Ethische Grundpositionen in der deutschen Sozialpolitik


Seminararbeit, 2001

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung als Beginn staatlicher Sozialpolitik in Deutschland

3. Freiheit versus Gleichheit als sozialpolitische Leitideen
3.1. Unterschiedliche Interpretationen des Sozialen
3.2. Kausalität und Finalität
3.3. Einfluß des Subsidiaritätsprinzips
3.4. Umverteilungsmechanismen
3.5. Parteipolitische Zuordnungen

4. Fazit

1. Einleitung

In Artikel 20 Abs. 1 unseres Grundgesetzes ist konstatiert: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Eine allgemeingültige Definition des Begriffes Sozialstaat existiert allerdings nicht. Darüber hinaus fehlt auch eine grundlegende Bestimmung dessen, was er sein sollte oder müßte. Somit ist fraglich, ob der Sozialstaat als Status quo festgeschrieben werden kann, oder ob es sich bei dem genannten Artikel des Grundgesetzes um einen Anspruch handelt, den es noch zu erfüllen gilt.[1]

Wolf Reiner Leenen spricht in diesem Zusammenhang gar von einer „Endlosdiskussion“.[2]

Frank Nullmeier interpretiert den Terminus „Sozialstaat“ folgendermaßen: „Sozialstaat bedeutet die Ausrichtung staatlichen Handelns auf die Herstellung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit, auf die Sicherung eines sozialen Existenzminimums für alle sowie die Milderung der ökonomischen Ungleichverteilung und der sozialen (Klassen-, Schichten-, Gruppen-) Gegensätze.“[3]

Christoph Butterwegges Auslegung von Sozialstaatlichkeit beinhaltet im wesentlichen drei Aspekte, die sich weitgehend mit den Ausführungen Nullmeiers decken: „Ein Höchstmaß an sozialer Sicherheit für alle Gesellschaftsmitglieder [...], ein Mindestmaß an sozialer Gerechtigkeit (im Sinne von Bedarfs- statt Leistungsgerechtigkeit) [sowie] das Streben nach sozialer Gleichheit (Ausgleich der Einkommens- und Vermögensunterschiede).“[4]

Anhand der vorhergehenden Auffassungen Nullmeiers und Butterwegges soll im folgenden geklärt werden, nach welchen ethischen Grundlagen Sozialpolitik betrieben wird und welche unterschiedlichen Paradigmen sich hierbei auftun.

Dabei sollen und können nur beispielhaft einzelne Aspekte eines

gleichheitsorientierten und eines freiheitsorientierten Sozialverständnisses gegenübergestellt werden. Auf eine Auseinandersetzung mit alternativen Sozialverständnissen sowie mit einzelnen Bestandteilen des Systems der sozialen Sicherung wird an dieser Stelle verzichtet, da die Themenbereiche ausführlich von den anderen Referenten behandelt werden.

2. Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung als Beginn staatlicher Sozialpolitik in Deutschland

Deutschland gilt als Pionier staatlicher Sozialpolitik. Die ersten sozialpolitischen Maßnahmen hängen eng mit der Industrialisierung und der damit verbundenen sozialen Frage des späten 19. Jahrhunderts zusammen. Hervorgerufen durch die Auflösung der traditionellen Ordnungen und den daraus resultierenden verschärften sozialen Mißständen, durch Bevölkerungsexplosion und Landflucht, wurden Ende des 19. Jahrhunderts Forderungen nach Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeiterfamilien laut.

Das daraufhin von Bismarck eingeführte staatliche Sozialsystem diente vorrangig dazu, mit einer „Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik“ einen Klassenkampf zu verhindern. Besonders deutlich zeigt sich dieses bei der Einführung der mit den Sozialistengesetzen gekoppelten Sozialgesetzgebung, die dazu diente, die innenpolitische Situation und die klassenkampffähigen Gruppen besser kontrollieren zu können. Das Ziel und die Bestrebungen der Sozialpolitik war für Bismarck, im Gegensatz zu anderen sozial engagierten Gruppen, nicht die Verbesserung der Lage der sozial Bedürftigen, sondern eine innenpolitische Regulierung zur Kontrolle der proletarischen Klasse. Die Sozialpolitik Bismarcks war also mehr politisch und weniger sozialpolitisch motiviert.

Das zeigt sich auch an der Tatsache, daß die Gruppe der Versicherten, die von den Sozialgesetzen aus den Jahren 1883 (Krankenversicherungsgesetz), 1884 (Unfallpflichtversicherungsgesetz) und 1889 (Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz) profitierte, anfänglich sehr begrenzt blieb: Die Sozialgesetze erfaßten bis 1891 nur Fabrikarbeiter mit einem Jahreseinkommen von bis zu 2000,- Reichsmark. Familienangehörige der Fabrikarbeiter sowie Landarbeiter waren durch die Pflichtversicherungen nicht abgesichert.[5]

[...]


[1] Vgl. BELLERMANN, Martin, Sozialpolitik. Eine Einführung für soziale Berufe, 3., aktualisierte und

überarb. Aufl., Freiburg im Breisgau: Lambertus, 1998, S. 9.

[2] Vgl. BUTTERWEGGE, Christoph, Wohlfahrtsstaat im Wandel. Probleme und Perspektiven der

Sozialpolitik, 3., überarb. Aufl., Opladen: Leske und Budrich, 2001, S. 12 (mit einem Zitat von

Leenen, Wolf Reiner: Tausendundeine Definition: Was ist Sozialpolitik? In: Sozialer Fortschritt

1/1978, S.1.).

[3] NULLMEIER, Frank, Stichwort Sozialstaat, in: ANDERSEN, Uwe / WOYKE, Wichard (Hrsg.),

Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 4., überarb. Aufl.,

Opladen: Leske und Budrich, 2000, S. 540.

[4] BUTTERWEGGE, Christoph: Wohfahrtsstaat im Wandel. Probleme und Perspektiven der

Sozialpolitik, 3., überarb. Aufl., Opladen: Leske und Budrich, 2001, S. 15.

[5] Vgl. BELLERMANN, Martin, Sozialpolitik. Eine Einführung für soziale Berufe, 3., aktualisierte und

überarb. Aufl., Freiburg im Breisgau: Lambertus, 1998, S. 46.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Ethische Grundpositionen in der deutschen Sozialpolitik
Hochschule
Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin  (Sozialarbeit /Sozialpädagogik)
Veranstaltung
Seminar: Einführung in die Sozialethik im Hinblick auf GWA / GWÖ
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
12
Katalognummer
V3611
ISBN (eBook)
9783638122290
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
GWA GWÖ Ethik Sozialstaat
Arbeit zitieren
Katinka Teetz (Autor:in), 2001, Ethische Grundpositionen in der deutschen Sozialpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3611

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