Ethnische Minderheiten in den Alpen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

30 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Vorwort

2. Die Alpen als menschlicher Lebensraum
2.1 Die Alpen - ein europäisches Hochgebirge
2.2 Grenzen der menschlichen Siedlungen und des landwirtschaftlichen Anbaus

3. Entstehung und Entwicklung der einzelnen Minderheiten
3.1 die gemeinsamen Wurzeln
3.2 Entwicklung der Bündnerromanen
3.2.1 Lokalisierung der Bündnerromanen
3.2.2 geschichtliche Entwicklung bis zur frühen Neuzeit
3.2.3 aktuelle Situation der Bündnerromanen in Graubünden
3.2.3.1 Bevölkerungsentwicklung der Bündnerromanen
3.2.3.2 Stellung der Bündnerromanen innerhalb der Schweiz
3.3 Entwicklung der Dolomitenladiner
3.3.1 Lokalisierung der Dolomitenladiner
3.3.2 geschichtliche Entwicklung bis zur frühen Neuzeit
3.3.3 aktuelle Situation der Dolomitenladiner
3.3.3.1 Bevölkerungsentwicklung der Ladiner
3.3.3.2 die Stellung der Dolomitenladiner innerhalb Italiens
3.4 Entwicklung der Friulaner
3.4.1 Lokalisierung der Friulaner
3.4.2 geschichtliche Entwicklung bis zur frühen Neuzeit
3.4.3 aktuelle Situation der Friulaner
3.4.3.1 Bevölkerungsentwicklung der Friulaner
3.4.3.2 die Stellung der Friulaner innerhalb Italiens

4. Fazit

5. Bibliographie

1. Vorwort

Die Alpen - traumhaft schön und Sinnbild für unberührte Natur.

Dies oder ähnliches wird wohl ein jeder Befragter im Hinterkopf haben, wenn er versucht, sich ein Bild über die grösste europäische Berglandschaft zu machen. Weisse Gipfel, grosse schneebedeckte Hänge die zum Wintersport einladen, Wandern, Klettertouren, Paragliding, um nur einige Aspekte zu nennen, die einem spontan beim Gedanken an diese durchaus faszinierende Bergwelt durch den Kopf schiessen.

Jedoch sind diese Gedanken eher neuzeitlicher Natur, soll heissen, sie beziehen sich auf Aktivitäten oder Umstände, die sich erst im Laufe des vergangenen Jahrhunderts herausgebildet haben. Nun sind die Alpen aber mit ihren unzähligen Erhebungen, Tälern, Schluchten und Hängen ein regelrechtes Labyrinth, an manchen Stellen so gut wie nicht passier-, geschweige denn erreichbar. Gerade dieser Umstand aber dürfte eine wesentliche Rolle dafür spielen, dass die Alpen, und das ist durch archäologische Funde nachgewiesen, schon seit Menschen Gedenken und sogar noch länger Lebensraum für den Menschen darstellen - dies trotz ihrer vor allem klimatischen Ungunsträume. Somit entwickelten sich die Alpen schon früh vor allem für kleinere Volksgruppen zu Rückzugsräumen, in denen sie weitgehend ihre Kultur entwickeln und besonders ihre Sprache ohne grössere äussere Einflüsse bis in die heutige Zeit retten konnten.

Jedoch scheint gerade diese Schutzfunktion durch technische Errungenschaften der Moderne wie dem Automobil aufgehoben zu werden und ethnische Minderheiten, jahrhundertelang sozusagen abgeschieden vom Rest der Welt, sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Sprache und Kultur gegenüber grösseren Sprachgemeinschaften behaupten zu müssen. Ein Kampf David gegen Goliath scheint für diese Minderheiten begonnen zu haben.

Im Folgenden soll anhand der Beispiele der Rätoromanen im schweizerischen Kanton Graubünden, der Dolomitenladiner und der Friulaner in Italien deren Entwicklung von ihren gemeinsamen Anfängen bis in die heutige Zeit verfolgt werden. Dabei scheint es vor allem wichtig, einen Überblick über die jeweilige heutige Situation zu geben, um zu sehen, in wie fern diese Minderheiten von ihrem Umfeld beeinflusst werden und welche Stellung sie innerhalb der Staaten in denen sie sich befinden, haben.

2. Die Alpen als menschlicher Lebensraum

Sicherlich gibt es viele Menschen die gerne ihre freie Zeit in den Alpen verbringen. Was gibt es schöneres, als nach einer Bergtour oben am Gipfelkreuz zu stehen und die Majestätik und Schönheit dieser Bergwelt auf sich wirken zu lassen. Zu unzähligen Gedichten und Geschichten haben sie inspiriert.

Wer jedoch könnte sich vorstellen, freiwillig sein gesamtes Leben in diesen Höhenregionen zu verbringen? Nachdem aber ein Grossteil der im Folgenden analysierten Minderheiten genau hier leben, scheint es angebracht, einen kurzen Überblick über die Alpen als menschlichen Lebensraum bzw. Rückzugsraum zu geben. Interessant sind in diesem Zusammenhang vor allem ein Überblick über die Alpen an sich, als auch über die mit der grossen Höhe verbundenen Siedlungsgrenzen des Menschen.

2.1 Die Alpen - ein europäisches Hochgebirge

Die Alpen, von denen man sagt, dass sie das am besten erforschte Hochgebirge der Welt sind[1], weisen einen bogenförmigen Verlauf auf, der sich auf einer Gesamtlänge von 1200 km von Ost nach West von der ungarischen Tiefebene bis zum Golf von Genua erstreckt, was einer Längserstreckung von elf Längengraden entspricht. Von Nord nach Süd erstreckt sich das Gebiet der Alpen mit Wien als nördlichsten und Nizza als südlichsten Punkt über fünf Breitengrade. Die Gesamtfläche der Alpen beträgt ca. 180.000 km², wovon etwa 72.500 km² (=40%) auf die Westalpen und 107.500 km² (=60%) auf die Ostalpen entfallen.[2] Die Alpen zählen zu den sogenannten Höhengebirgen, welche in der Literatur eine rege Aufmerksamkeit erfahren. Dies führt jedoch dazu, dass die Meinung der Wissenschaftler über die Definition des Begriffes Hochgebirge nicht immer übereinstimmen. Auf der Basis mehrerer in der Alpengeographie bedeutender Wissenschaftler hat Jentsch deshalb versucht, eine Definition der Kriterien für das Hochgebirge zu geben. Demnach wird das Hochgebirge von folgenden Aspekten bestimmt[3]:

1) die Erhebung über die Waldgrenze
2) die erkennbare Wirkung jahreszeitlicher Bodengefrornis mit Frostsprengung, Strukturböden und Solifluktion
3) eine rezente Vergletscherung oder Spuren quartärer Vergletscherung mit Karen, Trogtälern und Hängetälern
4) ein Gebirgszug, der sich aus Voll- und Hohlformen zusammensetzt und Reliefenergie von mehr als 1500 m aufweist
5) eine weitgehende Aufzehrung von flachen Altformen
6) das Auftreten von Graten, Gipfelpyramiden und Hörnern
7) ein steiles Relief (mehr als 30 Grad) mit aktiven Hangschutthalden
8) mehrere übereinander liegende Höhenstufen
9) ein rauhes Klima im Vergleich zum wärmeren tieferen Umland

Andererseits melden sich aber auch Zweifel über eine Zeitmässigkeit einer Definition des Begriffes Hochgebirge, da es fraglich sei, ob sich das Hochgebirge in puncto Wirtschaft und Kultur auch heute noch so stark von den anderen Räumen unterscheide.[4]

Der stellenweisen Unwirtlichkeit und Unzugänglichkeit trotzend, wiesen die Alpen vor ca. fünf Jahren 58 politische Einheiten, 70 Gebirgsgruppen, 80 Land- und Talschaften, 143 Städte, 600 Tourismusorte und 6000 Gemeinden auf.[5] Dies ist bezeichnend dafür, welch hohen Stellenwert die Alpen im europäischen Besiedlungskontext einnehmen, trotz der Tatsache, dass der im Hochgebirge lebende Mensch nicht nur den naturräumlichen Gefahren wie Muränen, Lawinen oder Gebirgsstürzen ausgeliefert ist. Vielmehr muss er neben diesen „alpinen Elementarereignissen“[6] auch den Höhen- und Reliefhindernissen, also der extremen Steilheit des Untergrundes, als auch der Höhenstufung des Gebirges trotzen.

2.2. Grenzen der menschlichen Siedlungen und des landwirtschaftlichen Anbaus

Welche Auswirkungen die naturräumliche Beschaffenheit für die in diesen Ungunsträumen lebenden Menschen hat, soll im folgenden Überblick gezeigt werden. Dabei soll, soweit auf nützliche Quellen zurückgegriffen werden konnte, auch bereits vereinzelt auf die im Folgenden behandelten Minderheiten eingegangen werden.

Zunächst stellt sich die Frage, warum sich eine Volksgruppe im Bereich dieser Ungunsträume ansiedelt. Dies ist vor allem unter historischen Gesichtspunkten zu betrachten, denn es würden wohl nur die Wenigsten den Entschluss fassen, freiwillig in siedlungsfeindlichem Gebiet zu siedeln, wenn man doch auch in den fruchtbaren und klimatisch besser gelegenen Ebenen leben könnte. Man sollte deshalb wissen, dass gerade die unzugänglichen Hochgebirgstäler und -becken seit jeher zu den Rückzugsräumen von Volksgruppen gehörten, die durch Ausweichen in diese Regionen ihr Volk z. B. vor anderen eindringenden Völkern schützen wollten. Somit wird klar, dass das Ansiedeln im Hochgebirge in den eher selteneren Fällen freiwilliger Natur gewesen sein dürfte. Jedoch führte es letztendlich auch dazu, dass gerade diese Volksgruppen in ihrer Abgeschiedenheit die Möglichkeit hatten, religiöse, ethnische und besonders sprachliche Eigenheiten zu entwickeln und diese bis in die heutige Zeit zu bewahren, so eben die Bündnerromanen, Dolomitenladiner und Friulaner.

Im Vorangegangenen wurde bereits des öfteren der Begriff Ungunstraum verwendet. Dass dieser keiner weiteren Erklärung an sich bedarf liegt auf der Hand. Jedoch sollte an dieser Stelle eine Erklärung folgen, warum diese Gegend zu den menschlichen Ungunst- bzw. siedlungsfeindlichen Räumen zählt. Zum einen wäre bereits der relativ banale Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenseite zu erwähnen. So konnte man anhand archäologischer Funde nachweisen, dass die Sonnenseiten bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt wurden, da dort zum einen die Tagesdauer länger und die landwirtschaftlichen Anbaubedingungen günstiger sind als auf der Schattenseite. Somit kann man also feststellen, dass sich (bäuerliche) Siedlungen vor allem auf der Sonnenseite niederlassen, während Verkehrs- und Bergwerkssiedlungen vermehrt auf den schattigen Seiten zu finden sind.[7] Natürlich gibt es auch Ausnahmen, diese sind jedoch dann meist Siedlungen, die in jüngerer Zeit entstanden sind, wie z. B. die ladinische Bevölkerung des Mittelalters.[8] Zum anderen weisen diese Gebiete auch klimatische und geologische Nachteile auf. So sinkt die Durchschnittstemperatur um ca. 0,5 Grad pro 100 Höhenmeter, wobei aber gleichzeitig die Intensität der Sonneneinstrahlung zunimmt und die Niederschlagsmenge bis zu 3000 mm pro Jahr erreicht. In den Tälern und Becken können im Winter Temperaturminima bis zu -35 Grad Celsius entstehen.[9] So kann man in der Montagna Friulana aufgrund der Stauwirkung des meernahen Gebietes eine grosse Niederschlags- und Bewölkungsbildung feststellen, welche zu niedrigen Jahresdurchnittstemperaturen führt - die Montagna Friulana gehört zu den niederschlagsreichsten Gebieten Europas. Bezüglich der Bodenbeschaffenheit dieser Region ist anzumerken, dass sie vor allem von grossen Schotterflächen überzogen wird, was die landwirtschaftliche Nutzung dort unmöglich macht.[10] In den Dolomiten hingegen ist das Ausmass der Niederschläge eher gering, was damit zusammenhängt, dass sie relativ zentral

liegen und sich somit die Wolken meist schon vorher abregnen, jedoch ist der Winter schneereich und im Sommer herrschen kühle Temperaturen. Aus geologischer Sicht wechseln sich in den Dolomiten weiche, leicht verwitterbare Gesteine aus denen fruchtbarer Boden hervorgeht, und harte Gesteine, die gegen Verwitterung widerstandsfähig sind und deshalb nur kargen Boden liefern, ab.

Wie wirken sich diese naturräumlichen Ungunstfaktoren nun auf die Siedlungsverteilung aus? Ein genereller, auf die gesamten Alpen bezogener Überblick zeigt, dass sich der grösste Teil der Alpengemeinden im Bereich zwischen 500 und 999 m befindet, genauer gesagt ca. 51 %, jedoch nahm 1990 die Alpenbevölkerung in dieser Höhenstufe mit ca. 4,5 Mio. Menschen nur den zweiten Platz ein. Bezogen auf die Alpenbevölkerung steht an erster Stelle die Höhenstufe von 30 bis 499 m: hier wohnten 1990 an die 5,8 Mio. bzw. 53 % der Alpenbewohner, auch wenn die Zahl der Gemeinden nur 33 % ausmacht. In der dritten Höhenstufe von 1000 bis 1499 befanden sich im selben Jahr nur 14 % der Gemeinden, in denen ca. 6 % der Alpenbewohner lebten. Schliesslich fanden sich in der Höhenstufe zwischen 1500 und 2042 m noch ungefähr 76.000 Menschen in 109 (= 2 %) Alpengemeinden.[11] Im Friaul, wo die Höhenstockwerke über 1000 m 63 % Nordfriauls ausmachen und somit die flächengrösste Zone dieser Gegend darstellt, treffen wir 1981 auf lediglich 17 Siedlungen, was zu einer geringen Bevölkerungszahl in den Höhen über 900 m führt. Hier lag der Schwerpunkt der Siedlungen mit 62 % der angelegten Ortschaften im Bereich zwischen 300 - 700 m, auch wenn dieser Bereich den flächenmässig kleinsten darstellt.[12] Anders hingegen in den Dolomiten, wo die besiedelten Täler ausschliesslich in einer Höhe über 900 m liegen und Gruppensiedlungen sogar bis 1750 m hinaufreichen.[13] Im Laufe der Besiedlungsgeschichte ist hier ein Höherrücken der Besiedlungsgrenze erfolgt. So liegen die bäuerlichen Siedlungen in Gröden zwischen 1660 und 1720 m, in Abtei zwischen 1600 und 1700 m, in Oberfassa zwischen 1627 und 1698 m und in Buchenstein zwischen 1602 und 1747 m.[14] In Graubünden beobachten wir, dass ca. 22 % der Berggebietsbevölkerung in einer Höhe unter 450 m leben, während ca. 52 % der Bevölkerung zwischen 450 und 750 m, 22 % zwischen 750 und 1350 m und schliesslich lediglich 4 % in einer Höhe über 1350 m siedeln.[15]

Aber auch auf die Form der landwirtschaftlichen Nutzung wirken sich die natürlichen Gegebenheiten aus. Im Gebiet des Friaul verlaufen alle Vegetationszonen aufgrund des Klimas vergleichsweise tief, 300 bis 500 m tiefer als in den Zentralalpen. Somit ist beispielsweise dort der kommerzielle Weinbau oberhalb von 500 m fast nicht mehr anzutreffen, während dies z. B. in Südtirol bis auf 900 m noch möglich ist.[16] Getreidefelder sind nur bis zu einer Höhe von 1000 m auf den Kalkböden der Friauler und Julischen Alpen möglich.[17] In den Dolomiten können lediglich 3 % der produktiven Fläche ackerbaulich genutzt werden, der Rest wird von Wald und Grünland eingenommen[18], was dazu führt, dass die Viehwirtschaft schon seit langem die wichtigste Grundlage des bäuerlichen Betriebes ist, ebenso ist die Holznutzung von grosser Bedeutung. Die Waldgrenze erreicht dort 2100 bis 2300 m, während diese im Friaul nur 1500 m erreicht.

Gerade diese Ungunstfaktoren, vor allem die geringe Tragfähigkeit des Bodens, haben in jüngerer Zeit dazu geführt, dass die teilweise steigende Bevölkerung nicht mehr von der eigenen Landwirtschaft ernährt werden konnte bzw. nicht ausreichend Arbeitsplätze in der Landwirtschaft zur Verfügung standen. Als Konsequenz ergab sich letztlich eine einsetzende Abwanderungsbewegung, die ihren Anfang in Wanderhandel und Saisonarbeit fand. Dies soll jedoch in den späteren Ausführungen zu den einzelnen Minderheiten ausführlicher behandelt werden.

3. Entstehung und Entwicklung der einzelnen Minderheiten

Im Folgenden soll nun auf die drei Minderheiten der Bündnerromanen, der Dolomitenladiner und schliesslich der Friulaner eingegangen werden. Dabei soll ein Überblick über die geschichtliche Herkunft und Genese gegeben werden. Abschliessend ist es Ziel zu zeigen, in welcher Situation sich die Minderheiten heute befinden.

3.1 die gemeinsamen Wurzeln

Will man sich die Entstehungsgeschichte der drei Sprachminderheiten vor Augen führen, so muss man das Rad der Geschichte ein beträchtliches Stück weit zurückdrehen, denn die Geschichte derer, die man heute gemeinhin als Rätoromanen bezeichnet, beginnt nach herrschender Meinung[19] mit dem Volksstamm der Räter und Kelten. Diese Ureinwohner besiedelten schon 8000 Jahre v. Chr. den Alpenraum vom Gotthart bis an die Adria und bis an die Grenzen Istriens, spätestens aber seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. sind die Räter mit Sicherheit als geschlossene Volksgruppe mit einheitlicher Sprache und Kultur nachgewiesen.[20] Nachdem ihnen jahrhundertelang keine Aufmerksamkeit geschenkt worden war (weshalb man heute, von einigen Funden abgesehen, relativ wenig über sie weiss), kamen sie spätestens im Jahr 15 v. Chr. im Rätischen Krieg mit den Römern in ernsthaften Konflikt, da diese der ständigen Einfälle der Nachbarn überdrüssig geworden zu sein schienen, unter anderem zerstörten sie im Jahr 88 v. Chr. die Stadt Como.[21] So führte also der Feldzug des Drusus und Tiberius des Jahres 15 v. Chr. dazu, dass Rätien eine römische Provinz und von den Römern kolonisiert wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Urbevölkerung romanisiert wurde und somit auch das Lateinische Einzug hielt. Die Sprache der Alpenbewohner, also der Räter, vermischte sich auf diese Weise mit dem Vulgärlatein, wodurch im Laufe der Zeit das Rätoromanische entstanden ist. Eben dieses Rätoromanisch gilt als gemeinsame (sprachliche) Wurzel der heutigen Bündnerromanen, Ladinern und Friulanern. Nach der Eroberung durch die Römer schliesst sich also eine ca. 500-jährige römische Herrschaft an. Jedoch kam es um das Jahr 600 n. Chr. in Folge der Völkerwanderung und dem damit verbundenen Eindringen von Bajuwaren und Alemannen (von Norden) und anderer Völker (von Süden) zu einer Bedrängung der Rätoromanen, sodass schliesslich dieses rätoromanische Sprachgebiet durch einen Keil durchbrochen und dreigeteilt wurde: zum einen im Westen die heutigen Bündnerromanen, im Osten die Ladiner und Friulaner.[22] Diese drei voneinander getrennten Gebiete nahmen somit einen eigenen, voneinander unabhängigen Entwicklungsverlauf an, was schliesslich vom sprachlichen Aspekt gesehen dazu führte, dass die Bündnerromanen heute das sogenannte Rumantsch grischun, die Ladiner Ladinisch und die Bewohner der Region Friaul Friulanisch.

[...]


[1] z.B. Jentsch, Ch.: S. 32; Grötzbach, E.: S. 12

[2] Glauert, G.: S.8

[3] Definition auf Basis von Troll, Krebs, Rathiens, Höllermann, et al. In: Jentsch, Ch.: S. 30

[4] Bätzig, W.: s.v. Hochgebirge, S. 120

[5] ders.: S.5

[6] Grötzbach, E.: S. 6

[7] Glauert, G.: S. 11 f.

[8] Metz, Fr.: S. 43

[9] Glauert, G.: S. 22

[10] Steinicke, F. (1991): S. 57 ff.

[11] Bätzig, W.: s.v. Bevölkerungsverteilung, vertikale; S. 62 f.

[12] Steinicke, F. (1991): S. 59

[13] von Klebelsberg. In: Becker, H.: S. 12

[14] Metz, Fr.: S. 44; Rother-Hohenstein, B.: S. 17

[15] Billet/Rougier. In: Kraas, S. 75

[16] Steinicke, F. (1991): S. 57

[17] Glauert, G.: S. 78

[18] Krebs, N. In: Becker, H.: S. 12

[19] z. B. Kraas, F.: S. 127; www.minority2000.net/Gr-15/; www.gfbv.it/ladin

[20] Grüll, J.: S. 87

[21] Trebo, L. In: www.npd.net/nhb/

[22] z. B. Langes, G.: S. 13/ Kraas, Fr.: S. 128

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Ethnische Minderheiten in den Alpen
Hochschule
Universität Passau  (Lehrstuhl für Geographie)
Veranstaltung
HS Geographie Kulturraum und Hochgebirge
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
30
Katalognummer
V10355
ISBN (eBook)
9783638168045
ISBN (Buch)
9783638948944
Dateigröße
626 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die vorliegende Arbeit versucht anhand der Volksgruppen der Friulaner, der Ladiner und der Rätoromanen Graubündens auf Entwicklung und aktuelle Situation dieser Minderheiten einzugehen. Dabei wurde versucht, ein thematischer Konsens zwischen den Alpen als Lebensraum, aber auch der heutigen Stellung in den jeweiligen politischen Gebieten (Italien und Schweiz) zu finden. 221 KB
Schlagworte
ethnische Minderheiten, Alpen, Friaul, Ladinien, Ladiner, Friulaner, Dolomiten, Graubünden, Italien, Schweiz, Gebirge, Hochgebirge, Lebensraum
Arbeit zitieren
Dipl. Kulturwirt Univ. David Altmann (Autor:in), 2002, Ethnische Minderheiten in den Alpen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10355

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