Die Entwicklung des höheren und niederen Schulwesens in Deutschland seit 1800 und der Nutzen für die heutige Schultheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

14 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die Entwicklung des Schulwesens in Preussen
2.1 Die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht
2.2 Das niedere Schulwesen
2.3 Das höhere Schulwesen

3 Das Implikationsverhältnis von Schule und Gesellschaft

4 Schultheoretische Erkenntnisse

5 Fazit

6 Literatur:

1 Einleitung

Betrachtet man die Zeitspanne, in der sich die Schule als Regelinstanz für den gesamten Nachwuchs herausgebildet hat – das 19. Jahrhundert -, so wird das Implikationsverhältnis von Schule und Gesellschaft deutlich. Es war die Zeit, in der sich eine Agrargesellschaft innerhalb einiger Jahrzehnte in eine verstädterte Industriegesellschaft verwandelte und neue soziale Klassen – das Industrieproletariat und die Bourgeoisie – entstanden, wobei eine restaurative Bildungspolitik die Oberhand gewann, die eine „naturgemäße Ungleichheit der Standeserziehung“ (v. Beckedorff) zugrundelegte.

Es wird sich zeigen, wie wenig Entwicklung und Struktur des Bildungswesens aus sich selbst oder allein aus einer staatlichen Initiative abgeleitet werden können. Im folgenden soll der Einfluss deutlich gemacht werden, den gesellschaftliche Faktoren auf das System der öffentlichen Bildungseinrichtungen ausgeübt haben. Dabei wäre es irreführend, den Ausbau des modernen Bildungswesens als einen gleichmäßigen, zwangsläufig fortschreitenden Prozess zu verstehen.

Es soll die schulpolitische Entwicklung für das 19. Jahrhundert dargelegt werden, wobei das Augenmerk darauf gerichtet ist, allgemeine Rahmenbedingungen der Schulentwicklung aus schultheoretischer Sicht auszumachen.

2 Die Entwicklung des Schulwesens in Preussen

2.1 Die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht

Wird die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht diskutiert, so ist vorrangig von der Elementarerziehung im niederen Schulwesen die Rede. Denn für die Einrichtung der „höheren Bildung“ bedurfte es keiner Schulpflicht, sie wurden von Adel und reichem Bürgertum aus eigenem Interesse besucht.

Obwohl die allgemeine Schulpflicht schon seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts in Preussen eingeführt wurde, wurde die Erfüllung jedoch erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wirksam kontrolliert.

Der Widerstand gegen die Durchsetzung der Schulpflicht ging zum einen von den adeligen Gutsbesitzern aus, die ihren Einflussbereich gegen die erstarkende Zentralmacht (den König) behaupten wollten. Sie sahen in der Errichtung der Schulen keinerlei eigene Vorteile, sondern nur finanzielle Belastungen. Der Widerstand kam aber auch aus der bäuerlichen Bevölkerung: Diese wollte in ihrer erbärmlichen Lage weder Schulgeld zahlen noch konnte sie auf die Arbeitskraft ihrer Kinder verzichten. So fand auf dem Lande die Schulpflicht häufig nur in den Wintermonaten statt, wenn die Kinder nicht zur Feldarbeit gebraucht wurden. Weiterhin bestand verbreitetes Desinteresse an der Schule und den dort vermittelten Fähigkeiten, die im bäuerlichen Berufsalltag überflüssig erschienen, da sie für dieses Arbeitsleben keinerlei Relevanz hatten.

Aufgrund des damaligen Mangels an Schulgebäuden war eine der elementaren Voraussetzungen für die Realisierung der allgemeinen Schulpflicht nicht gegeben. Der Schulbau machte nur bedingt Fortschritte aufgrund der Hemmnisse der allgemeinen Verfassungsstruktur und des eigenen Fiskalismus. Aufgrund der unzureichenden Schulversorgung konnten nicht einmal am Ausgang des 19. Jahrhunderts alle Kinder ihrer Schulpflicht genügen.

Erst zur Mitte des 19. Jhd. ist ein Wandel zu verzeichnen, der es erlaubt, von einem der Tendenz nach allgemeinen öffentlichen Schulsystem zu sprechen. Bis dahin stießen die Realisierung der Schulpflicht und die Ausdehnung des Schulbesuchs wohl in erster Linie auf den Widerstand wirtschaftlicher Interessen, die mit den Ansätzen zur Industrialisierung in einigen Produktionsbereichen und der dadurch ausgelösten Landflucht verbunden waren. Auf dem Land wie auch in den Städten zwangen Hunger und Elend die Kinder zum Arbeiten, um das Existenzminimum zu sichern. Die Ausbeutung der Kinder war nun nicht mehr jahreszeitlich bedingt, sondern erfolgte extensiv organisiert in den Fabriken. Insofern konnte die Vorstellung, dass die produktive Arbeit der Kinder Vorrang vor der Schule habe, über lange Zeit breiten Rückhalt finden. (Die regional unterschiedliche und gesetzlich dehnbare Fixierung der Schulpflicht verschafften den staatlichen Behörden die Gelegenheit, das Ausmaß zu verheimlichen, in dem Kinder einem regulären Schulbesuch entzogen blieben.)

Worin bestand also das Interesse der staatlichen Zentralmacht an der Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht? Durch Schulerziehung sollten brauchbare, gehorsame Untertanen erzogen werden. Durch Kriegszüge und Anektionen vergrößerte sich das Staatsgebiet ständig. Damit vergrößerte sich der Anteil an der Bevölkerung, die im Elend lebte und nun Treue- und Untertanengefühle gegenüber einem neuen Landesherren entwickeln sollte. Zur Realisierung dieser „Gehorsamkeit“ standen zwei Instrumente zur Verfügung: die gut ausgebaute evangelische Staatskirche und die Dorfschule. Daher war der Ausbau der Volksschule besonders notwendig in den östlichen Landesteilen, in denen überwiegend nicht-deutsche Bevölkerung katholischer Konfession wohnte. Es galt, diese Bevölkerung zu prussianisieren. Aufgabe der Lehrer war es hier u.a., die Zahl der protestantischen Gläubigen zu mehren. Für die schultheoretische Sichtweise ist der Zusammenhang zwischen Schulerrichtung und staatlicher Herrschaftssicherung wichtig.

Endgültig durchgesetzt werden konnte die Schulpflicht erst nach der Reichsgründung um 1880. Dies war keineswegs den pädagogischen Einsichten von Staatsführung und Industriekapital zu verdanken, sondern gründete darauf, dass die Kinderarbeit durch den technologischen Produktionsfortschritt in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. weitgehend überflüssig wurde. Zudem wurde der Volksschule zunehmend eine Funktion im „Kampf gegen die Irrlehren“ der Sozialdemokratie zugesprochen. Dies erklärt auch die Aufhebung des Schulgeldes 1888 für die Volksschule in Preussen.

2.2 Das niedere Schulwesen

Während die „ordentliche“ Entlassung aus den höheren Lehranstalten an das Durchlaufen der Klassen und das Bestehen der Abiturprüfung geknüpft war, konnte in Preussen ein Kind aus der – i.d.R. einklassigen - Volksschule entlassen werden, wenn es nach dem Urteil seines Seelsorgers die notwendigen Kenntnisse besitzt. Gleichzeit mit diesem Urteil wurde auch die Entscheidung über die Zulassung zur Konfirmation ausgesprochen. Ein abschließendes Zeugnis über den Schulbesuch wurde nicht erteilt.

Dabei entsprachen die Lerneffekte kaum der Struktur wirtschaftlicher Arbeitsanforderungen. Die Lernziele waren vorrangig sozialer Natur, es sollten Untertanengeist und Gehorsamkeit anerzogen werden.

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Details

Titel
Die Entwicklung des höheren und niederen Schulwesens in Deutschland seit 1800 und der Nutzen für die heutige Schultheorie
Hochschule
FernUniversität Hagen  (FB Pädagogik)
Note
1,1
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V3928
ISBN (eBook)
9783638124386
ISBN (Buch)
9783638745987
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schultheorie, Schulgeschichte, Untersuchung, Frage, Beispiel, Entwicklung, Schulwesens, Preussen/Deutschland, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Daniela Kapp (Autor:in), 2001, Die Entwicklung des höheren und niederen Schulwesens in Deutschland seit 1800 und der Nutzen für die heutige Schultheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3928

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