Familienformen und die Rolle des Vaters im Vergleich: Ganzes Haus und proletarische Familie


Hausarbeit, 2006

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das ‚ganze Haus’

3. Die proletarische Familie

4. Vergleich

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Familienformen und die entsprechenden Bezeichnungen haben sich mit den Veränderungen der sozialen Verhältnisse, insbesondere mit dem Besitz- und Produktionsbeziehungen, entwickelt. Unter dem Begriff Familie versteht man heute die Kernfamilie, d.h. Vater, Mutter und Kinder. Dies trifft auf die proletarische Familie zu, den ersten Vorreiter der modernen Familie, nicht aber auf das ‚ganze Haus’. Hier war die Form der Großfamilie vorherrschend, es gehörten mehrere Generationen und nicht Blutsverwandte, wie etwa Angestellte, zu dieser Familie. Die Großfamilienform des ‚ganzen Hauses’ war hauptsächlich im 18. und 19. Jahrhundert vorherrschend, reichte teilweise sogar ins 20. Jahrhundert hinein. Dies galt vor allem für die bäuerliche und städtische Gesellschaft, deren Umfeld sich nicht strukturell geändert hatte.[1]

Jedoch treten zum Teil der Familienhaushalt und Betrieb schon Ende des 18. bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts auseinander. Mit der Industrialisierung begann der Niedergang bisheriger Produktions- und Arbeitsverhältnisse. „Die Industrialisierung ist der Prozess des Übergangs von der Handarbeit zur Fabrikarbeit“ mit Unterstützung von Maschinen.[2] Es erfolgt einerseits eine zunehmende Verlagerung der wirtschaftlichen Produktion und der Dienstleistungen in von der Familie getrennte Betriebe, wie etwa Manufakturen oder Fabriken, und eine Zunahme von bezahlter Erwerbsarbeit, vor allem für den Mann. Hier begann eine „Epoche tiefgreifender gesellschaftlicher, politisch ökonomischer und kultureller Transformations-, Veränderungs- und Konstituierungsprozesse. Es [war] die Zeit des Übergangs von vorwiegend ländlich-agrarisch in städtisch-industriell geprägte Gesellschafts-, Wirtschafts- und Lebensformen“[3]. Auch handwerkliche Betriebe konnten sich diesem Wandel nicht entziehen, denn mit der Entwicklung des Kapitalismus „sprengte die damit verbundene Produktionsausweitung die Sozialform des ‚ganzen Hauses’.“[4] Unter dieser wirtschaftlicher Veränderung veränderte sich auch die Gesellschaftsordnung und es entstand eine neue Familienform, die proletarische Familie.

Im folgenden sollen beide Familienformen vorgestellt werden. Der Hauptteil widmet sich dem Vergleich beider Formen, mit Spezifizierung auf die Veränderung der Rolle der Mutter, jedoch speziell des Vaters im Wandel dieser Zeit.

2. Das ‚ganze Haus’

Als ‚ganzes Haus’ bezeichnet man eine Familienform, in der Familienleben und Arbeitsplatz nicht getrennt sind, „das ‚ganze Haus’ ist als soziale Organisation eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft“. Es ist ein „Verband einer oder mehrerer Kernfamilien samt deren ledigen Angehörigen und dem mitarbeitenden Personal“, wobei meist mehrere Generationen unter einem Dach leben. Diese Familienform bezieht sich auf bäuerliche Familien, den Adel, welcher seine Güter selbst bewirtschaftet und die handels- und gewerbetreibenden Bürger in den Städten.[5]

Das tägliche Leben beruht auf der Subsistenzwirtschaft, das heißt es ist auf die Selbstversorgung und Erarbeitung des eigenen Lebensunterhaltes ausgerichtet, dabei bleibt die Marktverflechtung gering.[6] Die Produktivität der Arbeit befand sich auf einem niedrigen Niveau und steigerte sich bis zum 18. Jh. kaum. Deshalb blieb die agrarische wie gewerbliche Produktion in hohem Maß an natürliche Voraussetzungen gebunden. Schwankungen der Naturverhältnisse wurden sehr schnell zu ‚Naturkatastrophen’, die sich negativ auf den Wirtschaftsertrag auswirkten und so lebten viele Familien am Rande der Existenz. In dieser Lebens- und Arbeitsform, „wo alle Familienmitglieder unausgesetzt für den (gemeinsamen) Lebensunterhalt arbeiten müssen, sind kleine Kinder, die noch nicht zum Familienunterhalt beitragen können, eine unbequeme Last“[7].

Der Vater hatte im ‚ganzen Haus’ die Machtposition, „familien- und sachrechtlich gesehen, [war] nur er selbstständig handlungsfähig; nur er hat[te] politische Rechte in der weltlichen Gemeinde; er [war] der Vormund der Hausgenossen und übt[e] das Züchtigungsrecht aus“[8]. Obwohl sich Mann, Frau und Kinder gleichermaßen abschindeten, blieb die Frau unter allen Umständen „in völliger Abhängigkeit vom Hausvater, im bäuerlichen Lebensbereich stärker als im Handwerk, mit Abmilderung allenfalls durch die Höhe des in die Ehe eingebrachten Vermögens“[9].

Die Familie hatte wenig Zeit für Emotionalität und Intimitäten oder gar einen Rückzug, das Zusammenleben ist bestimmt durch harte Organisation, Normen, Regeln und formellen Umgang. Doch auch Gemeinschaftlichkeit wurde deutlich, so etwa bei Festen und Feiern.[10]

3. Die proletarische Familie

„Bauernbefreiung, Bevölkerungszuwachs und Binnenwanderung führten zur Expansion unterbäuerlicher ländlicher und armer städtischer Unterschichten“ und die Form des ‚ganzen Hauses’ löste sich langsam auf. „Von hier aus entwickelt[e] sich die proletarische Familie der Industriearbeiterschaft“.[11] Der Begriff Proletariat bezeichnet demzufolge die ausgebeuteten Familien der Lohnarbeiter der Industriearbeiterschaft während der Industrialisierung, die „wegen ihrer marginalen ökonomischen Existenz zur Solidargemeinschaft werden konnte“.[12] Ihr einziger Besitz waren ihre Arbeitskraft und ihre Kinder. In der proletarischen Familie waren Erwerbsarbeit und Wohnung zwei getrennte Bereiche. Jedoch prägten sehr wenig Platz und lange Arbeitszeiten den Familienalltag. Oft lebten vielköpfige Familien zusammengepfercht in einem Raum. Es gab zwar bereits das Bedürfnis nach Privatsphäre, die Möglichkeiten dazu waren jedoch kaum vorhanden. Die gewaltige Bevölkerungsexplosion führte zu sehr schlechten Wohnverhältnissen in den Städten. Somit waren „mehr als zwei, höchstens drei Kinder auf Grund der marginalen ökonomischen Existenz proletarischer Familien sehr schnell eine große Belastung“[13].

Familienoberhaupt war der Familienvater, abgeleitet von seiner starken ökonomischen Position als Ernährer und seiner physischen Stärke. Des weiteren hatte er die „Anweisungsbefugnis gegenüber Frau und Kindern“ inne.[14]

[...]


[1] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen

(Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[2] Wikipedia. Freie Enzyklopädie im Internet. Industrialisierung. 20. Februar 2006

< http://de.wikipedia.org/wiki/Industrialisierung>

[3] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[4] Rosenbaum, Heidi. Formen der Familie - Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 1982.

[5] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[6] Wikipedia. Freie Enzyklopädie im Internet. Subsistenzwirtschaft. 20. Februar 2006 <http://de.wikipedia.org/wiki/Subsistenzwirtschaft>

[7] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[8] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen

(Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[9] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[10] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[11] Herrmann, Ulrich. Familie, Kindheit, Jugend. In: Karl-Ernst Jeismann/ Peter Lundgreen (Hg.). Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III 1800 – 1870. München: Verlag C. H. Beck. 1987.

[12] Rosenbaum, Heidi. Formen der Familie - Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 1982.

[13] Rosenbaum, Heidi. Formen der Familie - Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 1982.

[14] Rosenbaum, Heidi. Formen der Familie - Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 1982.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Familienformen und die Rolle des Vaters im Vergleich: Ganzes Haus und proletarische Familie
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
14
Katalognummer
V92694
ISBN (eBook)
9783638062480
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familienformen, Rolle, Vaters, Vergleich, Ganzes, Haus, Familie
Arbeit zitieren
Antje Schöne (Autor:in), 2006, Familienformen und die Rolle des Vaters im Vergleich: Ganzes Haus und proletarische Familie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92694

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Familienformen und die Rolle des Vaters im Vergleich: Ganzes Haus und proletarische Familie



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden