E. T. A. Hoffmann - Das Fräulein von Scuderi


Seminararbeit, 2001

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Einleitung

Die Rolle der Scuderi

Der alleinherrschende, untätige König

Der inhumane la Regnie

Der „verschlagene[n] Degrais“

Der verbrecherische und galante Adel

Die Rolle der Kirche

Das wankelmütige Volk

„Das Fräulein von Scuderi“ im Kontext der Romantik

Die Zerstörung der Familie

Cardillac, ein Opfer der Gesellschaft?

E.T.A. Hoffmann als Gesellschaftskritiker

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Es ( Das Fräulein von Scuderi“) ist das Beste, was ich von Hoffmann je gelesen habe, es ist so schön erzählt, so verständig und in einer Form dargestellt, daß man sich darüber freuen muß.“[1]

Dieses Zitat stammt aus einem Brief von Charlotte von Schiller an Knebel. Es macht deutlich, dass sich E.T.A. Hoffmanns Erzählung also schon damals großer Beliebtheit erfreute.

Die Geschichte, die den Untertitel „Erzählung aus dem Zeitalter Ludwig XIV.““ trägt, entstand im Jahre 1818 und steht so im Zeichen der Romantik. Hierfür spricht auch, dass es sich, zumindest auf den ersten Blick, um einen Kriminalroman handelt. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings klar, dass durch die Ermittlungen der Scuderi in einem Mordfall, ein weiteres Rätsel aufgedeckt wird. Nämlich das um die Situation der Gesellschaft im Paris des Absolutismus. So steht eben nicht die Aufklärung der Morde im Vordergrund, sondern die politisch-psychologische und soziale Relation.[2] Traditionelle Werte wie Gottesfurcht, Ehre, Treue, Aufrichtigkeit und Pflicht verfallen immer mehr und das mit katastrophalen Konsequenzen für die ganze Gesellschaft, denn dieser Niedergang betrifft die Vertreter aller Stände. Sie handeln herzlos und die Justiz versucht mit ebenso grausamen Mitteln die alte Ordnung wiederherzustellen.

Die Arbeit wird sich zuerst mit der Entstehung dieses sozialen und menschlichen Verfalls und seiner Ausweitung beschäftigen. Ein besonderes Augenmerk wird immer auf das Vorgehen der Justiz gelegt werden, auch bei der Aufklärung der Juwelenmorde. Des weiteren soll dargestellt werden wie die amoralische Haltung alle Schichten durchzieht und wie sich die Situation auf die Bürger auswirkt. Bevor am Schluss auf Hoffmann als Gesellschaftskritiker eingegangen wird, befasst sich die Arbeit noch mit der Frage, ob Cardillac ein Opfer dieser Gesellschaft ist und wie die Erzählung in die Romantik einzuordnen ist.

Gleich zu Beginn der Erzählung, nach der Übergabe des Kästchens, wird eine längere Passage eingeschoben, die die verbrecherische Situation in Paris zu jener Zeit beschreibt. Dieser Einschub dient einerseits dem weiteren Spannungsaufbau, denn der Rezipient bemerkt schon bei der Entgegennahme des Kästchens, dass irgendeine Gefahr die Gesellschaft bzw. einzelne Privatleute bedroht. Außerdem kommt ihm die Funktion zu auf das folgende Geschehen in der Erzählung überzuleiten.

Dieser Textabschnitt ist in drei Phasen zu unterteilen[3], als erstes wird einmal die Geschichte der Giftmorde geschildert. Dabei spielen vier Personen eine wichtige Rolle. Zunächst gibt es da den Apotheker Glaser ( S.8, Z.29),[4] der vielleicht am harmlosesten ist, denn er geht eigentlich nur seiner Wissenschaft nach. Sein Schüler Exili macht sich seine Künste hingegen insofern zu Nutze, als er ein Gift entwickelt, „das ohne Geruch“ und „ohne Geschmack“ ( S.9, Z. 2) ist und versucht durch den Verkauf dieses Gifts reich zu werden. Der Hauptmann Sainte Croix versucht durch die Gifterzeugung Rachegelüsten genüge zu tun und schließlich gibt es noch Marquise de Brinvillier, die ohne Gewissen ihren Vater, die Geschwister und etliche arme Senioren tötet ( S.9, Z.8- S.10, Z.3). Diese Personen spiegeln den Zustand einer ganzen Gesellschaft wider, denn der scheinbaren Tugend dieser Leute steht ihre verbrecherische Nachtseite gegenüber.[5] Sie sind ohne jegliche Moral und so bezeichnet der Erzähler die Marquise auch als „entartetes Weib“ (S.9, Z.25). All diese Morde geschehen aus reiner Lust und dienen keinem weiteren Zweck. An dieser Stelle taucht zum ersten Mal der Polizist Degrais auf, der Brinvillier als Mörderin überführt.

Im zweiten Teil der Beschreibung geht es um die Ausweitung der Giftmorde, die in alle gesellschaftlichen Schichten eindringen. Durch eine alte Wahrsagerin wird das Gift allen zugänglich und so wird aus Eifersucht und Habgier gemordet. Das Gift dringt sogar in Familien ein und zerstört das Vertrauen zwischen den nächsten Verwandten. Die ganze Gesellschaft ist von Misstrauen geprägt

(S.11,Z.4-S.12, Z.10). Um diesen Machenschaften ein Ende zu bereiten und vor allem um sein eigenes Gewaltmonopol aufrecht zu erhalten, setzt König Ludwig XIV. ein Gericht, die Chambre ardente, ein. Doch diese Justiz geht genauso grausam vor:

„(...)der geringfügigste Verdacht reichte hin zu strenger Einkerkerung, und oft war es dem Zufall überlassen, die Unschuld des auf den Tod Angeklagten darzutun.“ ( S.14, Z. 1-3)

Es war also ganz normal Geständnisse durch Folter zu erzwingen, ob die Verhafteten schuldig waren oder nicht. Diese Tatsache kennzeichnet auch den Machtapparat Ludwig XIV., man könnte sagen, dass durch dieses Vorgehen die ganzen Giftmorde noch einmal wiederholt werden, denn die Sanktionen, die die Justiz ergriff, setzten einen Teufelskreis frei. Wie ein Inquisitor antwortet das Gericht auf Gewalt wieder mit Gewalt und dies führt „zwangsläufig zum Ausgangspunkt des Verbrechens zurück.“[6]

Im letzten Teil des Einschubes wird vom Beginn der Juwelenmorde erzählt, die sich den Giftmorden anschließen. Es wird von den Überfällen und den erfolglosen Maßnahmen, die die Polizei ergreift berichtet und dass der Adel vom König noch grausamere Gerichte forderte wie zur Zeit der Giftmorde. Der König lässt sich allerdings sein Machtmonopol nicht aus der Hand nehmen und lehnt ab

(S.16, Z28-35).

Dieser Abschnitt ist deshalb so ausführlich, weil er sozusagen den Hintergrund für die Juwelenmorde bildet. Es wird eine Gesellschaft beschrieben, in der ein Menschenleben nicht mehr viel Wert ist und die von Egoismus und Habgier geprägt ist. Traditionelle Werte sind verloren gegangen. Dieser Sachverhalt stellt so einen Kontrast zu den Morden Cardillacs dar. Denn in dieser Gesellschaft findet die Tötung nur aus Lust statt, jeder sieht nur sich selbst, und die Mitmenschen treten in den Hintergrund. Ja, man könnte vielleicht soweit gehen und sagen, dass diese Situation mit ein Grund für die Verbrechen Cardillacs ist. Diese kriminelle und amoralische Haltung geht durch alle Gesellschaftsschichten, aber vor allem findet man sie im Adel ( S.12, Z.16-20).

An dieser Stelle wird auf die Juwelenmorde und somit auf die eigentliche Handlung der Erzählung übergeleitet.

Die Rolle der Scuderi

Während die Giftmorde aufgeklärt worden sind, bleiben die Juwelenmorde lange im Dunkeln und erfordern so das Eingreifen der Scuderi. Sie steht in der Erzählung einerseits für Kunst und Familie, andererseits hat sie auch eine politisch-gesellschaftliche Rolle inne. Scuderi wird sowohl als die Mutter Oliviers als auch als Braut von Cardillac bezeichnet. Sie wird des öfteren als „heilige Jungfrau“ betitelt, was sie als religiös-moralische Instanz zeigt. Des weiteren trägt sie politische Verantwortung insofern, als dass sie am Ende Oliviers Unschuld beweist und durch ihre Ermittlungen die kranke Gesellschaft entlarvt.[7]

[...]


[1] Ingeborg Scholz, Ernst Th. A. Hoffmann, Das Fräulein von Scuderi, Der goldne Topf. Beyer Verlag, Hollfeld 1997, aufl.4, S.5

[2] Gudrun Hommel-Ingram, Der Mörder ist selten der Butler. 1998, S.18

[3] Gisela Gorski, E.T.A. Hoffmann, Das Fräulein von Scuderi. Akademischer Verlag Hans-Dieter Heinz, Stuttgart 1980, S. 164

[4] Alle verwendeten Zitate stammen aus: E.T.A. Hoffmann, Das Fräulein von Scuderi. Philipp Reclam jun. Stuttgart 1999, Bd. 25

[5] Ebd. S. 164

[6] Carmen Pinilla Ballester, Erzählte Hinrichtungen. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1992, S. 82

[7] Ebd. S. 82f

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
E. T. A. Hoffmann - Das Fräulein von Scuderi
Hochschule
Universität Augsburg  (Fachbereich Germanistik)
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
12
Katalognummer
V5496
ISBN (eBook)
9783638133548
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hoffmann, Fräulein, Scuderi
Arbeit zitieren
Beate Sewald (Autor:in), 2001, E. T. A. Hoffmann - Das Fräulein von Scuderi, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5496

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: E. T. A. Hoffmann - Das Fräulein von Scuderi



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden