Weisheit ist weiblich

Zeugnisse spätantiker Gnosis


Doktorarbeit / Dissertation, 2001

171 Seiten, Note: cum laude


Leseprobe


Gliederung

1.0 Was ist Gnosis?
1.1 Weiblichkeit in gnostischen Texten
1.2 Zu Methode und Forschungsstand

2.0 Zu den Quellen

3.0 Weiblichkeit im Kosmos
3.1 Männlich und weiblich: Konträr oder komplementär?
3.2 Weibliche Schöpfer und Schöpfungsmittler
3.3 Die planende Weiblichkeit

4.0 Göttliche Weisheit
4.1 Die neugierige und die gefallene Sophia
4.2 Gerettete und rettende Sophia
4.3 Achamoth oder die „untere Sophia“

5.0 Irdische Weisheit: Eva und Norea
5.1 Eva und Norea im „Wesen der Archonten“
5.2 Eva in „die Apokalypse Adams“
5.3 Eva in der Schlangengnosis: Ophiten und Naassener

6.0 Schlußbemerkung: Die Gnosis und die Frauen

7.0 Bibliographie

1.0 Einleitung: Was ist Gnosis?

Gnosis - ein kleines Wort und eine außergewöhnliche Wirkungsgeschichte. Es gibt eine Reihe von Thesen über die Herkunft der Gnosis[1] und viele Spuren gnostischen Denkens durch die Philosophien der nachfolgenden Zeiten[2]. Man spricht von heidnischer, jüdischer und vor allem christlicher Gnosis. Aber „Gnosis minus Christentum ist Gnosis“[3], es gibt einen eigenständigen gnostischen Kern, der sich durch die verschiedenen Richtungen und Ausprägungen zieht.

Was aber ist Gnosis? Schon diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn „Über die Frage, was Gnosis eigentlich sei, herrscht unter den Gelehrten das, was rechtmäßig zu erwarten ist: Uneinigkeit.“[4]

Gnosis ist ein griechisches Wort und bedeutet Erkenntnis. Diese Erkenntnis ist eine intuitive Erkenntnis, eine Erkenntnis, die aus Kleinigkeiten das gesamte Bild entwickeln kann. Eine Erkenntnis, die über das rein verstandesmäßige Erfassen hinausgeht. So sagt der Gnostiker Simon:

„Es ist wahr, daß in diesen Wissenschaften, die allgemein üblich sind, jeder, der nicht gelernt hat, auch nicht Kenntnis hat, in Sachen der Gnosis aber hat einer gelernt, sogleich wie er gehört hat.“[5]

Ist Gnosis eine Religion? Ist sie eine Philosophie? Eine politische Bewegung[6] ?

Gnosis ist vielleicht eine Reaktion auf eine aussichtslos scheinende gesellschaftliche und soziale Situation, eine Flucht aus der Welt, in die man hineingeworfen scheint und der man nicht entrinnen kann:

„(...) Versteht man aber unter revolutionär (...) eine Haltung, die eine überkommene Wertordnung, gegen deren Herrschaft sie aufsteht von einer neuen Sinngebung her aus den Angeln hebt und durch eine total andere ersetzt; die ebenso umfassend, nämlich in den Grundlagen, neustiftet wie verneint – dann ist die Gnosis in eminentem Maße revolutionär (...). Die Welt ist dabei nur negatives, nicht auch positives Objekt ihrer Ausrichtung: ihr unbedingtes `Wogegen´; weltliche Realität soll nicht durch weltliche Realität ersetzt werden, und nicht `Bedingungen´, sondern Inhalt des Zusammenlebens, vor allem aber der innersten einzelnen Existenz wird durch ihre Revolution zugleich mit dem ideellen Akt schon de facto verändert. Daß dies von einer neuen universalen Seinsinterpretation aus geschieht, einer eigenen Ontologie, die nicht nur entwertet, sondern umwertet und wurzelhaft neue Positivitäten stiftet, macht erst das Schöpferisch-Revolutionäre, während einfach Verneinung der geltenden Werte bloß pessimistische Abkehr bedeuten könnte.“[7]

Die der gnostischen Bewegung zugrundeliegende Motivation läßt sich aber auch ganz anders interpretieren:

„Der erste Beweggrund für diese Texte und damit das Auslösungsmoment für das Phänomen der historischen Gnosis ist m. E. Freude und grenzenloser Jubel. Beides rührt daher, daß die Autoren die `Gnosis´ eines transzendenten Gottes erfahren haben und sich ihm als zutiefst zugehörig erfahren, mehr noch: sich in ihrem eigentlichen Selbst als mit diesem Gott identisch erkennen. Das bedeutet Erlösung von dieser Welt und ihren Zwängen. Davon reden die gnostischen Texte, daher der Jubel.“[8]

Jubel oder Verzweiflung: die Gnosis selbst legt sich nicht fest. Sie bewegt sich im Schnittfeld zwischen Theologie und Philosophie und stand so in direkter Konkurrenz zum Neuplatonismus und dem frühen Christentum.

„Die christlichen Evangelien, die in der hellenistischen Welt in griechischer Sprache erschienen, waren alle mehr oder weniger von gnostischen Motiven erfüllt oder durchsetzt. Der Apostel Paulus lebte im Weltbild der Gnosis und dachte in ihren Formen. Als die Eigenart des Christentums in dem Meere gnostischer Weisheit unterzugehen drohte, erhob sich der Widerstand. Der Kampf gegen die Gnosis, die gefährlichste aller Häresien, begann, und wenn wir heute von Gnosis sprechen, so verstehen wir darunter immer noch zunächst die christliche Gnosis, die in der Christenheit selbst der Kirche erwachsene Feindin, gegen die die Kirchenväter mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu Felde zogen.“[9]

Was ist das Eigentliche, das Attraktive der Gnosis, das sie zu einer so gefährlichen Feindin des Christentums machen konnte? Was kennzeichnete die Gnostiker im Gegensatz zu Christen und neuplatonischen Philosophen? In einem Definitionsversuch heißt es:

„Das vorliegende Buch handelt von Menschen, die weder bereit waren, bei der Suche nach Sinn ihre Vernunft aufzugeben und sich blindem Glauben zu überlassen, noch auf die Suche nach einer Theorie des Heils verzichten mochten. Es handelt von Philosophen und Gläubigen, die der Trennung von Religion und Wissenschaft, von Glaube und Wissen von allem Anfang an skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden und in immer wieder neuen Anläufen ein Wissen zu erreichen suchten, das ihnen einen Weg zum Heil garantierte. Anders als die reinen Philosophen begnügten sich diese denkenden Trostsucher nicht mit Versuchen, gut zu leben, sondern strebten nach dem Heil; anders als die Gläubigen waren sie nicht bereit, ihre Vernunft zu opfern. Die Geheimnisse Gottes und der menschlichen Existenz galten ihnen nicht als scheu zu wahrende Heiligtümer, sondern als Herausforderungen, die es mutig und gelassen zu bezwingen galt. Der Durst nach rettendem Wissen ließ sie zum Gegner all jener werden, die mit der Unterscheidung von Glauben und Wissen zugleich die absolute Unterschiedlichkeit von Gott und Mensch, von Schöpfer und Geschöpf behaupteten und dabei zugleich die Anerkennung der Schöpfung als gut einforderten. Der Durst nach dem rettendem Wissen war von einer tiefen Überzeugung bewegt; daß die Welt böse, das Leiden in ihr unerträglich und die Welt im ganzen daher nicht nur schlecht, sondern auch gar nicht von Gott geschaffen sein konnte.“[10]

Durch diese Überzeugung der Gnostiker hob sich die Gnosis von ihrer weitgehend hellenistisch geprägten Umgebung ab.

„Das Griechentum war ein grandioser Ausdruck der Weltheimischkeit gewesen und alles in seiner „Theorie“ diente deren Sicherung, dem festen Einbau des Daseins in die gegenständliche Anschauungs- und Wertwelt. Von der „Idee“ Platos, die das Vollgültige und Unvergängliche am Bestande dieser Welt, eben ihre vorbildlichen Formen, einer liebend-enthusiastischen Zuwendung darbot, über den aristotelischen „Nus“ als die vergöttlichte Form der Seinsgesetzlichkeit, die vom individuellen Nus schauend angeeignet werden kann, bis zum Logos der Stoa, der seiner Funktion nach sein Erbe ist, hatten die leitenden Symbole der Weltauslegung diesen Grundsinn innegehalten.(...) Das gilt auch noch für die Zeit der späteren Antike, als die ursprüngliche Voraussetzung für dies tiefe Einverständnis mit dem Sein längst nicht mehr bestand.“[11]

Dagegen ist die Gnosis gekennzeichnet durch etwas vollständig anderes, durch „ungeheure Daseinsunsicherheit, Welt-Angst des Menschen, Angst vor der Welt und vor sich selbst.“[12]

Es entstehen Begriffe wie „in der Welt sein, dem ein Außer-der-Welt-sein-Können entspricht“ und „von der Welt sein, im Gegensatz zu von Gott sein.“[13]

Auch die Differenz zu Judentum und Christentum wird deutlich, denn die Frage nach dem Ursprung dieser als böse erkannten Welt, die „wie ein Vorsprung der Irrationalität ins Meer der göttlichen Weisheit“[14] ragt, bringt die Theologie in eine argumentative Krise: „Entweder trägt der Schöpfergott die Verantwortung für den Zustand „dieser Welt“ – dann brütet das Irrationale in ihm selbst und vernichtet seine Einheit und Güte; oder aber seine Weisheit und Bestheit sollen als intakt gelten – dann muß er von der Direktverantwortung für „diese Welt“ entbunden werden; er darf das „Bestehende“ nicht mehr so beabsichtigt und geschaffen haben wie es jetzt erscheint.“[15]

Auf Grund dieser Fragestellung – und nicht erst auf Grund der Antwort – müssen die Gnostiker zwangläufig zu den Häretikern gerechnet werden. So werden sie denn auch in der frühen christlichen Literatur, deren Vertreter sich vehement gegen die gnostische Trennung von ursprünglichem anfänglichem Gott und Demiurgen, dem Schöpfer der bekannten Welt, wehren, ausführlich behandelt. Wichtige Quellen zur Gnosis finden sich bei den sogenannten Kirchenvätern, deren Äußerungen aber durchaus nicht als objektive Berichterstattung gemeint und aufzufassen sind und die bis zu dem Fund der gnostischen Originalschriften bei Nag-Hammadi als polemisch-demagogisch übertrieben galten. Seit diesem Fund weiß man, daß es sich zwar um polemische, aber durchaus nicht unzutreffende Darstellungen handelt.

Auch von dem Neuplatoniker Plotin sind heftige, abwehrende Kommentare überliefert:

„(...) sie führen da Weltentstehungen und gänzliche Untergänge ein und mäkeln an dieser unserer Welt und werfen die Gemeinschaft mit dem Leibe der Seele als Schuld vor, bekritteln den Regenten dieses Alls, setzen die Seele mit dem Schöpfer in eines und schreiben der Gesamtseele die gleichen Affektionen zu wie den Teilseelen.“[16]

Diese heftigen Reaktionen könnten am „gnostischen Temperament“ liegen. Denn „Zur Gnosis disponiert ist jemand, dem es in Wahrheitsfragen darauf ankommt, eher klug als fromm zu sein. Zur verdammten Klugheit der Gnosis gehört es, auf einen bösen Schöpfer böse sein zu können; wer gnostisch aufgelegt ist, versteht sich darauf, den Werken eines konfusen Demiurgen mit der begnadeten Kaltblütigkeit dessen zu begegnen, der das kosmische Machwerk nach einer nur vorübergehenden Eingenommenheit für es durchschaut. Daher die häretische Sympathie für kluge Schlangen, rebellische Engel und luziferische Paradoxe.“[17]

Gnosis ist aber auch die Ansicht des eigenen Ichs.[18] So heißt es bei Monoimos:

„Gib es auf, dir über Gott und Welt et cetera das Gehirn zu zermartern. Sortiere dich selbst heraus aus dir. Lerne festzuschreiben, wer derjenige ist, der alles in dir rundweg für sich reklamiert; der bestimmt: Mein Gott, mein Verständnis, mein Denken, meine Psyche, mein Körper. Lerne aufzudröseln: Woher kommen Depression und Gelöstheit, Liebe und Hass? Woher kommt die Schlaflosigkeit und das Schlafenmüssen, ohne beides zu wollen? Woher Wut- und Gernhaben, ohne je eines zu wollen? Wenn du dies präzis überschlagen hast, dann erst wirst du dich selber finden. In dir. Das ist das Eine, das ist das Viele. Das ist das Jota! Nur so wirst du den Ausweg aus dir selber finden.“[19]

Dort sind dann auch die Antworten auf die berühmten Fragen „Wer waren wir? Wer sind wir geworden? Wo waren wir? Wohinein sind wir geworfen? Wohin eilen wir? Wovon sind wir befreit? Was ist Geburt? Was Wiedergeburt?“[20] zu suchen.

Gnosis trennt Gott und die Welt. Der Gott der Gnosis hat nichts mit der Erschaffung der Welt zu tun. Er befindet sich in einer von Menschen nicht begreifbaren Position jenseits der Schöpfung. Er ist nicht mit den Sinnen, aber auch nicht mit dem Verstand zu erfassen. Häufig heißt er Bythos ( Urgrund), der mit einem weiblichen Prinzip Sige ( Schweigen) dieses Unnennbare, Unerfassbare bildet.

Der Schöpfergott dieser Welt, der Demiurg, ist dagegen weder allmächtig noch allwissend, was sich an dem Resultat seiner Schöpfung, der unvollkommenen; „bösen“ Welt, in der die Menschen leben, zeigt.

Der Mensch, Ergebnis dieser fehlerhaften Schöpfung, besteht aus dem Körper, der der Materie (Hyle) verhaftet ist, und einem göttlichen Teil, dem Geist oder der Seele. Diesen göttlichen Teil, der auch das Selbst genannt wird, verdankt er dem Eingreifen einer Wesenheit des Pleromas, was zwar die Unvollkommenheit der Schöpfung nicht aufhebt, aber eine kleine Hoffnung offen läßt. Manchmal nimmt die Seele, Psyche, auch nur eine Mittlerrolle ein, so daß auch sie in der Hyle verweilen muß. Das Selbst, das das Göttliche in sich trägt, ist unveränderlich göttlich. Es gehört nicht zur Welt. Es ist das „Gold im Schmutz.“

„Nun besagt das Bild von dem „Gold“, daß das damit angedeutete „Selbst“ im Menschen zur Sphäre Gottes gehört. (...) Das Göttliche im Menschen wird nicht verdorben, auch wenn es sich dort aufhält. Das Göttliche im Menschen kann in seiner Qualität nicht verändert werden, es ist „gut“. Meist (...) wird davon gesprochen, daß, wer das Göttliche besitzt, mit ihm auch mit Notwendigkeit in die jenseitige Sphäre des Göttlichen eingehen wird.(...) Jedenfalls aber kann das „Selbst“, dieser Kern im Menschen, die Seele oder der Geist, nicht durch irgendwelches Mühen des Menschen erst geschaffen werden; er ist da oder er ist überhaupt nicht vorhanden. Das Entscheidende muß der Mensch nicht erst tun, sondern er hat es, besser: er ist es.“[21]

Das Problem, wie und warum diese böse Welt entstanden ist, löst die Gnosis, indem sie eine Art kosmischen „Sündenfall“ annimmt, durch den der unwissende, überhebliche Demiurg entsteht. Die Frage, wie das Göttliche in den unvollkommenen Menschen gelangt ist, wird unterschiedlich beantwortet.

Wichtig ist zunächst nur, daß es dieses Göttliche im Menschen gibt. Dadurch ist der Mensch nicht mehr prinzipiell von Gott unterschieden, sondern nur durch widrige Umstände in die Materie gelangt, in der er nun festgehalten wird. Es reicht nämlich nicht, ein göttliches Selbst zu besitzen, sondern dieses Selbst muß auf irgendeine Art und Weise wieder in die göttliche Sphäre, in das Pleroma, zurückkehren.

Allerdings kann es sich nicht aus eigener Kraft befreien, auch das eigene Ich des Menschen kann das nicht, sondern es muß aus dem Pleroma gerufen werden. Die Hilfe kommt in „einem Ruf, der die Selbstvergessenheit des Menschen durchbricht, der Betäubung ein Ende macht und die Gefangenschaft beendet.“[22]

Dieser Ruf führt zunächst „nur“ zur Erkenntnis des Menschen, daß er zur göttlichen Sphäre gehört; er kann dem Menschen seinen Stellenwert, seine Bedeutung im Gegensatz zu der als böse und häßlich empfundenen vor Augen führen.

Aber er führt noch nicht zu seiner Erlösung, denn erst die Trennung des Selbst von seinem materiellen Körper, also der Tod und darüber hinaus die Vernichtung der materiellen Welt am Ende der Welt, führt den Gnostiker (wieder) in die Lichtwelt.[23]

Wirklichen Einfluß auf ihre Erlösung haben die Gnostiker nicht; sie müssen sie erwarten. Keine Opfer, keine guten Taten, keine asketischen Lebensgewohnheiten, keine Meditation, keine Rauschmittel können den Menschen auf diesem Weg unterstützen.

„Die Gnosis führt den Menschen zur Selbsterkenntnis, sie lehrt ihn aber nicht, in einem mystischen Erlebnis die Freiheit vom Körper zu erleben; sie ist Erkenntnis, nicht Erleben.“[24]

1.1. Die Weiblichkeit in gnostischen Texten

Gnostische Texte sprechen von der Selbsterkenntnis des Menschen und seinem Unvermögen, sich in einer als böse empfundenen Welt heimisch zu fühlen. Der Aufbau dieser Texte ist ähnlich, so unterschiedlich auch die einzelnen Richtungen sein mögen. Es ist auffällig, daß sich in den meisten gnostischen Texten starke weibliche Prinzipien finden, die in der Kosmogonie zentrale Rollen einnehmen.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung und die Funktion dieser weiblichen Prinzipien zu untersuchen. Zweitrangig ist dabei die Frage, inwieweit diese Auffassungen sich in Gegensatz zu Judentum oder Christentum befinden. Zweitrangig ist auch, ob es sich bei der Gnosis um eine Religion oder eine Philosophie handelt. Leider ist auch zweitrangig, inwieweit und inwiefern diese weiblichen Prinzipien sich im realen Leben, im praktischen Alltag der Gnostiker niedergeschlagen haben. Leider deshalb, da es so gut wie keine historischen Daten über gnostische Gruppen und Gemeinden gibt.[25]

Interessant ist, aus welchen unterschiedlichen Bildern und von welchen unterschiedlichen Einflüssen sich die gnostische Weiblichkeit herleiten läßt.

Interessant ist vor allem, ob bei der Verarbeitung verschiedener Einflüsse ein neuer, selbständiger Weiblichkeitsbegriff entstanden ist und wenn ja, wodurch dieser gekennzeichnet ist.

Die Besonderheiten des gnostischen Weiblichkeitsbegriffs werden anhand ausgewählter Texte untersucht. Diese Texte stammen sowohl aus den Berichten der „Kirchenväter“ als auch aus der 1945 nahe bei Nag Hammadi gefundenen Textsammlung koptischer Originalschriften.[26]

Es gibt verschiedene Bereiche, in denen sich auffallende weibliche Prinzipien finden, die hier untersucht werden sollen:

1. Wie wird die ursprüngliche göttliche Kraft beschrieben? Welches Gottesbild liegt der Gnosis zugrunde?

Man kann im Prinzip drei Gruppen gnostischer Texte unterscheiden:

Die erste Kosmogonie berichtet von einer mann-weiblichen oder besser einer geschlechtlich nicht differenzierten Kraft am Anfang, aus der heraus eine Reihe von Hypostasen dieser Kraft entstehen. Diese Hypostasen werden Äonen, also Welten, genannt. Die Äonen entstehen paarweise, mit jeweils einem männlichen und einem weiblichen Partner. So entsteht beispielsweise zu Beginn ein Paar namens Nus und Ennoia.

Wenn man Nus als den Verstand übersetzt und Ennoia als den Gedanken, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Partner dieses Paares zueinander. Nus als das männliche Prinzip und Ennoia als das weibliche Prinzip können verschiedene Positionen zueinander haben. Wenn man von der jüdisch-christlichen Theologie ausgeht, müßte man das weibliche Prinzip als ein aus dem männlichen Prinzip abgeleitetes betrachten. Das Weibliche gilt dort als das „Andere“, wobei der Begriff „anders“ voraussetzt, daß es etwas „Erstes“ oder „Ursprüngliches“ geben muß. Es stellt sich nun die Frage, ob das Verhältnis von Nus und Ennoia und der anderen Paare zueinander unter ähnlichen Vorzeichen betrachtet werden muß oder ob hier eine grundlegend andere Betrachtungsweise vorliegt.[27]

Eine zweite Gruppe von Gnostikern, vor allem die um Valentinus, geht von einer göttlichen Zweiheit aus, Bythos und Sige, die sowohl männlich als auch weiblich bestimmt ist. „Valentinus begründet dies damit, daß Schweigen die angemessene Ergänzung zum Vater ist, wobei er wegen des grammatikalischen Geschlechts der griechischen Wörter ersteres als männlich, zweiteres als weiblich bestimmt.“[28]

Eine dritte Gruppe führt den Beginn auf eine weibliche Urgestalt zurück, die als „Barbelo“ bezeichnet wird. Aber auch Texte, die von einer kosmischen „Protennoia“ sprechen, gehen von einem weiblichen Schöpfungsprinzip aus.

Einig sind sich alle Gruppen darin, daß die Ursprungsgottheit nicht nur männlich oder weiblich sein kann, sondern beides beinhalten muß, und beschreiben diesen Ursprung auch in entsprechenden Begriffen.

„Die Vertreter der verschiedenen Ansichten stimmen aber darin überein, daß das Göttliche in den Kategorien einer harmonischen, dynamischen Beziehung von Gegensätzen verstanden werden muß – eine Vorstellung, die der östlichen Ansicht von yin und yang verwandt sein könnte, dem orthodoxen Judentum und Christentum jedoch fremd blieb.“[29]

Interessant ist hier, welche Eigenschaften dem Weiblichen und welche dem Männlichen zugeordnet werden und welche Funktionen und Aufgaben als weiblich und als männlich betrachtet werden.

2. Die dem Urgrund entspringenden Äonen tragen Namen, die als Bezeichnung der Hypostase des Göttlichen fungieren. Die Namen für die weiblichen Hypostasen entstammen auffälligerweise meistens dem Bereich der Planung und des Denkens, einem Bereich also, der in anderen Religionen und in der Philosophie nicht unbedingt dem Weiblichen zugeordnet wird. Die weiblichen Hypostasen werden hier nicht mit den typisch weiblichen Funktionen wie Fruchtbarkeit, Schwangerschaft, Geburt und Fürsorge für die Familie in Verbindung gebracht, sondern mit denkenden und handelnden Aspekten des Lebens wie „Ennoia“ (Gedanke) und „Enthymesis“ (Überlegung), aber auch mit eher abstrakten Begriffen wie „Sophia“ (Weisheit) und „Aletheia“ (Wahrheit).

Kann es sich bei dieser Namenswahl um eine rein „zufällige“ Erscheinung handeln oder verbirgt sich dahinter eine Art Programm?

3. Ein wichtiger Begriff in der Gnosis ist „Pneuma“(Geist). Pneuma ist griechisch und bezeichnet später in der lateinischen Übersetzung „Spiritus“ den „Heiligen Geist“ im Christentum. In der Gnosis bezeichnet Pneuma das allgemein Göttliche, so auch die Spuren des Göttlichen, die sich dem Menschen in verschiedenen Formen darstellen. Pneuma ist die griechische Übersetzung von „Ruah“ (rwh), einem hebräischen Begriff, der in der Bedeutung „Geist“ meistens in seiner weiblichen Form verwendet wird.[30] Der Geist, der während der Schöpfung bei Gott ist, der die Brücke zwischen Mensch und Gott bildet, ist grammatikalisch weiblich und hat eine lange Zeit der Umdeutung hinter sich.

Welche Bedeutung hat die Tatsache, daß „Ruah“ weiblich ist, in der Gnosis?

4. Gnostische Texte beziehen sich fast alle auf die Schöpfungsgeschichte des Ersten Testamentes, auf Genesis 1,1 – 3,23, einige auch auf Genesis 4,1 - 4,26. Die Paraphrasierung und Interpretation dieser Texte unterscheidet sich allerdings in wesentlichen Aspekten von der christlich-jüdischen. Während die orthodoxe Exegese Wert darauf legt, daß das „Böse“ sich in der Schlange und in dem weiblichen, später geschaffenen Menschen Eva manifestiert, findet man in gnostischen Texten eine andere Gewichtung, die dieses „Böse“ entweder dem Demiurgen selbst oder „finsteren Mächten“, den Archonten, zuordnet. Eva und die Schlange übernehmen eine andere, positive Funktion. Darüber hinaus gibt es eine weitere Manifestation der göttlichen Weisheit auf irdischer Ebene: Evas Tochter Norea, die im Ersten Testament mit keinem Wort erwähnt wird. Sie spielt in einigen gnostischen Texten eine wesentliche Rolle für das Weiterbestehen der Menschheit und die Möglichkeit ihrer Erkenntnis.

5. Die Gnosis kennt eine Art kosmischen „Sündenfall“. Er wird verursacht von einem weiblichen göttlichen Äon namens Sophia, der nach Erkenntnis, Gnosis, strebt, sie aber nicht erreichen kann. Ein Nebenprodukt dieses Strebens nach Erkenntnis ist der Demiurg, der seinerseits überzeugt ist, allmächtig zu sein und so schöpferisch tätig wird, indem er die Welt und den Menschen erschafft.

Sophia bedeutet im Griechischen Weisheit und diese Bezeichnung steht in krassem Widerspruch zu ihrem Verhalten und dessen Konsequenzen. Es handelt sich entweder um eine völlig sinnlose Bezeichnung oder um eine „neuartige vernichtende Ironie gegen die Weisheit“[31] oder um einen tieferen Sinn, der sich nicht sofort erschließt. Die griechische Tradition des Sophiabegriffs als einer umfassenden Weisheit, die Zusammenhänge auch intuitiv erschließt, legt allerdings eine oberflächlich „sinnlose“ oder „sinnwidrige“ Bezeichnung nicht nahe.

Die von der Sophia abgespaltene Überlegung oder Leidenschaft gelangt nach manchen Quellen als eine Art „unvollständige Sophia“ in die Sphäre außerhalb des Pleromas. Dort heißt sie „Achamoth“, was sich auf den hebräischen Begriff für Weisheit „Chockma“ zurückführen läßt. Chockma steht für die jüdische Weisheit, die das weibliche Prinzip bei der Schöpfung war, die zeitgleich mit Gott existiert und die auch als eine Art Mittlerin zwischen Gott und den Menschen fungiert.

Beide Begriffstraditionen bilden den Hintergrund für die gnostische Sophia und verweisen, zusammen mit ihrer prominenten Position in der gnostischen Kosmogonie, auf eine zentrale Bedeutung der Weisheit in und für die Schöpfung.

Da gnostische Texte höchst unterschiedliche, teilweise widersprüchliche und verwirrende Aussagen machen, kann man nicht von einem einheitlichen Bild und nicht von einer klar erkennbaren Lehre und Auffassung sprechen. Das gilt in gleichem Maße natürlich für die Behandlung und Bewertung von Weiblichkeit. Es lassen sich mit Leichtigkeit gnostische Texte finden, die ausgesprochen traditionelle Werturteile vertreten oder die bereits so christianisiert sind, daß die ursprünglich weiblichen kosmischen Prinzipien entweder gar nicht mehr oder in einer maskulinen Form erscheinen. Für die vorliegende Arbeit wurden daher nur gnostische Richtungen und Texte ausgewählt, die einen Anhaltspunkt für einen eigenständigen Weiblichkeitsbegriff bieten und daher interessant erscheinen, ohne daß der Anspruch auf eine umfassende, vollständige Darstellung des gnostischen Weiblichkeitsbegriffs erhoben werden kann.

1.2 Zu Methodik und Forschungsstand

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den weiblichen Hypostasen in der gnostischen Kosmogonie und geht von der Prämisse aus, daß es eine wesentliche Rolle spielt, ob die Benennung einer Hypostase mit einem femininen oder einem maskulinen Begriff erfolgt.

Die grundsätzlichen Fragen, die sich zu Beginn dieser Untersuchung stellen, sind:

Wie entstehen männliche und weibliche Unterscheidungen, durch reinen Zufall, durch Absprache, durch unbewußtes oder bewußtes Abbilden der Wirklichkeit?

Wie können abstrakte Begriffe geschlechtliche Unterscheidungen wiederspiegeln?

Macht es einen inhaltlichen Unterschied, ob es „der“ Geist oder „die“ Geist“ heißt?

Spielt es irgendeine Rolle, ob eine Hypostase feminines oder maskulines Geschlecht hat?

Wenn ja, welche?

Kann man von der Bezeichnung auf die Funktion schließen?

Um diese Fragen zu beantworten, muß man verschiedene Fachrichtungen bemühen und bleibt doch im wesentlichen ratlos. „Zahlreiche Erkenntnisse aus Linguistik, Psychologie und Soziologie vermitteln den Eindruck, die menschliche Sprache wäre recht gut erforscht. Dennoch bleiben viele Fragen offen. Kennen wir ihren Ursprung? Haben alle menschlichen Sprachen (...) etwas Gemeinsames? Gibt es, wie der Philosoph Leibniz annahm, eine Universalsprache? Ist die Sprache ein Abbild der Wirklichkeit oder ist sie Ausdruck des Gedankens? Gibt es eine Relation zwischen Denken und Sprechen? Wie entstehen Bedeutungen?“[32]

Es gibt sehr unterschiedliche Theorien darüber, wie Sprache entstanden ist, wie sie strukturiert ist und wie die einzelnen Begriffe ihre Bedeutung erlangt haben. Schon Platon stellt die Physei-These, nach der die Wörter den Dingen unmittelbar zugehörig seien, der Nomo-These, nach der die Bedeutung der Wörter auf reiner Konvention beruhe, gegenüber, ohne eine Klärung herbeiführen zu können.[33]

In der allgemeinen Linguistik und der Sprachphilosophie scheint sich das Problem der sprachlichen Behandlung und Verwendung des (grammatikalischen) Geschlechts nicht zu stellen:

„Die herkömmliche Sprachwissenschaft kann solche und ähnliche Fragen nicht beantworten, weil sie sie nicht stellt. Das ist auch kein Wunder, denn sie wird, wie jede Wissenschaft, überwiegend von Männern verwaltet. Und warum sollten Männer ohne Not einen Tatbestand als Problem erkennen und behandeln, der ihnen nur Vorteile bringt?“[34]

Im Bereich der sogenannten „feministischen Linguistik“ gibt allerdings einige Versuche, das Phänomen zu beschreiben und zu analysieren.

Die Linguistin Senta Trömel-Plötz schreibt über den heutigen Gebrauch der deutschen Sprache: „Sprache der Macht heißt konkret Sprache der Mächtigen, und Macht der Sprache bedeutet nichts anderes, denn der Sprache von Unterdrückten, von Machtlosen, von Ohnmächtigen kommt keine Macht zu - sie sind ohne Sprachmacht ...“[35]

Hier wird der alltägliche Gebrauch und die alltäglichen Erscheinungsformen von Sprache als Instrumente der Macht definiert, die bewußt eingesetzt werden.

„Die Mächtigen haben seit jeher dafür gesorgt, daß nur sie im Besitz der Sprache bleiben, daß nicht andere sich die Sprache aneignen, ihnen die Sprache absprechen. Sie haben es durch Sprachmacht und Sprachgewalt getan, d.h. durch Verbote und Gebote. Wir nennen sie deshalb auch die Sprachgewaltigen. Ein Beispiel eines Sprachverbotes ist: ´Zu lehren gestatte ich der Frau nicht.`“[36]

Eine andere Linguistin, Luise Pusch, die sich ebenfalls mit den Erscheinungsformen und Auswirkungen der deutschen Sprache beschäftigt, stellt einen Fragenkatalog auf, der durchaus auch auf andere Sprachen und Untersuchungen anwendbar ist:

„ 1. Wie kommt es, daß die deutsche Sprache so ist? War sie schon immer so? Welche Personen/ Personenkreise/ gesellschaftlichen Strömungen/ geschichtlichen Ereignisse/ didaktischen Maßnahmen/ sprachregelnden Verordnungen usw. sind möglicherweise für ihren heutigen Zustand verantwortlich?
2. Sind andere Sprachen auch so?
3. Wieso sind weibliche Bezeichnungen für Männer untragbar, männliche Bezeichnungen für Frauen jedoch nicht?
4. Welche anderen Bereiche der Sprache - außer den Personenbezeichnungen - sind noch männlich geprägt?
5. Welche psychischen, kognitiven, gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen hat es für (...) Frauen, daß (...) Muttersprache eine Fremdsprache ist?
6. Welche psychischen, kognitiven, gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen hat es für Männer, daß ihre Muttersprache eine Vatersprache ist?“[37]

Beide Analysen beziehen sich auf den generischen Gebrauch maskuliner Begriffe im Deutschen, der dazu führt, daß auch Frauen unter maskulinen Begriffen subsumiert werden können. So wird eine gemischtgeschlechtliche Gruppe von Studenten und Studentinnen im allgemeinen als „Studenten“ und nicht als „Studentinnen“ bezeichnet. Im Deutschen und auch in anderen Sprachen gilt diese Verwendung als durchaus normal und folgerichtig, während es doch eigentlich eine ganz bestimmte Denkweise offenbart. „Diese in der sprache zum vorschein kommende weltanschauung, nach welcher das männliche als etwas ursprüngliches und das weibliche als etwas abgeleitetes aufgefaßt wird, verstösst gegen die logik und gegen das gerechtigkeitsgefühl.“[38]

Für die vorliegende Arbeit bedeutet das aber im Umkehrschluß, daß, wenn der allgemeine Gebrauch von männlichen Bezeichnungen eine zu analysierende Bedeutung hat, so muß umgekehrt der betonte Gebrauch von sowohl männlichen als auch weiblichen Bezeichnungen ebenfalls eine tiefere Bedeutung haben.

Die Linguistik, auch die feministische, allein kann diese Fragestellung nach dem tieferen Sinn von Sprache nicht beantworten. Die Sprachphilosophie dagegen beschäftigt sich mit der Bedeutung, die sprachliche Phänomene im gesellschaftlichen und weltanschaulichen Gefüge haben und versucht die bestehenden Zusammenhänge aufzudecken.[39]

Man muß die Kultur beim Wort nehmen, so wie sie uns in ihr Wort nimmt, in ihre Sprache. Ihr versteht, warum ich meine, daß eine politische Reflexion der Sprache stattfinden kann, nicht ohne eine Beschäftigung mit der Sprache. Von Anfang an wird man in die Sprache hineingeboren und die Sprache spricht zu uns, die Sprache diktiert uns ihr Gesetz, das ein Gesetz des Todes ist: sie diktiert uns ihr Familienmodell, sie diktiert uns ihr Ehemodell(...).“[40]

Der postmoderne oder auch dekonstruktivistische Ansatz führt die Kategorisierung und die daraus resultierende Gleich- bzw. Ungleichbehandlung von Frauen und Männern auf sprachliche Konstruktionsprozesse zurück. Ein Zugang zu Objekten besteht nur über deren sprachliche Definition, so daß es keine Realität jenseits von sozialen Konventionen im Rahmen der Sprache geben kann. Die Funktion von Sprache ist also nicht die Feststellung von Realität, vielmehr bezweckt sie die Hervorbringung von Definitionen und deren Verdeutlichung und Aufrechterhaltung.[41]

Es wäre demnach nicht vorstellbar, wenn sich die Benennung von göttlichen Kategorien völlig losgelöst von soziokultureller Realität und vorherrschenden Denkstrukturen präsentierte und keine Funktion erfüllte. Danach wäre erwiesen, daß die deutliche Unterscheidung von femininen und maskulinen Hypostasen in der gnostischen Kosmogonie einen tieferen Sinn haben muß, denn es wäre sicherlich kein Problem gewesen, eine rein männliche Kosmogonie zu schaffen, oder dem Ursprungsgott und seinen Emanationen rein männliche Epitheta zu geben. Im Ersten Testament findet sich eine Vielzahl von Spuren, die darauf hindeuten, daß ursprünglich weibliche Gottheiten oder göttliche Eigenschaften „maskulinisiert“ wurden und so dem einzigen Gott Jahwe zugeordnet werden konnten.[42] Hierbei muß man sich genauer mit den verschiedenen Bereichen der Theologie befassen, die dazu sehr unterschiedliche Standpunkte vertreten.

Einer dieser Standpunkte sei an dieser Stelle etwas ausführlicher zitiert, um die Differenzen zu verdeutlichen. Er stammt von einer Theologin, die sich intensiv mit Weiblichkeit im Christentum beschäftigt:

„ Manche feministische Theologinnen sehen auch im weiblichen Genus der Wörter einen Hinweis auf die weiblichen Züge des biblischen Gottes: Der Geist Gottes heißt hebräisch „die“ ruach, und das Erbarmen, von dem in den Texten immer wieder die Rede ist, heißt „die“ rächäm und kann zudem in seiner Grundbedeutung mit „Mutterschoß“ übersetzt werden.“[43] Klingt diese Aussage noch relativ neutral, so folgt schon wenige Sätze später die klare Ablehnung dieses methodischen Ansatzes:

„Dennoch bleibt die Frage, ob das auch redlich und sinnvoll ist. Ohne Zweifel überwiegen in den biblischen Texten die männlichen Bezeichnungen der Eigenschaften und Handlungsweisen Gottes. Dementsprechend wirken die feministischen Bemühungen um das weibliche Gottesbild auch ein wenig gezwungen, besonders dort, wo mit dem Genus der Wörter argumentiert wird. Das Wort „Geist“ z.B. weist in den verschiedenen Sprachen alle Geschlechter auf: In der deutschen Sprache ist er männlich, in der griechischen sächlich, in der hebräischen weiblich; im Englischen haben Nomina überhaupt kein Genus.“[44]

Dieses Argument wiegt schwer und man muß es berücksichtigen, denn tatsächlich haben die Wörter in den verschiedenen Sprachen durchaus verschiedene Genera und so läßt sich eine sprachübergreifende Aussage wohl nicht plausibel herstellen, vielleicht aber eine sprachvergleichende. Außerdem widerspricht dieses Argument nicht dem Versuch einer Analyse von femininen und maskulinen Wörtern innerhalb einer einzigen Sprache.

Weiter heißt es:

„Was also ist mit dieser Argumentation gewonnen, wenn man dazu bedenkt, daß z.b. „Macht“, „Gewalt“ oder „Größe“ weiblichen Geschlechts sind, obwohl nach feministischem Urteil von engstem Bezug zum Charakter des Männlichen; und das nicht etwa nur im Deutschen: Im Hebräischen ist nicht nur das Schwert weiblich, sondern sogar die „geburah“ - die Manneskraft.

Zudem ist es nicht ungefährlich und widerspricht feministischem Grundinteresse, wenn durch die Aufsplitterung von männlichen und weiblichen Eigenschaften Gottes der üblichen Rollenfixierung Vorschub geleistet wird: Über das Gebären hinaus gelten hier wieder sehr einseitig die liebende Fürsorge, die Nachsicht, das Kleiden, Nähren, der Haushalt als typisch weiblich, Recht, Gesetz, Zorn, Strafe, Kampf als typisch männlich.“[45]

Abgesehen davon, daß diese Aussage einen klaren Widerspruch enthält, wird hier erkennbar, daß der Wert und die Anwendbarkeit einer Methode von ihrem Nutzen bzw. ihren zu erwartenden Ergebnissen her bewertet wird. Ein für die Prämisse möglicherweise negatives Ergebnis kann und darf aber nicht die Methode diskreditieren. Außerdem läßt sich die Frage stellen, was unter „feministischem Grundinteresse“ zu verstehen ist?

Eine Vertreterin eines anderen Standpunkts erklärt dagegen:

„Gesellschaftliche Tradition, Religion und Sprache folgen nur zäh einem veränderten Paradigma der Weltdeutung. Das erleben Frauen heute, wenn sie sich von überkommenen patriarchalen Denkmustern und von einer Sprache befreien wollen, die bis in die Grammatik auf das Männliche bezogen ist. Derselben Problematik - nur mit umgekehrtem Vorzeichen - standen Gesellschaften beim Umbruch matriarchaler Lebensformen zu patriarchalen gegenüber: An den Texten der hebräischen Bibel läßt sich aufzeigen, wie die Durchsetzung der patriarchalen Denknorm zunächst nur vermittelt durch matriarchale Sprache, Kultformel und Tradition möglich gewesen ist.“[46]

Ein andere Untersuchung beschäftigt sich mit einem hebräischen Begriff, rwh, der in den meisten Fällen im Femininum auftritt. Hier heißt es:

„Sprache ist nicht beliebig. Die Sprache eines Menschen und die Sprache der Theologie sind ein äußerst feines und empfindliches Instrument. Vieles hängt darum davon ab, in welcher Sprache eine Vorstellung überliefert wird und aus welcher Lebenswirklichkeit sie stammt. So ist bei der Geistvorstellung manches verändert und später durch neue Sprachen sogar verlorengegangen. Erstmals geschah eine Umwandlung, indem der hebräische Begriff rwh ins Griechische übersetzt wurde. Übersetzung ist immer auch Übertragung in ein anderes Denk- und Wertsystem. Bei der sprachlichen Umwandlung von rwh (feminin) zu pneuma (neutrum) wurde auch der Hintergrund verändert. Daß rwh weiblich ist, ist weit mehr als ein grammatisches Problem. Der Terminus hat einen klaren weiblichen Erfahrungshintergrund. Im Semitischen ist das Geschlecht eines Wortes zudem von viel größerer Bedeutung für seinen Aussagegehalt als in irgendeiner modernen Sprache.“[47]

Und weiter heißt es:

„ Dies belegt einmal mehr die Wichtigkeit des grammatischen Geschlechts für den Inhalt der Geistvorstellung, aber auch die Übermacht der westlichen Tradition, die die älteren Überlieferungen einfach eingeebnet hat.“[48]

Zwischen diesen gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Standpunkten, die mehr oder weniger variieren, so daß sich in Bezug auf Methodik, Forschungsgegenstand und Forschungsinteresse ein ziemlich buntes Bild ergibt.

Ein weiterer Ansatz ist der, daß es - speziell in den gnostischen Texten- eine Reihe von weiblichen Bildern gibt, diese aber noch keinen Anhaltspunkt für die Intention der Autoren dieser Texte liefern.

„To summarize: Although the images from the Hypostasis of the Archons discussed above are indeed female-gendered images, they are not being used by this gnostic author as images of the feminine.

What gendering there is in the images is essentially inherited with the tradition rather than having been the original contribution of the author; the text lacks any additional, explicit statement of interest in the gendered aspect of the images; and all of the gendered images have obvious associations with other, nongender categories that we know certainly to have been of primary concern to the author.“[49]

Diese Aussage stimmt insofern, daß die gnostischen Texte sicherlich nicht die originäre Intention hatten, ein bestimmtes Weiblichkeitsbild zu vermitteln und daß es insofern sicherlich im Vordergrund immer um ein anderes Anliegen ging, dennoch geht die vorliegende Untersuchung davon aus, daß die sprachlichen Bilder, in denen dieses eigentliche Anliegen formuliert wird, eindeutige Rückschlüsse auf Umgang und Behandlung des Themas Weiblichkeit zulassen.

Das Problem des grammatischen Geschlecht bestimmter Begriffe wurde auch schon in der Entstehungszeit von Gnosis und Christentum klar erkannt, denn:

„ (...), wie kann man aber die Tochter Gottes, die Weisheit, mit Fug und Recht Vater nennen? Wohl weil nur der Name der Weisheit weiblich, ihre Natur dagegen männlich ist. Denn auch die Tugenden haben sämtlich weibliche Namen, ihre Kräfte und Handlungen aber sind die vollkommener Männer. (...) Denn stets hat das Männliche den Vorrang, das Weibliche ist mangelhaft und steht zurück. Wir wollen also, ohne uns an den in den Namen zum Ausdruck kommenden Unterschied zu kehren, die Behauptung aufstellen, daß die Tochter Gottes, die Weisheit, männlich und daß sie ein Vater sei, der in den Seelen Lernen, Bildung, Wissen, Einsicht und gute und lobenswerte Handlungen aussät und erzeugt.“[50]

Hier wird die Zuordnung von männlichen und weiblichen Charakteristika nicht nur nicht analog zum oder unabhängig vom grammatischen Geschlecht des Begriffs vorgenommen, sondern klar im Gegensatz dazu, was eine bewußt vorgenommene, ideologisch motivierte Umdeutung des Bedeutungs-hintergrunds des Begriffs nahe legt.

Und neben allen theoretischen Überlegungen gibt es noch den Blick auf die Auswirkungen der verwendeten Sprache:

„Anders als viele seiner zeitgenössischen Gottheiten im Nahen Osten teilte der Gott Israels seine Macht mit keiner weiblichen Gottheit, und er war auch nie jemandes göttlicher Gemahl oder Geliebter. (...) Daß jegliche weibliche Symbolik für Gott fehlt, ist geradezu ein Charakteristikum für Judentum, Christentum und Islam, im scharfen Gegensatz zu den übrigen religiösen Traditionen der Welt, ob in Ägypten, Babylonien, Griechenland und Rom. Oder in Afrika, Indien und Nordamerika, wo überall eine reichhaltige weibliche Symbolik vorkommt. Jüdische, christliche und islamische Theologen von heute sind schnell bei der Hand mit dem Hinweis, daß Gott überhaupt nicht in geschlechtlichen Kategorien betrachtet werden darf.

Doch die Sprache, die sie wirklich Tag für Tag in Gottesdienst und Gebet verwenden, vermittelt eine andere Botschaft: wer unter denen, die mit der jüdischen oder christlichen Tradition aufgewachsen sind, hätte dem entschiedenen Eindruck, daß Gott männlich sei, entgehen können?“[51]

Dieser Eindruck wurde und wird tatsächlich durch die Sprache, die im Christentum verwendet wird, vermittelt und war und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch beabsichtigt, auch wenn heute in einigen Punkten etwas vorsichtiger formuliert wird. Daher ist es auch zulässig zu vermuten, daß eine Religion oder Philosophie, die feminine Begriffe in Schlüsselpositionen ihrer Kosmogonie verwendet und als Personifikationen verantwortlich handeln läßt, dies bewußt tut. Der Eindruck, den viele gnostische Texte entstehen lassen, ist der, daß es keine negativen Werturteile über Weiblichkeit gibt, daß weibliche und männliche Hypostasen gleichrangig sind und daß nicht das weibliche Geschlecht schuldig ist an der Verführung des Mannes, an der Vertreibung aus dem Paradies und insgesamt am harten Schicksal der Menschheit.

Auch dieser Eindruck ist mit hoher Wahrscheinlichkeit beabsichtigt.

2.0 Zu den Quellen

Die Entstehungszeit der Gnosis war eine sehr unruhige Zeit. Ungefähr gleichzeitig entstand auch das Christentum, was eine von Beginn an eine natürliche Konkurrenz zwischen den beiden Strömungen erzeugte. Daneben gab es aber auch noch eine Vielzahl anderer religiöser Richtungen, nicht zu vergessen das Judentum, und viele verschiedene philosophische Einflüsse. Auch in Politik und Gesellschaft gab es Umbrüche, Umorientierungen und neue Ideen. In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten herrschte in den Ländern der Mittelmeerwelt und gerade auch in Ägypten ein religiöser und weltanschaulicher Pluralismus. Eine Vielfalt von Religionen und Gruppen mit mehr oder weniger unterschiedlichen Vorstellungen lebten nebeneinander. Selbst die altorientalischen Gottheiten waren noch lebendig. Papyri, in denen die altägyptische Götterwelt und christliches Gedankengut nebeneinander auftauchen, zeugen davon, daß Reste dieses Glaubens bis ins 7. Jahrhundert vorhanden waren. Der Tempelkult für die Göttin Isis auf der Insel Philae existierte bis in das Jahr 535/37 nach Christus. Die alte Religion Ägyptens übte eine große Faszination auf Griechen und Römer aus. Es kam in dieser Zeit zu synkretistischen Göttern und Religionen; einheimische und von anderen Völkern verehrte Götter flossen in neue Gestalten zusammen. Zudem existierten mehrere Mysterienkulte, die einen wichtigen Platz in der Religions- und Geisteswelt einnahmen.

Das Aufeinandertreffen verschiedenster Religionen, Religionsströmungen oder Weltanschauungen verlief teilweise unter heftigen Konflikten. Vor allem Alexandria, wo sich verschiedenste Völkerschaften und Religionen trafen, wurde Schauplatz vieler Auseinandersetzungen. Die Christen, die zunächst wegen ihrer Religion verfolgt wurde, begannen bald, ihrerseits Andersgläubige zu verfolgen. 415 n. Chr. wurde die neuplatonische Philosophin und Mathematikerin Hypatia von Christen aus ihrer Kutsche gezerrt und auf offener Straße bestialisch ermordet.[52] Der Kampf unter den Religionen verlief aber auch auf rhetorischer Ebene. Eine koptische Kalksteinscherbe aus dem 5.-7. Jahrhundert beschreibt einen öffentlichen Disput zwischen einem Christen und einem Heiden, der sich über drei Tage erstreckt haben soll. Selbst im Perserreich fand nicht nur die Konfrontation der zarathustrischen Religion mit dem Christentum, sondern auch, wie an anderen Orten, Auseinandersetzungen zwischen Monophysiten[53] und Dyophysiten[54] – den Anhängern und Gegnern der Synode von Chalkedon – statt.[55]

Für das Christentum bestand die zwingende Notwendigkeit festzulegen, welche Schriften denn nun das wahrhaftige christliche Glaubensgut verkünden, denn es gab eine große Zahl an Schriften, die in irgendeiner Form christliche Überlieferung enthielten. Mit ihrer Kanonbildung definierte sich die junge Kirche als orthodoxes Christentum, das den Anspruch hatte, alleiniger Inhaber der echten, auf Jesus zurückzuführenden christlichen Botschaft zu sein. Dieses orthodoxe Christentum grenzte sich seit dem späten 2. Jahrhundert immer schärfer gegen andere Auffassungen ab und bezeichnete sie als Häresie[56]. Auch die Gnosis verwandelte sich so von einer konkurrierenden Weltanschauung zur Häresie.

Man unterscheidet bei Quellen zur Gnosis zwischen Texten über die Gnosis, wie sie sich vor allem bei den sogenannten Kirchenvätern finden, und original gnostischen Texten.

Die Berichte der Kirchenväter bieten einen guten Überblick darüber, was als das Wesentliche, das Neue, das Andere der Gnosis aus Sicht des selbst noch jungen Christentums erachtet wurde.

Sie sind ausführlich, berücksichtigen die verschiedenen gnostischen Richtungen und versuchen, ein möglichst genaues Bild zu vermitteln. Leider sind sie nicht objektiv, soweit man das als Partei überhaupt sein kann. Diese Berichte versuchen es aber noch nicht einmal, da das, was sie beschreiben, für sie „Häresien“, also etwas zutiefst Verachtetes sind, wie auch in den meisten Buchtiteln deutlich gemacht wird. Anliegen der Berichte ist also die abschreckende Darstellung, die Warnung vor den Fehlern der Häretiker, so daß man eine wertfreie Berichterstattung nicht erwarten darf. Die Bibelauslegungen[57] der Kirchenväter folgen klaren Überzeugungen, die zu den Bibelauslegungen der Gnostiker natürlich in deutlichem Gegensatz stehen, so daß ihre Interpretationen der gnostischen Lehren geprägt sind von jüdisch-christlichem Welt- und Gottesverständnis und auch aus dieser Sicht verstanden werden müssen. Zu den wichtigsten Quellen gehören vor allem Irenäus v. Lyon, Clemens Alexandrinus, Tertullian, Hippolyt, Origines und Epiphanius. Interessant ist auch Augustinus, wenn auch nicht direkt als Quelle, sondern mehr durch seine Theologie, die sich in intensiver Auseinandersetzung mit den verschiedenen häretischen Ideen herausbildete.

Irenäus wurde um 135 in Kleinasien geboren und starb um 202. Er stammte aus Kleinasien und war griechischer Herkunft. Er arbeitete als junger Mann in Lyon in Frankreich in einer Kolonie kleinasiatischer Händler. Als Angehöriger der Minderheit der Christen und Ausländer sah er sich mit seiner Gemeinde heftigen Verfolgungen ausgesetzt. Eine Reise, die ihn nach Rom führte, bewahrte ihn vor dem Märtyrertod, den viele Lyoner Christen in seiner Abwesenheit erlitten. Nach der Rückkehr wählte der Rest der Gemeinde Lyons ihn 177 oder 178 zum Bischof. Hier wirkte er höchst erfolgreich als Missionar und als Friedensstifter. Irenäus ist einer der Begründer der christlichen Theologie. In der Auseinandersetzung mit den Lehren des Gnostizismus verfaßte er um 180 die klassisch gewordene Polemik „Adversus haereses"[58], „gegen die Irrlehrer", die erste zusammenfassende Übersicht über den christlichen Glauben. Daher trägt er die Beinamen „Vater der Dogmatik" und „Leuchte des Abendlandes". Irenäus soll um 202 unter dem römischen Kaiser Lucius Septimius Severus den Märtyrertod gestorben sein.[59]

Clemens, Titus Flavius von Alexandria wurde 150 in Athen geboren und starb ca.215 in Kappadokien. Clemens war hellenistisch gebildet, wurde Christ und schloß sich nach weiten Reisen in Alexandria dem Lehrer Pantainos an. Er leitete eine christliche Katechetenschule, deren Leitung später Origines als sein Nachfolger übernahm. Er gilt als der erste christliche Philosoph. Seine wichtigsten Werke sind unsystematische Stoffsammlungen, „Stromata“ und „Excerpta ex Theodot“[60], die sich mit dem Gnostiker Theodotus beschäftigen. In der griechischen Philosophie, die er ausführlich zitiert, sieht Clemens eine Vorstufe der christlichen Wahrheit. Wie der Christ von der Offenbarung, so geht der Philosoph von Axiomen aus. Die Philosophie gilt als Wegbereiterin, wenn der Christ von der Grundlage des Glaubens aufsteigen will zur vollen Erkenntnis des göttlichen Logos, der wahren Gnosis. Der Aufstieg geschieht durch Reinigung der Seele von den Affekten, indem der Mensch mehr und mehr Gott ähnlich wird.[61]

Tertullian, Quintus Septimus Florens, wurde ca.160 geboren und starb 220 n. Chr..[62] Zwischen 190 und 195 trat er zum Christentum über. 197 kehrte er von Rom nach Karthago zurück und wurde Presbyter der Kirche. Er schloß sich dem Montanismus an, der strenge ethische Regeln und Askese lehrte, und stieg bis um 207 zu einem seiner führenden Vertreter auf. Tertullian verfaßte zahlreiche theologische Abhandlungen zur Verteidigung des Christentums, dabei bekämpfte er das Heidentum ebenso wie die Gnosis. Er vertrat einen rigorosen ethischen Standpunkt und setzte sich für strenge Kirchendisziplin ein. Tertullian übte nachhaltigen Einfluß auf die späteren Kirchenväter aus. Mehr als 30 seiner Werke sind erhalten geblieben, unter anderem „Apologeticus" und „De Anima“. Tertullian war der erste Lehrer der Kirche, der auf lateinisch schrieb. Seine Begriffe prägten die Kirchensprache, so das von ihm eingeführte Wort "trinitas" für die Dreieinigkeit Gottes. Als erster formulierte er eine Theologie, die prägend für die Auffassungen der Frühkirche wurden. Er äußerte sich zur Christologie, zu den Sakramenten und zum Wesen der Trinität. Da ihm keine Vorbilder zur Verfügung standen, entwickelte er eine Terminologie, die er aus vielen Quellen ableitete, insbesondere aus dem Griechischen und der römischen Rechtssprache.[63]

Hippolyt wurde um 170 in Kleinasien oder Alexandria geboren und starb 236 auf Sardinien. Hippolyt war ein Schüler des Irenäus und hatte unter Bischof Victor I. bis 199 großen Einfluß im Klerus von Rom. Nach seiner Kritik an Callistus I., der 217 römischer Bischof wurde, setzten ihn seine Anhänger zum Gegenbischof ein. Hippolyt wurde der erste "Gegenpapst". 235 wurde er im Zuge der Christenverfolgungen durch den römischen Kaiser Maximus Thrax zusammen mit dem Bischof der Mehrheit, Pontianus, ins Exil nach Sardinien vertrieben, wo beide im Bergwerk arbeiten mußten. 235 dankten Hippolyt wie auch Pontianus ab; beide versöhnten sich und beide starben - wohl an den Strapazen - in der Verbannung. Hippolyts wichtigstes Werk "Widerlegung aller Häresien" (Refutatio)[64], verfaßt nach 222/223, dient noch immer als historische Quelle zum Verständnis des Gnostizismus.[65]

Origines wurde um 185 in Alexandria geboren und starb um 254 in Tyros. Origenes, auch Adamantios genannt, wurde in christlichem Glauben erzogen, er war Schüler des Clemens von Alexandria. Nachdem sein Vater 202 während einer Christenverfolgung getötet wurde, mußte er zurückgehalten werden, um nicht selbst den Märtyrertod zu erleiden. Origenes unterrichtete etwa 28 Jahre lang an der Katechetenschule in Alexandria und unterwies Christen wie Heiden. Auf einer Palästinareise wurde Origenes, der eigentlich Laie war, 216 vom Bischof von Jerusalem und vom Bischof von Caesarea aufgefordert, Vorlesungen über die Heilige Schrift zu halten. Neben vielen Auslegungen und Predigten verfasste er die "Hexapla" eine sechsspaltige Ausgabe des Ersten Testamentes, die neben dem hebräischen Text und seiner Wiedergabe in griechischen Buchstaben vier griechische Übersetzungen enthielt. Um 230 wurde Origenes von denselben Bischöfen zum Presbyter geweiht, ohne jedoch die Zustimmung seines eigenen Bischofs, Demetrios von Alexandria, einzuholen. Nachdem sich Demetrios dieser Handlung widersetzte, wurden zwei Synoden in Alexandria einberufen. Auf der ersten wurde ein Lehrverbot gegen Origenes erlassen, auf der zweiten wurde ihm seine Priesterwürde aberkannt. Daraufhin ließ er sich in Caesarea nieder und gründete eine Schule für Literatur, Philosophie und Theologie. Während der Christenverfolgungen wurde er 250 unter Kaiser Decius gefangen genommen und gefoltert, 251 wieder freigelassen, starb jedoch um 254 an den Folgen seiner Verletzungen. Origenes war der einflußreichste Theologe der griechischen Kirche und wohl der bedeutendste der Gesamtkirche vor Augustinus. Er war Platoniker und versuchte, die griechische Philosophie mit der christlichen Religion zu verbinden. "Contra Celsum", "gegen Celsus" ist eine umfassende Schrift, worin er das Christentum gegen die Angriffe des Philosophen Celsus verteidigte, der ein einflußreicher alexandrinischer Platoniker des 2. Jahrhunderts und vielleicht der erste ernsthafte Kritiker des Christentums war. Origenes' berühmtestes Werk sind die vier Bücher "Über die Anfänge", die erste und über Jahrhunderte einzige Darstellung der christlichen Lehre. Origenes gilt als Begründer der allegorischen Auslegungsmethode der Heiligen Schrift; er stellte die Lehre vom dreifachen Schriftsinn auf, nach der es einen buchstäblichen, einen moralischen und einen mystisch-allegorischen Sinn der Schrift gibt. Er entwickelte die Theorie von Christus als Logos, dem fleischgewordenen Wort, der in Ewigkeit mit dem Vater existiert. Gleichzeitig lehrte er auch, daß der Sohn dem Vater in Macht und Rang unterlegen sei. Dies wie auch seine Lehre von der Präexistenz der Seele, wurde von vielen Zeitgenossen scharf kritisiert, einige der von seinen Lehren abgeleiteten Theorien wurden auch während des Mittelalters zum Ausgangspunkt für theologische Kontroversen.[66]

Epiphanius wurde um 315 in Judäa geboren und starb 403 auf der Heimreise von Chalkedon. Er leitete zunächst ein Kloster in Judäa, bevor er Bischof von Constantia (Salamis) wurde. Der Hauptteil seines Wirkens bestand im Kampf gegen die Häretiker und für die Orthodoxie, womit sich auch seine Werke, vor allem „Panarion“[67], beschäftigen. Er geriet in scharfen Gegensatz zu Origines, dessen Theorie er völlig ablehnte.[68]

Augustinus Aurelius wurde am 13. November 354 in Thagaste in Numidien geboren und starb am 28. August 430 in Hippo Regius in Numidien. Augustinus' Vater Patricius blieb bis kurz vor seinem Tod Anhänger des römischen Götterglaubens, seine Mutter Monika war Christin. Der damals noch junge, moderne Manichäismus, der eine strenge Teilung der Welt in Gut und Böse lehrte, faszinierte Augustinus. Er war 13 Jahre lang als erfolgreicher Professor für Rhetorik in seiner Heimatstadt Thagaste in Nordafrika tätig, kam dann über die Zwischenstation Rom 384 nach Mailand, der damaligen Hauptstadt des römischen Reiches, um auch dort als Hochschullehrer zu arbeiten. Hier wandelte sich sein Leben: Es geschah der Überlieferung nach, daß er in einem Moment tiefster innerer Zerrissenheit - unter einem Feigenbaum liegend - eine Kinderstimme hörte: "Nimm und lies ..." Er ergriff die Bibel und stieß auf den Satz: "Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Schmausereien und Trinkgelagen, nicht in Buhlereien und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht, sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und pfleget das Fleisch nicht so, daß Begierden erwachen!" (Römerbrief 13, 13 - 14). Augustinus zog sich aus seinem Beruf zurück, ließ sich in der Osternacht 387 taufen, kehrte nach Thagaste zurück, verkaufte sein Vermögen und lebte für drei Jahre mit Gleichgesinnten in klosterähnlicher Weise. 391 wurde er zum Priester geweiht, 395 wurde er Bischof von Hippo Regius. Augustinus war einer der größten Theologen der Kirchengeschichte. In der geistigen Auseinandersetzung mit den philosophischen und religiösen Strömungen seiner Zeit entwickelte er seine Lehren von der Erbsünde, der göttlichen Gnade, der göttlichen Souveränität und der Prädestination, die über Jahrhunderte bis ins hohe Mittelalter die katholische Theologie, dann auch die Reformation beeinflußten. Er kämpfte gegen Manichäismus, Donatismus und Pelagianismus. Sein bekanntestes Werk sind die autobiographischen „Confessiones", „Bekenntnisse", geschrieben um 400, in denen er sein frühes Leben und seine Bekehrung beschrieb. In seiner großen christlichen Apologie "De civitate Dei" - "Gottesstaat", entstanden 413 - 426, legte er seine theologisch begründete Geschichtsphilosophie dar.[69][70]

Jüdische Grundlagen für das gnostische Denken finden sich bei Philon v. Alexandrien. Philon von Alexandrien wurde wahrscheinlich etwa 20-15 v. Chr geboren und starb um 50 n. Chr.. Er bekam eine gründliche griechisch-hellenistische Ausbildung, die auch Rhetorik und Philosophie umfaßte. Philon gehörte der Oberschicht der alexandrinischen Judenschaft an und verstand sich primär als Ausleger der jüdischen Thora, die er seinen Schriften in Form der Septuaginta zugrundelegte. Er verwendete gerne Namensetymologien unter Heranziehung des Hebräischen. Obwohl große Teile von Philons Werk ohne den Rahmen der antiken Philosophiegeschichte nicht denkbar sind, fühlte er sich ganz der jüdischen Überlieferung verpflichtet und bezog scharf Stellung gegen eine Interpretationsrichtung, die die Allegorese zur Vergleichgültigung des Wortlautes der Gesetze verwendete. Seine Auslegungswissenschaft, die hinter dem Wortlaut pentateuchischer Passagen subtile ethische und philosophische Wahrheiten entdecken wollte (allegorische Methode), ist zwar einerseits der Stoa verpflichtet, sollte aber andererseits die Überlegenheit des jüdischen Gesetzes über alle menschliche Denkbemühung beweisen: Philon versuchte eine konsequente Integration von Offenbarung und Philosophie. Hauptthema ist der Aufstieg der von allem Sinnlichen gereinigten Seele zu Gott, dessen Transzendenz der Schöpfung durch verselbständigte göttliche Kräfte ( Hypostasen), insbesondere den Logos, vermittelt wird. Die messianischen Hoffnungen des jüdischen Volkes werden nur in einer Schrift eher vage angedeutet, da sie durch die Individualeschatologie (Seelenaufstieg) an Bedeutung verloren.[71]

Philosophische Grundlagen der Gnosis sind vor allem im Neuplatonismus, bei Plotin, zu suchen. Der Philosoph Plotin (auch Plotinos) war ein einflußreicher Vertreter des Neuplatonismus, genauer gesagt, der alexandrinischen Schule. Er wurde in Ägypten geboren, war in Alexandria Schüler des Ammonios Sakkas und blieb dort bis 242. Nach dem Persienfeldzug des Kaisers Gordians, an dem er teilnahm, ließ er sich in Rom nieder, wo er Vorsteher einer eigenen philosophischen Schule wurde. Er wollte eine eigene Stadt gründen, die, Platonopolis genannt, nach der Staatstheorie von Platons Politeia gestaltet sein sollte. Wie sein Lehrer Ammonios Sakkas beschränkte sich Plotin zunächst auf mündliche Unterweisung. Auf Veranlassung seiner Schüler begann er später mit der Niederschrift seiner Philosophie. Porphyrios, der später sein Schüler wurde, sammelte schließlich Plotins Schriften und brachte sie in eine systematische Ordnung.

In Übereinstimmung mit Platon meinte Plotin, daß die Wirklichkeit aus mehreren Stufen besteht. Die begrenzte endliche Welt, die man durch die Sinne erfährt, macht nicht die eigentliche Wirklichkeit aus. Vielmehr bestehen die individuellen, zufälligen Dinge, die man alltäglich wahrnimmt, aufgrund ihrer Teilhabe an fundamentalen Prinzipien. Diese Prinzipien bilden die notwendige Voraussetzung aller Dinge. Das höchste Prinzip oder den letzten Grund für alles andere nennt Plotin das Eine. Das Eine besteht nicht in der Summe aller individuellen Dinge, sondern ist die vollkommene unterschiedslose Einheit als Voraussetzung für die Vielfalt von Unterschieden überhaupt, die sich auf den niederen Stufen der Wirklichkeit finden.[72]

Die meisten der original-gnostischen Quellen wurden in der libyschen Wüste in der Nähe eines Klosters, aus dem sie wohl ursprünglich stammen, gefunden. Es handelt sich um die sogenannten Nag-Hammadi-Texte, die im Dezember 1945 bei Nag Hammadi in Oberägypten gefunden wurden. Es handelt sich um dreizehn Kodizes in koptischer Sprache, die 49 Schriften in unterschiedlichem Erhaltungszustand enthalten. Diese größtenteils gnostischen Schriften sind Übersetzungen aus der griechischen Sprache und stammen aus dem ersten bis vierten Jahrhundert nach Christus.[73] Diese Texte spiegeln die Vielfalt und den religiösen Reichtum der antiken Gnosis wider. Die Schriften gehören unterschiedlichen gnostischen Schulen an, zum Teil sind sie christlich, zum Teil zeugen sie von der Existenz einer außer- bzw. vorchristlichen Gnosis, teilweise sind sie auch keiner gnostischen Schule zuzuordnen. Der inhaltlichen Vielfalt entspricht ein großer Reichtum an literarischen Formen: So finden sich in der Nag--Hammadi--Bibliothek Gebete, Briefe, Apostelakten, Apokalypsen, Berichte von Himmelfahrten, theologische Abhandlungen, Dialoge, Hymnen und interpretierende Nacherzählungen der Urgeschichte.

Da die Gnosis als einheitliche Lehre nicht existiert, muß man eine Ansammlung verschiedener Richtungen und Schulen unterscheiden.

„Abstrakt formuliert ist Gnosis eine Sammelbezeichnung für religiöse Strömungen, die in der Antike und Spätantike aufkamen und sich durch bestimmte Gemeinsamkeiten kennzeichnen lassen. Die Gnosis stellt keine fest umrissene, historisch klar faßbare Größe wie der Manichäismus dar, der sich selbst als Religion definierte. Es gab zwar nachweislich gnostische Gemeinden in Ägypten, aber es fehlen z. B. die archäologischen Zeugnisse, die es erlauben würden zu sagen, daß das Gebäude X vom Jahr Y bis Z zu Versammlungen diente, in denen aufgrund der Aussagen des Gründungssteins und der Inschriften auf dem Mosaikfußboden und den Wänden gnostische Versammlungen stattfanden (über die zudem ein im Keller gefundenes Archiv von liturgischen Texten berichtet). Das gibt es aber nicht – möglicherweise mit gutem Grund, da die Anhänger einer Weltanschauung, die einen stark asketischen Charakter trug, mit verächtlichem Blick die diesseitigen Dinge betrachteten und keinen Wert auf materielle Repräsentation legten, wie dies Staatsreligionen tun oder tun müssen, die sich durch Majestät und Prunk ihrer offiziellen Tempel und Kirchen als geistiger und politischer Machtfaktor definieren. Aber gerade dieses Fehlen entsprechender Zeugnisse macht den Reiz der Gnosis aus. Im übrigen zeugen eine ganze Reihe von Quellen davon, daß ihre Bücher vernichtet wurden oder zu deren Vernichtung aufgerufen wurde – dies gilt sowohl für die gnostischen als auch manichäischen Bücher. Ein weiteres Problem in der Befassung mit Gnosis liegt in der oftmals schwammigen, immer wieder sich wandelnden und bis auf den heutigen Tag unterschiedlichen Definition des Begriffes.(...) Die gnostischen Schriften unterlagen keinem selbstdefinierten Glaubenszwang. Dies ist der Grund dafür, daß sie sich in einer Vielfalt von Gesichtern repräsentieren. Die Frage, welche Texte als gnostisch bezeichnet werden können, ist in der Wissenschaft in einigen Fällen noch immer umstritten. Charakteristisch für die als gnostisch aufgefaßten Texte ist die Daseinshaltung des Menschen zur Welt.(...)Weiter zeichnen sich gnostische Texte durch einen Mythos aus, der die Bedingungen der menschlichen Welt von ihrem Ursprung an erklärt. Im Anfang steht ein nicht zu beschreibender, unfaßbarer, aber guter und lichtvoller Gott. Dieses nicht faßbare Wesen schuf weitere lichtvolle Wesenheiten. Eines von diesen machte gewissermaßen einen Fehltritt, durch den ein absolut böses Wesen entstand. Dieses böse Wesen ist der Gott des Ersten Testamentes, der die Welt schuf, die dadurch natürlich auch böse ist und der sich in eifersüchtiger Weise von den Menschen verehren lassen wollte. Nach einem uranfänglichen Monotheismus mündet das gnostische System also in einen Dualismus, der das Gute und Böse, Geist und Materie scharf gegenüberstellt. Texte, die diese und andere Elemente vertreten, stehen in Verdacht, gnostisch zu sein.(...)

Der Ursprung dieser religiös-weltanschaulichen Lehren ist in etwa zeitgleich mit Entstehung des christlichen Glaubens anzusetzen. In der Forschung ist es immer wieder ein heiß umstrittenes Thema gewesen, ob gnostische Auffassungen einerseits dem Christentum vorausgehen könnten und Einfluß auf das Neue Testament hatten oder andererseits die Gnosis von der christlichen Erlösungsvorstellung abhängen müsse. Vorerst kann folgendes sicher gesagt werden: Es existieren gnostische Texte, die nicht-christlich sind. Gleichzeitig gibt es keinen gnostischen Text, der vor den Schriften des Neuen Testamentes datiert werden könnte. Dies führt zu dem Schluß, daß Christentum und Gnosis in etwa zeitgleich und prinzipiell unabhängig voneinander entstanden sind, zweifelsohne aber auch sehr früh eine Verbindung eingegangen sind.“[74]

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gnostische Texte zu differenzieren.[75]

So kann man unterscheiden zwischen christlicher und nicht-christlicher Gnosis, man kann unterscheiden nach Entstehungs- und Wirkungsort, man kann inhaltliche Unterscheidungen treffen. Hans Jonas unterscheidet drei große Gruppen:

a) die heidnisch-griechische Gruppe: Corpus Hermeticum u.ä.
b) die christlich-griechische Gruppe: Simon Magus, Valentinos, Barbelognosis, Ophiten, Naassener usw.
c) die orientalische Gruppe: mandäische und manichäische Literatur[76]

Für die vorliegende Arbeit sind die folgenden Lehren und Schriften interessant:

- Die Lehre, die als die erste gnostische gilt, ist nach ihrem Begründer Simon Magus benannt. Simon Magus (der Magier) lebte in der ersten Hälfte des 1.Jahrhundert n. Chr. Das älteste Zeugnis findet sich in der Apostelgeschichte (8,9-24), wo Simon, der in einer Stadt in Samaria auftritt, mit dem Beinamen `Große Kraft' erscheint. Dort heißt es, Philippus habe ihn und seine Jünger bekehrt und getauft, jedoch sei er angesichts des Ansinnens, die Gabe des Geistes käuflich zu erwerben, von Petrus und Johannes verflucht worden. Über seine Person oder seine Lehre sagt die Apostelgeschichte wenig. Der Titel `Große Kraft', der in jüdischen Texten Gott bezeichnet und auch in späteren Texten mit Bezug auf Simon erscheint - jedoch in einer anderen Beziehung – geht wahrscheinlich auf den historischen Simon zurück, der sich als Repräsentant Gottes verstand. In der Literatur der Kirchenväter seit dem 2. Jahrhundert wird er zum ersten gnostischen Häretiker (Irenäus adv. haer. I 23). In den frühkirchlichen Texten wird eine Person namens Helena, eine ehemalige Prostituierte aus Tyrus, als seine Begleiterin benannt. Sie wird schließlich als die inkarnierte und in der Welt gefangene `Prote ennoia' (erste Idee) bezeichnet, zu deren Erlösung Simon, der `Erste Gott', beitrug.

Ein Vorläufer oder Weggenosse Simons ist Dositheus, über den allerdings nicht viel bekannt ist. Beide gelten als Schüler Johannes des Täufers.

Als sein direkter Nachfolger gilt der Gnostiker Menander, der in Antiochien wirkte. Er versprach seinen Anhängern, daß sie durch die Taufe, die er ihnen gab, nicht sterben müssten.[77]

- Die Richtung der Valentianer ist nach ihrem Begründer Valentinos benannt, der nach 160 n. Chr. lebte und möglicherweise aus Ägypten stammte. Seine genaueren Lebensdaten sind allerdings ungesichert. Nach den Angaben des Irenäus kommt Valentinos, unter dem Pontifikat des Hyginus nach Rom, »wuchs unter Pius und blieb bis Anicetus«; damit ergibt sich ein Zeitraum von ca. 136 bis 160/165 römischer Wirksamkeit des zum damaligen Zeitpunkt vermutlich Enddreißigjährigen, der damit um die Jahrhundertwende geboren worden sein könnte. Die Angabe Tertullians, daß Valentinos auf den römischen Bischofsstuhl spekulierte, ihm aber Telesphorus vorgezogen worden sei, ist tendenziös und nicht verifizierbar, allerdings läßt sich aus ihr schließen, daß Valentinos über eine Reihe von Jahren eine gemeindeleitende Stellung innegehabt, sich aber nicht dauerhaft hat halten können.

Umstritten ist, ob Valentinos als Verfasser des »Evangelium Veritatis« (NHC I,3/XII,3) und des Rheginusbriefes ( NHC I,4) des Codex Jung angesprochen werden kann. Zu seinen Schülern gehören Ptolemaios, Herakleon und Theodot. Ptolemaios und Herakleon, repräsentieren die westliche, Theodot die östliche Schule.

Allen Valentianern gemeinsam ist, daß sie eine himmlische Welt, das Pleroma, beschreiben, die aus dreißig Äönen, Welten, besteht. Diese Äonen sind paarweise geordnet und werden nicht als Abstrakta verwendet, sondern stellen Hypostasen, Personifikationen einzelner Eigenschaften der ihnen zugrundeliegenden Göttlichkeit dar. Vom letzten dieser Äonen, der Sophia, geht die Erschaffung der Welt aus. Die Entstehung der Materie und der Welt wird als Folge des Irrtums, nicht des Bösen und der Sünde, bewertet. Das Valentianische System könnte in Anlehnung an ein anderes gnostisches System entstanden sein: das der Ophiten.

- Die Ophiten leiten ihren Namen vom griechischen Wort Ophis (Schlange) her. Daher werden sie zusammen mit den Naassenern, die sich nach dem hebräischen Wort für Schlange „Naschasch“ nennen, auch als „Schlangengnosis“ bezeichnet.

Die ophitische Kosmogonie beginnt mit drei Prinzipien: Urlicht oder Urmensch, der zweite Mensch und der Heilige Geist. Es handelt sich um zwei männliche und ein weibliches Prinzip, obwohl der Name des zweiten Menschen, männlich gedacht, Ennoia ( der Gedanke, feminin) lautet. Der Name des dritten, weiblich gedachten Prinzips, bezieht sich auf die hebräisch feminine Form rwh ( Geist). Die Entstehung der Welt resultiert hier nicht aus einem Fall eines Äons, sondern aus der Tatsache, daß der weibliche Äon die „Fülle des Lichts“ nicht tragen konnte.[78]

- Auch die Naassener gehen von drei Prinzipien aus. Interessant ist, daß eines dieser Prinzipien, Adamas, der Selbstentstandene, mannweiblich ist und mit der Schlange gleichgesetzt wird. Er ist das, was alles schafft, ist aber selbst nichts von dem, was er schafft. Das, was er erschafft, ist also kein Teil von ihm selbst.
- Eine weitere gnostische Richtung, die für diese Untersuchung besonders interessant erscheint, ist die sogenannte „Barbelognosis“. Die Bezeichnung wird von einem der obersten Prinzipien dieser Richtung, der Barbelo oder Barbero, abgeleitet. Dieses Prinzip ist weiblich, gilt als das zweite nach dem „unnennbaren Vater“, scheint aber nicht aus ihm hervorgegangen oder von ihm erschaffen zu sein. Es heiß: „Dort, sagen sie, sei ein unnennbarer Vater, dieser habe sich der Barbelo offenbaren wollen.“[79] Barbelo wiederum erbittet vom Vater die Erscheinung von Äonen, allesamt weiblich, was er auch gestattet. Danach entstehen Äonenpaare, die miteinander verbunden sind. Nur der letzte dieser Äonen, Sophia, bekommt keinen Partner und beschließt daraufhin, sich selbst einen Paargenossen zu suchen. Aus dieser Handlung entsteht, wie bei Valentinos, der Demiurg und später die Welt.
- Die Gruppe der Sethianer ist nach dem dritten Sohn Adams und Evas benannt und bezieht sich ausdrücklich auf die Schöpfungsgeschichte der Genesis. Es gibt ein starkes weibliches Prinzip, die Urkraft „Mutter“, die teilweise mit Ennoia und Sophia gleichgesetzt werden kann. Sie sorgt dafür, daß nach dem Brudermord des Kain ein weiterer Sohn gezeugt wurde, der auserwählt ist, die Menschheit weiterzuführen. Der Name Seth bedeutet „Ersatz“ und macht deutlich, daß alle Erwartungen des Pleromas auf ihm und nicht mehr auf Adam, Eva oder Kain ruhen.
- Die Archontiker, benannt nach den (bösen) Kräften, paraphrasieren ebenfalls die Schöpfungsgeschichte der Genesis und beschreiben eine Acht- und eine Siebenzahl von Himmeln, in denen jeweils ein Archon herrscht. Auch hier gibt es ein starkes weibliches Prinzip, das die Dinge initiiert und kontrolliert.

3.0 Die Weiblichkeit im Kosmos

Vergleicht man Vorstellungen und Abbildungen von Weiblichkeit in den verschiedenen frühen Kulturen, so findet man immer bestimmte Formen und Themen der Darstellung. Ein Grundmotiv ist der Bereich Fruchtbarkeit und umfaßt die Themen Schwangerschaft, Geburt und Ernährung. Abbildungen von Muttergottheiten oder sogenannten „Urmüttern“ sind aus fast allen Kulturen bekannt.[80]

Ein anderer Bereich umfaßt den Komplex Liebe-Erotik-Sexualität. Auch hier gibt es eine Fülle von Beispielen aus allen Kulturen, die Göttinnen der Liebe und der Erotik darstellen oder beschreiben. Bekannt sind Liebesgöttinnen der unterschiedlichsten Ausprägung und Funktion[81].

Bis auf wenige Ausnahmen sind die Göttinnen der frühen Kulturen im „häuslichen“, im privaten und familiären Bereich angesiedelt und übernehmen nur selten Verantwortung für den Kosmos oder den Staat. Eine dieser Ausnahmen ist die griechische Erdgöttin Gaia, die nach Hesiod allein und ohne männliche Zeugung den Uranos, den Himmel, gebar und offensichtlich über aus sich selbst schöpfende Kreativität verfügte. Eine andere ist die ägyptische Göttin Ma´at, die als oberstes Ordnungsprinzip staatserhaltend und damit auch welterhaltend wirkte.

In der Schöpfungslehre der Gnosis begegnet man einer Fülle von männlichen und weiblichen Wesen, die jeweils paarweise angeordnet sind.[82] Betrachtet man die Bezeichnungen des weiblichen Partners dieser Paare genauer, so wird schnell klar, daß sie überwiegend nicht den klassischen weiblichen Betätigungsfeldern entnommen sind.

Die Bezeichnungen stammen sehr häufig aus dem Bereich des Denkens und der Planung, aber auch der Weisheit und des Wissens. Im Gegensatz zur landläufigen Einschätzung von Weiblichkeit sind sie keinesfalls immer gut, sanft und weiblich passiv, sondern durchaus selbständig, neugierig und ausgesprochen aktiv. Sie sind willensstark und entschloßen, ihre vorher gedachten Gedanken in eine Handlung, eine Tat, umzusetzen. Sie können schöpferisch tätig sein und fürsorglich, sie sind mütterlich und durchsetzungsfähig, sie sind weise und vor allem sind sie nicht Träger des Bösen und der Sünde.

Bis auf die Figur der Sophia[83] beziehungsweise der Chockma[84] findet man in den die Gnosis umgebenden Kulturen und Religionen kaum Parallelen.

[...]


[1] Möglich sind hellenistisch-neuplatonische, ägyptische, jüdische, iranische, babylonische und christliche Einflüsse

[2] z.B. Martin Heidegger, z.B. C.G. Jung vgl. dazu [ Brumlik] S.193ff

[3] [ Quispel] S.51

[4] [ Sloterdijk, Macho] S.27

[5] Ps.Cl.Recogn. III 35,7 zitiert nach [Förster, 1995 (1)] S.7

[6] eine ausführliche Ausführung zum Thema „Gnosis und Politik“ bei [ Taubes]

[7] [Jonas, 1954 (1)] S.140

[8] [Aland, 1984] S.55

[9] [Leisegang] S.3

[10] [ Brumlik] S.11

[11] [ Jonas, 1954 (1)] S.141

[12] [ Jonas, 1954 (1)] S.143

[13] [ Jonas, 1954 (1)] S.153

[14] [ Sloterdijk, Macho] S.34

[15] [ Sloterdijk, Macho] S.35

[16] Plotin zit. nach [ Brumlik] S.16

[17] [ Sloterdijk, Macho] S.35

[18] C.G.Jung sieht die Gnosis als reine Psychologie: „Wie in Indien stellen solche Erkenntnisse auch im Vorderen Orient Ergebnisse intensiver introspektiver Beobachtung dar, die eben nichts anderes als psychologisch sein kann. Die Gnosis ist unzweifelhaft psychologische Erkenntnis, deren Inhalte dem Unbewußten entstammen.“ zit. nach [Herwig] S.219

[19] Hippolyt: Refutatio zit. nach [ Hörmann] S.9

[20] Clemens Alexandrinus: Exc.Ex Theod. 78

[21] [ Förster, 1995 (1)] S.12f

[22] [ Förster, 1995 (1)] S.14

[23] „Dagegen aber kann eine andere „säkularisierte Lesart geltend gemacht werden, die das ewige Leben der Erlösung, diesen Tod bei lebendigem Leibe / dieses Leben der Leiche hiesig / irdisch angemessen übersetzt. Die Erwägung drängt sich auf, ob nicht die menschlichen Körperdoppel, die Dinge / alles Dingliche, Erlösungsrepräsentationen des Todes seien: die toten Dinge als das, was wir um des Körpers willen äußerlich selbst zu sein nicht umhin kommen. Wenn sich diese Übersetzung halten ließe, so wäre die Gnosis mitnichten ein beispielhaftes Zeugnis zweifelhafter Todesleidenschaft, vielmehr eine extreme Theorie der Dingerzeugung, um nicht sogleich zu sagen der Entfesselung der Produktivkräfte, eine Vorwegnahme, so möchte man meinen, des Kommunismus ( ...) mit seiner Arbeits-/Produktionsutopie. Der Mangel in solcher Vorwegnahme aber – daß die technische Realisierung dieses Erlösungsbegriffs längst noch nicht hat spruchreif sein können – scheint in der Gnosis durch eine Überbetonung der Erkenntnis, eben Gnosis, ausgeglichen zu sein: angespannteste Erkenntnis, einschließlich deren Aufzeichnung, die als vorwegnehmender Einsatz der entsprechenden späteren Industrie eingesetzt ist, wie wenn es möglich wäre, den Todesübergang in unendlichen Aufschub derart auf Dauer zu stellen, daß sich als vorläufige Opferausfällung der Querstand der restlosen Selbstansicht dieser Verhältnisse insgesamt ergäbe. Was will man mehr?“ [Heinz] S.126f

[24] [ Förster, 1995 (1)] S.15

[25] Außer einer relativ kurzen Bemerkung über das „lästerliche“ Leben einiger gnostischer Gruppen bei Irenäus [adv. haer.] I 6,3ff gibt es eigentlich gar nichts

[26] vgl. 2.0 Quellen

[27] z.B. Simon Magus

[28] [ Pagels, 1981] S.96

[29] [ Pagels, 1981] S.97

[30] vgl. dazu [ Schüngel-Straumann, 1992] S.22ff

[31] [ Sloterdijk, Macho] S.35

[32] [Rullmann, Schlegel] S.104

[33] Kratylos; zur weiteren Theoriebildung in Sprachphilosophie und Linguistik vgl. [Rullmann, Schlegel] S.105ff

[34] [ Pusch] S.8

[35] [ Trömel-Plötz] S.13

[36] [ Trömel-Plötz] S.13

[37] [ Pusch] S.8

[38] Baudouin de Courtenay zit. nach [ Pusch] S.66

[39] prominente Vertreterinnen der feministischen Sprachphilosophie sind beispielsweise Mary Daly, Luce Irigaray, Julia Kristeva, Helene Cixous

[40] [ Cixous, 1977] S. 22

[41] Ein kleiner Überblick über feministische Theorien zum Thema: Im traditionellen Feminismus werden zwei sich widersprechende Hauptströmungen vertreten. Die Gleichheitstheorie (z.B. Simone de Beauvoir) geht davon aus, daß es keine relevanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Frauen und Männer seien in allen wesentlichen Aspekten gleich und müßten daher auch gleich behandelt werden. Die Vertreterinnen der Differenztheorie (z.B.Luce Irigaray) kritisieren daran, daß so der herrschende männliche Standard kritiklos verabsolutiert werde. Vielmehr seien Frauen als Andere, d.h. als Abweichung von Männern, zu verstehen. Dennoch gehen Gleichheits- und der Differenztheorie eigentlich von den gleichen Prämissen aus. Ausgangspunkt ist die Annahme, daß ein natürliches Geschlecht (sex) existiert, als reine biologische, von kulturellen Einflüssen unabhängige Tatsache. Demgegenüber gibt es ein kulturell produziertes soziales Geschlecht (gender), das die in der Gesellschaft ausgeübte Rolle darstellt. Natürliches und soziales Geschlecht korrespondieren und sind kausal miteinander verknüpft. Ein Mensch verinnerlicht also aufgrund seines natürlichen Geschlechts die Verhaltensmuster des korrespondierenden sozialen Geschlechts. Beiden Theorien liegt daher die Annahme zugrunde, daß es - entsprechend den korrespondierenden sozialen und natürlichen Geschlechtern - Menschen der Kategorien „Frau" und „Mann" gibt. Die Einordnung in diese Kategorien aufgrund des natürlichen und sozialen Geschlechts erfolgt zwingend und muß immer eine eindeutige sein. Das soziale Geschlecht, also die Pflege gewisser „weiblicher" Eigenschaften und Verhaltensweisen ist lediglich das Resultat patriarchaler Unterdrückung. Der Kernpunkt der Kategorie „Frau" liegt in der Unterdrückung auf sexuellem Gebiet. Auf diesem Gebiet kommt männliche Macht zum Ausdruck. Die Annahme einer Differenz zwischen Frauen und Männern kann sich daher nur auf den Bereich des sozialen Geschlechts beziehen. Der postmoderne oder auch dekonstruktivistische Ansatz verneint die Prämisse eines naturgegebenen Geschlechts. Diese These wird durch ethnosoziologische Untersuchungen gestützt, die sich mit Möglichkeiten der Geschlechtsbestimmung beschäftigen. Es gibt Fälle, wo ein Mensch zwei biologische Geschlechter haben kann (z.B. Menschen mit männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen). Auch aus kulturanthropologischer Sicht ist die Annahme einer zwingenden Binarität und Korrespondenz der Geschlechter nicht haltbar. Auch heute noch existiert in einigen Kulturen ein drittes Geschlecht, das sich in Abweichung von körperlichen Merkmalen allein auf die soziale Rolle des jeweiligen Menschen bezieht. Genau so gib es den Wechsel des Geschlechts (Transsexualität). Daran sieht man, daß weder eine eindeutige Zuordnung zu einem biologischen Geschlecht möglich ist, noch eine zwingende Korrespondenz von biologischem und sozialem Geschlecht gegeben ist. Der sprachliche Konstruktionsprozeß besteht aus der Zuordnung eines Objekts zu einem Begriff und dessen symbolischer Darstellung. Vor einer Benennung kann es kein Objekt geben; Sprache ist demnach als ständig wiederholende Benennungspraktik zu verstehen. Der vorgegebene binäre Rahmen wird lediglich durch Benennungspraktiken aufrechterhalten. Als Konsequenz daraus erscheinen die Effekte einer Benennung (z.B. rollentypisches Sozialverhalten) als Ursachen. Durch die ständig wiederholte Nennung z.B. der Kategorie „Frau" wird der Begriff manifestiert, und mit dem Begriff auch die dahinterstehenden hierarchischen Strukturen. Die Aufrechterhaltung der Benennungen dient folglich der Stabilisierung und Beibehaltung des bestehenden zwingend binären Geschlechterverhältnisses und damit der herrschenden Machtverhältnisse. Die Hierarchie zwischen Männern und Frauen kann demnach nur vor dem Hintergrund stabil definierter Geschlechtskategorien bestehen bleiben.

[42] vgl. dazu [ Weiler, 1989]

[43] [ Heine, 1987] S.34f

[44] [ Heine, 1987] S.36

[45] [Heine, 1987] S.36

[46] [ Weiler, 1989] S.15

[47] [ Schüngel-Straumann, 1992] S.12f

[48] [ Schüngel-Straumann, 1992] S.14

[49] [ Williams, M.] S.12

[50] Philo von Alexandrien: De fuga et inventione § 51ff zit. nach [Schroer,1996] S.51

[51] [ Pagels, 1981] S.94

[52] der amtierende Patriarch Kyrillos stand unter Verdacht, das Verbrechen initiiert zu haben vgl. dazu [ Richter]

[53] Ein-Natur-Lehre, die u.a. noch heute von Kopten, den Christen Ägyptens, vertreten wird

[54] Zwei-Naturen-Lehre, ein Grundpfeiler unter anderem der katholischen Kirche

[55] vgl. dazu [ Richter]

[56] zur Wortbedeutung: Die erwählte Meinung. Eine Lehre, die dem kirchlichen Dogma widerspricht und deshalb als Irrlehre oder Ketzerei verurteilt wird.

[57] Exegese (griechisch: herausführen; Erklärung, Auslegung) meint allgemein die Auslegung eines Textes, zum Beispiel eines Gesetzestextes oder eines Bibeltextes. Anders als bei einer Interpretation, in die subjektive Deutungselemente einfließen, beschränkt sich die Exegese auf die objektive, wissenschaftliche Untersuchung: Elemente des Textes, die Quellenlage, die Entstehungsgeschichte eines Textes, der soziokulturelle Hintergrund seiner Entstehung, der Problemhintergrund, die Wirkgeschichte ... Im engeren kirchlichen Sprachgebrauch meint Exegese die Auslegung der Bibel. Die Methoden der Exegese, deren Anfänge sich bereits innerhalb der biblischen Bücher selbst finden, haben sich im Laufe der Kirchen- und Theologiegeschichte gewandelt. So deuteten große Theologen (und Schulen) in der "Patristik" (3.-5.Jhdt), der Zeit der "Kirchenväter", die Bibel allegorisch-symbolisch. Die heutige gebräuchlichste Methode ist die sogenannte historisch-kritische-Methode, die versucht, nach streng wissenschaftlichen Kriterien und mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und Werkzeuge einen Text zu analysieren.

[58] im Folgenden zitiert als [ adv.haer.]

[59] [ Heiligenlexikon]

[60] im Folgenden zitiert als [Strom.] und [exc.ex Theod.]

[61] vgl. [kl. Pauly] Bd.1 S.1222

[62] Die Identität mit einem römischen Juristen namens Tertullian, der um 200 n.Chr. lebte, wird zwar manchmal behauptet, kann aber nicht bewiesen werden.

[63] vgl. [ Heiligenlexikon]

[64] im Folgenden zitiert als [ Ref.]

[65] [ Heiligenlexikon]

[66] vgl. [ Heiligenlexikon]

[67] im Folgenden abgekürzt als: [ Pan.]

[68] vgl. [ kl.Pauly] Bd.2 S.322

[69] vgl. [ Heiligenlexikon]

[70] Die Texte der Kirchenväter sind gut dokumentiert in der Bibliothek der Kirchenväter, alte Folge Kempten 1830-1853, neuere Folge München 1903-1931,neue Folge München 1931ff. In der vorliegenden Arbeit werden sie hauptsächlich zitiert nach [ Förster, 1995 (1)], [ Leisegang] und [ Hörmann] und mit kursiver Schrift kenntlich gemacht

[71] vgl. [ Heiligenlexikon]

[72] [ Philosophenlexikon]

[73] Gegenwärtig gibt es drei große Zentren, die sich der Erforschung der Nag-Hammadi-Texte widmen: a) das Institut für Antike und Christentum in Claremont/USA; es wird von James M. Robinson geleitet, dem zu verdanken ist, daß die Nag-Hammadi-Texte nun veröffentlicht vorliegen; b) die Laval Universität in Québec/Kanada, wo an der vielbändigen französischen Ausgabe der Nag--Hammadi-Texte unter der Federführung von Jacques É.Ménard, Paul-Hubert Poirier und Michel Roberge gearbeitet wird (Bibliothèque Copte de Nag Hammadi); c) der Berliner Arbeitskreis für koptisch-gnostische Schriften, der unter der Leitung von Hans-Martin Schenke bis 1989 Editionen und Einzelübersetzungen vorlegte.

Grundlegend sind folgende Gesamtausgaben:

1. The Facsimile Edition of the Nag Hammadi Codices. Published under the auspices of the Department of Antiquities of the Arab Republic of Egypt in conjunction with the United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation. Codex VI, Leiden 1972; Codex VII, Leiden 1972; Codices XI, XII and XIII, Leiden 1973; Codex II, Leiden 1974; Codex IV, Leiden 1975; Codex V, Leiden 1975; Codex III, Leiden 1976; Codex VIII, Leiden 1976; Codices IX and X, Leiden 1977; Codex I, Leiden 1977; Cartonnage, Leiden 1979; Introduction, Leiden 1984
2. The Nag Hammadi Library in English, translated by the members of the Coptic Gnostic Library Project of the Institute for Antiquity and Christianity Robinson, Director New York, Hagerstown, San Francisco, London 1977

Zitiert werden die Texte hier hauptsächlich ( jeweils gekennzeichnet) nach [ Förster, 1995 (1)], [ Förster, 1995 (2)], [ Hörmann] und [Lüdemann, Janssen] sowie nach Einzelübersetzungen des Berliner Arbeitskreises.

[74] [ Richter] 29.11.00

[75] vgl. dazu [ Leisegang] und [ Förster, 1995 (1)]

[76] [ Jonas,1954 (1)] S.5ff

[77] vgl. dazu [Förster,1995 (1)] S. 45f

[78] vgl. dazu [ Förster, 1995 (1)] S.111ff

[79] [ adv.haer.]I 29,1-4 zit. nach [ Förster, 1995 (1)] S.139

[80] beispielsweise die griechische Demeter,die babylonisch-assyrische Ischtar, die westsemitische Anat/Astarte, die ägyptische Isis, die römische Ceres.

In frühgeschichtlicher Zeit geht man mittlerweile allgemein von matriarchalen Gesellschaften mit einem starken Mutter- und Fruchtbarkeitskult aus

[81] beispielsweise die griechische Aphrodite, die ägyptische Hathor, die römische Venus

[82] Üblicherweise werden diese weiblichen und männlichen Wesen als Hypostasen der eigentlichen Gottheit verstanden. Es fehlt auch jeder Anhaltspunkt, um sie als eigenständige Gottheiten im altorientalischen Sinne einzuschätzen. Keine von ihnen taucht jemals alleine und unabhängig von den anderen auf und keine von ihnen ist jemals - soweit wir wissen - in einem eigenen Kult verehrt worden. Es gibt auch keine Zuordnung von Symbolen oder körperlichen Erscheinungsformen.

[83] Zur Wortbedeutung [ LSJ]: sophia, f. cleverness or skill in handicraft and art, as in carpentry, in music and singing, in poetry, in driving, in medicine or surgery 2. skill in matters of common life. sound judgement, intelligence, practical wisdom, etc., such as was attributed to the seven sages, like phronêsis , 3. learning, wisdom, speculative wisdom of natural philosophy and mathematics,
4. among the Jews, archê sophias phobos Kuriou.; Sophia, recognized first as an attribute of God, was later identified with the Spirit of God, 5. later as a title, hê humetera, hê humôn

Gnostische Textstellen nach [ Gnosis Archiv]: u.a Tertullian: Apologeticum, Irenaeus: Adversus haereses, Hippolytus: Refutatio, Pistis Sophia, Eugnostosbrief, Das Philippusevangelium, Das Wesen der Archonten,, Vom Ursprung der Welt, Die Sophia Jesu Christ, die dreigestaltige Protennoia, der zweite Logos des großen Seth

[84] hebräisch ebenfalls Weisheit, die zweite Emanation im Sefiroth-Baum vgl. [ Scholem, 1977] S.36 zur Wortbedeutung [ KJV hebr.]: Original Word hmkx, transliterated Word Chockma, Noun Feminine, Definition: wisdom, a.skill (in war) b.wisdom (in administration) c.shrewdness, wisdom d.wisdom, prudence (in religious affairs) e.wisdom (ethical and religious)

Ende der Leseprobe aus 171 Seiten

Details

Titel
Weisheit ist weiblich
Untertitel
Zeugnisse spätantiker Gnosis
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Philosophisches Institut)
Note
cum laude
Autor
Jahr
2001
Seiten
171
Katalognummer
V86719
ISBN (eBook)
9783638059046
ISBN (Buch)
9783656057819
Dateigröße
1043 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weisheit
Arbeit zitieren
Dr., M.A. Bettina Küpper Latusek (Autor:in), 2001, Weisheit ist weiblich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86719

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