und mögliche Umsetzungsformen
4.1. Vergleich der Sozialversicherungen im Hinblick auf eine mögliche Verankerung der Erziehungsarbeit

5. Fazit

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Erziehungsarbeit in der Pflegeversicherung zu berücksichtigen ist. Vor der Sprechung des Urteils sind mehrere Beschwerden beim höchsten Gericht eingegangen, in denen Kläger/innen sich bei der ursprünglichen Gestaltung des Pflegeversicherungsgesetztes in ihren Grundrechten verletzt fühlten. Sie beriefen sich dabei auf Artikel 3 Abs.1,2,3 GG und Artikel 6 Abs.1 GG.

Zu diesen Klagen hat sich das Bundesverfassungsgericht am 03.04.2001 unterschiedlich geäußert und zugleich dem Gesetzgeber eine Umsetzungsanweisung auferlegt.

Zunächst werde ich in Form einer definitorischen Darstellung die wesentlichen Pfeiler des bundesdeutschen Sozialversicherungssystems erläutern. Außerdem möchte ich kurz auf das von mir zugrundegelegte Verständnis der Erziehungsarbeit eingehen.

Im dritten Teil werde ich den wesentlichen Sachverhalt und die zwei Hauptbegründungen behandeln.

Resultierend aus dem gefällten Urteil stelle ich mir die Frage nach einer möglichen Berücksichtigung der Erziehungsarbeit auch in anderen Systemen. Abschließend sollen in diesem vierten Teil unterschiedliche Interessenvertreter beleuchtet werden, um durch Perspektivenwechsel die Brisanz dieser Thematik bewusst zu machen.

Mit einer persönlichen Stellungnahme in Form eines kurzen Fazits werde ich diese Arbeit abschließen.

2. Definitionen der Grundbegriffe

2.1. Die wesentlichen Pfeiler des bundesdeutschen Sozialver-sicherungssystems

Die Sozialgesetzbücher regeln die Aufgaben und Rechte des sozialen Sicherungssystems in Deutschland.

Die Aufgaben des Sozialgesetzbuchs bestehen darin: die „(...) zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen zu gestalten.“[1] Dieses Gesetz „(...) soll dazu beitragen, (...) die Familie zu schützen und zu fördern (...).“[2] (Art. 1 § 1 Abs.1 SGB I)

Weiter ist in Art 1 § 4 SGB I festgeschrieben, was soziale Versicherungen sind und welche Aufgaben diese haben.

Das System der Sozialversicherungen beinhaltet die Kranken-, Pflege-, Unfall-, und Rentenversicherung.

Aufgrund der marginalen Bedeutung der Unfallversicherung, gehe ich auf diese nicht näher ein.

2.1.1. Die Rentenversicherung

Die Rentenversicherung, als die gewichtigste Größe im System der sozialen Sicherung, stelle ich jetzt kurz vor, damit Unterschiede erkennbar werden und eine spätere Vergleichbarkeit erfolgen kann.

Das Sozialgesetzbuch VI zur gesetzlichen Rentenversicherung teilt den versicherten Personenkreis in Gruppen ein.

Zum einen die Gruppe der Pflichtversicherten (§§ 1 ff SGB VI), diese ist vom Gesetz angeordnet und tritt ohne Rücksicht auf den Willen des Einzelnen ein. Zum zweiten gibt es die Gruppe der freiwillig Versicherten (§ 7 SGB VI). Zum dritten besteht die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht zu befreien (§ 6 SGB VI).

Die Beiträge der Rentenversicherung werden im Umlageverfahren anteilig durch Arbeitgeber (12 %) und Versicherte (7,1 %) geleistet und finanziert. Das Umlageverfahren besagt, dass die derzeitigen gemeinsamen Einzahlungen der Beitragszahler auf Basis des Bruttoentgeltes sofort als Ausgaben (Rente) verwendet werden. Das Kapital wird nicht für künftige Ansprüche gesammelt. Reichen die Einnahmen nicht aus, finanziert der Staat die Defizite. Zwischen der beitragszahlenden und der rentenempfangenden Generation (Generationenvertrag) gilt das Prinzip, dass die arbeitenden Versicherten durch Beiträge die Renten von heute finanzieren, in der Erwartung, dass die nachfolgende Generationen bereit sind, für sie das Gleiche zu tun.[3]

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Finanzierung eine Beitragsbemessungsgrenze festgelegt. Sie ist die Höchstgrenze, bis zu der aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Rentenversicherungsbeiträge geleistet werden müssen.[4]

Die Höhe der zu erwartenden Rente errechnet sich aus den Arbeitseinkommen (bis höchstens zur Beitragsbemessungsgrenze), den Beitragszeiten und der Rentenart. Erziehungszeiten werden dabei nach § 256b SGB VI als Anrechnungszeiten berücksichtigt.

2.1.2. Die Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung versichert alle Personengruppen, von denen der Gesetzgeber meint, dass sie nicht selbst für ihren Schutz sorgen können. Sie sind somit in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert (§ 5 SGB V).

Unter bestimmten Voraussetzung ist es möglich freiwilliges Mitglied (§§ 6 ff SGB V) der gesetzlichen Krankenkasse zu werden.[5]

Unterschieden werden Pflichtversicherte (jährliche Einkommensgrenze bis zur 45.900 €, 2003) und freiwillig versicherte Mitglieder (§ 9 SGB V). Freiwillig versicherte sind beispielsweise Arbeitnehmer mit einem Gehalt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze, Selbstständige und Freiberufler.[6]

Die Versicherung der Familienmitglieder regelt im SGB V der § 10. Die Finanzierung der Krankenversicherung (§§ 220 ff SGB V)[7] berechnet sich bei versicherungspflichtigen Beschäftigten aus deren Entgelt, wobei der Arbeitgeber die Hälfte trägt (§ 249 Abs. 1 SGB V).[8]

Die Berechnung der Beiträge freiwilliger Mitglieder begründen sich auf der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung (§ 240 Abs. 1,2,3 SGB V).[9]

Die Möglichkeit der Privatversicherung bei selbstständigen Versicherungsunternehmen besteht bei einem Einkommen ab bzw. oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Die Berechnung der Beiträge basiert, anders als bei der gesetzlichen Krankenkasse, auf dem Prinzip der Risikokomponente.

2.1.3. Die Pflegeversicherung

Der neuste Zweig des Sozialversicherungssystems ist die soziale bzw. private Pflegeversicherung.

Durch das am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) ist eine umfassende Pflichtversicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit eingeführt worden. Sie ist angelehnt an das bereits vorhandene Doppelsystem von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Es gilt der Grundsatz: Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung.

Die Versicherungspflicht der sozialen Pflegeversicherung ist in § 1 Abs.2 SGB XI verankert. Die versicherungspflichtigen Personenkreise (§§ 20 ff SGB XI) und die beitragsfreie Familienversicherung (§ 25 SGB XI) sind genau festgeschrieben.[10]

Die Mitglieder zahlen nach einem gesetzlich festgelegten einheitlichen Satz (1,7% vom Bruttoentgelt) Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze.

Die Versicherten, die Ehepartner und die Kinder haben die gleichen Leistungsansprüche unabhängig von der Höhe der Beiträge und ihrem Gesundheitszustand bei Eintritt in die Versicherung. Auch bereits Pflegebedürftige hatten mit der Inkraftsetzung des Pflegegesetzes Anspruch auf Leistungen.

Die soziale Pflegeversicherung ist wie die gesetzliche Krankenversicherung in hohem Maße durch einen solidarischen Ausgleich gekennzeichnet.

In der privaten Pflegeversicherung wird entsprechend dem individuellen Risiko eine versicherungsmathematisch errechnete Prämie erhoben. Mit Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes mussten die privaten Krankenversicherungen auch mit solchen Mitgliedern einen Pflegeversicherungsvertrag abschließen, die bereits pflegebedürftig waren. In den Regelungen zur privaten Pflegeversicherung (§ 110 SGB XI) ist die Versicherung jedes Ehegatten (§ 110 Abs.1 S.2g SGB XI) prämienpflichtig.[11]

[...]


[1] Adomeit, Klaus/ Sodan, Helge, Arbeits- und Sozialrecht 3. Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden- Baden, April 2000, S. 459

[2] ebd.

[3] LVA, Die Rente von A- Z, Heft Nr. 8,WDV Wirtschaftsdienst Gesellschaft für Medien & Kommunikation mbH & Co. OHG, Bad Homburg, Januar 2002, S. 24

[4] Vgl. LVA, Die Rente von A- Z, Heft Nr. 8, S.19

[5] Vgl. Adomeit, Klaus/ Sodan, Helge, a.a.O., S. 738 ff

[6] http://www.avanturo.de/versichern/versicherungen/kv_gesetzlich.jsp, 10.12.2002

[7] Vgl. Adomeit, Klaus/ Sodan, Helge, a.a.O., S. 860 ff

[8] Vgl. Adomeit, Klaus/ Sodan, Helge, a.a.O., S. 869

[9] Vgl. Adomeit, Klaus/ Sodan, Helge, a.a.O., S. 866

[10] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Pflegeversicherungsgesetz, 2 Auflage, Deutsche Vertriebsgesellschaft mbH, Meckenheim, Januar 2002, S. 26 ff

[11] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Pflegeversicherungsgesetz, S. 99 ff

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Berücksichtigung von Erziehungsarbeit in der Pflegeversicherung, ein Modell auch für andere Versicherungssysteme?
Hochschule
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (ehem. Hochschule für Wirtschaft und Politik)  (Recht)
Veranstaltung
Grundlagen des Öffentlichen Rechts
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V12441
ISBN (eBook)
9783638183260
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pflegeversicherung, Erziehungsarbeit, Sozialversicherungssysteme
Arbeit zitieren
Lars Zwahr (Autor:in), 2002, Berücksichtigung von Erziehungsarbeit in der Pflegeversicherung, ein Modell auch für andere Versicherungssysteme?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12441

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