Charakterisierung des dynamischen Verhaltens einer Fräsmaschine


Diplomarbeit, 2002

167 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen und Versuchsplanung
2.1 Meßmittel
2.1.1 Laser-Interferometer
2.1.1.1 Eigenschaften des Laserlichtes
2.2.1.2 Vorteile des Lasers
2.1.1.3 Physikalische Grundlagen des Lasers
2.1.1.4 Helium – Neon – Laser
2.1.1.5 Interferometrie
2.1.2 Kreisformtester
2.1.2.1 Vorteile des Kreisformtests
2.1.2.2 Aufbau des Renishaw-Ballbar-Verfahrens
2.1.2.3 Ablauf der Datenerfassung
2.1.2.4 Auswertung des Kreisformtests
2.1.3 Besonderheiten für die Durchführung in dieser Arbeit
2.1.3.1 Totweg
2.1.3.2 Cosinus-Fehler
2.1.3.3 Abbe´sches Komparatorprinzip
2.2 Messen
2.2.1 Abgrenzung Messen und Prüfen
2.2.2 Grundlagen
2.2.3 Definitionen
2.2.4 Meßabweichung und Meßunsicherheit
2.2.4.1 Vorbemerkung
2.2.4.2 Ursachen der Meßunsicherheit
2.2.4.3 Bedeutung der Meßunsicherheit
2.2.4.4 Fehlereinteilung
2.2.5 Fehlerrechnung
2.2.5.1 Mittelwert
2.2.5.2 Mittlere Abweichung
2.2.5.3 Standardabweichungen
2.2.6 Regressionsrechnung
2.3 Normen und Richtlinien zur Charakterisierung und Vermessung der Maschine
2.3.1 DIN-Normen
2.3.2 VDI-Richtlinien
2.3.3 Einschätzung der vorgegebenen Regelwerke
2.3.4 Versuchsplan
2.4 Versuchsplanung und Begriffsbestimmung der Kennwerte
2.4.1 Vorbemerkung
2.4.2 Minimale und maximale Bahngeschwindigkeit
2.4.3 Beschleunigungs –und Verzögerungszeiten und –wege
2.4.4 Vorschubkonstanz
2.4.5 Positionierzeit
2.4.6 Schleppabstand
2.4.7 Geschwindigkeitsverstärkung
2.4.8 Grenzfrequenz
2.4.9 Kreisformabweichung

3 Versuchsdurchführung
3.1 Beschreibung der Mikro-Fräsmaschine
3.2 Vermessung der Maschine
3.2.1 Minimale und maximale Bahngeschwindigkeit
3.2.2 Beschleunigungs –und Verzögerungszeiten und –wege
3.2.3 Vorschubkonstanz
3.2.4 Positionierzeit
3.2.5 Bestimmung des Schleppabstandes, der Geschwindigkeitsverstärkung und der Grenzfrequenz
3.2.6 Bestimmung der Kreisformabweichung

4 Interpretation und Schlußfolgerungen
4.1 Minimale und Maximale Bahngeschwindigkeit
4.2 Beschleunigungs– und Verzögerungszeiten und –wege
4.3 Vorschubkonstanz
4.4 Positionierzeit
4.5 Geschwindigkeitsverstärkung
4.6 Kreisformtests

5 Zusammenfassung und Ausblick
5.1 Bewertung der Mikro-Fräsmaschine
5.2 Optimierungsmöglichkeiten des Planetengewindetriebs
5.3 Verbesserung des dynamischen Verhaltens mittels Linearmotor

Anhang

A.1 Literaturverzeichnis
DIN-Normen und VDI-Richtlinien
Handbücher und Firmenprospekte

A.2 Meßprotokolle / Diagramme
Maximale Bahngeschwindigkeit x-Achse
Maximale Bahngeschwindigkeit, y-Achse
Diagramme Beschleunigungs –und Verzögerungszeiten und –wege, x-Achse
Diagramme Beschleunigungs –und Verzögerungszeiten und –wege, y-Achse
Diagramme Positionierzeit x-Achse
Diagramme Positionierzeit y-Achse
Wertetabelle Schleppabstand x-Achse
Wertetabelle Schleppabstand y-Achse
Meßschriebe des dynamischen Kreisformtests

A.3 CNC-Programme
Programm zur Bestimmung der Vorschubkonstanz sowie zur Ermittlung von Beschleunigungs- und Verzögerungszeiten und –wege
Programm zur Bestimmung der Positionierzeit
Programm zum Auslesen des Schleppabstandes bei verschiedenen Geschwindigkeiten
Dynamischer Kreisformtest nach DIN ISO 230-1
Dynamischer Kreisformtest nach DIN ISO 230-1

1 Einleitung

1.1 Motivation

Voraussetzung für eine rationell geführte Fertigung ist unter anderem genaue Kenntnis quantitativer Angaben über Genauigkeit und Grenzen der eingesetzten Werkzeugmaschinen und Fertigungsmittel. Dies gewinnt zunehmend unter dem Aspekt der zunehmenden Automatisierung und der sich dadurch ergebenden geringeren direkten Eingriffe des Menschen in den Fertigungsprozeß an Bedeutung. Im Vordergrund des Interesses stehen dabei die optimale Anpassung an die Fertigungsaufgabe und die wirtschaftliche Nutzung.

Produktivitätssteigerung und Kostenreduzierung sind demnach vorrangige Ziele moderner Produktionsunternehmen. Dabei erlangen Schlagworte wie „cost-of-ownership“ und „life-cycle-cost“ für die Unternehmen stetig wachsende Relevanz. [TEC-01]

Die Kosten, hervorgerufene Verzögerung der Inbetriebnahme und Produktionsausfälle, Forderung nach besserer Qualität und die Verschärfung gesetzlicher Vorschriften führen zu einer Verschiebung der Akzente der Beurteilung.

Sehr häufig ist die erreichbare hohe Absolut- und Wiederholgenauigkeit bei NC-Maschinen von Interesse und ausschlaggebend für deren Einführung, respektive Anschaffung.

Sie reduzieren die für Kontrollen und Messungen erforderlichen Aufwendungen ganz erheblich, festgestellte Abweichungen lassen sich einfach korrigieren. Die Genauigkeit einer NC-Maschine wird nach verschiedenen Gesichtspunkten beurteilt. Dazu stehen mehrere DIN und VDI/DGQ-Richtlinien zur Verfügung. [MEI-94]

Voraussetzung ist zunächst die geometrische Genauigkeit, das heißt die einzelnen Achsen müssen exakt zueinander ausgerichtet sein.

Eine gute Steifigkeit des Maschinenkörpers ist Voraussetzung dafür, daß beim Verfahren der Achsen und beim Bearbeiten die Genauigkeit der Maschine erhalten bleibt.

Die Genauigkeit einer NC-Maschine wird zusätzlich beurteilt nach der erreichbaren Einfahrtoleranz, die sich aus der systemfehlerbedingten Positionsabweichung und der auf zufälligen Fehlereinflüssen beruhenden Positionsstreubreite zusammensetzt [VDI/DGQ 3441].

Für alle Maschinentypen stehen auch Beurteilungsrichtlinien zur Verfügung, die von einfachen Prüfwerkstücken ausgehen [VDI 2851]. Anhand dieser Einfachprüfwerkstücke soll die Werkzeugmaschine auf typische Fehler untersucht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Arbeitsunsicherheit einer Werkzeugmaschine – Einflußgrößen

Quelle : [Mei-94]

Alle rein maschinenbedingten Abweichungen, die bei der Herstellung von Teilen auf einer Werkzeugmaschine entstehen, werden definitionsgemäß unter dem Begriff der Arbeitsunsicherheit zusammengefaßt. Er enthält entsprechend Abbildung 1 damit sowohl systematische als auch zufällige Fehleranteile.

Ein direktes, geschlossenes Prüfverfahren zur Ermittlung der Arbeitsunsicherheit oder der Fertigungsunsicherheit einer Werkzeugmaschine ist technisch zur Zeit nicht realisierbar. Nur verschiedene indirekte Prüfungen geben Aufschluß über die wesentlichen Einflußgrößen. Die systematischen Fehleranteile der Arbeitsunsicherheit - insbesondere die Positionsunsicherheit - werden meist durch direkte Messungen an der Maschine ermittelt.

Im Rahmen der Diplomarbeit FT 2711 [MUN-99] wurde die statische Charakterisierung und Bewertung schon durchgeführt, so daß hieran anschließend nun die dynamische Charakteristik der Mikro-Fräsmaschine erfaßt und beurteilt werden soll.

1.2 Zielsetzung

Es wird beabsichtigt, aus den Kennwerten zur Charakterisierung des dynamischen Verhaltens der Mikro-Fräsmaschine verschiedene Schlüsse ziehen zu können :

Das Hauptaugenmerk soll auf die Möglichkeit eines Vergleiches zwischen der am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (wbk) der Universität Karlsruhe selbst konzipierten und konstruierten Mikro-Fräsmaschine und einem Mikro-Bearbeitungszentrum der Firma Kugler gelegt werden. Darüber hinaus werden die Daten typischen Vergleichsgrößen konventioneller 3-Achs-Fräsmaschinen gegenübergestellt.

Zudem sollen Potentiale und Optimierungsstrategien in Bezug auf Antriebe und Steuerung aufgezeigt und identifiziert werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Es werden zunächst die eingesetzten Meßmittel in ihren physikalischen Grundlagen beschrieben sowie die unter dem Aspekt der Versuchsdurchführung zugehörigen Spezifikationen, wie beispielsweise Genauigkeit, Fehlerquellen und Richtlinien zur Handhabung diskutiert.

Aufgrund der Durchsicht und Analyse der relevanten DIN-Normen und VDI-Richtlinien wird ein Versuchsplan erstellt, der die signifikanten Kennwerte und Kenngrößen zur Charakterisierung der Dynamik der Mikro-Fräsmaschine enthält.

Die Begriffsbestimmung der aufzunehmenden Kenndaten sowie eine Erläuterung ihres Einflusses auf das Verhalten, respektive die Dynamik der Mikro-Fräsmaschine wird sich anschließen, bevor dann die Versuchsplanung erörtert wird. Hierbei soll besonders unter der Prämisse der Reproduzierbarkeit und Validität der Messungen gearbeitet werden.

Die Versuchsdurchführung umfaßt Hinweise und Richtlinien zum konkreten Meßaufbau, der Darstellung der Ergebnisse sowie deren Auswertung und Erläuterung.

Anschließend wird die Interpretation der Meßergebnisse sowie ein Ausblick in bezug auf Potentiale und Optimierungsmöglichkeiten folgen.

2 Grundlagen

2.1 Meßmittel

2.1.1 Laser-Interferometer

In den späten vierziger und wieder in den frühen sechziger Jahren wurden auf der Grundlage der Quantenphysik zwei bedeutende technologische Entwicklungen möglich : Der Transistor und der Laser.

Die Erfindung des Transistors führte zur Entwicklung der Mikroelektronik, die sich mit der (quantenmechanischen) Wechselwirkung zwischen Elektronen und Materie befaßt. Beim Laser geht es um die Wechselwirkung zwischen Photonen und Materie. [TIP-00]

LASER ist ein Akronym und steht für :

Light Amplification by the stimulated emission of radiation und läßt sich am treffendsten mit Lichtverstärkung durch erzwungene Aussendung von Strahlung übersetzen.

Der Laser wirkt als Oszillator und Verstärker für monochromatisches Licht, Infrarot und Ultraviolett, dabei erzeugt er kohärentes Licht. In diesen Funktionen ist er durchgehend einsetzbar in dem Wellenlängenbereich zwischen etwa 0,1 mm und 3 mm, das heißt rund 15 Oktaven des elektromagnetischen Spektrums. Zum Vergleich sei erwähnt, daß das sichtbare Licht nur die Oktave von circa 0,37 bis 0,75 mm Wellenlänge umfaßt. [SCH-89][

2.1.1.1 Eigenschaften des Laserlichtes

Um die große Bedeutung des Lasers zu erkennen, werden nun im folgenden einige Charakteristika des Laserlichts betrachtet. Hierbei wird der Vergleich eines Lasers mit dem durch eine Wolframfadenlampe emittierten (kontinuierliches Spektrum) oder einem durch eine Neonentladungsröhre (Linienspektrum) ausgestrahlten Lichtes angestellt : [HAL-94]

i) Laserlicht ist nahezu monochromatisch: Wolframlicht, das ein kontinuierliches Spektrum überstreicht, bietet für einen Vergleich keine Basis. Das Licht ausgewählter Linien einer Gasentladungsröhre dagegen kann Wellenlängen im sichtbaren Bereich haben, die auf ungefähr 1 : 106 genau definiert sind. Die Definitionsschärfe von Laserlicht kann leicht tausendmal größer sein, das heißt 1: 109.
ii) Laserlicht ist nahezu kohärent. Die Kohärenzlänge von Laserlicht kann mehrere hundert Kilometer betragen. Zwei Strahlen, die unterschiedliche Wegstrecken dieses Betrages zurückgelegt haben, können noch zur Interferenz gebracht werden. Die Kohärenzlänge für Licht von einer Wolframfadenlampe oder einer Gasentladungsröhre ist dagegen wesentlich kürzer als 1 m.
iii) Laserstrahlen sind nahezu parallel. Laserstrahlen sind nur wegen der Beugungseffekte, die durch die Wellenlänge und den Durchmesser der Austrittsblende bestimmt sind, nicht streng parallel. Licht anderer Lichtquellen kann durch eine Linse oder einen Spiegel zwar annähernd parallel gemacht werden, doch divergiert es wesentlich stärker als Laserlicht. Jeder Punkt einer Wolframfadenlampe zum Beispiel erzeugt einen separaten eigenen Strahl; die Winkeldivergenz des Gesamtstrahls ist nicht durch Beugung, sondern durch die räumliche Ausdehnung des Fadens gegeben.
iv) Laserlicht kann scharf fokussiert werden. Diese Eigenschaft hängt mit der Parallelität des Laserstrahls zusammen. So wie beim Licht der Sterne wird die Größe des fokussierten Strahlenquerschnitts nur durch Beugungseffekte und nicht durch die Ausdehnung der Lichtquelle begrenzt. Flußdichten von ungefähr 1015 W/cm² werden mit gebündeltem Laserlicht leicht erreicht. Im Vergleich dazu hat eine Acetylen/Sauerstoff- Flamme eine Flußdichte von nur etwa 103 W/cm².

2.2.1.2 Vorteile des Lasers

Ein erheblicher Vorteil moderner Lasertechnik ist die immense Bandbreite bezüglich des Einsatzgebietes. Die vielseitigen Anwendungen reichen von Justierarbeiten (Labor, Bauindustrie), Meßtechnik, Holographie, Interferometrie und optische Inspektion über Strichcodeleser, etc. bis zu Anwendungen in Biologie und Medizin. [TIP-00]

2.1.1.3 Physikalische Grundlagen des Lasers

Laserbedingungen

Zur Realisierung eines Lasers muß erstens eine große Anzahl von Elektronen in einem höheren Niveau bereitgestellt werden, und es muß ferner ein tiefer liegendes Niveau genügend wenig besetzt sein, um nach dem induzierten Übergang diese Elektronen aufzunehmen (1. Laser-Bedingung). Zweitens muß für ausreichend stimulierendes Licht gesorgt sein (2. Laser-Bedingung).

Emissionsarten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Wechselwirkung von Materie und Strahlung

Quelle : [HAL-94]

i.) Absorption

Abbildung 2 veranschaulicht ein atomares System, das sich in dem niedrigeren von zwei möglichen Energiezuständen E1 und E2 befindet. Ein Photon aus einem Strahlungsfeld mit kontinuierlichem Spektrum trete mit diesem Atom in Wechselwirkung, wobei die Photonenfrequenz so sei, daß

h * n = E2 – E1 . Gleichung 1

Als Ergebnis verschwindet das Photon, und das Atom geht in den höheren Energiezustand über. Dieser Prozeß heißt Absorption.

ii.) Spontane Emission

In Abbildung 2 befindet sich das atomare System im höheren Energiezustand, und in der Umgebung ist keine Strahlung. Nach einer mittleren Zeitdauer, geht dieses (isolierte) atomare System von allein in den Zustand niedrigerer Energie über, wobei ein Photon der Energie h * n emittiert wird. Dieser Vorgang wird spontane Emission genannt, sie erfolgt ohne äußere Einwirkung.

Gewöhnlich ist die mittlere Lebensdauer t für die spontane Emission von angeregten Atomen circa 10- 8 s, doch gibt es einige Zustände, für die sie wesentlich länger ist, nämlich ungefähr 10-3 s. Diese metastabilen Zustände spielen eine große Rolle für den Lasereffekt.

Spontan ist der Vorgang also, weil man zwar für einen bestimmten Übergang eine mittlere Verweildauer des Elektrons im höheren Niveau angeben kann, deren Größenordnung meist um 10-8 s liegt. Wann das individuelle Elektron herunterfällt, kann man aber nicht genau festlegen; dies erfolgt spontan und unabhängig von anderen Elektronen und durch keinen äußeren Einfluß veranlaßt.

Das Licht (isotrope Strahlung) eines glühenden Lampendrahtes wird durch spontane Emission erzeugt. Die so entstehenden Photonen sind vollkommen unabhängig voneinander. Sie haben vor allem unterschiedliche Richtungen und Phasen. Anders gesagt, das Licht dieser Photonen hat einen geringen Grad von Kohärenz.

iii.) Erzwungene Emission

In Abbildung 2 ist das atomare System wieder in seinem höheren Energiezustand und gleichzeitig wirkt Strahlung mit einer gegebenen Frequenz.

Wie bei der Absorption tritt ein Photon der Energie h * n mit dem Atom in Wechselwirkung, mit dem Ergebnis, daß das System in den energetisch niedrigen Zustand übergeht und es jetzt zwei Photonen gibt.

Das emittierte Photon in Abbildung 2 ist vollkommen identisch mit dem "stimulierenden" Photon. Sie haben gleiche Energie, Richtung, Phase und Polarisation. Das ist die Ursache für die oben angeführten Eigenschaften des Laserlichts.

Der Prozeß in Abbildung 2 heißt erzwungene Emission oder induzierte Emission. Durch einen einzigen solchen Prozeß kann eine ganze Kettenreaktion gleichartiger Prozesse ausgelöst werden; das ist der Effekt der "Verstärkung" (= amplification).

Boltzmann-Verteilung und Inversion der Besetzungszahlen

Abbildung 3 bezieht sich auf die Wechselwirkung von Strahlung mit einem einzelnen Atom. In Wirklichkeit handelt es sich aber stets um eine Vielzahl von Atomen. Es stellt sich ergo die Frage, wie viele dieser Atome werden sich nun im Energiezustand E1 und wieviel in E2 befinden, wenn man es mit einem Zweiniveau-System wie in Abbildung 3 zu tun hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Normale Besetzung eines atomaren Niveaus (a) und Besetzungsinversion (b)

Quelle : [Hal-94]

Ludwig Boltzmann zeigte, daß die Anzahl n(x) der Atome in einem beliebigen Zustand der Energie E(x) im thermischen Gleichgewicht gegeben ist durch

n(x) = C * e-E(x)/kT Gleichung 2

worin C eine Konstante ist. Die Größe kT ist die mittlere Energie für die Anregung eines Atoms bei der Temperatur T, und man sieht, daß bei ansteigenden Temperaturen immer mehr Atome - im langzeitigen Mittelwert - durch thermische Anregung auf das Niveau E(x) "hochgepumpt" werden. Wendet man Gleichung 2 auf die zwei Niveaus des Bild an und dividiert diese, so fällt die Konstante C heraus, und man erhält einen Ausdruck für das Verhältnis der Anzahl der Atome, die sich im höheren Energiezustand befinden, zu der Anzahl der im niedrigen Zustand befindlichen: [TIP-00]

n2 / n1 = e - (E2-E1) / kT Gleichung 3

Abbildung 3 illustriert diese Situation. Wegen E2> E1 ist das Verhältnis n2 / n1 immer kleiner als Eins. Das bedeutet, daß immer weniger Atome im höheren Energiezustand als im niedrigeren sind. Dies entspricht den Erwartungen, wenn die Niveaubesetzung der Atome allein durch thermische Anregung zustande kommt. Setzt man ein System wie in Abbildung 3 einer Strahlung aus, so wird der vorherrschende Prozeß - allein wegen der Besetzungszahlen - die Absorption sein. Wäre jedoch die Niveaubesetzung umgekehrt, wie in Bild, so würde unter Bestrahlung hauptsächlich erzwungene Emission stattfinden und damit die Erzeugung von Laserlicht. Eine Besetzungsinversion gleich der in Abbildung 3 entspricht aber einem Zustand des Ungleichgewichts, und es bedarf geschickter Tricks, um ihn herbeizuführen. [BER-95]

2.1.1.4 Helium – Neon – Laser

Der im Renishaw-Laser-Interferometer verwendete Helium-Neon-Laser ist ein Gaslaser. Bei dieser Laserkategorie liegt das aktive Medium in gas- oder dampfförmiger Phase vor. Die meisten Gase, insbesondere Edelgase, eignen sich als Lasermedium. Jedes von ihnen liefert mehrere Laserübergänge. So sind beispielsweise von Neon über 180 Laserlinien bekannt. Die Emissionsbereiche erstrecken sich vom Ultravioletten bis in den Submillimeterwellenbereich.

Die Anregung des aktiven Mediums in einem Gaslaser geschieht gewöhnlich durch eine elektrische Entladung. Es gibt allerdings auch Gaslaser, bei denen die Anregung durch optisches Pumpen mit einem anderen Laser, durch eine gasdynamische Expansion oder durch chemisches Pumpen erfolgt. In einer elektrischen Gasentladung werden freie Elektronen und Ionen produziert. Diese Ladungsträger gewinnen durch die Beschleunigung im elektrischen Feld der Gasentladung kinetische Energie. Dabei ist die Bewegung der Ionen im allgemeinen unwichtig, da nur die freien Elektronen zur Anregung der Gasatome, -ionen oder -moleküle beitragen. Kontinuierliche Gaslaser werden normalerweise mit einer Niederdruckentladung betrieben, weil bei höherem Druck keine kontinuierliche Entladung aufrechterhalten werden kann. In einer Niederdruckentladung stellt sich eine Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung für die Elektronen mit einer entsprechenden Elektronentemperatur Te ein. [KNE-89]

Energieniveauschema und Laserprinzip

Der Helium-Neon-Laser ist der typische Vertreter der Neutralatom-Gaslaser. Er war der erste kontinuierliche Laser wie auch der erste Gaslaser der Geschichte mit der IR Emissions-Wellenlänge von l=1,15 µm. Heute gehört der Helium-Neon-Laser, vor allem auch dank der sichtbaren Emissionslinie bei 632,8 nm, zu einem weit verbreiteten Laser. Die Lasertätigkeit des Helium-Neon-Systems kann anhand des folgenden Energieniveauschemas (Abbildung 4) erklärt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Termschema eines Helium-Neon-Lasers

Quelle : [BER-95]

Ablauf und Übergänge

Abbildung 4 zeigt die Energieniveaus von Helium und Neon, die für die Laserprozesse relevant sind. Lasertätigkeit geschieht zwischen Energieniveaus von Neon, während Helium nur zur Unterstützung des Pumpprozesses beigemischt wird. In einem Gasgemisch, welches typisch 1 mbar Helium und 0,1 mbar Neon enthält, wird eine Entladung gezündet. Die energiereichen Entladungselektronen regen die Helium Atome in verschiedene angeregte Zustände an. In der Zerfallskaskade sammeln sich die Helium-Atome in den metastabilen Zuständen 23S und 21S mit Lebensdauern von 10-4 Sekunden und 5*10-6 Sekunden. Da diese langlebigen 23S und 21S Zustände von Helium beinahe mit den 2s und 3s Zuständen von Neon koinzidieren, können Neon-Atome in diese angeregten Zustände durch Stöße zweiter Art angeregt werden.

Die Energiedifferenz DE, zum Beispiel DE = 400 cm-l im Falle des 2s Niveaus, wird dabei in kinetische Energie der Atome nach dem Stoß umgewandelt. Diese resonante Energieübertragung von Helium auf Neon ist der Hauptpumpmechanismus im Helium-Neon-System, obwohl auch direkte Elektron-Neon Stöße zum Pumpen beitragen. [HAL-94]

Die in der Entladung gewonnene kinetische Energie der Elektronen kann durch inelastische Stöße auf andere Gasteilchen übertragen werden und so diese in höhere Niveaus anregen. Man unterscheidet zwei Arten der Gasanregung durch Elektronenstöße, nämlich Stöße erster und zweiter Art.

Wenn sich das Atom einmal in einem angeregten Zustand befindet, so kann es durch verschiedene Prozesse zu tieferen Energiezuständen (inklusive Grundzustand) zerfallen: [SCH-89]

i) Stoß mit einem Elektron, bei dem das Atom seine Anregungsenergie dem Elektron übergibt (Stoß zweiter Art),
ii) Stoß mit andern Atomen,
iii) Stoß mit der Rohrwand,
iv) spontane Emission,
v) stimulierte Emission.

Gemäß obigen Ausführungen können in den 2s und 3s Niveaus von Neon Besetzungen aufgebaut werden. In Frage kommen jedoch nur Übergänge zu p-Zuständen aufgrund von Auswahlregeln für elektrische Dipolübergänge. Hinzu kommt, daß die Lebensdauer der p- Zustände (tp ~ 10 ns) um eine Größenordnung kleiner ist als die der s-Zustände (ts ~ 100 ns).

Technischer Aufbau

Der Aufbau ist in Abbildung 5 dargestellt. In einem dünnen Glasrohr findet ähnlich wie in einer Leuchtstofflampe eine Gasentladung statt, welche durch eine elektrische Anregungsleistung über die Kathode und Anode gespeist wird. Das Rohr ist mit dem Gemisch aus Helium und Neon unter einem Totaldruck von etwa 1 mbar gefüllt. Die Heliumatome werden durch Elektronenstoß in einen angeregten Zustand versetzt. Bei diesem Zusammenstoß von angeregten Helium-Atomen mit Neon-Atomen werden die Neon-Atome in den angeregten Zustand versetzt. Durch induzierte Emission der Neon-Atome wird der Lichtstrahl verstärkt. Die Lichtstrahlen, welche auf das Brewster-Fenster treffen, werden dadurch polarisiert. Anschließend treffen die polarisierten Strahlen auf den leicht konkaven Hohlspiegel, dieser lenkt die Strahlen in das laseraktive Material zurück. Dort wird der Strahl durch die induzierte Emission weiter verstärkt. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals, dabei wird der Lichtstrahl immer weiter gebündelt und verstärkt. Der Laserstrahl hat aufgrund der konstruktionsbedingten l-Werte und dem Brewster-Fenster nur eine kleine Bandbreite von n. Das Austreten des Lasers aus dem System erfolgt durch einen der beiden Spiegel, welcher teildurchlässig ist.

Der Energieverlust ist aufgrund der mehrmaligen Energieübertragung, der begrenzten Übertragungsrate der Energie durch die Stöße und der Nutzung von nur einer kleinen Bandbreite des Lichtes sehr hoch. Daraus resultiert der geringe Wirkungsgrad von nur circa 10-3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 : Technische Bauweise eines Helium-Neon-Lasers

Quelle : [HEI-90]

2.1.1.5 Interferometrie

Interferometrische Meßsysteme und –geräte sind im Prinzip inkrementale Meßsysteme, die als Vergleichsnormal die Wellenlänge von monochromatischem Licht benutzen. Solche Anordnungen zeichnen sich durch eine hohe Genauigkeit und ein sehr gutes Auflösungsvermögen aus.

Sie werden daher in interferometrischen Meßverfahren zur Vermessung von Werkzeugmaschinen eingesetzt.

Michelson-Interferometer

Das Michelson-Interferometer ist quasi der Vater aller modernen Meßgeräte, die auf interferometrischen Grundlagen beruhen und ist in ersten Anwendungen von Interferenzerscheinungen für die Längenmeßtechnik bis ins Jahr 1890 zurückzuführen.

Seinerzeit entwickelte Michelson die nach ihm benannte Anordnung zur Auswertung der Länge des Urmeters, die noch heute in nahezu unveränderter Form die Grundeinheit moderner Laser-Interferometer darstellt. [WEC-5/97]

Interferenz

Die Interferometrie ist eine optische Meßmethode, bei der die Welleneigenschaft von Lichtstrahlen, Interferenz zu erzeugen, zu sehr genauen Messungen von Längen genutzt wird. Die Grundlage der Methode besteht in der Überlagerung von zwei kohärenten Wellenfronten, deren Phasenlage bei der Messung so verändert wird, daß Intensitätsschwankungen auftreten. Beim räumlichen Betrachten der Wellenfronten sind dann, je nach der Phasenlage, helle und dunkle Interferenz-Streifen zu sehen.

Konstruktive Interferenz (Abbildung 6) entsteht, wenn sich zwei kohärente, phasengleiche Wellenfronten überlagern. Die Amplitude der resultierenden Welle ist in diesem Fall gleich der Summe der Amplituden der beiden Ausgangswellen (Verstärkung).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 : Entstehung von konstruktiver Interferenz

Quelle : [REN-98]

Destruktive Interferenz (Abbildung 7) tritt bei der Überlagerung zweier Wellenfronten auf, die zueinander um eine halbe Wellenlänge phasenverschoben sind. Die Amplitude der entstehenden Welle ist gleich der Differenz der Amplituden der beiden Ausgangswellen (Schwächung). Bei Amplitudengleichheit kommt es zur Auslöschung.

Meßtechnisch wird der definierte Zusammenhang von Änderungen der Phasenverschiebung und Intensitätsschwankungen genutzt. Die Phasenverschiebung wird dadurch erreicht, daß der zurücklegte Weg einer der beiden Lichtwellenfronten (Strahlen) veränderlich sein muß. Wird dabei die Anzahl der Intensitätsschwankungen erfaßt und ist die Wellenlänge (Abstand zwischen zwei Wellenmaxima) des Lichtes bekannt, kann daraus der zurückgelegte Weg berechnet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 : Entstehung von destruktiver Interferenz

Quelle : [REN-98]

Aufbau des Michelson-Interferometers

Sein Aufbau ist schematisch in Abbildung 8 wiedergegeben. Von einer Lichtquelle L fällt das Licht auf eine unter 45° geneigte, halbdurchlässig verspiegelte Glasplatte P, durch die es in einen durchgehenden Strahl 1 und einen senkrecht dazu verlaufenden Strahl 2 zerlegt wird. Beide Strahlen werden an senkrecht gestellten ebenen Spiegeln S1 und S2 in sich selbst zurückgeworfen und treffen auf ihrem Rückweg erneut auf die Platte P, wo sie nochmals in je zwei Teile zerlegt werden.

Von diesen betrachtet man nur die beiden Anteile, die miteinander koinzidierend ins Fernrohr F gelangen. Da hierbei der Strahl 1 die Platte P dreimal, Strahl 2 aber nur einmal durchlaufen hat, ist in den Weg des Strahles 2 zwischen P und S2 eine zweite, gleich dicke, aber unverspiegelte Platte P' parallel zu P eingeschaltet. Auf diese Weise wird die bisherige Asymmetrie der beiden Strahlen 1 und 2 aufgehoben; die Lichtwege sind nunmehr vollkommen gleichwertig.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 : Prinzip des Michelson-Interferometers

Quelle : [BER-95]

Nimmt man zunächst an, daß die beiden Spiegel S1 und S2 gleichweit vom Punkt A auf der Platte P entfernt sind, so treffen die Strahlen 1 und 2 ohne Gangunterschied in das Beobachtungsfernrohr F und verstärken sich. Eine solche Verstärkung tritt auch ein, wenn einer der beiden Spiegel um ein ganzes Vielfaches einer halben Wellenlänge verschoben wird. Dagegen löschen sich die beiden Strahlen im Fernrohr aus, wenn einer der beiden Spiegel um ein ungerades Vielfaches einer Viertelwellenlänge längs der Strahlrichtung verschoben wird; denn in diesem Fall beträgt der Gangunterschied zwischen den beiden Strahlen ein ungerades Vielfaches einer halben Wellenlänge. Indem man also den einen Spiegel mit Hilfe einer Mikrometerschraube meßbar verschiebt und die Helligkeitswechsel im Fernrohr zählt, kann man die optischen Wellenlängen absolut messen. In Wirklichkeit ist das im Fernrohr erscheinende Gesichtsfeld nicht gleichmäßig hell oder dunkel, sondern zeigt bei ausgedehnter Lichtquelle konzentrische Interferenzringe, die sich bei einer Spiegelverschiebung erweitern oder zusammenziehen. Die ganze Anordnung kann man nämlich als äquivalent mit einer planparallelen Luftplatte ansehen, denn das virtuelle Bild S2`, das die spiegelnde Platte P von S2 entwirft, liegt ebenso weit hinter P wie S2 vor ihm, wobei S1 und S2` einander parallel sind, wenn S1 und S2 senkrecht aufeinander stehen, was vorausgesetzt wurde. Man kann sich also S2 einfach durch S2` ersetzt und dann den Spiegel S2 unterdrückt denken. Die Gangdifferenz für den Mittelstrahl ist einfach gleich dem doppelten Abstand S1 S2` des reellen Spiegels S1 von dem virtuellen S2`, die zusammen eine planparallele Luftplatte von variabler Dicke begrenzen, und man beobachtet Kurven gleicher Neigung.

Man kann natürlich die Spiegel S1 und S2 auch so justieren, daß sie einer keilförmigen Luftplatte S1 S2` äquivalent sind; dann beobachtet man bei Beleuchtung mit parallelem Licht mit dem (jetzt allerdings nicht auf Unendlich, sondern auf den Keil eingestellten) Fernrohr gradlinige Streifen parallel der Keilkante (Kurven gleicher Dicke). Wählt man dabei den mittleren Abstand AS1 und AS2 gleich, dann schneiden sich die Flächen S1 und S2` und man erhält den Interferenzstreifen 0-ter Ordnung in der Mitte des Gesichtsfeldes, den man bei Beleuchtung mit weißem Licht als einzigen achromatischen Streifen leicht identifizieren kann. Damit kann die Gleichheit der Lichtwege 1 und 2 kontrolliert werden. [HAL-94]

Renishaw-Laser-Interferometer

Für die Erfassung diverser Kenngrößen zur Charakterisierung der dynamischen Signifikanz der Mikro-Fräsmaschine im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit kamen zur Durchführung der zugehörigen Messungen im linear-dynamischen Bereich ein Laser-Interferometer der Firma Renishaw zum Einsatz. Im folgenden sollen nun kurz die Funktionsweise sowie Meßaufbau und Anordnung der Optiken geschildert werden.

Das vom Laser ausgesandte Licht wird im Interferometer in zwei Strahlen aufgeteilt. Einer der Strahlen wird über einen Reflektor, der in einem festen Abstand zum Interferometer montiert ist, zurückgeworfen (Referenzstrahl). Der andere Strahl läuft über einen zweiten Reflektor, dessen - in Strahlrichtung - veränderlicher Abstand zum Strahlteiler die zu messende Größe ist (Meßstrahl). Die beiden reflektierten Strahlen werden im Interferometer wieder zusammengeführt und gemeinsam über die Detektor-Öffnung im Verschluß vom Laser ML 10 aufgenommen. Aus dem Unterschied der Laufwege der beiden Strahlen ermittelt der Laser den jeweiligen Meßwert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9 : Meßaufbau für eine Positionsmessung

Quelle : [REN-98]

In der praktischen Anwendung werden die beiden kohärenten Wellenfronten durch einen optischen Strahlteiler (Interferometer) aus einem stabilisierten Laserstrahl erzeugt: Die beiden Strahlen werden reflektiert und durch den Strahlteiler zum Detektor zurückgeführt. Dort ergibt sich das Interferenzmuster.

Wenn sich die von den beiden Strahlen zurückgelegten Wege nicht ändern, wird ein Signal registriert, das irgendwo zwischen konstruktiver und destruktiver Interferenz liegt. Ändern sich die von den beiden Strahlen zurückgelegten Wege unterschiedlich, so registriert der Detektor ein Signal, das periodisch mit der Wellenlänge zwischen konstruktiver und destruktiver Interferenz pendelt. Die so erzeugten Amplitudenänderungen des resultierenden Strahls (Intensitätsschwankungen) werden gezählt und dienen als Grundlage zur Berechnung des Verschiebeweges. Die Länge des zurückgelegten Weges ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der Interferenz-Streifen mit der halben Wellenlänge. Die halbe Wellenlänge muß angesetzt werden, weil der Meßstrahl den Weg doppelt durchläuft. [REN-98]

Das interferometrische Meßprinzip des Erfassens der Phasenverschiebung zwischen zwei Wellenfronten (Strahlen) kann unmittelbar für lineare Messungen angewendet werden.

Bei einer Positionsmessung (lineare Messung) wird der Weg des einen Strahls (Referenzstrahl) konstant gehalten. Dazu wird ein Reflektor fest mit dem Strahlteiler verbunden. Der veränderliche Weg des zweiten Strahls (Meßstrahl) über einen verschiebbaren Reflektor ist die Meßgröße (Abbildung 10). Dementsprechend fällt die im Rahmen dieser Diplomarbeit durchgeführte Meßaufgabe des Renishaw-Laser-Interferometers in die folgende Konfiguration: Interferometer ist ortsfest fixiert und der Reflektor bewegt sich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 : Versuchsbezogener Aufbau

Quelle : [REN-98]

2.1.2 Kreisformtester

Nahezu alle Maschinenbaufirmen arbeiten heutzutage mit modernen CNC-Maschinen mit Positioniereinrichtungen, um die Herstellung ihrer Produkte zu automatisieren. Diese Maschinen verfügen über ausgezeichnete Wiederholungseigenschaften und sind die wirtschaftlichste Lösung bei mittleren Losgrößen. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, daß Bearbeitungsqualität und - genauigkeit immer nur so gut sind wie die Anlage selbst. [REN-92]

Ein weitverbreitetes Verfahren zur Untersuchung des geometrischen und kinematischen Verhaltens von Werkzeugmaschinen ist der Kreisformtest, bei dem die absolute Genauigkeit einer von der CNC-Steuerung interpolierten Kreisbahn vermessen wird.

Kreisformtests mit großem Radien geben Auskunft über die Maschinengeometrie, wohingegen bei kleinen Kreisradien der Einfluß der Dynamik der Vorschubantriebe beurteilt wird.

2.1.2.1 Vorteile des Kreisformtests

Ein Verfahren zur Überprüfung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Anlage besteht darin, ein Testwerkstück zu bearbeiten und anschließend die Genauigkeit des Teils mit einem Koordinatenmeßgerät zu überprüfen (Richtlinien hierfür finden sich unter anderem in der VDI 2851). Dieser Vorgang nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch, da für die Einstellung der Anlage mehrere Stunden und danach für den genauen Schnitt ebenfalls einige Stunden benötigt werden. Dieses Vorgehen ist außerdem unwirtschaftlich, da Rohmaterial verbraucht und Schneidwerkzeuge zusätzlichem, unproduktivem Verschleiß ausgesetzt werden.

Eine Alternative ist die Überprüfung der Anlage durch einen Kreisformtest, der die gleichzeitige Bewegung von zwei linearen und nominell lotrechten Achsen umfaßt, deren kombinierte Bewegungen einen Kreis beschreiben. Dieser Vorgang läßt sich auf den meisten CNC-Anlagen leicht programmieren und zeigt Fehler und Ungenauigkeiten in der numerischen Steuerung, in den Antrieben und den Achsen der Maschine auf.

Insofern zeigt sich der Kreisformtest als werkstattorientiertes Verfahren, der unter anderem nach Kollisionen durch Programmierfehler („Crashs“) Anwendung findet, da sich durch Verwendung und Interpretation der Meßergebnisse relativ schnell eine Aussage über eventuelle Beschädigungen treffen und formulieren läßt.

2.1.2.2 Aufbau des Renishaw-Ballbar-Verfahrens

Das Renishaw Ballbar-Verfahren basiert auf dem geschilderten Ablauf und bietet außerdem den Vorteil der Datenerfassung im Computer.

Der wichtigste Faktor im Renishaw-Verfahren mit einem Kreistest ist ein Präzisionslinearwandler, der sich über den Bereich von etwa ±2.5 mm mit einem Meßbereich von etwa ±1 mm zusammendrücken beziehungsweise expandieren läßt. Er liefert elektrische Signale, die elektronisch in ein für das Programm verständliches Format umgewandelt und damit speicherbar und analysierbar werden.

Abbildung 11 zeigt den Wandler und die anderen für die Durchführung des Kreistests erforderlichen Komponenten :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11 : Systemkonfiguration

Quelle : [REN-92]

Der Ballbar hat eine nominelle Länge von 100 mm und kann durch Verlängerungsstangen auch größere Bereiche abdecken.

Geringere Längen decken den Effekt des Umkehrspiels am besten auf, besonders bei hoher Geschwindigkeit. Größere Längen lassen geometrische Probleme (Achsen aus dem Lot) und Klebeverrutschungen an den Führungen der Achsen sehr gut erkennen, besonders bei niedrigen Geschwindigkeiten. [WEC-5/97]

Zur Entkopplung der Einflüsse einzelner Maschinenachsen wird die Kreisebene so angeordnet, daß die Bewegung nur in zwei Achsen interpoliert wird. Während Tisch- und Werkzeugaufnahme relativ zueinander eine vorprogrammierte Kreisbahn mit dem Radius R abfahren, erfaßt das Meßsystem die relativen Verlagerungen, das heißt die Abweichungen von der Sollkreisbahn der Bewegung, welche von der Auswertesoftware in einem Polardiagramm aufgetragen werden :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12 : Anbringung des Kreisformtesters

Quelle : [REN-92]

2.1.2.3 Ablauf der Datenerfassung

Nach dem Aufbau des Kreisformtesters wird über die Steuerung eine Kreisbahn vorgegeben und von der Maschine abgefahren.

Die Abweichungen zur Idealbahn werden vom Kreisformtester aufgenommen und mittels einer Auswerteeinheit bewertet.

Abweichungen von der Idealbahn manifestieren sich bei einem Kreis als Radiusänderungen während des Abfahrens der programmierten Sollbahn. Diese Schwankungen werden fotoelektrisch über eine Beleuchtungsdiode und einen linearen Inkrementalmaßstab erfaßt und zur Berechnung an den Computer weitergeleitet :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13 : Aufbau eines Kreisformtesters

Quelle : [WEC-01]

Vorgehensweise bei der Datenerfassung am Vollkreis

Abbildung 14 zeigt in graphischer Form den Idealweg, den das Meßsystem bei der dynamischen Datenerfassung an einem Vollkreis beschreiben sollte. (Anmerkung: Der in Abbildung 14 dargestellte Weg verläuft spiralförmig zum Mittelpunkt hin - Dies ist nur aus darstellungstechnischen Gründen so, in Wirklichkeit verläuft der Weg kreisförmig mit einem nominell konstanten Radius.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14 : Weg des Meßsystems bei Datenerfassung über 360°

Quelle : [REN-92]

Dieser Weg läßt sich in fünf Schritte unterteilen:

- Starttrigger (1 mm),
- Einlaufwinkel,
- Datenerfassungsbogen,
- Auslaufwinkel,
- Endtrigger (1 mm)

i) Starttrigger

Die Spitze des Meßsystems beschreibt einen Weg von maximal 5 mm, der tatsächliche Arbeitsbereich des Meßwertwandlers beträgt jedoch circa 2 mm im Zentrum des Maximalweges.

Der Meßbereich liegt im Arbeitsbereich im Umkreis von circa ±1 mm vom Zentrum des Arbeitsbereiches. Diese Bereiche gehen aus Abbildung 15 hervor :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15 : Bereiche des Präzisionslinearwandlers

Quelle : [REN-92]

Bei der dynamischen Datenerfassung geht die Software davon aus, daß das Meßsystem außerhalb des Meßbereichs startet, bevor der Datenerfassungsprozeß beginnt. Sobald der Ballbar in Meßbereich bewegt worden ist, beginnt die Software mit der Aufzeichnung und nimmt die Werte auf. Bei der dynamischen Datenerfassung ist es daher wichtig, daß die Ballbarspitze beim Start des Teileprogramms außerhalb ihres Meßbereichs liegt.

Der erste Schritt, den das Teileprogramm zu vollziehen hat, ist die direkte Bewegung zum Mittelpunkt des Datenerfassungskreises hin, damit der Ballbar mitten in den Meßbereich gelangt (Starttrigger).

Die Software beginnt mit dem Sampling des Meßwertwandlers, sobald die Ballbarspitze in diesen Bereich kommt. Die Bewegung für den Starttrigger beträgt normalerweise etwa 1 bis 1,5 mm. Die Vorschubrichtung verläuft entlang einer der beiden Achsen in der angewählten Ebene. Dies ist nicht obligatorisch, erleichtert aber das Schreiben des Teileprogramms. [REN-92]

ii) Ein -und Auslaufbogen

Nach Abschluß des Vorschubs sollte das Teileprogramm damit beginnen, den Ballbar durch zwei Kreise laufen zu lassen, das heißt über 720°, wobei der Radius bei beiden gleich der Nennlänge des Ballbars ist.

Wichtig ist hierbei, daß dieser Vorgang nicht unterbrochen wird. Über die vollen 720° werden Daten erfaßt, jedoch werden die Daten, die im Ein- und Auslaufbogen erfaßt werden, von der Software gelöscht.

Sinn und Zweck der Winkelübersteuerungsbogen besteht darin, es der Anlage zu ermöglichen, eine konstante Winkelvorschubgeschwindigkeit zu erreichen, bevor der Durchlauf durch einen Datenerfassungsbogen von 360° gestartet wird, und sicherzustellen, daß diese Geschwindigkeit nicht wieder absinkt, bevor die Datenerfassung bei 360° abgeschlossen ist.

Wenn mit Winkelübersteuerungsbogen gearbeitet wird, befindet sich immer ein Übersteuerungsbogen vor und einer hinter dem Datenerfassungsbogen, ein Übersteuerungsbogen allein ist nicht möglich. Außerdem müssen beide Übersteuerungsbogen gleich groß sein.

Winkelübersteuerungsbogen von 180° sind ideal bei der Datenerfassung an einem Vollkreis; das Teileprogramm wird dadurch vereinfacht.

iii) Datenerfassungsbogen

Damit ist der Bogen von 360° zwischen den beiden Winkelübersteuerungsbogen gemeint, an dem die Software die Daten erfaßt und speichert. Die Anlage bewegt die Ballbarspitze mit einer konstanten Winkelvorschubgeschwindigkeit (Bahngeschwindigkeit) um den Datenerfassungsbogen herum.

iv) Endtrigger

Der Endtrigger ist der gegensätzliche Vorgang zum Starttrigger, das Meßsystem wird in seine Ausgangsposition zurückgebracht. Dadurch werden Meßwertwandler und dazugehörige Teile vor Beschädigungen geschützt. Würde der Ballbar nicht in die Ausgangsstellung gebracht und das Teileprogramm erneut gestartet, könnte die Maschine die Achsen so bewegen, daß der Meßwertwandler so stark komprimiert würde, bis er oder die Kugelgelenke zerstört würden.

Zusammenfassend müssen folgende Punkte bei der dynamischen Datenerfassung und der Entscheidung, wie die Maschine ihre Achsen bei der Steuerung durch ein Teileprogramm bewegen soll, berücksichtigt werden :

- Das Meßsystem wird vor und nach dem Datenerfassungsablauf durch einen Bogen von 180° bewegt, damit die Winkelvorschubgeschwindigkeit stabilisiert werden kann.
- Die Anlage muß für eine konstante Vorschubgeschwindigkeit programmiert sein
- Die Anlage muß den Ballbar gleichmäßig, das heißt ohne zu stoppen, durch die Winkelübersteuerungs – und Datenerfassungsbögen bewegen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 167 Seiten

Details

Titel
Charakterisierung des dynamischen Verhaltens einer Fräsmaschine
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
167
Katalognummer
V87372
ISBN (eBook)
9783638022422
ISBN (Buch)
9783638934466
Dateigröße
4139 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Charakterisierung, Verhaltens, Fräsmaschine, Vermessung, Bahngeschwindigkeit, Schleppabstand, Vorschubkonstanz, Positionierzeit, Kreisformabweichung
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Stefan Schwarzwälder (Autor:in), 2002, Charakterisierung des dynamischen Verhaltens einer Fräsmaschine , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87372

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Charakterisierung des dynamischen Verhaltens einer Fräsmaschine



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden