Zeitstudienverfahren


Hausarbeit, 2007

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Arbeitswirtschaft
2.1 Zeitwirtschaft
2.2 Arbeitssystem

3 Ablaufarten
3.1 Ablaufarten bezogen auf den Menschen
3.2 Ablaufarten bezogen auf das Betriebsmittel
3.3 Ablaufarten bezogen auf den Arbeitsgegenstand
3.4 Anwendungsbeispiel „Ablaufarten“

4 Zeitarten

5 Zeitstudie nach REFA
5.1 Ist- und Sollzeiten
5.2 Messgeräte
5.3 Leistungsgrad und Normalleistung
5.4 Ablauf der Zeitaufnahme
5.5 Systeme vorbestimmter Zeiten
5.6 Film- und Videoanalysen

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Fähigkeit, kontinuierlich mit innovativen Sach- und Dienstleitungen sowie mit verbesserten Prozessen auf die Markterfordernisse einzugehen, wird in Zeiten dynamischer Markt- und Technologieentwicklungen für die Industrie- und Dienstleistungsunternehmen existentiell relevant. Auf Grundlage von Projektstrukturplänen werden Prozesspläne festgelegt, die neben der Ablaufplanung, Faktoreinsatzplanung sowie der Festlegung von Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen auch der aktions-, objekt- und potenzialorientierten Zeitplanung dienen. Letztlich lassen sich daraus Einzelprojekte ableiten bezüglich der Kostenplanung, Leistungsplanung, Erfolgsplanung und Finanzplanung.[1]

Somit kommt der Zeitwirtschaft im betrieblichen Leistungsprozess eine besondere Bedeutung zu, da Zeitdaten über Beginn, Dauer und Ende eines Arbeitsvollzuges wesentliche Kriterien zur Gestaltung, Organisation, Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und termingerechten Erledigung einer Arbeit darstellen. Die Aufgabengebiete der Zeitwirtschaft reichen von der Zeitermittlung für die einzelnen Arbeitsgänge über die Fristen- und Terminplanung bis hin zur Terminsteuerung und Terminkontrolle, welche die geplanten Soll-Zeiten mit den tatsächlich anfallenden Ist-Zeiten vergleicht und bei Bedarf in den Fertigungsablauf eingreift. Die Ziele der Zeitwirtschaft ergeben sich aus den Verwendungszwecken der Zeitdaten. Die Bedeutung der Zeitplanung und Kontrolle steigt umso mehr, je weiter die betrieblichen Prozesse optimiert werden.

Ziel dieser Arbeit soll es sein, den Begriff Arbeitswirtschaft zu erläutern und darüber hinaus die jeweiligen Ablaufarten bezogen auf den Menschen, das Betriebsmittel und den Arbeitsgegenstand mit ihren entsprechenden Zeitarten näher vorzustellen. Verschiedene Einflussgrößen auf die Zeitstudien, Zeitmessgeräte, der Ablauf der Zeitaufnahme sowie die Klärung des Begriffs „Leistungsgrad“ mitsamt seiner Zusammensetzung werden in weitern Unterkapiteln präzisiert. Als analytisch-rechnerische Methode der Zeitermittlung nimmt das System vorbestimmter Zeiten ebenfalls ein Unterkapitel in Anspruch. Im vorletzten Kapitel wird neben der Videoanalyse auf die rechtliche Grundlage der Zeitstudien eingegangen. Ein Fazit soll diese Arbeit abrunden.

2 Arbeitswirtschaft

Die Arbeitswirtschaft steht als Teildisziplin der Arbeitswissenschaft in enger Verbindung zur Betriebswirtschaftslehre, sofern sie auf die Arbeit des Menschen bezogen wird. Sie fasst systematisch die arbeitswirtschaftlich begründeten, praktischen Maßnahmen der umfassenden Arbeitsgestaltung zusammen und soll unter Berücksichtigung optimal menschlicher Ansprüche und sozialer Ordnungsregeln zur Förderung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens beitragen.

Es lässt sich also festhalten, dass sich die Arbeitswirtschaft mit der Steuerung menschlicher Arbeitsleistung nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip beschäftigt. Damit ist eine Regel gemeint, nach der mit dem Ziel des größtmöglichen Nutzens bei gegebenem Aufwand (Maximalprinzip) oder des kleinstmöglichen Aufwandes bei gegebenem Nutzen (Minimalprinzip) gewirtschaftet wird.[2]

Ein notwendiger Bestandteil zum Verständnis der Bewegungsstudie in ihren heutigen Formen ist eine Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung dieser Methode. Ihren Ursprung fand die Arbeitswirtschaft in den Arbeiten von Frederick Taylor (1856-1915), Frank Gilbreth (1868-1924) und Henry Ford (1863-1947).[3] Sie strebten als Hauptziel ihrer Arbeiten die wissenschaftliche Durchdringung der einzelnen Arbeitselemente des Arbeitsprozesses an, damit das Verhältnis zwischen Arbeitserfolg und den dafür aufgewendeten Mitteln vernünftiger gestaltet wird. Laut Taylor sollte jeder einzelne Mitarbeiter angehalten werden, in wohlberechneter Ausnutzung seiner Kräfte und mit schnellstmöglicher Geschwindigkeit seine Arbeit erstklassig zu verrichten. Sein entworfenes „wissenschaftliches Leistungssystem“ verfügt über folgende wesentliche Elemente:

- Zeitstudie
- Normierung der Produktionsmittel
- Normierung der menschlichen Bewegung
- Festsetzung des Leistungspensums
- Lohnformen
- Personalauswahl
- Arbeitsunterweisung
- Trennung der planenden, steuernden und ausführenden Arbeiten

Taylors Thesen wurden deutschlandweit weitestgehend von den Gründern des REFA übernommen und nach deren Anpassung auf mitteleuropäische Verhältnisse unter dem Namen „REFA-System“ verbreitet. Dabei wurde neben der Arbeitsbewertung besonders die Zeitwirtschaft ausdifferenziert und in einfache Verfahren umgesetzt.[4]

2.1 Zeitwirtschaft

Die heutige Zeitwirtschaft unterteilt den gesamten Arbeitsablauf in messbare Abschnitte, um die Verschiedenartigkeit menschlicher und sachlicher Einflüsse auf den Zeitbedarf untersuchen zu können. Durch die Möglichkeit der mehrfach wiederholten Messung identischer Teilarbeiten sollen die Zufallsschwankungen der Einzelmessung ausgeglichen werden. Damit die Ablaufabschnitte eines Arbeitsprozesses exakt beschrieben werden können, sollen nach REFA im Arbeitsstudium folgende Daten erhoben werden:

- Zeiten für die Ablaufabschnitte
- Einflussgrößen, von denen die Zeiten für die Ablaufabschnitte abhängig sind
- Bezugsmengen, auf die sich die Zeiten beziehen
- Angaben zu den Arbeitsbedingungen

Mögliche Einflussgrößen, die die Zeiten für die Ausführung eines einzelnen Ablaufabschnitts bestimmen, sind die Eigenschaften der Arbeitsperson, die Merkmale des Arbeitsverfahrens, die Struktur der Arbeitsmethode und die Ausprägungen der Ausführungsbedingungen.[5]

2.2 Arbeitssystem

Gegenstand von Untersuchungen im Rahmen der Zeitwirtschaft ist nach REFA der Begriff des Arbeitssystems, welcher mit den Komponenten Arbeitsaufgabe, Arbeitsgegenstand, Eingabe, Ausgabe, Arbeitsperson, Betriebs-/Arbeitsmittel, Umwelteinflüsse und Arbeitsauftrag beschrieben wird. Wie in Schaubild 1 abgebildet, ist der betriebliche Leistungsprozess vom Auftragseingang bis zur Auslieferung von einem materiellen und immateriellen Fluss von Informationen, Energien und Materialien begleitet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Arbeitssystem-Modell[6]

Die Zeit kann neben einer räumlichen Gliederung als Ordnungsrahmen bezeichnet werden, in dem sich alle Aktivitäten von Menschen, Arbeitsgegenständen und Betriebsmitteln vollziehen. Dieser zeitliche Ordnungsrahmen versteht sich als das Zeitgerüst des Arbeitsablaufs. Jeder Arbeitsgegenstand durchläuft bis zu seiner Fertigstellung meist mehrere Arbeitsgänge und somit auch mehrere Arbeitssysteme.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Gliederung der Durchlaufzeit eines Arbeitsgegenstandes durch drei Arbeitssysteme[7]

Die Zeitdauer des Durchlaufes des Arbeitsgegenstandes durch die Arbeitssysteme und gegebenenfalls durch Zwischenlager wird als Durchlaufzeit bezeichnet. Sie ergibt sich als Addition aller auftretenden Zeitarten. Abbildung 2 verdeutlicht diesen Gedankengang.[8]

3 Ablaufarten

Um realistische und reproduzierbare Daten zu ermitteln, muss der Arbeitsablauf eindeutig beschrieben werden. Der Arbeitsvollzug bedeutet für jede der drei Wirkgrößen Mensch, Betriebsmittel und Arbeitsgegenstand inhaltlich und zeitlich einen eigentypischen Wirkverlauf, der anhand der Ablaufarten beschrieben werden kann.[9]

3.1 Ablaufarten bezogen auf den Menschen

Die in Abbildung 3 dargestellte Gliederung der Ablaufarten für den Menschen umfasst alle Ereignisse, die solange auftreten können, wie der Mensch im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses unter Einschluss der gesetzlichen und vertraglich geregelten Pausen dem Betrieb zur Verfügung steht. Die Untersuchung des Ablaufes kann sich gemäß dem Untersuchungsziel erstrecken auf:

- die Gesamtzeit, die die Arbeitsperson ihrem Arbeitsvertrag entsprechend dem Betrieb zur Verfügung steht
- eine oder mehrere Schichten
- Teile einer Schicht
- Einem bestimmten Auftrag
- Eine Periode des betrieblichen Rechnungswesens (Monat, Quartal, Jahr)[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Ablaufgliederung bezogen auf den Menschen[11]

Durch die Gliederung der menschlichen Arbeit bei der Erfüllung einer Arbeitsaufgabe in einzelne Ablaufabschnitte beziehungsweise Ablaufarten lassen sich Phasen des Tätigseins und Phasen der Unterbrechung des Tätigseins unterscheiden.[12]

Die Tätigkeit des Menschen lässt sich wie folgt einteilen:

- Haupttätigkeit: Planmäßige, unmittelbar der Erfüllung der Arbeitsaufgabe dienende Tätigkeit (Beispiele: Bearbeitung eines Werkstücks; Durchführung der Montage; Reparatur eines Kraftfahrzeugs)
- Nebentätigkeit: Planmäßige, nur mittelbar der Erfüllung der Arbeitsaufgabe dienende Tätigkeit (Beispiele: Einspannen des Werkstücks; Einstellen der Vorrichtung; Auspacken von zu verarbeitenden Ersatzteilen)
- Zusätzliche Tätigkeit: Tätigkeit, deren Vorkommen oder Ablauf nicht vorausbestimmt werden kann (Beispiele: Werkstück nacharbeiten; Montageroboter neu kalibrieren; Neubestellung der Ersatzteile wegen Fehllieferung)[13]

Prinzipiell gibt es vier Ursachen für eine zusätzliche Tätigkeit. Zunächst können organisatorische oder technische Störungen den Arbeitsablauf behindern. Durch freiwillige oder angeordnete Mithilfe bei anderen Personen kann der Arbeitsablauf ebenso ins Stocken geraten. Außerdem kann es zu Verzögerungen kommen, wenn Tätigkeiten ohne besonderen Auftrag durchgeführt werden oder allgemein ein Mangel an Informationen bei der Arbeitsperson vorliegt.[14]

Die Gründe für Unterbrechungen können vielfältig sein, da sie in der Arbeitsperson oder in Störungen des geplanten Arbeitsablaufs liegen können. Nicht immer scheint dabei die Unterscheidung von zusätzlicher Tätigkeit und personen- oder störungsbedingtem Unterbrechen einfach zu sein. Die Unterbrechungen der Tätigkeit werden nach vier verschiedenen Unterbrechungsgründen gegliedert, die, wie sich zeigen wird, der zusätzlichen Tätigkeit oft sehr ähnlich sind:

- Ablaufbedingtes Unterbrechen: Planmäßiges Warten des Menschen auf das Ende von Arbeitsschritten, die beim Arbeits-/Betriebsmittel oder Arbeitsobjekt selbstständig ablaufen (Beispiele: Automatischer Werkzeugwechsel aus Magazin; Trocknung nach Waschvorgang abwarten)
- Störungsbedingtes Unterbrechen: Außerplanmäßiges Warten des Menschen infolge von technischen und organisatorischen Störungen (Beispiele: Warten auf Schlosser; Stromausfall)
- Erholen: Unterbrechung der Tätigkeit, um die infolge der Tätigkeit entstandene Ermüdung abzubauen (Beispiele: Ausruhen nach dem Schmieden eines Rohlings am Arbeitsplatz außerhalb der Hitzezone)
- Persönlich bedingtes Unterbrechen: Unterbrechung der Tätigkeit aus persönlichen Gründen (Beispiele: Zigarette rauchen; Toilettengang; verspäteter Arbeitsbeginn)[15]
Weiterhin werden in dieser Ablaufgliederung neben der Ebene „im Einsatz“ die Ebenen „außer Einsatz“ und „Betriebsruhe“ berücksichtigt:
- im Einsatz: alle oben genannten Tätigkeitsarten und Unterbrechungen, die zur Bewältigung der Arbeitsaufgabe geplant oder ungeplant beitragen
- außer Einsatz: alle Zeiten, in denen der Mensch längerfristig wegen persönlicher Gründe (Freistellung, Krankheit) oder betrieblicher Gründe (Geschäftsreise, Weiterbildung) nicht im Betrieb tätig sein kann
- Betriebsruhe: alle gesetzlich, tariflich oder betrieblich geregelten Arbeitspausen oder Ruhezeiten (Betriebsversammlung, Kurzarbeit, Betriebspausen)[16]

[...]


[1] Vgl. Harland (2002), S. 1f.

[2] Vgl. Peetz (1985), S. 45f.

[3] Vgl. Schmidtke (1960), S. 12.

[4] Vgl. Martin (1994), S. 329.

[5] Vgl. Martin (1994), S. 329f.; Schnauber (1979), S. 242.

[6] Vgl. Martin (1994), S. 32.

[7] Vgl. Luczak (1997), S. 650.

[8] Vgl. Luczak (1997), S. 649f.

[9] Vgl. Hackstein (1977), S. 555.; Luczak (1997), S. 651.

[10] Vgl. REFA (1978), S. 24.

[11] Vgl. REFA (1978), S. 25.

[12] Vgl. Martin (1994), S. 330f.

[13] Vgl. Schlick (2006).

[14] Vgl. Luczak (1997), S. 652.

[15] Vgl. Schlick (2006).

[16] Vgl. Martin (1994), S. 331.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Zeitstudienverfahren
Hochschule
Universität Kassel  (Institut für Arbeitswissenschaft)
Veranstaltung
Arbeits- und Leistungsbewertung
Note
1,0
Autoren
Jahr
2007
Seiten
33
Katalognummer
V86248
ISBN (eBook)
9783638017909
Dateigröße
1091 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zeitstudienverfahren, Arbeits-, Leistungsbewertung
Arbeit zitieren
Sven Bartelmei (Autor:in)Caroline Günther (Autor:in), 2007, Zeitstudienverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86248

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