Netzwerkstruktur und –ausrichtung in internationalen Unternehmen


Diplomarbeit, 2007

65 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Organisatorische Erfordernisse in der globalisierten Wirtschaft
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Definitorischer Rahmen
2.1 Das internationale Unternehmen
2.1.1 Merkmale des international tätigen Unternehmens
2.1.2 Rahmenbedingungen des international tätigen Unternehmens
2.2 Intraorganisationale Netzwerke
2.2.1 Der Netzwerkbegriff
2.2.2 Intraorganisationale Netzwerke und ihre Entstehung

3 Das Internationale Unternehmen als Intraorganisationales Netzwerk
3.1 Netzwerkansätze in der Internationalen Managementliteratur
3.1.1 The Transnational Solution nach Bartlett und Ghoshal
3.1.2 The Horizontal Organization nach White und Poynter
3.1.3 The Heterarchical Organization nach Hedlund
3.1.4 The Ideal Diversified Multinational Corporation nach Prahalad und Doz
3.2 Vergleich der vorgestellten Netzwerkansätze
3.3 Kritik an den vorgestellten Netzwerkansätzen

4 Rollen von Auslandsgesellschaften innerhalb Intraorganisationaler Netzwerke
4.1 Anwendbarkeit von Rollentypologien auf Intraorganisationale Netzwerke
4.2 Rollentypologien in der internationalen Managementliteratur
4.2.1 Rollentypologie nach Bartlett und Ghoshal
4.2.2 Rollentypologie nach Gupta und Govindarajan
4.3 Kritik an den Rollentypologien in der internationalen Managementliteratur

5 Die Koordination Intraorganisationaler Netzwerke
5.1 Überblick über Koordinationsinstrumente internationaler Unternehmen
5.1.1 Hierarchische Koordinationsinstrumente
5.1.2 Nicht-Hierarchische Koordinationsinstrumente
5.2 Spezifische Merkmale der Koordination Intraorganisationaler Netzwerke
5.2.1 Differenzierte Koordination Intraorganisationaler Netzwerke
5.2.1.1 Koordination in Abhängigkeit der Machtpositionen eines Netzwerkakteurs nach Prahalad und Doz
5.2.1.2 Koordination in Abhängigkeit der Rolle einer Auslandsgesellschaft
5.2.1.3 Koordination in Abhängigkeit netzwerkanalytischer Betrachtungen
5.2.1.3.1 Das Konzept der sozialen Netzwerkanalyse
5.2.1.3.2 Implikationen auf die Koordination von Auslandsgesellschaften
5.2.2 Verbundweite Koordination Intraorganisationaler Netzwerke
5.3 Problembereiche der Koordination Intraorganisationaler Netzwerke

6 Schlussbetrachtung
6.1 Intraorganisationale Netzwerke – die Organisationsstruktur der Zukunft?
6.1.1 Chancen Intraorganisationaler Netzwerke
6.1.2 Kritische Bereiche Intraorganisationaler Netzwerke
6.1.3 Praktische Relevanz Intraorganisationaler Netzwerke
6.2 Handlungsimplikationen
6.3 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abgrenzung von Intra- und Interorganisationalen Netzwerken

Abbildung 2: Entstehung Intraorganisationaler Netzwerke

Abbildung 3: Das integrierte Netzwerk nach Bartlett und Ghoshal

Abbildung 4: Idealtypische Formen organisatorischer Interdependenzen

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen der globalen Verantwortung der Auslandgesellschaften und den Koordinationsinstrumenten in den Ansätzen der Prozess-Schule

Abbildung 6: Rollentypologie nach Bartlett und Ghoshal

Abbildung 7: Rollentypologie nach Gupta und Govindarajan

Abbildung 8: Die Entwicklung von ressourcenabhängiger Koordination zum Kontextmanagement

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich der vorgestellten Netzwerkansätze

Tabelle 2: Koordinationsinstrumente in Abhängigkeit der Rolle einer Auslandsgesellschaft

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Organisatorische Erfordernisse in der globalisierten Wirtschaft

In der heutigen Zeit stellt sich für Unternehmen weniger die Frage, ob sie ihre Geschäftstätigkeiten globalisieren sollen, sondern vielmehr, wie sie ihre weltweiten Tätigkeiten angesichts zunehmend dynamischer Wettbewerbsbedingungen in organisatorischer Hinsicht erfolgreich gestalten können.

Nicht mehr Leistungs- und Strukturmerkmale, wie relative Kostenposition, Produktpalette, Auslastung der Anlagen und erreichte Marktanteile werden als direkt Erfolgs entscheidend betrachtet, sondern vorrangig organisatorische Merkmale wie Flexibilität, Aktionsgeschwindigkeit, Lernverhalten und damit Innovationsfähigkeit sowie veränderte Führungsmodelle als kritische Erfolgsfaktoren im internationalen Wettbewerb.

Als ein solches organisatorisches Instrument werden vielfach Netzwerkstrukturen für international tätige Unternehmen genannt, die den oben genannten Erfordernissen entsprechen sollen.

Wegen der sich weiter verschärfenden Globalisierung sehen einzelne Autoren solche Intraorganisationalen Netzwerke sogar als unverzichtbar an, um zukünftig zu den Gewinnern und nicht bestenfalls zu den Überlebenden im internationalen Wettbewerb zu gehören.[1]

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel der Arbeit ist, unterschiedliche in der internationalen Managementliteratur entwickelte Ansätze Intraorganisationaler Netzwerke sowie deren spezifische Koordination vorzustellen und kritisch zu hinterfragen.

Hierzu wird im 2. Kapitel zunächst der Begriff des internationalen Unternehmens definiert und seine organisatorischen Anforderungen dargestellt. Anschließend wird der Netzwerkbegriff erläutert, Intra- und Interorganisationale Netzwerke voneinander abgegrenzt und Entstehungsformen interner Unternehmensnetzwerke dargestellt.

Darauf aufbauend werden im 3. Kapitel vier, in der internationalen Managementliteratur weit verbreitete Netzwerkansätze vorgestellt, um anschließend einem Vergleich und einer generellen Kritik unterzogen zu werden.

Um einen Eindruck von den vielfältigen Aufgaben der unterschiedlichen Auslandsgesellschaften innerhalb eines Intraorganisationalen Netzwerkes zu vermitteln, werden im 4. Kapitel zwei Rollentypologien vorgestellt und kritisch betrachtet.

Das 5. Kapitel widmet sich anschließend der Koordination derart komplexer Organisationsstrukturen. Hierzu werden zunächst unterschiedliche, in international tätigen Unternehmen allgemein verwendete Koordinationsinstrumente und anschließend spezifische Ansätze zur Koordination Intraorganisationaler Netzwerke vorgestellt. Zuletzt werden hierauf aufbauend spezielle Problembereiche bei der Steuerung und Kontrolle Intraorganisationaler Netzwerke aufgezeigt.

Die Arbeit schließt mit dem 6. Kapitel. Hier werden zunächst Vor- und Nachteile Intraorganisationaler Netzwerke und ihre praktische Relevanz dargestellt. Anschließend werden Handlungsimplikationen gegeben und die Hauptaussagen der Arbeit zusammengefasst.

2 Definitorischer Rahmen

2.1 Das internationale Unternehmen

2.1.1 Merkmale des international tätigen Unternehmens

Von den vielen verschiedenen Definitionsansätzen wird dieser Arbeit der von Welge und Holtbrügge zugrunde gelegt.[2] Die Autoren beziehen sich zwar auf sog. Multinationale Unternehmen. Diese entsprechen aber im Wesentlichen international tätigen Unternehmen in Form eines Intraorganisationalen Netzwerkes, so dass auch dieser Ansatz in der Arbeit Verwendung finden kann.

Welge und Holtbrügge fassen ein Multinationales Unternehmen als Konzern rechtlich selbständiger Einheiten auf, das kumulativ in mindestens fünf Ländern und drei Kontinenten tätig ist. Die Auslandsaktivitäten sollen dabei einen wesentlichen Teil der Geschäftstätigkeit ausmachen. Dementsprechend wird nicht nur grenzüberschreitend Im- und Export betrieben, sondern üben die Auslandsgesellschaften darüber hinaus auch Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionstätigkeiten aus. Die Unternehmensstrategie wird aus einer weltweiten Perspektive heraus entworfen, bei der die unterschiedlichen Unternehmenseinheiten nicht als autonome Akteure, sondern als ein Verbund aufgefasst werden, innerhalb dessen vielfältige materielle und immaterielle Abhängigkeitsbeziehungen bestehen. Trotz dieser ausgeprägten unternehmensweiten Interdependenzen ist die Muttergesellschaft jedoch nach wie vor das oberste Entscheidungszentrum. Tochtergesellschaften orientierten sich dementsprechend an einem Rahmen zentral entwickelter Richtlinien. Kennzeichnend für dieses Unterstellungsverhältnis sind die Existenz von Gewinnabführungsverträgen sowie die zentrale Besetzung ausländischer Führungspositionen. Ein letztes Merkmal Multinationaler Unternehmen ist das Denken und Handeln ihres Managements in weltweiten Kategorien durch die Besetzung des Top-Managements mit ausländischen oder Auslands erfahrenen Führungskräften.

2.1.2 Rahmenbedingungen des international tätigen Unternehmens

International tätige Unternehmen agieren im Spannungsfeld zwischen lokaler Anpassungsfähigkeit und globaler Integration. Die erste Dimension beschreibt, inwiefern international tätige Unternehmen in der Lage sind, auf wirtschaftsraumspezifische Besonderheiten eingehen zu können, letztere das Ausmaß der konzernübergreifenden Abstimmung von Unternehmensprozessen.[3]

Die Notwendigkeit, betriebliche Strukturen, Systeme und Prozesse flexibel an lokale Bedingungen anpassen zu können, resultiert nicht nur aus dem Vorherrschen heterogener, nationaler (Kunden-)Bedürfnisse sowie unterschiedlicher und dynamischer Markt- und Produktionsstrukturen, sondern auch infolge protektionistischer Maßnahmen der Gastländer.[4]

Fortwährende Integrations- bzw. Standardisierungsbemühungen seien hingegen erforderlich, aufgrund des sich stetig verschärfenden, weltweiten Wettbewerbs. Sie gewährleisteten die Nutzung von Größen- bzw. Skaleneffekten, Leverageeffekten (Transfer unternehmerischer Wettbewerbsvorteile von einem auf ein anderes Land), Arbitrageeffekten (Nutzung länderspezifischer Unterschiede durch Koordination von Aktivitäten), sowie Integrationseffekten durch die Homogenisierung von weltweiten Nachfragestrukturen.[5]

Die im folgenden Abschnitt dargestellten Intraorganisationalen Netzwerke international tätiger Unternehmen sollen imstande sein, die geforderte globale Effizienz und lokale Anpassungsfähigkeit simultan zu verwirklichen.[6]

2.2 Intraorganisationale Netzwerke

2.2.1 Der Netzwerkbegriff

Im betriebswirtschaftlichen Sinn versteht man unter einem Netzwerk eine Organisationsform ökonomischer Aktivitäten, welche sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen wirtschaftlich zumeist abhängigen Organisationseinheiten auszeichnet.[7]

Verbindungen werden als komplex-reziprok bezeichnet, wenn vielfältige und insbesondere wechselseitige Beziehungen zwischen den jeweiligen Netzwerkakteuren bestehen. Diese beziehen sich auf den intensiven Austausch sowohl materieller als auch immaterieller Ressourcen.

Die geforderte Stabilität bedeutet, dass der Austausch von Leistungen und Informationen öfter wiederholt, bzw. sogar permanent vollzogen wird. Die relative Stabilität impliziert darüber hinaus, dass eine längerfristige Verbindung eingegangen wird, diese jedoch aufgrund sich stetig verändernder Umweltbedingungen einer gewissen Dynamik ausgesetzt ist.

Das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit bedeutet, dass die jeweiligen Netzwerkakteure hinsichtlich der Erstellung einer Gesamtleistung in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, kann darüber hinaus aber auch auf das Vorliegen einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung (Konzern) hindeuten.

Zuletzt sind Netzwerke eher kooperativ denn kompetitiv, da die Netzwerkakteure trotz der intensiven Zusammenarbeit ihre Eigenständigkeit und damit die Verfolgung unternehmensindividueller Ziele grundsätzlich beibehalten.[8]

2.2.2 Intraorganisationale Netzwerke und ihre Entstehung

Der oben gewählten Definition folgend, können sich die Akteure eines Netzwerkes sowohl aus eigenständigen Organisationen (sog. Interorganisationale Netzwerke) als auch aus unterschiedlichen Einheiten eines Unternehmens (sog. Intraorganisationale Netzwerke) zusammensetzen. Eine Differenzierung unterschiedlicher Netzwerktypen nach rechtlicher und / oder wirtschaftlicher (Un-)Abhängigkeit ihrer Akteure ist hingegen nur begrenzt möglich. Neben eigenständigen Organisationen sind nämlich auch die Tochtergesellschaften eines Konzerns formal rechtlich selbständig und Akteure Interorganisationaler Netzwerke können sich ebenfalls in einem gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis befinden. Die nachfolgende Abbildung dient zur Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen Intra- und Interorganisationalen Netzwerken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Abgrenzung von Intra- und Interorganisationalen Netzwerken

(Quelle: Eigene Darstellung)

Eine trennscharfe Differenzierung erfolgt danach, ob innerhalb des Netzwerkes formal hierarchische Weisungsbeziehungen vorliegen oder nicht. Unabhängig davon, ob von diesen Weisungsrechten Gebrauch gemacht wird, genügt bereits das Vorhandensein und somit die Möglichkeit der hierarchischen Weisung als Abgrenzungskriterium. Sinnbildlich wird in diesem Zusammenhang auch von einem „Schatten der Hierarchie“ gesprochen.[9] Bei Intraorganisationalen Netzwerken sind solche hierarchischen Weisungsbeziehungen weiterhin existent.[10]

Bei der Entstehung Intraorganisationaler Netzwerke kann man zwischen zwei traditionellen, jedoch vollkommen entgegengesetzten Verlaufsformen unterscheiden, welche sich letzten Endes aber doch ergänzen, der Quasi- Externalisierung (Vermarktlichung) und der Quasi- Internalisierung (Hierarchisierung). Unter ersterer ist der klassische Fall zu verstehen, bei dem ein Intraorganisationales Netzwerk durch Ausgründungen betrieblicher Bereiche oder Funktionen entsteht, diese letztlich aber als Tochtergesellschafen innerhalb eines erweiterten Konzerns verbleiben. Eine Quasi- Internalisierung liegt dagegen vor, wenn vormals unabhängige Unternehmen durch Akquisitionen in den Konzernverbund integriert werden.[11] Dieser Zusammenhang soll durch die nachfolgende Abbildung verdeutlicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Entstehung Intraorganisationaler Netzwerke

(Quelle: In Anlehnung an Zenger / Hesterly (1997), S. 251, zitiert nach Sydow (2001), S. 296.)

Die Zielsetzung dieser Reorganisationsmaßnahmen ist in beiden Fällen, eine dezentrale, spezialisierte und zugleich schlanke, flexible Organisationsform aufzubauen, in der Autonomie, Vertrauen, Eigeninitiative und Partnerschaft einen hohen Stellenwert einnehmen.[12]

3 Das Internationale Unternehmen als Intraorganisationales Netzwerk

3.1 Netzwerkansätze in der Internationalen Managementliteratur

Nach einem Jahrzehnt intensiver Forschung in den Feldern globaler Strategien und veränderten Wettbewerbs, widmeten sich Wirtschaftswissenschaftler Anfang der achtziger Jahre vermehrt den daraus resultierenden unternehmensorganisatorischen Anforderungen. International tätige Unternehmen waren sich zu dieser Zeit zwar bereits darüber bewusst, welche strategischen Antworten sie angesichts sich zunehmend globalisierender Märkte geben mussten, ihre organisatorische Umsetzung stellte jedoch ein Engpass dar. Vor diesem Hintergrund wurde eine Vielzahl alternativer Ansätze entwickelt, die die Mängel traditioneller Organisationsmodelle überwinden und den globalen Anforderungen erfolgreicher begegnen sollen.[13]

Einer dieser Ansätze ist die organisatorische Struktur eines internationalen Unternehmens in der Form eines Netzwerks. Die Netzwerkansätze, die in der internationalen Managementliteratur die größte Beachtung gefunden haben, sind die der Transnational Solution (Bartlett / Ghoshal), der Horizontal Organization (White / Poynter), der Heterarchical Organization (Hedlund) und der Ideal Diversified Multinational Corporation (Prahalad / Doz)[14], die nachfolgend vorgestellt, verglichen und einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

3.1.1 The Transnational Solution nach Bartlett und Ghoshal

Untersuchungsdesign und organisatorische Anforderungen

Das Konzept der Transnational Solution und der daraus resultierenden Transnationalen Organisation basiert auf Ergebnissen einer fünfjährigen Studie, in Rahmen derer in drei japanischen, amerikanischen und europäischen Multinationalen Unternehmen insgesamt 236 Manager interviewt wurden.[15]

Transnationale Organisationen seien, so die Autoren, im Gegensatz zu traditionellen Organisations- und Koordinationsstrukturen dazu in der Lage, simultan drei im globalen Wettbewerb erforderliche Erfolgsfaktoren zu optimieren.[16] Dies sind die globale Effizienz durch die weltweite Standardisierung und Integration unternehmerischer Aktivitäten, die multinationale Flexibilität im Sinne hoher lokaler Anpassungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit sowie die Sicherung von Innovationsprozessen durch weltweite Lernfähigkeit.[17]

Merkmale des Konzepts

Die Organisationsstruktur der Transnationalen Organisation wird von Bartlett und Ghoshal als Integriertes Netzwerk weltweit verstreuter Organisationseinheiten begriffen,[18] die sich eher durch stark reziproke als durch sequentielle Interdependenzbeziehungen zwischen den Auslandsgesellschaften auszeichnet.[19] Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen werden selektiv sowohl in der Mutter- oder Tochtergesellschaft zentralisiert als auch dezentral über mehrere Auslandsgesellschaften verteilt. Bartlett und Ghoshal sprechen in diesem Zusammenhang von einer flexiblen Konzentration verfügbarer Ressourcen.[20] Hierdurch werden Komponenten, Produkte, Ressourcen, Mitarbeiter und Informationen ständig zwischen den lokalen Einheiten sowie der Zentrale ausgetauscht und differierende Faktorkosten und Marktbedingungen genutzt.[21] Dieser vielfältige und rege Austausch führt nicht nur zu einer erhöhten Effizienz, Flexibilität und Lernfähigkeit, sondern in Verbindung mit den wechselseitigen Interdependenzen zwingt sie die Auslandsgesellschaften zu kooperativem Verhalten auf Produkt-, Funktions- und Länderebene und reduziert damit ebenfalls Autonomiebestrebungen.[22] Gleichzeitig setzt ein Integriertes Netzwerk aber auch die Bildung einer Matrix in den Köpfen der Manager voraus, da diese permanent unterschiedliche funktionale, prozessuale oder regionale Perspektiven in ihren Überlegungen vereinen müssten.[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das integrierte Netzwerk nach Bartlett und Ghoshal

(Quelle: Bartlett und Ghoshal (1990), S. 119.)

Im Gegensatz zu einheitlichen Rollenzuweisungen in traditionellen Unternehmensstrukturen werden bei der Transnational Solution in Abhängigkeit von dem jeweils lokalen Marktumfeld und der herausragenden Fähigkeiten einzelner Auslandsgesellschaften, diesen Gesellschaften differenzierte, spezialisierte Zuständigkeiten bzw. strategische Rollen zugewiesen.[24] Da nunmehr Kompetenzzentren existieren, welche in einem bestimmten Ressort Führungsrollen übernehmen, d.h. nicht nur weltweite Entwicklungs- und Steuerungsverantwortung tragen, sondern auch strategische Entscheidungen fällen, wird die Bedeutung der Zentrale deutlich relativiert.[25] Die Tochtergesellschaften gewinnen somit an Macht, da sie bspw. wettbewerbsentscheidendes Wissen und Innovationen hervorbringen, und gelten innerhalb des Gesamtunternehmens vielmehr als gleichberechtigter (strategischer) Partner.[26] Das Integrierte Netzwerk überwindet dementsprechend traditionelle Organisationsmodelle reiner Zentralisierung oder genereller Dezentralisierung.[27]

Ein weiteres Merkmal einer Transnationalen Organisation bilden die komplexen Anforderungen, die an das Management gestellt werden. Einerseits sind die vielfältigen Interessen und Fähigkeiten der einzelnen Unternehmenseinheiten in Einklang zu bringen und sicherzustellen. Andererseits sind angesichts der enormen Zentrifugalkräfte innerhalb der Transnationalen Organisation vielfältige und insbesondere individuelle Koordinationsprozesse, -verfahren und –instrumente aufzubauen, um eine optimale Arbeit und Aufgabenerfüllung der Einheiten zu gewährleisten. Die herausragendste Aufgabe des Managements sei es jedoch, allen Mitgliedern der Organisation ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Hierzu sei eine gemeinsame Vision zu entwickeln, persönliches Engagement zu fördern und eine starke Identifikation mit der Gesamtorganisation zu erreichen.[28]

3.1.2 The Horizontal Organization nach White und Poynter

Untersuchungsdesign und organisatorische Anforderungen

Das Konzept der Horizontalen Organisation basiert auf den Organisationsstrukturen der drei Großkonzerne Dow Chemical, Matsushita Electric und IBM[29] und ist das Ergebnis einer breit angelegten Studie unter Einbeziehung von über dreißig kanadischen Tochtergesellschaften vornehmlich amerikanischer Muttergesellschaften.[30]

Angesichts der konfligierenden Anforderungen, bestimmte Wertschöpfungsaktivitäten kostengünstig global zu rationalisieren und zu koordinieren, parallel aber auch lokal zugeschnittene Lösungen hervorbringen zu müssen, seien hierarchische Organisationsstrukturen zunehmend unzeitgemäß. Eine effektive horizontale Organisation würde dieser Anforderungen jedoch gerecht.[31]

Merkmale des Konzeptes

Nach White und Poynter ist die Annahme unrealistisch, dass sich die Probleme eines international tätigen Unternehmens effektiv von einem oder nur wenigen Entscheidungsträgern zentral lösen ließen. Ein Entscheidungszentrum würde angesichts der vielfältigen, oftmals höchst komplexen und unsicheren Problemstellungen an die Grenze ihrer kognitiven Fähigkeiten und der Informationsbewältigung stoßen. Dementsprechend seien laterale Entscheidungsfindungsprozesse herbeizuführen, bspw. durch Projekt-Manager, in Form von Ad-hoc-Kontakten sowie temporärer oder permanenter Teams, welche die jeweils betroffenen Akteure direkt zusammenbrächten. Durch solche lateralen Entscheidungsprozesse sei es nicht nur möglich, Produkte von einem kostengünstigen Produktionsstandort zu anderen hochrentablen Absatzmärkten weiterzuleiten und gemeinsam länderübergreifende Handlungsprogramme zu entwickeln oder sofern notwendig anzupassen, sondern auch Informationen, Erfahrungen und innovative Ideen mit anderen Auslandsgesellschaften zu teilen.[32]

[...]


[1] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 266, zitiert nach Riedl / Steger (1999), S. 89 f.

[2] Vgl. hierzu Welge / Holtbrügge (2006), S. 41 f.

[3] Vgl. hierzu Haas / Neumair (2006), S. 653 f.

[4] Vgl. hierzu Welge / Holtbrügge (2006), S. 43.

[5] Vgl. hierzu Haas / Neumair (2006), S. 655.

[6] Vgl. hierzu Kutschker / Schmid (2004), S. 528.

[7] Vgl. hierzu Sydow (1992), S. 82., zitiert nach Meckl (1997), S. 17.

[8] Vgl. hierzu Meckl (1997), S. 17.

[9] Vgl. hierzu Scharpf (1997), S. 197 ff., zitiert nach Wald (2003), S. 26.

[10] Vgl. hierzu Wald (2003), S. 25 f.

[11] Vgl. hierzu Sydow (2001), S. 295 f.

[12] Vgl. hierzu Sydow (1995), S. 629.

[13] Vgl. hierzu Böttcher (1996), S. 77.

[14] Vgl. hierzu Kutschker / Schmid (2004), S. 527.

[15] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 10. Bei den Unternehmen handelt es sich um Procter & Gamble, Unilever, Kao, General Electrics, Philips, Matsushita, ITT, Ericsson und NEC.

[16] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 38.

[17] Vgl. hierzu Kreikebaum et al. (2002), S. 148.

[18] Vgl. hierzu Böttcher (1996), S. 80.

[19] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 85.

[20] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 85.

[21] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 86, sowie Scherm / Süß (2001), S. 83.

[22] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 85.

[23] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 246.

[24] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 87 f.

[25] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 88.

[26] Vgl. hierzu Struthoff (1999), S. 56.

[27] Vgl. hierzu Kutschker / Schmid (2004), S. 528.

[28] Vgl. hierzu Bartlett / Ghoshal (1990), S. 93.

[29] Vgl. hierzu White / Poynter (1990), S. 96.

[30] Vgl. hierzu White / Poynter (1990), S. 111.

[31] Vgl. hierzu White / Poynter (1990), S. 95 f.

[32] Vgl. hierzu White / Poynter (1990), S. 99 f.

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Netzwerkstruktur und –ausrichtung in internationalen Unternehmen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Organisationslehre)
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
65
Katalognummer
V90434
ISBN (eBook)
9783638045322
Dateigröße
1653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Netzwerkstruktur, Unternehmen
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann Frederic Waterstraat (Autor:in), 2007, Netzwerkstruktur und –ausrichtung in internationalen Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90434

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