Die Zamonien-Romane von Walter Moers als zeitgenössische Vertreter der Gattung Fantasy


Magisterarbeit, 2007

105 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Hinführung
1.2. Fragestellung
1.3. Bestandsaufnahme und Vorgehensweise

2. Die Gattung Fantasy
2.1. Inhaltliche Elemente der Gattung Fantasy
2.1.1. Das Element der imaginären Welt
2.1.2. Das Element der Magie
2.1.3. Das Element des Heroismus
2.2. Fantasy und ihr Verhältnis zu anderen Gattungen
2.2.1. Märchen, Sage, Kunstmärchen
2.2.2. Phantastische Erzählung, Horror
2.2.3. Science Fiction
2.2.4. Weitere Gattungen
2.3. Formale Aspekte
2.3.1. Strukturelle Aspekte
2.3.2. Sprache und Stil

3. Die Zamonien-Romane von Walter Moers
3.1. Zusammenfassung der Romanhandlungen
3.1.1. Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär
3.1.2. Ensel und Krete. Ein Märchen aus Zamonien
3.1.3. Rumo und die Wunder im Dunkeln
3.1.4. Die Stadt der träumenden Bücher
3.2. Die inhaltlichen Grundkonstanten der Fantasy als Bestandteil der Zamonien-Romane
3.2.1. Die Welt Zamonien
3.2.1.1. Der zamonische Kontinent als Handlungsort
3.2.1.2. Konstruktionsweisen der imaginären Welt Zamonien
3.2.1.3. Die Stimmigkeit der fiktiven Welt
3.2.1.4. Moderne Vergangenheit – Die zeitliche Einordnung Zamoniens
3.2.1.5. Realitätsbezüge in Zamonien
3.2.2. Wissenschaft statt Magie
3.2.2.1. Der Status von Magie in Zamonien
3.2.2.2. Wissenschaft als Ersatz für Magie
3.2.2.3. Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit als satirische Elemente
3.2.2.4. Aspekte der Literaturwissenschaft im Zerrspiegel Zamoniens
3.2.3. Die Helden der Zamonien-Romane
3.2.3.1. Rumo – ein wahrer Held?
3.2.3.2. Das Heldenformat der anderen Protagonisten in den Zamonien-Romanen
3.2.3.3. Motivation und Wirkung zamonischer Helden
3.2.3.4. Die Verwendung religiöser Aspekte bei Moers’ Helden
3.3. Die Verwendung der Gattungen in den Zamonien-Romanen
3.3.1. Sage, Märchen, Kunstmärchen
3.3.1.1. Beobachtung zum Umgang mit Motivik und Struktur von Märchen und Sage
3.3.1.2. Der Status von „Gut“ und „Böse“
3.3.1.3. Fehlende Initiationsprozesse
3.3.1.4. Das Märchen als Thema
3.3.1.5. Anmerkungen zum Umgang mit der Sage
3.3.1.6. Inspirationen des romantischen Kunstmärchens
3.3.2. Phantastik/Horror
3.3.2.1. Die ganz normalen Gruselgestalten
3.3.2.2. Die Möglichkeit „echten“ Horrors
3.3.2.3. Thematisierung von phantastischer Literatur und Verwendung ihres Instrumentariums
3.3.2.4. Die „Ernsthaftigkeit“ zamonischen Horrors
3.3.3. Science Fiction
3.3.3.1. Übernahme von Elementen der Science Fiction
3.3.3.2. Die Unvereinbarkeiten der Science Fiction mit den Zamonien-Romanen
3.3.4 Weitere Gattungen
3.3.4.1. Das Motiv der Reise
3.3.4.2. Die Zamonien-Romane als Abenteuerliteratur
3.3.4.3. Der Umgang mit Liebesthematiken
3.3.4.4. Konventionen des Bildungsromans
3.3.4.5. Zamonische Lyrik
3.3.4.6. Moers’ Romane als Parodien
3.3.4.7. Der Einfluss von William Goldmans Die Brautprinzessin
3.4. Formale Aspekte der Zamonien-Romane
3.4.1. Strukturelle Aspekte
3.4.1.1. Zum Aufbau der Zamonien-Romane
3.4.1.2. Legitimationsmechanismen in den Zamonien-Romanen
3.4.1.3. Moers’ Umgang mit dem Eklektizismus
3.4.2. Sprache und Stil
3.4.2.1. Erzählstil und -perspektive
3.4.2.2. Besonderheiten des Sprachstils

4. Resümee

Verzeichnis

1. Einleitung

1.1. Hinführung

Die Fantasy dürfte wohl das literarische Genre sein, welches in den letzten Jahren wie kein anderes zu neuer, marktträchtiger Blüte gelangt ist. Zwei Ereignisse werden hierbei gerne als Auslöser der neuen Begeisterung für die Abenteuer in fiktiven Welten gedeutet. Zum einen ist hier der phänomenale Erfolg der Harry Potter -Reihe[1] zu nennen. Pünktlich zum Erscheinen eines neuen Bandes wird eine geradezu hysterische Erwartung entfacht, die werbewirksam bislang konstant dazu geführt hat, die Begeisterung für den Zauberlehrling aus der Feder von Joanne K. Rowling aufrecht zu erhalten, ja sogar zu steigern. Ein Blick in die Kinder- und Jugendbuchabteilung genügt, um sich davon zu überzeugen, dass Harry Potter kein Einzelfall geblieben ist. Im Gefolge des großen Bestsellers streiten zahllose weitere halbwüchsige Helden darum, mit ihren Abenteuern, in denen Magie und sonderbare Fabelwesen eine wichtige Rolle spielen, einen Platz im Bücherregal ihrer – nicht nur jugendlichen – Leser zu finden.[2] Ein weiterer Beleg für die neue Fantasy-Begeisterung fand in einem anderen Medium statt, hat aber seine Wirkung auch für den Buchmarkt nicht verfehlt. Die Verfilmung des wohl wirkungsmächtigsten Vertreters der Gattung, J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe- Trilogie,[3] hat nicht nur die Verkaufszahlen und Wiederauflagen der eigentlichen Vorlage beflügelt, sondern auch beträchtlichen Anteil am Neu-Entdecken anderer „Klassiker” des Genres, die dann ihrerseits nicht selten neu oder erstmals verfilmt werden.[4] Doch auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als sei die aktuelle „Fantasy-Schwemme” in der Hauptsache dem Gebot des Nachahmens zweier Erfolgsprinzipien zu verdanken, ist auch nicht zu übersehen, dass sich die Wahrnehmung der einstmals verpönten Gattung zu ändern scheint. Die Fantasy war – bis auf wenige Ausnahmen – über lange Jahre hinweg ein Genre, das sich hauptsächlich zwischen sehr bunt bedruckten Pappdeckeln im Taschenbuchformat an eine ausgesprochen lesewütige Fangemeinde richtete. Kritik an Neuerscheinungen fand der interessierte Leser hauptsächlich in Magazinen, die von eben dieser Fangemeinde herausgegeben wurde. Mittlerweile sind Vertreter der Gattung nicht mehr ausschließlich im „Fanregal” des Buchladens zu finden, sondern befinden sich auch in den alphabetisch sortierten Beständen der Belletristik. Es ist durchaus üblich, Genrewerken im Feuilleton von Tageszeitungen und seriösen Zeitschriften ihren Platz einzuräumen. Ein auffallend freundliches Feedback erntete hierbei der Autor, der das Thema dieser Arbeit sein soll.

Walter Moers, der vor seinem Wechsel in das Fach des Romanschriftstellers hauptsächlich als Comicautor bekannt war, legte 1999 mit Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär den ersten von bislang vier Romanen[5] vor, die auf den ersten Blick voll und ganz den Ansprüchen des Fantasy-Lesers gerecht werden: Sie alle spielen auf dem erfundenen Kontinent Zamonien, der mit seinen zahlreichen fantastischen Wesen und Landschaften den exotischen Schauplatz für die aktionsbetonten Abenteuer der Protagonisten darstellt. Diese Romane haben sich nicht nur als Bestseller erwiesen, sondern auch einen bemerkenswerten Beifall in der öffentlichen Kritik gefunden. Das bislang zuletzt erschienene Buch, Die Stadt der träumenden Bücher, für die Berliner Zeitung schlicht ein „neues Meisterwerk”[6], nennt die FAZ „ein großes, ein reiches, ein sensationelles Buch.”[7] In einer anderen Rezension zählt die FAZ Moers gar, auch wenn er „sprachlich wie in der Anlage der Handlung manchmal unter seinen Möglichkeiten bleibt”, zu den „einflussreichsten deutschen Erzählern.”[8] Für DIE WELT ist er ein „unbedingt beachtenswertes Talent, das sich zwar einer breiten Leserschaft erfreut, doch auch dem nach geistigen Genüssen strebenden Publikum ernsthaft Freude bereiten wird.”[9] Moers’ Bücher werden also hochgelobt, der Stadt Wetzlar war ihr Schöpfer den Phantastik-Preis 2005 wert. Diese Mischung aus Kritikerlob und Publikumserfolg bei Werken, die aus einem Genre stammen, welches vor noch nicht allzu langer Zeit als „Trivialliteratur” verpönt war, gibt Anlass zu einer umfangreichen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Romanen von Walter Moers.

1.2. Fragestellung

Betrachtet man die wohlwollenden Kritiken zu den Romanen Walter Moers’ genauer, fällt auf, dass diese häufig einen doppelten Reiz in seinen Werken erkennen. Seine „ungewöhnlich fruchtbare Phantasie”[10] scheint in der Lage zu sein, zweierlei Bedürfnisse zu befriedigen. Zum einen erfüllt er die Konventionen des Genres, funktionieren seine Bücher als Fantasy-Romane, die auf der Handlungsebene halten, was die Gattung verlangt: „Moers liebt es, seine Helden in Höhlen und verwinkelte Städte zu verschlagen, sie dort gegen allerlei böswilliges Ungetüm kämpfen und sich dabei von allerlei gutmütigem Getüm unterstützen zu lassen.”[11] Eine Zusammenfassung, mit der man nicht nur die Romane von Moers, sondern auch den Plot eines Großteils der sonstigen Fantasy-Literatur umreißen könnte. Gleichzeitig rechnet man es Moers aber hoch an, dass er über die Standards der Gattung hinausgeht. Dies zeigt sich nicht nur durch das „erfreuliche Fehlen esoterischer Botschaften und plumper Gut-Böse-Schemata, an denen das Fantasy-Genre sonst krankt”,[12] sondern auch durch den reflektierten Umgang den Moers mit der Gattung, mit der Literatur im Allgemeinen und ihren Nebenerscheinungen an den Tag legt. Diese Bewusstheit für das literarische Schreiben realisiert sich zum einen in einer Fülle von intertextuellen Bezügen, die von Begriffs- und Motivübernahmen bis hin zur Verballhornung bekannter Balladen und Gedichten reichen. Zum anderen ist das künstlerische, insbesondere das literarische Erzählen, ein Aspekt, der immer wieder in Moers’ Romanen auftaucht und thematisiert wird. Zahlreiche Passagen behandeln den Wert und Unwert der Literatur, ihren Nutzen und ihre Gefahren. Ebenso finden die Sitten der Literaturkritik, der Literaturwissenschaft und die kommerziellen Aspekte des Literaturbetriebs ihren Platz in den Zamonien-Romanen. Hierbei geht Moers über die rein fiktionale Welt und Handlung seiner Geschichten hinaus und macht diese zu Stoffen „an dem jedes germanistische Oberseminar was zu beißen [...] hat.”[13] Diese „Doppelgesichtigkeit” der Moers-Werke will diese Arbeit genauer betrachten. Dabei wird sich eine Untersuchung der Zamonien-Romane als erstes mit der Frage auseinandersetzen, welche Merkmale charakteristisch für die Erzählweise von Walter Moers sind. In diesem Zusammenhang ist es jedoch bedeutend, die aufgefundenen Besonderheiten auch in Beziehung zu der Gattung zu setzen, in welcher Moers schreibt und gefundene Parallelen und Abgrenzungen einer konkreten Betrachtung zu unterziehen. Dabei wird fraglich sein, welche Kennzeichen einer typischen Fantasy-Welt das fiktive Land Zamonien trägt und inwieweit es sich von einer solchen unterscheidet. Mit dieser Frage korrespondierend, wird ebenso zu untersuchen sein, wie sich die Protagonisten bei Moers bzw. bei anderen Fantasy-Romanen darstellen. Grundsätzlicher formuliert: Welche Konventionen der Fantasy werden „nur“ übernommen, welche ironisch gebrochen, welche vollständig ausgelassen? Weiterführend ist zu fragen, ob in den Romanen auch andere Gattungen der Literatur aufzufinden sind und wenn ja, welche dies sind und wie sie verwendet bzw. thematisiert werden. An die Ergebnisse dieser Untersuchungen anknüpfend ist auch der Aspekt von Interesse, welche Aussagen durch die Eigenheiten, die im Werk von Walter Moers festgestellt werden, über die Gattung Fantasy als solche gemacht werden können. Ziel der Arbeit ist somit nicht nur eine Analyse der Romane von Walter Moers, sondern auch das Anliegen, anhand dieser einen Einblick in die Möglichkeiten und das Selbstverständnis populärer Erzählliteratur zu erhalten.

1.3. Bestandsaufnahme und Vorgehensweise

Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Werk von Walter Moers hat bislang in keinem erkennbaren Maße stattgefunden. Da es sich die geplante Arbeit vorgenommen hat, Moers’ Arbeitsweise und Stellenwert als Fantasy-Autor zu untersuchen, ist es sinnvoll, diese Auseinandersetzung auf der Grundlage gattungstheoretischer Überlegungen zu führen. Es gilt also, die Gattung Fantasy präzise zu bestimmen, um anhand dieser Vorüberlegungen die Romane Moers’ an den gefundenen Gattungskonstitutionen zu überprüfen. Eine umfassende Diskussion von Problemen und Chancen der Gattungsforschung soll an dieser Stelle nicht geleistet werden. Die Arbeit geht in ihrer Grundprämisse davon aus, dass Gattungen verstanden als „Ensembles inhaltlicher, technisch-stilistischer, kompositioneller, intentionaler und funktionaler Elemente, die sich aus dem Gesamtcorpus der Literatur als relativ klar umrissene Gebilde herausgestellt haben”[14] nicht nur eine reine Beschreibungsfunktion besitzen. Sie können auch genutzt werden als „Horizont” vor dem sich der „produktive Regelverstoß”[15] als „Möglichkeit der Entwicklung”[16] ebenso deutlich machen lässt, wie das reine Erfüllen der Norm. Der bereits angesprochene „Boom” der Fantasy-Literatur hat kaum zu einem entsprechenden Anstieg an wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Genre geführt. Arbeiten, die sich dezidiert mit Werken oder Aspekten der Gattung auseinandersetzen sind zwar vorhanden, aber vergleichsweise überschaubar. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So ist das Bewusstsein für eine eigene Gattung Fantasy noch vergleichsweise jung. Ihr Aufkommen in „ihrer modernen Form” wird in der Regel „in den sechziger und siebziger Jahren”[17] des vergangenen Jahrhunderts verortet und wurde zunächst eher von Verlegern und Autoren, denn von Literaturwissenschaftlern vorgenommen.[18] Damit einhergehend ist die Verwendung des Begriffes Fantasy häufig durch Unschärfe gekennzeichnet.[19] Desweiteren mögen die von Thomas LeBlanc (freilich etwas süffisant) festgestellten „Berührungsängste, die die akademischen Meinungsbildner gegenüber allen Formen phantastischer Literatur mehrheitlich hegen”[20] eine Rolle spielen. Als Hauptgrund lässt sich allerdings vermuten, dass der Fantasy-Literatur – mehr noch als verwandte Gattungen wie der Phantastik oder der Science Fiction – der Makel der Trivialliteratur anhaftet. Auch wenn mittlerweile wertfreiere Begriffe wie „Unterhaltungsliteratur” und „Populärliteratur” als Bezeichnung für Stoffe, die für eine breite Leserschicht zugänglich sind, durchaus benutzt werden und wohl auch der Einsicht zu verdanken sind, dass diese nicht zwangsläufig trivial sein müssen: Die Literaturwissenschaft tut sich offensichtlich immer noch reichlich schwer damit, dieser eine auch nur annähernd ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und Wertschätzung entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen. Am Beispiel der Fantasy wird dies einigermaßen deutlich. Nach dem erstmaligen Auftauchen des Begriffes konzentriert sich die Forschung – übrigens bis heute überdurchschnittlich oft – auf einen ihrer großen „Urväter”, J.R.R. Tolkien.[21] Andere Einzeluntersuchungen wagen sich mit auffälliger Häufigkeit eher an Werke, die gleichzeitig der Kinder- bzw. Jugendliteratur zugerechnet werden, wie etwa Michael Endes Die unendliche Geschichte oder aktuell die Harry Potter -Romane. Es scheint so, als wäre die Flucht in nicht-existente Welten für die Forschung hauptsächlich dann erlaubt und von Interesse, wenn sie dem noch nicht volljährigen Leser etwas mitzugeben gedenkt oder man dies zumindest vermuten darf. Im deutschsprachigen Raum sind generelle Auseinandersetzungen mit der Gattung, insbesondere wenn es darum geht, deren Kriterien umfassend und möglichst wertfrei darzulegen, selten. Die Eigentümlichkeit der Fantasy verblasst häufig zur lediglichen Spielart der Phantastik[22] oder wird – unter dem Aspekt der „Trivialliteratur” – im Propagieren einer fragwürdig rückwärtsgewandten Ideologie gesehen.[23] Im angelsächsischen Raum, in dem „die Bewertung von popular literature schon seit langem weniger pejorativ”[24] ausfällt, wird auch die Fantasy stärker beachtet und ist Thema präziser Aufsätze,[25] aber auch umfangreicher Studien.[26] Unter den deutschsprachigen Publikationen muss Helmut W. Peschs Arbeit zur Fantasy[27] – trotz ihres Alters von mittlerweile mehr als 20 Jahren – als ausführlichster und sinnvollster Beitrag zur Aufschlüsselung der Gattung gelten. Die Arbeit wird sich daher bei der Erarbeitung von Gattungskriterien an Pesch orientieren, wobei diese mit zusätzlicher Forschungsliteratur erweitert werden und dabei teilweise eine andere Bewertung als die von Pesch vorgenommene erhalten. Die Fantasy soll hierbei unter drei Aspekten definiert werden. Zunächst sollen die drei typischen inhaltlichen Merkmale – das Element einer „anderen” Welt, das Element des Heroismus und das Element der Magie – dargestellt werden. Daraufhin soll die Fantasy im Bezugsfeld verwandter Gattungen betrachtet werden: Der Sage,dem Märchen und dem Kunstmärchen, der phantastischen Erzählung zu der auch das Horror-Genre gezählt wird, sowie der Science Fiction. Zudem soll berücksichtigt werden – wenngleich eher summarisch – inwieweit auch andere Gattungen, die zunächst keine sonderliche Nähe aufzuweisen scheinen, Einfluss auf die Fantasy genommen haben. Zuletzt werden strukturelle Aspekte der Fantasy-Literatur untersucht. Hierbei soll zum einen gefragt werden, ob es einen einigermaßen typischen Aufbau von Fantasy-Romanen gibt, zum anderen sollen unter diesem Punkt zwei in der Forschungsliteratur als strukturbestimmend angenommene Mechanismen der Textkonstruktion dargestellt werden. Um die Besonderheiten der Romane von Walter Moers als zeitgenössische Vertreter der Gattung Fantasy aufzeigen zu können, soll in einem ersten Teil die Gattung dargestellt und bestimmt werden. Der zweite Teil widmet sich dann dem eigentlichen Thema der Arbeit. Da es sich bei den Romanen von Walter Moers um insgesamt vier Bücher von teilweise beträchtlichem Umfang handelt, sollen zur Orientierung zunächst die Handlungen der Zamonien-Romane kurz umrissen werden. Daraufhin werden die im Theorieteil erarbeiteten Kriterien der Gattung Fantasy an den Romanen von Walter Moers überprüft. Zunächst wird untersucht, wie die Welt Zamonien sich dem Leser darstellt und inwieweit diese Welt den gattungstypischen Merkmalen entspricht oder diesen zuwiderläuft. Danach werden die Protagonisten der Zamonien-Romane auf ihre Heldenhaftigkeit im Sinne der Fantasy-Literatur überprüft. Das auffällige, fast vollständige Fehlen von Magie zugunsten wissenschaftlicher und technologischer Erklärungen in Moers’ Büchern schließt die Untersuchung der inhaltlichen Elemente ab. Die Frage, inwieweit andere, insbesondere die verwandten, Gattungen ihre Spuren in den Werken Moers’ hinterlassen haben, beschäftigen den zweiten Teil der Untersuchung der Zamonien-Romane. Im dritten Teil wird schließlich der – durchaus unterschiedliche – Aufbau der Werke mit dem gattungstypischen verglichen und untersucht, ob und in welcher Form die im ersten Teil vorgestellten weiteren Strukturierungsmechanismen auch Moers’ Romanen zueigen sind und welche Bedeutung sie dort haben. Abschließend sollen die gefundenen Ergebnisse zusammengeführt und dahingehend befragt werden, welche Aussagen über Moers’ Romane sich aus den Einzelbeobachtungen ergeben und welche Rückschlüsse sich daraus wiederum über Möglichkeiten und Grenzen der Gattung Fantasy ziehen lassen.

2. Die Gattung Fantasy

2.1. Inhaltliche Elemente der Gattung Fantasy

2.1.1. Das Element der imaginären Welt

Literatur als solche ist immer Fiktion und die Welt, die sie beschreibt, immer eine erfundene. Diese Grundtatsache allen literarischen Schreibens ist natürlich nicht gemeint, wenn das Element einer imaginären Welt als hervorstechendstes inhaltliches Spezifikum der Gattung Fantasy vorgestellt wird. Die Fantasy-Welt besitzt eine zweifache Fiktionsstruktur: Sie stellt nicht nur eine in der Vorstellung des Autors entstandene Welt dar, sondern basiert auch in ihrer Gestaltung auf keinem mit der Realität übereinstimmendem Muster. „In der Fantasy wird immer eine Anderswelt dargestellt“,[28] und somit ist eben das Andere, das von der erlebten bzw. nachprüfbaren Realität Abweichende, der eigentliche Kern der Fantasy-Welt. Diese ist eine „supra-empirische Neuschöpfung“[29] des Autors, in der „mit der räumlichen und zeitlichen Kontinuität zu unserer eigenen Wirklichkeit radikal gebrochen“[30] wird. Dieser Bruch wird über immer wieder verwendete Charakteristika verdeutlicht, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Zunächst ist festzuhalten, dass obgleich die imaginären Weltentwürfe der Fantasy zwar klar als erfunden erkannt werden können, diese dennoch Wert auf Logik, Konsistenz und innere Geschlossenheit legen. „Die Fantasy-Welt ist bis ins letzte ausfabuliert, als kompletter Weltentwurf angelegt.“[31] Das bedeutet, dass die erfundene Welt – ob es nun im jeweiligen Werk explizit ausgeführt wird oder nicht – grundsätzlich vollständig ist. Sie hat ihre eigene Geographie, die über eine eigene spezifische Landschaftsbildung, Flora und Fauna verfügt. Ihre Bewohner haben ihre eigenen Traditionen, Kulturereignisse, Religionen und politischen Systeme. Dabei ist es aber nicht so, dass jede Pflanze, jedes Tier, jedes Naturgesetz und jede Form des gesellschaftlichen Beisammenseins vom Autor neu erfunden wird. Tatsächlich ist es vielmehr so, dass tatsächlich neu Erdachtes in den Kontext des Wohlbekannten eingebaut wird. Grundsätzlich unberührt bleiben zumeist die elementaren Anforderungen und Erscheinungen des Lebens: Der Wechsel der Jahreszeiten, das Wetter, die Regeln der Schwerkraft sind in den erfundenen Welten der Fantasy ebenso vorhanden wie die Tatsache, dass jedes Lebewesen üblicherweise essen und schlafen muss und bedürfen keiner gesonderten Erklärung. Die Landschaften setzen sich gemäß realer Begebenheiten aus Bergen, Bächen, Wäldern, Wiesen, Dörfern und Städten zusammen. Lediglich ihre flächenmäßige Ausdehnung, ihr Aussehen, ihre Verteilung, ihre Benennung weist sie als Fiktion aus. Auch was sich an Leben auf diesen Landschaften tummelt ist zu großen Teilen der Realität entnommen. Man reitet auf Pferden, jagt Kaninchen und erfreut sich am Gesang der Lerchen. Hier zeigt sich, dass „die Welt als Konstrukt auf den Erfahrungshorizont des Lesers hin angelegt“[32] ist. Auch die nicht-realen Lebewesen sind selten originäre Neuschöpfungen. Neben fantastischen Neukreationen wie „Urgals“[33] oder „Skizmuts“[34] besteht die fiktive Fauna zu einem Gutteil aus Fantasiewesen mit langer Tradition. Drachen und Einhörner, Vampire und Werwölfe, Elfen, Hexen und Zauberer können auf eine Jahrhunderte- und -tausende währende Geschichte in den Erzählungen der Menschheit zurückblicken. In diesem Rückgriff auf Bekanntes ist ein weiteres charakteristisches Element der Fantasy-Welten bereits zu erahnen: Ihre Tendenz zur Neubelebung der Vergangenheit. Der Bruch auf der zeitlichen Ebene hat in der Fantasy eine eindeutige Richtung, die in vorindustrielle, vorzugsweise mittelalterliche, Zeiten weist. Die Natur ist noch weitestgehend unberührt, ihre Unbillen noch kaum beherrschbar. Eine Aufklärung hat noch nicht stattgefunden: Die Götter sind noch nicht wegbewiesen und ihrer umfassenden Macht beraubt. Wenn Religion thematisiert wird, ist sie dementsprechend tatsächlich noch Möglichkeit und Verpflichtung, mit höheren Mächten in Verbindung zu treten und mächtiges Instrument, die Wirklichkeit zu verändern. Als politische Systeme herrschen Monarchien und Aristokratien vor, die selten problematisiert werden. Dies ist einer der Punkte, welche der Fantasy nicht ganz unberechtigt den Vorwurf des Reaktionären eingebracht haben. Zwar mag es mal einen grausamen König oder einen ungerechten Machthaber geben. Dann gilt aber zumeist stillschweigend, was Murtaugh in Christopher Paolinis Eragon offen ausspricht: „Der König hat seine Fehler, ja, aber das System selbst ist in Ordnung.“[35] Diese „scheinbare Ignorierung gewisser zeitgenössischer Phänomene gilt auch in der Literaturkritik durchgängig als Kennzeichen der Fantasy; sie wird metaphysisch oder erkenntnisverdrängend genannt.“[36] Auch wenn die Fantasy einen beträchtlichen Aufwand betreibt, um ihre Welten zu erfinden und möglichst plastisch zu gestalten, was auch an die dem Text häufig zugefügten „Chronologien und Karten, die einen Fantasy-Roman heute fast unweigerlich begleiten“[37] deutlich wird, muss nicht zwangsläufig jede Verbindung zur zeitgenössischen Realität fehlen. Besonders deutlich wird dieser Bezug in – mit bemerkenswerter Häufung für jugendliche Leser geschriebenen – Werken, die ihren Ausgangspunkt in der Realität haben. So beginnen fast alle Narnia -Romane von C. S. Lewis,[38] aber auch spätere Vertreter der Gattung wie Michael Endes Die unendliche Geschichte[39] oder Cornelia Funkes Tintenherz[40] in der realen Welt. Dieser „Start im Alltag“ erleichtert nicht nur die Identifikation des Lesers mit dem Geschilderten, sondern besitzt auch eine erhebliche Kontrastwirkung, welche die phantastische Welt umso exotischer schillern lässt. Seltener zu finden und schwieriger einzuordnen sind Thematisierungen zeitgenössischer Erscheinungen und Problematiken. So kann zwar die Beschreibung von der Zerstörung des Auenlandes durch den bösen Magier Saruman in Tolkiens Herr der Ringe, wie vielfach geschehen, als Kommentar zur Umweltzerstörung durch die Industrialisierung gelesen werden, letztlich bleibt sie aber zu unspezifisch, um zwangläufig auf diese Deutung zuzuführen. „Der Bezug zwischen Sarumans ‚Umweltsünden’ und der zeitgenössischen Realität ist im Text selbst nie explizit gemacht. Es bleibt ein fakultatives Angebot, das der Leser aktualisieren kann, aber nicht muss.“[41] Die „Anderswelten“ der Fantasy sind also gerne auch Welten, die den Leser mit den beängstigenden oder ermüdenden Problemen und Phänomenen der Realität verschonen.

2.1.2. Das Element der Magie

Strenggenommen ist das Element der Magie lediglich ein weiterer typischer Bestandteil der imaginären Welt. Es ist aber durchaus gerechtfertigt, diesen Gegenstand gesondert zu betrachten. Ihre Existenz innerhalb des literarischen Universums der Fantasy wird übereinstimmend als eines ihrer Hauptmerkmale gesehen, manchmal gar als der eigentliche Grund für die Schaffung der fiktiven Welt eingestuft und damit letztlich als eigentlicher Impetus der gesamten Gattung: „ In the real world in which we live, magic does not work. [...] Since we have yet to find a place among the laws of physics for magic powers, such tales imply - in fact, such tales actually require - the construction of an invented millieu.“[42] Auch wenn man darüber streiten kann, ob die Magie letztlich der Grund ist, überhaupt eine fiktive Welt zu erschaffen, ist zumindest einsichtig, dass sie den Fiktionscharakter mit am stärksten offenlegt. Statt „Technik und Wissenschaft [...] gelten die Gesetze der Magie.“[43] Dies weist auch die meisten Bearbeitungen populärer Heldenepen wie des Artus-Stoffes,[44] des Unterganges von Troja[45] oder des Nibelungenliedes,[46] die zumindest geographisch in der uns bekannten Welt spielen als Fantasy-Lektüre und eben nicht als historische Romane auf mythologischer Grundlage aus. In diesen Werken ist nicht ein historisch noch nachvollziehbarer Glaube an Magie das bestimmende Element, sondern die Magie ist tatsächlich wirksame Kraft. So wundert es nicht, dass Fantasy-Adaptionen von überlieferten Stoffen, wie Karoline Furch es bei modernen Artus-Bearbeitungen feststellt, ihre spezielle nationale Bedeutung „zugunsten anderer Schwerpunkte völlig vernachlässigen.“[47] Dabei weist das Bild der Magie durchaus eine gewisse Bandbreite auf. So wird Magie als Resultat religiöser Versenkung[48] ebenso geschildert, wie auch „als erlernbare Kunst, deren Gesetze ebenso stringent sind wie die der Wissenschaft, oder als psychische Fähigkeit.“[49] Stets aber ist sie eine Eigenschaft, mit der sich mehr oder minder spektakulär, leichter oder schwerer von wenigen Auserwählten oder vergleichsweise vielen Personen auf die Welt deutlich nachvollziehbar eingreifen lässt. Welche Funktion hat aber die Präsenz einer tatsächlich wirksamen, ausführbaren Magie für die Romane der Gattung? Auf dramaturgischer Ebene ist sie oft eine gerne genutzte Möglichkeit, Ereignisse zu verursachen oder aufzulösen: „Unlike realistic fiction, fantasy does not require logic – technological, chemical, or alien – to explain the startling actions or twists of character a plot recorded on its pages; such events may be explained by magic [...].“[50] Neben diesem Charakter der Magie als Wundermittel gegen erzählerische Einbahnstraßen ist sie aber auch ein besonders eingängiges Zeichen für den „Anthropozentrismus“ der Gattung. Im Gegensatz zu den unüberschaubar gewordenen Wissenschaften der Gegenwart, die sich in immer mehr Teilgebiete splitten und in ein undurchdringliches Spezialistentum zergliedert sind, ist die Magie der Fantasy eine vergleichsweise schlichte Kunst. Sie benötigt, wenn überhaupt, nur wenige Hilfsmittel und rückt damit im Gegensatz zu den durchtechnologisierten Wissenschaften das Individuum viel stärker in die Position des „Machers“. Das große Kennzeichen der Magie ist ihre Unmittelbarkeit, und dieser Begriff ist auch kennzeichnend für die Verlegung der Handlung in vormodern anmutende Gesellschaften: Auch hier ist der Mensch viel unmittelbarer seiner Umwelt ausgeliefert, kann aber auch viel unmittelbarer in diese eingreifen, sie verändern. Damit „spielt die Fantasy ganz bewußt mit den Möglichkeiten der Vorstellung, daß die Geschicke der Menschheit durch den Einzelnen oder eine Gruppe von Menschen bestimmbar seien“ und bietet damit das literarische Gegenbild „des modernen Traumas vom Individualitätsverlust.“[51]

2.1.3. Das Element des Heroismus

Eine Welt, die das Individuum durch ihren technologischen Status den Anfeindungen seiner Umwelt viel stärker aussetzt und in der Magie das mächtigste Mittel zur Einflussnahme auf die natürlichen Gegebenheiten darstellt, ist der perfekte Raum für Bewährungsproben des Einzelnen. Somit ist es wenig erstaunlich, dass Fantasy-Romane üblicherweise ausgesprochene Heldenerzählungen sind. In ihren trivialeren Ausformungen – unter der Bezeichnung „Sword-and-Sorcery“ bzw. „Heroic Fantasy“ als eigenes Subgenre benannt – transportiert die Fantasy ein anachronistisches Heroismus-Konzept, das sich hauptsächlich durch körperliche und kriegerische Stärke und einer entsprechend positiven „Einstellung zur Gewalt, d.h. zur Unterdrückung und Tötung anderer Menschen“[52] auszeichnet. Dieses nicht unberechtigt in die geistige Nähe von „Faschismus“[53] gerückte Heldenbild ist zwar auch in weniger schlichten Werken der Gattung durchaus vorhanden,[54] doch erschöpft sich die Möglichkeit des Heroismus in der Fantasy nicht ausschließlich in der Ausfechtung blutiger Schlachten. Will man auch den ebenfalls vorhandenen, differenzierteren Bildern der Heldenhaftigkeit in der Gattung Rechnung tragen, so zeichnet sich diese allgemein betrachtet hauptsächlich durch die Übernahme von Verantwortung bei gleichzeitiger Aufgabe von Sicherheit aus. Dies kann natürlich der mutige Krieger sein, der beim alles entscheidenden Gefecht voranreitet. Ebenso zutreffend ist dies aber auch für Bastian in der Unendlichen Geschichte: Der „Klischeeaußenseiter: klein, dick, versponnen, Bücherwurm"[55] übernimmt die gewichtige Aufgabe, das zerstörte Reich der kindlichen Kaiserin neu zu errichten. Für jeden Gedanken, mit dem er das frisch zerstörte Phantasien wieder aufbaut, verliert er ein Stück der eigenen Identität, nämlich seine Erinnerungen.[56] Auch der Hobbit Frodo, der weder physisch noch in seiner Neigung zum gemütlichen Leben klassischen Heldenbildern entspricht, wird in der Übernahme der opfervollen Aufgabe, den verhängnisvollen Ring seiner Zerstörung zuzuführen, zu einem typischen Fantasy-Helden. An Helden wie Bastian oder Frodo (und einer Heerschar anderer, die hier nicht erwähnt werden können) zeigt sich wiederum die der Gattung eigene Religiosität, die sie immer wieder an den Tag legt. In den Geschichten von Personen, die eine Aufgabe übernehmen an der sie wachsen – ausgesprochen selten scheitern sie daran – ist die Initiationsthematik unübersehbar, die auch für so viele religiöse Rituale und Erzählungen zentral ist. Nicht selten ist die Fantasy Vehikel dezidiert religiöser Botschaften. Im Herrn der Ringe und kaum noch zu übersehen in den Narnia -Büchern werden christliche Werte, Vorstellungen und Mythen transportiert und damit für auf herkömmlichem Wege schlecht erreichbare Schichten zugänglich:

„By taking the ‚religion’ out of the normal world and translating it into a fairy-tale world, Christian fantasy is able to present Christianity in a different ‚language’ for certain audiences who are otherwise repelled by or cannot understand traditional terminology.“[57]

Dies schlägt sich auch im Heldenbild christlicher Fantasy-Romane nieder. Besonders deutlich wird dies beispielsweise an dem Löwen Aslan bei Lewis, der mit Selbstopferung für die Gemeinschaft mit anschließender Wiederauferstehung nur zu deutlich an Jesus erinnert.[58] Von solch deutlichem Sendungsbewusstsein sind religiöse Aspekte in der Fantasy-Literatur aber eher selten. Zumeist sind sie eher Ausdruck des Versuches, dem jeweiligen Werk mehr Tiefe zu verleihen oder ein weiteres Beispiel der Sehnsucht nach vergangenen Zeiten – in diesem Falle Zeiten, in denen man noch glauben konnte und in denen dieser Glaube noch half.

2.2. Fantasy und ihr Verhältnis zu anderen Gattungen

2.2.1. Märchen, Sage, Kunstmärchen

Sucht man nach Vorläuferformen der Fantasy-Literatur, darf man sich sicher sein, dass das Märchen wie die Sage als allererstes genannt werden – letztere liegt alleine schon deshalb nahe, da etliche erfolgreiche Werke, wie bereits angemerkt, ihren Stoff aus Sagen entlehnen. Das Märchen scheint, mehr noch als die durch ihren „engen Bezug zur Lebenswelt des Erzählers und seines Publikums“[59] allgemein stärker dem Realistischen verbundene Sage, schon fast das komplette Motivrepertoire der Fantasy vorzugeben. Hexen, Zauberer, Drachen, sprechende Tiere und Pflanzen – all dies kannte man in den ursprünglich mündlich tradierten Formen schon lange bevor sie ihren Eingang in das Genre der Fantasy fanden. Auch über reine Motivik hinausgehend finden sich Gemeinsamkeiten. Wie in der Sage werden auch in der Fantasy häufig „Personen und Geschehnisse aus einer mythischen Weltsicht heraus interpretiert“.[60] Dies schlägt sich nieder im auffällig häufigen Ausgestalten gleicher Themen, die diese „mythische Weltsicht“ voraussetzen. Hierzu gehören etwa die Auserwählung des Helden durch göttliche oder zumindest schicksalhafte Mächte, die Erklärung gegenwärtig wahrnehmbarer Phänomene von Landschaftsbildungen bis zu Herrschaftsverhältnissen aus übernatürlichen Gründen in der Vergangenheit oder die grausame, aber gerechte Strafe für die Hybris des Menschen. Wie bereits im vorhergehenden Kapitel über den Heroismus für die Fantasy konstatiert, dreht sich auch das Märchen gerne um das Thema der „Initiation, um das Eingeweihtwerden“[61], um „Reifungsvorgänge und Wege der Emanzipation“.[62] Heino Gehrts Zusammenfassung der „typischen“ Märchenhandlung trifft in einer Vielzahl von Fällen auch auf die noch junge phantastische Gattung zu. Im Märchen wie in der Fantasy treffen wir immer wieder auf „jene jungen Männer und Frauen, die die Welt der Wesen hinüberwandern, die jene Welt erfahren, die Hilfe der jenseitigen Wesen gewinnen und damit ihr Leben als Geweihte einer wirklich märchenhaften Welt beginnen, als Initiierte der Märchenwelt.“[63] Darüberhinaus einen Märchen und Fantasy die „klare Dichotomie von Gut und Böse und der glückliche Ausgang“,[64] der sich in beiden Gattungen meist in einer Form der Befreiung artikuliert – „Befreiung von dem Drachen, Riesen, von der Hexe, Befreiung von jedem überlegenen Gegner.“[65] Trotz der Gemeinsamkeiten bleibt aber festzuhalten, dass weder Sage noch Märchen lediglich sprachlich verkürzte Fantasy-Stories sind, noch dass es sich bei Fantasy-Romanen um die logische Fortentwicklung oder den Ersatz dieser Gattungen für die heutige Zeit handelt. Solche Einschätzungen entspringen eher den Rechtfertigungswünschen treuer Fans[66] oder den Werbeinteressen „geschäftstüchtiger Verleger“[67]. Auch wenn sich die Fantasy-Literatur Sagenstoffen annimmt oder sich als „bislang unentdeckte“ Sagen ausgibt, erwartet niemand, dass diese „historische Wahrheiten verborgen“[68] in sich trägt. Das Übernatürliche ist in der Fantasy selten der „erschreckende Zusammenstoß mit dem Unbekannten“,[69] wie Petzoldt es für die Sage ausführt, sondern faktischer, manchmal angsterregender, aber dennoch völlig normaler (und damit, textimmanent betrachtet, schon kein übernatürlicher) Bestandteil dieser Welt. Dennoch ist das Vorhandensein unrealistischer Phänomene, Wesen, Fähigkeiten nicht so selbstverständlich und unhinterfragt – in der Terminologie des für die Märchenforschung so bedeutsamen Max Lüthi – nicht so „eindimensional“[70] wie im Märchen. Schert sich dieses wie seine Protagonisten wenig um die Plausibilität des Geschilderten, erwacht beim Fantasy-Autoren regelmäßig der Anspruch, durch Ausführlichkeit und Detailreichtum in der Beschreibung die phantastischen Dinge so plastisch und damit so verständlich wie möglich zu machen. So ist beispielsweise die häufig zu findende, genaue Darstellung von Funktion, Begründung, Ausübung der Magie ein Tribut an die Anforderungen eines zeitgenössischen Lesers. Es vereinfacht ihm die „rationalen Zweifel für die Dauer des Leseaktes zurückzustellen“[71]. Die von Lüthi dem Märchen zugesprochene „Flächenhaftigkeit“ und der „abstrakte Stil“ lassen sich in der Fantasy schwerlich finden. „Das Volksmärchen kennt keine Schilderungssucht“[72] – in der Fantasy hingegen herrscht zumeist eine geradezu barocke Beschreibungslust vor. Die Welt und die sie bevölkernden Charaktere haben statt Flächenhaftigkeit Tiefe –, was nicht unbedingt ausschließt, dass Flachheit zum Ausdruck kommt. Die Gestalten der Fantasy sind in der Regel alles andere als „Figuren ohne Körperlichkeit, ohne Innenwelt, ohne Umwelt“,[73] vielmehr wird der Leser aufs Genaueste über die körperliche wie auch seelische Verfassung der Figuren informiert. „Durch die Hereinnahme realistischer, psychologisierender und individualisierender Darstellungstendenzen reagiert die Fantasy auf Formpostulate des modernen Romans“,[74] was aber weit mehr als nur ästhetische Konsequenzen hat. Wird die „Welthaltigkeit“ des Märchens durch stärkste „Sublimation“ erzeugt,[75] enthält der Fantasy-Roman nur soviel Welt, wie er zu beschreiben imstande ist. Die Zweckgerichtetheit der „einfachen Formen“[76] Märchen und Sage – Transport einer lehrreichen Botschaft oder Erklärung eines gegenwärtigen Phänomens – ist der Fantasy weitgehend abhandengekommen und muss ihr, falls neben reiner Unterhaltung überhaupt erwünscht, mühevoll zugefügt werden. Betrachtet man die deutlichen Schnittpunkte, aber auch die gewichtigen Abweichungen, welche die Fantasy mit Märchen und Sage aufweist, liegt es nahe, diese in Beziehung zu einer jüngeren Form der Literatur zu setzen: dem Kunstmärchen, insbesondere dem romantischer Prägung. Schließlich ist vieles, was durch das Fehlen in den ursprünglich mündlich tradierten Formen diese von der Fantasy scheidet, im romantischen Kunstmärchen bereits enthalten, insbesondere das Ausschöpfen aller „Möglichkeiten pyschologischer Einstimmung“[77] und Komplexität von Handlung und Welt. Den Dichtern der Kunstmärchen wie den zeitgenössischen Fantasy-Autoren „dienen tradierte volkstümliche Märchen- und Sagenmotive als Materialbasis einer souverän über sie verfügenden literarischen Phantasie“,[78] die in „ihren erzählerischen Gesetzmäßigkeiten [….] modernen Erzählgattungen wie dem Roman, der Novelle“[79] verbunden sind. Phasenweise ist das romantische Kunstmärchen der zeitgenössischen Fantasy tatsächlich erstaunlich nahe, beispielsweise wenn sich in Hoffmanns Meister Floh[80] rivalisierende Zauberer bekriegen oder bei der Beschreibung der souveränen Handhabung diverser magischer Utensilien durch Peter Schlemihl.[81] Was das romantische Kunstmärchen aber grundlegend von der üblichen Fantasy-Literatur scheidet, ist seine weitaus engere Verhaftung an die als „Realität“ vorausgesetzte Sphäre. Der Fantasy-Roman ist von den Ambitionen der romantischen Dichter weit entfernt. Wenn überhaupt thematisiert, ist die Realität der Gegenwart ein Ort, der möglichst zügig verlassen werden will und nur selten seine Spuren in den fiktiven Welten hinterlässt. Die Märchen eines Novalis, wie etwa Hyazinth und Rosenblüte[82] hingegen sind Zeugnis seiner bekannten Forderung „Die Welt muß romantisiert werden“,[83] damit Ausdruck der Hoffnung, dass die vorhandene Welt tatsächlich noch das Potenzial zur Verzauberung durch Literatur hat. Noch deutlicher tritt die Bedeutung der Gegenwart, der Realität in den Märchendichtungen eines Tieck, eines Hoffmann, eines Chamisso entgegen. In Tiecks Elfen[84] präsentiert sich das Märchenhafte zunächst als komplett geschiedene Sphäre, die ihre Bedeutsamkeit zunächst nur als Kontrast zur nicht weniger ausführlich geschilderten Alltagswelt erlangt, bevor sich herausstellt, dass diese vital von dem Wunderbaren abhängt. In den meisten Märchen Hoffmanns, so auch im wohl bekanntesten, Der goldne Topf,[85] gräbt sich die phantastische Welt langsam vor in das normale Leben des Protagonisten. Dieser gerät dadurch in gehörigen Konflikt mit der vertrauten Welt, die sich nun als „doppelbödig und ambig“[86] erweist. In diesen Märchen, die gegensätzlich und doch komplementär zur prinzipiell versöhnlich anmutenden Märchenkonzeption eines Novalis stehen, dient die „Konfrontation des Wunderbaren, einer übernatürlichen, außergewöhnlichen Ordnung mit der modernen Lebenswelt […] zur kritischen Beleuchtung und Befragung der uns selbstverständlich verlässlichen Welt.“[87] Es wundert nicht, dass dies in zahlreichen Märchen, etwa in Eichendorffs Marmorbild[88] oder Tiecks Blondem Eckbert[89] ein wachsendes Gefühl des Unbehagens, ja des Schreckens heraufbeschwört. Dies bringt das romantische Kunstmärchen wiederum in den Einzugskreis einer weiteren betrachtenswerten Gattung. Die Phantastik sowie ihre „maximalistische Variante“,[90] der Horror, soll daher nun von Interesse sein.

2.2.2. Phantastische Erzählung, Horror

Die große Gemeinsamkeit, welche die Phantastik mit so manchem romantischen Kunstmärchen hat, ist ihr Angewiesensein auf eine den Erfahrungen des Lesers entsprechende Schilderung einer Realität, die den Gesetzen der Vernunft folgt. In dieser Wirklichkeit haben außerhalb der Vernunft liegende Erlebnisse und Erfahrungen keinen Platz. Sobald die dann nicht mit den Maßgaben der Ratio erklärbaren Einflüsse auftreten und verstörenden Charakter haben, ist das bei fast allen Theoretikern übereinstimmende Grundsoll einer phantastischen Erzählung, die wir hier dezidiert als Gruselliteratur verstehen, erfüllt. Egal, ob man das Wesen der Phantastik in „den Konflikten zwischen dem Realen und dem Möglichen“[91] erblickt, als „Riß“ und „Einbruch in die wirkliche Welt“[92] versteht oder als „Unschlüssigkeit, die ein Mensch empfindet, der nur die natürlichen Gesetze kennt und sich einem Ereignis gegenübersieht, das den Anschein des Übernatürlichen hat“[93] definiert: Immer ist eine feste, rationale Wirklichkeit Voraussetzung. Ein Prinzip, das auch für moderne Horror-Autoren wie deren erfolgreichsten Vertreter Stephen King, immer noch Gültigkeit hat:

„Das banale tägliche Leben Amerikas, wie jeder es kennt, wird mit Behagen in all seinen Einzelheiten ausgebreitet. Aber diese Welt, wie sich bald erweist, hat insgeheim ein Loch, eine winzige Perforation […] es gibt versteckte Schwachpunkte im zivilisatorischen Gefüge.“[94]

Weniger Einigkeit besteht darin, wie das „Andere“ beschaffen sein muss, damit man von phantastischer Literatur sprechen kann. Für Todorov bedeutet jede Form der Erklärung gleichzeitig das Ende der phantastischen Erzählung und den Übergang in eine andere Gattung: „Am Ende der Geschichte kommt, wo nicht die Person, immerhin der Leser zu einer Entscheidung: er wählt die eine oder andere Möglichkeit und tritt durch eben diesen Akt aus dem Fantastischen heraus.“[95] Callois lässt nur als „echte“ phantastische Literatur gelten, was sich auch am Ende nicht als natürlich erklären lässt.[96] Ungeachtet aller, zum Teil berechtigten, Kritik, die alle genannten Theoretiker des Phantastischen auf sich gezogen haben: Allein die Tatsache, dass der Status des in die reale Welt Einbrechenden so diskutiert werden kann, lässt wichtige Differenzen zur Fantasy offenkundig werden. Für beide Gattungen gilt, dass Vertrautes und „Unmögliches“ aufeinander treffen. Während aber die Fantasy Bekanntes implementiert, um das Außergewöhnliche plausibler zu gestalten, prinzipiell also eine Synthese anstrebt, ist das Unmögliche in der Phantastik grundsätzlich aggressiver Natur, welches die Realität bedroht. Nun ist es nicht so, dass die angstbesetzten Motive der phantastischen Literatur – das Monster, der Fluch, das Gespenst –, wenn sie in der Fantasy auftauchen, eigentlich harmlos wären. Tatsächlich sind sie auch hier gefährlich, aber sie sind gefährlicher Bestandteil der Welt und vervollkommnen diese. In der Phantastik bedeutet ihr Auftauchen ein Skandalon, welches die ganze Welt in Frage stellt. Die Phantastik schafft also keine neue Welt, sie bedroht eine bekannte. Es gibt wohl keine literarische Gattung, die nachvollziehbarer den Vorwurf des Konservatismus gemacht bekommt, als die Phantastik.[97] Kein anderes Genre ist derartig darauf bedacht, die Norm zu bestätigen und den Wert des Status quo zu beschwören. Zwar überschreitet sie zur Lust des Lesers beständig sämtliche Grenzen der Normalität und Konvention, lässt aber nie daran einen Zweifel, dass hinter diesen Grenzen höchst Unerfreuliches lauert: Die Angst, das Grauen, das Entsetzliche und Ekelhafte, welches insbesondere in der späten Form des Horrors die Tugend der Andeutung gegen die Pracht der detaillierten Darstellung eingetauscht hat. Nun ist es – insbesondere in den rabiateren Vertretern à la Conan[98] und Elric[99] – nicht so, dass die Fantasy das ausgedehnte Schildern des Monströsen und Grausamen nicht kennen würde. Aber auch hier hat es wiederum einen völlig anderen Impetus. Die „unbeschreiblichen“, in Folge dann aber doch sehr detailliert beschriebenen Bestien eines Lovecraft sind der Beweis, dass das, was man die ganze Zeit befürchtet hat, tatsächlich genauso schrecklich ist wie zuvor nur ängstlich geahnt.[100] Ähnlich widerliche Kreaturen haben in der „Heroic Fantasy“ die Funktion, dass an diesen wirklich schreckenserregenden Gestalten der Held seine männliche Überlegenheit demonstrieren kann, ohne dabei störendes Mitgefühl auszulösen. Wenn im Horror reihenweise grausam gestorben wird, wobei das Blut spritzt und die Körperteile fliegen, ist die schreckliche Auflösung der Norm drastisch beschrieben. In der Fantasy kann selbiges der Normalzustand in einer zwar grausamen, aber durch ihren Verzicht auf störende ethische und moralische Zwänge gleichzeitig verlockenden Gesellschaft sein. Der Ist-Zustand zeigt sich also in der phantastischen Literatur als eine zwar fragile Größe – aber angesichts dessen, was außerhalb lauert, als einzig lebenswerter.[101] Dieses Beharren auf dem, was man kennt in Verbindung mit dem strikten Zurückweisen von allem Unbekannten, beschränkt sich nicht nur auf gesellschaftliche Normen und Konventionen, sondern hat auch eine zeitliche Qualität. Die Gegenwart ist die einzige Zeit, die in der phantastischen Literatur so etwas wie Sicherheit bietet. Das Aufreißen dieser Sicherheit wird zu einem überwiegenden Teil aus einer anderen zeitlichen Sphäre verursacht. So ist die Vergangenheit – der Zeitraum nach dem sich die Fantasy zurücksehnt – in der phantastischen Erzählung und dem Horror in der Regel mit dem Signum des Bösen belegt. Am konsequentesten zeigt dies die „gothic novel“, beispielhaft schon in ihrem ersten Vertreter, Die Burg von Otrano:[102] In Erzählungen wie dieser wird gleich die gesamte Handlung in die Vergangenheit verlegt. Sie ist das geeignete Umfeld für die auf die Protagonisten, die gleichwohl „eher zeitgenössischen Charakter haben“[103], einwirkenden, erschreckenden Ereignisse. Doch auch die grundsätzlich in der Gegenwart angesiedelten Vertreter der phantastischen Literatur machen immer noch deutlich genug, dass die Vergangenheit – die in der Phantastik auch stets für das Verdrängte und Vergessene, in Freudscher Terminologie das Unheimliche[104] steht – eine „schlechte“ Zeit ist. Dies schlägt sich nieder in der Vorliebe für Schloss- und Burgruinen, alte Tempel, Friedhöfe und andere Stätten, welche die Vergänglichkeit von Menschen und Epochen markieren, als Schauplätzen des grausigen Geschehens. Auch gerne genommene Auslöser des Schreckens stammen aus vergangenen Zeiten: Alte Flüche, verwunschene Gegenstände, und wiederkehrende Tote in mannigfaltigen Gestalten – vom Gespenst über den Vampir bis hin zur Mumie und schließlich dem Zombie. Keineswegs lieber ist der Phantastik die Zukunft. Auch für das, was noch kommen mag, gilt für die Phantastik, dass „Ungewissheit und Gefahr immer eng verbunden sind.“[105] Droht die Gefahr dementsprechend nicht aus vergangenen Epochen, dann löst sie mit schöner Regelmäßigkeit eine zum Zeitpunk des Verfassens des entsprechenden Werkes noch utopische wissenschaftliche Neuerung aus. Forscherfiguren wie Dr. Jekyll[106] und Frankenstein[107] stehen archetypisch für dieses Prinzip. Wer eine Gattung sucht, die dem Fortschritt wenngleich nicht immer positiver, so doch interessierter entgegenblickt, wird bei der letzten im Zusammenhang mit der Fantasy zu betrachtenden fündig – der Science Fiction.

2.2.3. Science Fiction

Die außerordentlich starke Beziehung, welche die Fantasy mit der Science Fiction aufweist, lässt sich schon anhand eines dürren Lexikoneintrags verifizieren. Der Brockhaus definiert „Fantasyliteratur“ als „der Sciencefiction nahe stehende, aber historisch in einen Sagenbereich rückwärts gewandte fantastische Erzählungen und Romane.“[108] Diese Nähe von Science Fiction und Fantasy, lässt sich in fast jedem Buchladen schon räumlich erfahren. Wenn beide Genres nicht sowieso schon in das gleiche Regal einsortiert werden, darf man sich fast sicher sein, dass sie in unmittelbarer Nachbarschaft stehen. Auch zeitlich sind beide Begriffe recht nah beieinander: Der Ausdruck „Science Fiction“ wird erstmals 1929 vom Verleger Hugo Gernsback verwendet, der auch eine vergleichsweise präzise Erläuterung dessen gibt, was er darunter versteht. Science Fiction sind literarische Texte

„die ein bestimmtes Merkmal gemeinsam hatten: Trotz des offensichtlich unrealistischen, unglaubwürdigen und damit phantastischen Inhalts […] versicherten die Autoren, vom herrschenden naturwissenschaftlichen Weltbild ganz und gar abhängig zu sein. Ihre Absicht sei es, die geschilderten utopischen Ereignisse mittels gültiger zeitgenössischer Hypothesen und Theorien zu erklären und abzusichern, zumindest aber zu vermeiden, in Widerspruch zu diesen Erkenntnissen zu geraten. Es wurden zweifellos unrealistische, aber unter gewissen Umständen eben doch wahrscheinliche Ereignisse geschildert. Die Voraussetzungen für ihre Realisierung waren bislang noch nicht eingetreten, auch keineswegs notwendig zu erwarten – andererseits auch nicht mit Sicherheit auszuschließen, weil die Unmöglichkeit ihres Eintretens nicht bewiesen war.“[109]

Schon diese frühe Definition der Science Fiction enthält alle notwendigen Kriterien, um sie mit der Fantasy zu vergleichen. Wie in allen bislang geschilderten Gattungen enthält auch die Science Fiction, Unbekanntes und Unmögliches. Während nun das Märchen dieses als selbstverständlich hinnimmt, das romantische Kunstmärchen es sehnsuchtsvoll oder furchtsam dem schnöden Alltag gegenüberstellt und die Phantastik es gleich ganz der Realität als erschreckenden Normenzerstörer entgegenwirft, ist es für die Science Fiction ein qualitativ höchst unterschiedlich ausfallendes „Weiterdenken“ der Realität. Unter der Prämisse „Eines Tages ist die Wissenschaft bestimmt soweit, dass…“ beschränkt sich dieses Weiterdenken in trivialeren Vertretern der Gattung lediglich auf die Verlegung von Abenteuerhandlungen an exotische Schauplätze mit wunderbaren Accessoires und Gestalten. Die Perry Rhodan -Romane[110] stehen für dieses Prinzip als literarische Vertreter, wie die Erzeugnisse des Star Trek -Universums für Fernsehen und Kino.[111] In diesem, quantitativ sicherlich sehr hoch anzusiedelnden Anteil der Gattung, ist Wissenschaft die dem zeitgenössischen Leser etwas glaubwürdigere Variante der Magie in etlichen Fantasy-Romanen, Arthur C. Clarkes These folgend, „dass eine entsprechend fortgeschrittene Wissenschaft von Magie nicht mehr unterscheidbar“[112] ist. Es liegt auf der Hand, dass die Grenzen zwischen Fantasy und dieser Form der Science Fiction in der „wissenschaftliche Glaubwürdigkeit […] bloße konventionelle Spielregel“ ist, bei der „kein innerer Zusammenhang“ zu den vorgestellten „’imaginative speculations’“[113] besteht, leicht überschritten werden können. Dies schlägt sich in dem eigenen Subgenre, der Science Fantasy nieder, zu der Werke wie die Darkover -Romane von Marion Zimmer Bradley[114] gezählt werden können. Andere Science Fiction-Werke beschränken sich bei ihrem Weiterdenken auf einen bestimmten Teilaspekt der Realität und führen diesen über den Bereich des derzeitig Nachweisbaren bzw. Möglichen hinaus. So sind beispielsweise Werke Jules Vernes abenteuerliche Überlegungen zu den Möglichkeiten von Raum-[115] oder Seefahrt[116]. Sind Jules Vernes Romane noch durchdrungen von einer geradezu kindlichen Entdeckerfreude den Verheißungen der Zukunft gegenüber, können die literarischen Spekulationen über Teilbereiche durchaus auch bedrohlicher ausfallen – etwa wenn H.G. Wells in Krieg der Welten[117] ausmalt, wie die Bejahung der Frage „Gibt es außerirdisches Leben?“ aussehen könnte oder Michael Crichton über die Konsequenzen einer immer perfekter werdenden Gentechnik in Dino Park[118] oder Next[119] spekuliert. Derartig punktuelle Übertretungen des zeitgenössisch Denkbaren, das wird schon in diesen beiden Beispielen nachvollziehbar, haben natürlich grundsätzlich die Möglichkeit, den „Riss“ in der Wirklichkeit darzustellen und können dementsprechend häufig veranschaulichen, wie fließend die Grenze zwischen Science Fiction und Horror sein kann.[120] Regelmäßig am meisten Beifall erntet die Gattung aber, wenn sie über das Erzeugen wohligen Grusels hinausgeht und sich tatsächlich die Mühe macht, gegenwärtige Tendenzen einigermaßen vollständig weiterzudenken und zu etwas wird, was „zuweilen als ‚Gegenutopie’ bezeichnet wird“[121]. Die bekanntesten und meistbesprochenen Vertreter dieser grundsätzlich an sozialen Belangen interessierten Form der Science Fiction dürften Aldous Huxleys Schöne neue Welt[122], George Orwells 1984[123] und Ray Bradburys Fahrenheit 451[124] sein. In ihnen zeigt sich auch am schärfsten – wenngleich nicht ausschließlich –, was der grundlegende Unterschied zwischen einer Gattung, die sich der Vergangenheit zuwendet, und einer, welche sich die Zukunft als Schauplatz auserkoren hat, ist. Die Fantasy hat durch ihre Konzentration auf vergangene Zeiten eine Tendenz zu größerer Harmlosigkeit; die Science Fiction kann wesentlich eindeutiger zeitgenössische Entwicklungen implementieren und sie zu Ende denken. Bei der Fantasy hat die Einbeziehung zeitgenössischer Problematiken, wie im oben genannten Beispiel der Umweltzerstörung im Herr der Ringe,[125] maximal Parabelcharakter, während es bei der Science Fiction ernst gemeinte und unverhüllte Warnung sein kann. Egal, wie exotisch und unglaublich die Weltenschöpfungen der Science Fiction sein mögen, sie sind „im Grunde immer noch ‚unsere’ Welt“,[126] und das Erzählen von ihr hat somit, mehr oder weniger ernst gemeint und ernstzunehmend, den Anspruch „eine Extremform der realistischen Literatur“[127] zu sein.

2.2.4. Weitere Gattungen

Die Fantasy ist – solange ihre Grundregeln unberührt bleiben – ein Beispiel, das wie kaum ein anderes die „Flexibilität der modernen Genres“[128] illustriert. Daher soll an dieser Stelle – summarisch und nicht so ausführlich wie bei den verwandten Gattungen – aufgezeigt werden, welche anderen Ausformungen der Literatur sich phasenweise, aber auch für komplette Werke, symbiotisch mit dem Spiel in fantastischen Welten verbinden lassen. Wenig überraschend ist dies bei allen Genres, die aufgrund ihrer Konzentration auf Handlung und ihrer Neigung zum Klischee ebenfalls häufig mit dem Vorwurf der „Trivialität“ zu kämpfen haben. So ist der Abenteuerroman, der sich ebenfalls gerne großen Gefechten und gefahrvollen Aufgaben üblicherweise in vergangenen Zeiten widmet, in vielem deckungsgleich mit der Fantasy, verzichtet allerdings auf die Konstruktion einer anderen Welt. Dass sich auch in erfundenen Welten trefflich unter amourösen Bindungen und Begehrlichkeiten leiden lässt wie im Liebesroman, belegt quasi das gesamte Werk von Marion Zimmer Bradley. Die großen Herausforderungen ihrer üblicherweise weiblichen Protagonisten bestehen zu weiten Teilen im Lösen von Herzensangelegenheiten, wobei Verzicht auf und Verrat von großer Liebe an erster Stelle steht – was mancherlei erotische Begegnung nicht ausschließt. Sozusagen das andere Ende der Skala möglicher Hauptfiguren der Fantasy markieren die Helden der Sword-and-Sorcery. Die Beziehungen ihrer muskelbepackten, wortkargen Helden zum anderen Geschlecht sind ausschließlich sexueller Natur; ansonsten geht es ihnen um das Überleben in einer größtenteils feindseligen Umwelt, in der es sich mit wenig Geist und viel Gewalt zu behaupten gilt – was sie letztlich zu Wild-West-Romanen mit Schwert statt Revolver macht. Das üblicherweise starke Element des Unterwegsseins, welches normalerweise in Kombination mit ausführlichster Beschreibung der einzelnen Stationen einhergeht, macht die Fantasy häufig zu einer neuen Art des Reiseromans, der mit dem Verschwinden der weißen Flecken von den Landkarten seinen Status als Künder ferner Welten verloren hat. Selbst der Kriminalroman kann – solange er nicht mehr sein will, als ein schlichter Whodunit – vergleichsweise schadlos zum Bestandteil der Fantasy werden, wie es beispielsweise in der Harry-Potter -Reihe durchgängig erkennbar ist. Doch auch Gattungen, die eher selten das Stigma des Trivialen tragen, hinterlassen ihre Spuren in Fantasy-Romanen. Die Lust am Ersinnen neuer Orte und Gesellschaften bringt es mit sich, dass Fantasy manchmal durchaus Elemente einer Utopie annimmt – freilich ohne deren für gewöhnlich stark sozialkritische Komponente gänzlich übernehmen zu können. In anspruchsvolleren Werken entdeckt Susanne Tschirner durchaus zutreffend Spuren des Bildungsromans, wenn die „versöhnende Polarität zwischen Ich und Welt, Subjekt und Objekt, Individuum und Gesellschaft“[129] zum Thema werden[130]. Handelt es sich bei diesen Gattungen um Formen, an die sich der Fantasy-Roman annähern kann, fließen kürzere Textarten, insbesondere solche lyrischer Natur, als Bestandteil der geschaffenen Welt ein. Zu Festen oder am Lagerfeuer mit seinen Gefährten wird gerne das ein oder andere Lied gesungen oder ein Gedicht rezitiert. Auch hier darf man Tolkien eine gewisse stilbildende Funktion zusprechen, wenngleich seine Nachfolger selten sein ausgesprochen linguistisches Interesse verfolgen. Bei ihnen dienen die fiktiven Volksdichtungen hauptsächlich zum Schüren von Atmosphäre, zur Komplettierung der Fiktion. Wie jedes Genre, nachdem es zu einer einigermaßen üblichen Form gefunden hat, ist auch die Fantasy vor der Parodie nicht sicher. Zur lukrativen Perfektion hat sich das Amüsieren auf Kosten der Spielregeln und Klischees der Gattung in Terry Pratchetts Scheibenwelt -Romanen[131] ausgeformt, aber auch Veralberungen einzelner, besonders erfolgreicher Werke kommen mit schöner Regelmäßigkeit auf den Markt. So ergötzt man sich unter haarsträubenden Pseudonymen an den bekanntesten Werken von Tolkien[132] oder Marion Zimmer Bradley.[133] Michael Gerber scherzt ebenso ausgiebig wie ermüdend in bislang drei Teilen[134] über das Phänomen der Harry-Potter -Romane. Ansonsten ist Humor ein eher seltener Gast in Werken der Gattung. Eines der raren Beispiele, in der parodistische Elemente nicht dem puren Selbstzweck dienen und die Handlung nicht zur völligen Nebensache degradieren, sondern ergänzen, ist William Goldmans Die Brautprinzessin.[135] Goldmans Roman wird als eine der Hauptinspirationen von Moers’ Werken im weiteren Gang der Untersuchung noch genauer zu beachten sein.

[...]


[1] Vgl. Joan K.Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen. Hamburg 1998. Da die Fantasy in besonderem Maße zur Zyklen- und Serienbildung neigt, verweise ich bei den Literaturangaben auf Gesamtausgaben oder aussagekräftige Sammelbände. Sollten mir solche nicht vorliegen, wird stellvertretend für die Serie jeweils der erste Roman der Reihe genannt.

[2] Besonders erfolgreiche Beispiele sind etwa die Artemis-Fowl-Romane von Eoin Colfer und die Bartimäus-Trilogie von Jonathan Stroud. Vgl. Eoin Colfer, Artemis Fowl. München 2003. Jonathan Stroud, Bartimäus. Das Amulett von Samarkand. München 2006.

[3] Vgl. J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe. Stuttgart 2002. Verfilmung: Der Herr der Ringe: Die Gefährten [The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring], Regie: Peter Jackson. USA/NZ 2001.

[4] Hierbei sind zu nennen die von enormem Werbeaufwand begleitete Verfilmung von C.S. Lewis „Der König von Narnia”, und aufwändige Fernsehserien wie „Die Nebel von Avalon” nach dem gleichnamigen Buch von Marion Zimmer Bradley. Vgl. Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia. [The Narnia Chronicles: The Lion, the Witch & the Wardrobe], Regie: Andrew Adamson. USA 2005. Die Nebel von Avalon [The Mists of Avalon], Regie: Uli Edel. D/USA 2000.

[5] In chronologischer Reihenfolge: Walter Moers, Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär. Frankfurt a. Main 1999; Ensel und Krete. Ein Märchen aus Zamonien. Frankfurt a. Main 2000; Rumo & die Wunder im Dunkeln. München 2003; Die Stadt der träumenden Bücher. München 2004.

[6] Martin Ebel, Einige leben, andere töten. In: Berliner Zeitung v. 14.10.04.

[7] Andreas Platthaus, Zum Dichter geboren, zum Leser bestellt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11.09.2004.

[8] Tillmann Spreckelsen, Der gerissene Feind erscheint im Verlegerkostüm. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 31.05.2003.

[9] Holger Kreitling, Wanderer, kommst du nach Buchhaim. In: Die Welt v. 25.09.04.

[10] Christoph Haas, Das Lesebändchen-Kompott. In: Süddeutsche Zeitung v.17.10.04. S. 28.

[11] Platthaus, Zum Dichter geboren.

[12] Matthias Heine, Hier wird schön gefoltert. In: Die Welt vom 12.04.03

[13] Christof Siemes, Wie man Fisch faltet. In: Die Zeit 27/2000.

[14] Gerhard R. Kaiser, Zur Dynamik literarischer Gattungen. In: Horst Rüdiger (Hrsg.), Die Gattungen in der vergleichenden Literaturwissenschaft. Berlin, New York 1979. S. 34.

[15] Ebd., S. 36.

[16] Ebd., S. 44.

[17] Frederik Hetmann, Die Freuden der Fantasy. Von Tolkien bis Ende. Frankfurt a. M. u.a. 1984. S. 7.

[18] So der erste, wissenschaftlichen Anforderungen nicht entsprechende Versuch, die Gattung zu bestimmen: Lin Carter, Imaginary Worlds. The Art of Fantasy. New York 1973.

[19] So in: Rosemary Jackson, Fantasy. The Literature of Subversion. New York, London 1981. Jacksons Fantasy-Begriff umfasst so unterschiedliche Autoren wie Mary Shelley, Franz Kafka und E.T.A. Hoffmann und ist somit wesentlich weiter als der für diese Arbeit maßgebliche Gattungsbegriff Fantasy.

[20] Thomas Le Blanc, Thomas Rüster, Vorwort. In: (diess., Hrsg), Glaubenswelten. Götter in Science Fiction und Fantasy. Wetzlar 2005. S. 12.

[21] Einen Überblick bietet R.C. West, Tolkien Criticism. An Annotaded Checklist. Kent 1981.

[22] So bspw. in: Winfried Freund, Deutsche Phantastik. München 1999.

[23] Vgl. Hans-Joachim Alpers, Lendenschurz, Doppelaxt und Magie. Heroic Fantasy und verwandte Gattungen. In: Jörg Weigand (Hrsg.), Die triviale Phantasie. Beiträge zur Verwertbarkeit von Science-Fiction. Bonn, Bad Godesberg 1976. S. 29-58.

[24] Barbare Puschmann-Nalenz, Die Unterhaltung des Lesers. Rezeptionsvorgang und Rezeptionsgeschichte als Determinanten des Unterhaltungsbegriffs. In: Dieter Petzold, Eberhard Späth (Hrsg.), Unterhaltung. Sozial- und literaturwissenschaftliche Beiträge zu ihren Formen und Funktionen. Erlangen 1994. S. 47-48.

[25] Eine lohnenswerte Sammlung solcher Aufsätze bietet etwa Schlobin. Vgl. Roger C. Schlobin (Hrsg.), The Aesthetics of Fantasy Literature and Art. Brighton 1982.

[26] Historisch orientiert etwa: Brian Attebury, The Fantasy Tradition in American Literature. From Irving to Le Guin. Bloomington 1980. Als Beispiel für umfangreichere Untersuchungen unter einem Teilaspekt (hier der Religion): Martha C. Sammons, ”A Better Country”. The Worlds of Religious Fantasy and Science Fiction. New York u.a. 1988.

[27] Helmut W. Pesch, Fantasy. Theorie und Geschichte einer literarischen Gattung. Köln 1982.

[28] Frederik Hetmann, Die Freuden der Fantasy. Von Tolkien bis Ende. Frankfurt a. Main u.a. 1984. S. 21.

[29] Susanne Tschirner, Der Fantasy-Bildungsroman. Meitingen 1989. S. 12.

[30] Helmut W. Pesch, Science Fiction, Horror, Fantasy. Die modernen Genres der Phantastischen Literatur. In: Thomas LeBlanc, Wilhelm Solms (Hrsg.), Phantastische Welten. Märchen, Mythen, Fantasy. Regensburg 1994.S. 140.

[31] Wilhelm Solms, Einfach Phantastisch. Von der Wundererzählung zur Phantastischen Literatur. In: Thomas LeBlanc, Phantastische Welten. S. 20.

[32] Helmut W. Pesch, Science Fiction, Horror, Fantasy. S. 140.

[33] Christopher Paolini, Eragon. Das Vermächtnis der Drachenreiter. München 2006. S. 13.

[34] Clive Barker, Abarat. München 2006. S. 133.

[35] Paolini, Eragon. S. 573.

[36] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 22.

[37] Pesch, Science Fiction, Horror, Fantasy. S. 140.

[38] Vgl. C.S. Lewis, Die Chroniken von Narnia - Gesamtausgabe. Wien 2005.

[39] Vgl. Michael Ende, Die unendliche Geschichte. München 2001.

[40] Vgl. Cornelia Funke, Tintenherz. Hamburg 2003.

[41] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 27.

[42] Lin Carter, Imaginary Worlds. The Art of Fantasy. S. 6.

[43] Konrad Wörtmann, Wotan verspielt die Weltherrschaft. Richard Wagners „Der Ring der Nibelungen“ als geschlossenes Fantasy-System. In: Harald Junker u.a. (Hrsg.), Der Golem. Das Jahrbuch zur phantastischen Literatur. München 1991. S.100.

[44] Wie etwa in den als Klassiker des Genres geltenden Werken T.H. Whites. Vgl. T.H. White, Der König auf Camelot. Stuttgart 2004.

[45] Bekanntes Beispiel: Marion Zimmer Bradley, Die Feuer von Troja. Frankfurt a. Main 1990.

[46] Vgl. Stephan Grundy, Rheingold. Frankfurt a. Main 2000.

[47] Karoline Furch, Die Wiederkehr des Mythos. Zur Renaissance der Artus-Mythen in der modernen Fantasy-Literatur. Wetzlar 1998. S. 13.

[48] Etwa in: Marion Zimmer Bradley, Die Nebel von Avalon. Frankfurt 2000.

[49] Pesch, Fantasy. S. 40.

[50] Richard Mathews, Fantasy. The Liberation of Imagination. New York 1997. S. 3.

[51] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 22.

[52] Hans-Joachim Alpers, Lendenschurz. S. 51.

[53] Ebd., S. 52.

[54] So begründet sich die Führungslegitimation Aragorns im Herr der Ringe auch hauptsächlich aus seinen kriegerischen Fähigkeiten.

[55] Hans Richard Brittnacher, Vom Zauber des Schreckens. Phantastik und Fantasy in den siebziger und achtziger Jahren. In: (ders.), Vom Zauber des Schreckens. Studien zur Phantastik und zum Horror. Wetzlar 1999. S. 63.

[56] Vgl. Ende, Unendliche Geschichte. S. 237ff.

[57] Martha C. Sammons, „A Better Country“.S. 3.

[58] Vgl. Lewis, Chroniken. Der König von Narnia. S. 73-134. Die hier relevante Textstelle findet sich S. 121ff.

[59] Leander Petzoldt, Einführung in die Sagenforschung. Konstanz 1999. S.59.

[60] Leander Petzoldt, Dämonenfurcht und Gottvertrauen. Zur Geschichte und Erforschung unserer Volkssagen. Darmstadt 1989. S. 111.

[61] Heino Gehrts, Von der Wirklichkeit der Märchen. Regensburg 1992. S. 6.

[62] Lutz Röhrich, Märchen und Märchenforschung heute. In: Dieter Röth, Walther Kahn (Hrsg.), Märchen und Märchenforschung in Europa. Ein Handbuch. Frankfurt a. Main 1993. S. 10.

[63] Gehrts, Wirklichkeit. S. 10.

[64] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 41.

[65] Röhrich, Märchenforschung heute. S. 11.

[66] Beredtes Beispiel hierfür bietet beispielsweise: Marcel Feige, Einführung zur Geschichte der Fantasy. In: (ders.), Fantasy-Lexikon. Xena, Conan, Artus & der kleine Hobbit – Mythen, Legenden und Sagen der Fantasy. Berlin 1999. S. 6 – 11.

[67] Solms, Einfach Phantastisch. S. 19.

[68] Ebd., S. 15.

[69] Petzoldt, Einführung. S. 59.

[70] Vgl. Max Lüthi, Das europäische Volksmärchen. Form und Wesen. Bern 1960. S. 8-12.

[71] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 42.

[72] Lüthi, Volksmärchen.

[73] Ebd., .

[74] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 43.

[75] „Diese Entleerung aller Motive im Märchen bedeutet Verlust und Gewinn zugleich. Verloren gehen Konkretheit und Realität, Erlebnis- und Beziehungstiefe, Nuancierung und Inhaltsschwere. Gewonnen aber werden Formbestimmtheit und Formhelligkeit. Die Entleerung ist zugleich Sublimierung. Alle Elemente werden rein, leicht, durchscheinend und fügen sich zu einem mühelosen Zusammenspiel, in dem alle wichtigen Motive menschlicher Existenz erklingen.“ Lüthi, Volksmärchen. S. 69.

[76] Der Terminus wurde von Jolles geprägt als Sammelbegriff für kurze Erzählformen, die zum Großteil mündlich tradiert werden und von geringer Komplexität sind. Vgl. André Jolles, Einfache Formen. Tübingen 1958.

[77] Günter Oesterle, Der Streit um das Wunderbare und Phantastische in der Romantik. In: LeBlanc, Phantastische Welten. S. 126.

[78] Monika Schmitz-Eman, Einführung in die Literatur der Romantik. Darmstadt 2004. S. 58-59.

[79] Hans-Heino Ewers, Das Kunstmärchen – eine moderne Erzählgattung. In: Ders. (Hrsg.) Zauberei im Herbste. Deutsche Kunstmärchen von Wieland bis Hoffmannsthal. Stuttgart 1987. S. 655.

[80] Vgl. E.T.A. Hoffmann, Meister Floh. Ein Märchen in sieben Abenteuern zweier Freunde. Stuttgart 1970.

[81] Vgl. Adalbert von Chamisso, Peter Schlemihls wundersame Geschichte. In: Albert Meier u.a. (Hrsg.), Erzählungen der deutschen Romantik. München 1998. S. 103-182.

[82] Vgl. Novalis, Hyazinth und Rosenblüte. In: Ewers, Zauberei im Herbste. S. 162 – 166.

[83] Novalis, Schriften. 4 Bände. Herausgegeben v. Paul Kluckhohn und Richard Samuel. 2. Bd. Das philosophische Werk. Darmstadt 1965. S. 545.

[84] Vgl. Ludwig Tieck, Die Elfen. In: (ders.), Märchen aus dem „Phantasus“. Stuttgart 2003. S. 211-234.

[85] Vgl. E.T.A. Hoffmann, Der goldne Topf. Ein Märchen aus der neuen Zeit. In: (ders.), Poetische Werke. Erster Band. Phantasiestücke in Callots Manier. Berlin 1957. S. 210-304.

[86] Schmitz-Emans, Einführung. S. 59.

[87] Oesterle, Streit. S. 126.

[88] Vgl. Joseph von Eichendorff, Das Marmorbild. In: Ewers, Zauberei im Herbste. S. 269 – 312.

[89] Vgl. Ludwig Tieck, Der blonde Eckbert. In: Meier, Erzählungen der Romantik . S. 7-23.

[90] Hans Richard Brittnacher, Erregte Lektüre. Der Skandal der phantastischen Literatur. In: (ders.), Vom Zauber des Schreckens. S. 14.

[91] Louis Vax, Die Phantastik. In: Rein A. Zondergeld, Phaicon 1. Almanach der phantastischen Literatur. Frankfurt a. Main 1974.

[92] Roger Callois, Das Bild des Phantastischen. Vom Märchen zur Science Fiction. In: Zondergeld, Phaicon 1. S. 44.

[93] Tzvetan Todorov, Einführung in die fantastische Literatur. München 1972. S. 26.

[94] Burkhard Müller, Stephen King. Das Wunder, das Böse und der Tod. Stuttgart 1998. S. 11.

[95] Todorov, Einführung. S. 40.

[96] Was sich als Traum oder Halluzination entpuppt bzw. als Resultat menschlicher Listen erklärt wird, bezeichnet Callois – durchaus so abfällig gemeint wie es klingt – als „pseudophantastisch“. Vgl. Callois, Bild. S. 53 ff.

[97] Scharf und für die Diskussion der Gattung am folgenreichsten wirft Lars Gustafsson der Phantastik vor, sie neige zum Reaktionären. Vgl. Lars Gustafsson, Über das Phantastische in der Literatur. In: (ders.), Utopien. Essays. München 1969. S. 9-25.

[98] Vgl. Robert E. Howard, Conan. München 2006.

[99] Vgl. Michael Moorcock, Elric von Melniboné - Die Saga vom Ende der Zeit. München 1984

[100] Dass dieses Prinzip seine natürliche Grenze hat, wird ausgerechnet von dem nicht gerade für seinen bei Andeutungen verharrenden Schreibstil bekannten Stephen King erkannt. In Danse Macabre verdeutlicht er dies an dem Beispiel, dass ein drei Meter großes Insekt lauernd hinter einer Tür weniger Klimax als Erleichterung ist – denn es hätte ja dreihundert Meter groß sein können. Vgl. Stephen King, Danse Macabre. Die Welt des Horrors in Literatur und Film. München 1991. S. 156.

[101] Damit ist der Phantastik keineswegs abgesprochen, dass in ihr durch die Darstellung des hinter jeder Ecke möglicherweise lauernden Bösen auch erhebliche Zweifel, Unzulänglichkeiten und Unbehagenspotenziale an der zeitgenössischen Wirklichkeit aufgezeigt werden, wie es einige Interpreten, mit aller Deutlichkeit Hans-Richard Brittnacher in seiner Ästhetik des Horrors, vertreten. Vgl. Hans-Richard Brittnacher, Ästhetik des Horrors. Frankfurt am Main 1994.

[102] Vgl. Horace Walpole, Die Burg von Otrano. Leipzig 1979.

[103] Pesch, Science Fiction, Horror, Fantasy. S. 136.

[104] Vgl. Sigmund Freud, Das Unheimliche. In: (ders.), Studienausgabe. Band IV. Psychologische Schriften. Frankfurt a. Main 2000. S. 241-274.

[105] Howard Phillips Lovecraft, Unheimlicher Horror. Das übernatürliche Grauen in der Literatur. Frankfurt a. Main, Berlin 1987.

[106] Vgl. Robert Louis Stevenson, Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Hildesheim 2002.

[107] Vgl. Mary Shelley, Frankenstein oder der moderne Prometheus. Stuttgart 1986.

[108] O. Verf., Fantasyliteratur. In: F.A. Brockhaus (Hrsg.), Der Brockhaus in einem Band. Mannheim 1998. S.266.

[109] Wolfgang Jeschke, Pegasus und die Rakete oder Was ist das eigentlich: Science Fiction? In: Weigand, Die triviale Phantasie. S. 12.

[110] Vgl. K.H. Scheer, Perry Rhodan – der Erbe des Universums. Unternehmen Stardust. Frankfurt a. Main 1987.

[111] Vgl. Raumschiff Enterprise [Star Trek], Regie: (div.). USA 1966-69.

[112] Pesch, Fantasy. S. 40.

[113] Ebd. , S. 69.

[114] Vgl. Marion Zimmer Bradley, Landung auf Darkover. München 1993.

[115] Vgl. Jules Verne, Die Reise um den Mond. Franfurt a. Main 1971.

[116] Vgl. Jules Verne, 20.000 Meilen unter dem Meer. Würzburg 1998.

[117] Vgl. H.G. Wells, Der Krieg der Welten. Zürich 1974.

[118] Vgl. Michael Crichton, Dino Park. München 1993.

[119] Vgl. Michael Crichton, Next. München 2007.

[120] Folgerichtig fehlen die beiden in Kapitel 2.2.2. als Horrorklassiker vorgestellten Werke von Stevenson und Shelley auch fast nie in literaturhistorischen Auseinandersetzungen mit der Science Fiction.

[121] Jeschke, Pegasus. S. 22.

[122] Vgl. Aldous Huxley, Schöne neue Welt. Franfurt a. Main 1972.

[123] Vgl. George Orwell, 1984. Frankfurt a. Main 1976.

[124] Vgl. Ray Bradbury, Fahrenheit 451. München 1982.

[125] s. S. 3.

[126] Pesch, Science Fiction, Horror, Fantasy. S. 138.

[127] Ebd., S. 137.

[128] Ebd., S. 142.

[129] Tschirner, Fantasy-Bildungsroman. S. 47.

[130] Die Freude Tschirners über die Entdeckung eines „neuen“ Genres bleibt allerdings schleierhaft angesichts der Tatsache, dass dies lediglich ein weiteres Beispiel der – auch von der Autorin klar erkannten – Aufnahmefähigkeit der Fantasy für andere Gattungen ist.

[131] Beginnend mit: Terry Pratchett, Das Licht der Phantasie. München 1991.

[132] Vgl. Dschey Ar. Tollkühn, Der Herr der Augenringe. München 1984.

[133] Vgl. Magerion Zimmer-Bradwurst, Die Schnäbel von Avalon. Hamburg 2001.

[134] Vgl. Michael Gerber, Barry Trotter und die schamlose Parodie. Hamburg, Wien 2003.

[135] Vgl. William Goldman, Die Brautprinzessin. S. Morgensterns klassische Erzählung von wahrer Liebe und edlen Abenteuern. Die Ausgabe der „spannenden“ Teile. Gekürzt und bearbeitet von William Goldman. Und das erste Kapitel der lange verschollenen Fortsetzung Butterblumes Baby. München 2005.

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Die Zamonien-Romane von Walter Moers als zeitgenössische Vertreter der Gattung Fantasy
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,1
Autor
Jahr
2007
Seiten
105
Katalognummer
V92546
ISBN (eBook)
9783638062107
ISBN (Buch)
9783638950923
Dateigröße
898 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zamonien-Romane, Walter, Moers, Vertreter, Gattung, Fantasy, Thema Märchen
Arbeit zitieren
Mario Fesler (Autor:in), 2007, Die Zamonien-Romane von Walter Moers als zeitgenössische Vertreter der Gattung Fantasy, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92546

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