Quellenanalyse einer Mittelalterlichen Urkunde - Der Verkauf der Dörfer Krempin und Schmakentin


Seminararbeit, 1999

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Urkunde
2.1 Der Inhalt
2.2 Der formale Aufbau

3. Analyse der Urkunde im historischen Kontext
3.1 Mecklenburg und das Bistum Schwerin im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert
3.2 Die näheren Umstände des Verkaufs der Dörfer Krempin und Schmakentin

4. Schlußbetrachtung - Finanz- und Pfarrorganisation Brunwards von Schwerin

5. Glossar einiger Begriffe des mittelalterlichen Kirchenwesens

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit dem Erfolg deutscher Siedlungsbemühungen im Osten, beruhend auch auf der teilwei-sen Unterstützung durch christliche Fürsten der Slawen,[1] wachsen zu Beginn des 13. Jahr-hunderts die Siedlungen deutscher Prägung auch im damaligen Mecklenburg.[2]

Eine große Anzahl erhaltener Urkunden zeugt, soweit es sich nicht um (Teil)fälschungen handelt,[3] von Alltags- und Verwaltungstätigkeiten weltlicher Fürsten wie auch geistlicher Oberhäupter.

Analyse und Interpretation einer der letzteren ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Dabei wird sowohl auf den formalen Aufbau als auch insbesondere auf den historischen Kontext zur Entstehungszeit der Urkunde eingegangen werden, um dann zu einer Einordnung der-selben in das Wirken der regionalen Einflußpersonen zu kommen.

Hierzu dient vor allem Jürgen Petersohns Aufsatz Der südliche Ostseeraum im kirchlich politischen Kräftespiel des Reichs, Polens und Dänemarks vom 10.-13. Jahrhundert (1979), welcher einen umfassenden Überblick über die Geschehnisse der Zeit bietet. Für die Analyse des formalen Aufbaus ist Ahasver von Brandts Werkzeug des Historikers in dieser Arbeit unerläßliches Hilfsmittel. Außerdem leistet sowohl Margit Kaluza-Baumrukers Monographie Das Schweriner Domkapitel von 1987, als auch Wilhelm Biereyes 1934 erschienener Aufsatz Bischof Brunward von Schwerin gute Dienste.

Andere für diese Arbeit relevante Werke und Hilfsmittel sind der Literaturliste zu ent-nehmen.

2. Die Urkunde

Da mit der zu betrachtenden Urkunde kein alltäglicher Vorgang in Form einer einmaligen, vorübergehenden Rechtshandlung abgeschlossen wird, handelt es sich um ein Diplom. Die Differenzierung desselben zum Mandat drückt die Dauerhaftigkeit des Rechtsinhalts aus und impliziert damit auch eine größere Sorgfalt bei der Ausstellung der Urkunde.[4]

2.1 Der Inhalt

Mit dem Diplom werden dem Lübecker Johanneskloster durch Heinrich Borwin zwei Dörfer gestiftet (S.268, Z.26-29).[5] Anlaß dieser Handlung sei, neben dem nachträglichen Eigennutz christlicher Nächstenliebe (Z.20-22), die von den Landesfürsten initiierte verstärkte Besiedlung der noch relativ unbebauten Schweriner Diözese durch Ritter, Bauern und Ordensleute (Z.23-26), zwecks Besiedlung des Gebietes mit mehrheitlich christlicher Bevölkerung.

Brunward, Bischof von Schwerin und Aussteller der Urkunde, berichtet von den Umständen einer zeitgleich geplanten Pilgerfahrt nach Preußen,[6] welche seine Kirche zwängen, die Hälfte der Zehnteinkünfte dieser Dörfer, welche bisher seiner Kirche zuständen, dem Abt des Johannesklosters zu verkaufen, was wiederum das Überlassen der Zehnteinkünfte eines anderen Dorfes (Jarchow) an das Schweriner Domkapitel zur Folge habe (S.268, Z.29-S.270, Z.3).

Dementsprechend sei die Urkunde ausgestellt und an das Lübecker Kloster übergeben worden, um zukünftig jede Forderung von diesem abzuhalten (Z.4-6), während gleichzeitig jegliche Mißachtung der Urkunde zur Aussprechung des Kirchenbannes führe (Z.6).

2.2 Der formale Aufbau

Dem bereits erwähnten Anspruch nach gewöhnlicherweise sehr sorgfältiger Ausstellung eines Diploms folgend, soll nun untersucht werden, ob das zu analysierende Schriftstück dem klassischen Formenapparat nach Ahasver von Brandts Definition,[7] welcher vollständig allerdings meist nur in päpstlichen, königlichen oder kaiserlichen Urkunden des Mittel-alters wiederzufinden ist, erfüllt.

Beginnend mit Invocatio, der Anrufung des Gottes, („In nomine [...] trinitatis.“), Intitu-latio, der Nennung des Ausstellers („Ego Brunwardus [...] episcopus.“) und Arenga, der redensartlichen Begründung, hier in Form zweier Bibelzitate, („Cum ex debito [...] con-solationes.“) fehlt innerhalb des Protokolls lediglich die ausdrückliche Nennung des Em-pfängers (Inscriptio).

Der Text beginnt mit der Narratio, welche hier mehr einer zeitlichen Einordnung als einer konkreten Schilderung der die Ausfertigung veranlassenden Einzelumstände entspricht. („Unde cum [...] excolendam,“), und läßt somit die Verkündigungsformel, Promulgatio, weg. Es folgt der allgemeine Rechtsinhalt, die Dispositio („per illustrem [...] collate.“). Diese wird von einer genaueren Schilderung der Begleitumstände der dispositio des Ausstellers, also einer erneuten Narratio („Nos [...] deficeremus,“) unterbrochen, worauf die Fortsetzung der Dispositio in ebenfalls konkreterer Form folgt („predictarum [...] in villa Gargowe.“).

Noch vor der Sanctio („si quis infregerit, innodantes.“) findet die Angabe eines Beglaubi-gungsmittels, der Corroboratio, in Form von Siegeln statt („Ut igitur [...] vinculo,“), welche die seit dem 10. Jahrhundert häufigste Form der Beglaubigung im Mittelalter darstellt.[8] Hierbei ist anzumerken, daß an dieser Stelle bereits Teile einer Sanctio auftauchen („ecclesie [...] inposterum,“).

Die Urkunde schließt mit der zweiten, noch zum Text gehörigen, Corroboratio („Testes sunt hii:“) und dem Eschatoll mit der Nennung dieser Zeugen als Subscriptiones („Bruno [...] et alii quam plures.“), sowie der Datierung („Acta sunt [...] indictione septima.). Auffällig ist das Fehlen Bischof Brunwards in der Zeugenliste. Die Urkunde ist datiert auf die 7. Indiktion (Römerzahl), was für das Jahr 1219 zutrifft.[9]

Damit ist das Diplom sorgfältig im Sinne des Formenapparates ausgestellt worden. Gewohnheit in der Urkundenausstellung und ein vermuteterweise eher laxerer Kanzlei-brauch des eher regional tätigen Bischofssitzes verhindern hier wohl die „vollständige“ Ausführung.

[...]


[1] s. H. Helbig, L. Weinrich (Hg.): Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter. Erster Teil. Mittel- und Norddeutschland. Ostseeküste, (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr vom Stein - Gedächtnisausgabe, Bd. 26a). Darmstadt 1968, S.5.

[2] das Bistum Mecklenburg umfaßt zum behandelten Zeitraum eine „ Großlandschaft, die im Norden
durch die Ostsee (und) im Westen durch den Strombereich der unteren Elbe (...) bestimmt ist“
(J. Petersohn: Mittelalterliche Patrozinien als Quellen von Ostsiedlung und Mission in Mecklenburg und Pommern, in: Deutsche Ostsiedlung in Mittelalter und Neuzeit, hg. von der Kommission zum Studium der deutschen Kultur und Geschichte im Osten, (Studien zum Deutschtum im Osten, Heft 8), Köln Wien 1971, S. 66, (im folgenden zitiert als: J. Petersohn, Ostsiedlung ).

[3] vgl. A. von Brandt, Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, (Urban-Taschenbücher, Bd.33), 15. Aufl., Stuttgart Berlin Köln 1998, S. 98ff.

[4] s. A. von Brandt, S.90.

[5] Zeilenangaben, auch im folgenden, bezogen auf: H. Helbig, L. Weinrich, S. 268-270.

[6] zur Wahrscheinlichkeit eines solchen Vorhabens s. Anmerkungen unter 3. (Analyse im historischen

Kontext).

[7] s. A. von Brandt, S. 90f.

[8] s. ders., S. 134f.

[9] s. H. Grotefend: Zeitrechnung des Deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Bd.1, Aalen 1970,
S.18, 92-95, 126.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Quellenanalyse einer Mittelalterlichen Urkunde - Der Verkauf der Dörfer Krempin und Schmakentin
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Das Reich und Osteuropa im Mittelalter
Note
1
Autor
Jahr
1999
Seiten
17
Katalognummer
V5669
ISBN (eBook)
9783638134798
ISBN (Buch)
9783638746144
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Interpretation des Verkaufs zweier kleiner Dörfer im Jahre 1219 - Beispiel mittelalterlichen Handels, bis zum Besuch des Pruzzenlandes durch den Bischofs bereits im Jahre 1219... (Jahre vor der Christianisierung Preussens). Ansonsten: formale Interpretation der Urkunde nach Ahasver von Brandt.
Schlagworte
Schwerin Quellenanalyse Pruzzen
Arbeit zitieren
T. Niemsch (Autor:in), 1999, Quellenanalyse einer Mittelalterlichen Urkunde - Der Verkauf der Dörfer Krempin und Schmakentin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5669

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