Der Treibhauseffekt als Thema im Sachunterricht

Untersuchungen zu Möglichkeiten und Grenzen


Masterarbeit, 2011

98 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Intention und Aufbau der Arbeit

2 Der Klimawandel
2.1 Das Klimasystem der Erde
2.1.1 Begriffsbestimmungen: Wetter, Klima, Klimasystem
2.1.2 Klimaschwankungen in der Geschichte
2.2 Die globale Erwärmung
2.2.1 Natürlicher Treibhauseffekt
2.2.2 Anthropogener Treibhauseffekt
2.2.3 Folgen der globalen Erwärmung
2.3 Anmerkungen zu Möglichkeiten und Grenzen

3 Nachhaltige Entwicklung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung
3.1 Entwicklung der Umwelterziehung
3.1.1 Pädagogische Konzepte
3.1.2 Schritte zur Verankerung der Umwelterziehung
3.2 Das Leitbild Nachhaltige Entwicklung
3.3 Bildung für Nachhaltige Entwicklung
3.3.1 Bildungsziel und didaktische Prinzipien von BNE
3.3.2 BNE in der Grundschule

4 Überblicksstudie zum Treibhauseffekt im Sachunterricht
4.1 Begründung und Ziel der Studie
4.2 Vorgehen und Forschungsfragen
4.3 Äußere Rahmenbedingungen
4.3.1 Rahmenlehrpläne für den Sachunterricht unter der Perspektive der Nachhaltigkeit
4.3.1.1 Vorüberlegungen
4.3.1.2 Vorgehen
4.3.1.2.1 Nachhaltigkeit bzw. Umwelterziehung in den Kompetenzerwartungen
4.3.1.2.2 Nachhaltigkeitsrelevante Themen in den einzelnen Rahmenrichtlinien
4.3.1.3 Auswertung
4.3.2 Schulbücher für den Sachunterricht
4.3.2.1 Vorüberlegungen
4.3.2.2 Vorgehen
4.3.2.3 Auswertung
4.4 Akteure des Unterrichts
4.4.1 Lehrkräfte
4.4.1.1 Vorüberlegungen
4.4.1.2 Vorgehen
4.4.1.3 Ergebnisse
4.4.2 Das Vorwissen der Schüler
4.4.2.1 Vorüberlegungen
4.4.2.2 Vorgehen
4.4.2.3 Auswertung der Interviewrunden
4.4.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Interviewrunden

5 Zusammenfassung der Ergebnisse

6 Anhang
6.1 Erklärung des Treibhauseffekts für Grundschüler
6.2 Schülerinterviews
6.2.1 Interviewrunde 1
6.2.2 Interviewrunde 2
6.2.3 Interviewrunde 3
6.3 Fragebogen für die Lehrkräfte

7 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Das Klimasystem

Abb. 2 Die Entwicklung der Kohlendioxidkonzentration und der Temperaturverlauf in den letzten 65 Millionen Jahren

Abb. 3 Schwankungen der Konzentration des Kohlendioxid (grüne Kurve) und der Temperatur (graue Kurve) der letzten ca. 400 000 Jahre

Abb. 4 Die globale mittlere Oberflächentemperatur der Erde seit 1850

Abb. 5 Anstieg der globalen Temperatur an der Erdoberfläche nach verschiedenen Szenarien

Abb. 6 Dimensionen des Leitbildes Nachhaltige Entwicklung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Stichwortartige Beschreibung der vier SRES-Familienszenarien

Tab. 2 Zusammenfassung der Anknüpfungsmöglichkeiten der Bundesländer an die nachhaltigkeitsrelevanten Themen

Tab. 3 Zusammenfassung der Anknüpfungsmöglichkeiten der Schulbücher an die nachhaltigkeitsrelevanten Themen

Tab. 4 Übersicht über die befragten Lehrkräfte

Tab. 5 Zusammenfassung der Ergebnisse der Lehrerbefragung

Tab. 6 Zusammenfassung der Schüleraussagen

1 Intention und Aufbau der Arbeit

Die Jahre 2005 bis 2014 sind von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen als UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen worden. Diese weltweite Bildungsinitiative hat das Ziel, den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung in den Bildungssystemen der Mitgliedsstaaten weltweit zu verankern. Bildung für nachhaltige Entwicklung beinhaltet die Idee vom nachhaltigen Denken und Handeln, also dass das heutige Handeln Einfluss auf das Leben zukünftiger Generationen weltweit hat. Diese Weichen für eine weltweite nachhaltige Entwicklung wurden vor allem in der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 gestellt. Auf dieser Konferenz wurde auch die Bedrohung des Weltklimas durch die globale Erwärmung thematisiert und versucht mit einer Klimaschutz-Konvention darauf zu reagieren. Als Hauptursache für diesen Klimawandel wird der anthropogene Treibhauseffekt angesehen. Im Kyoto-Protokoll, welches 2005 in Kraft trat, sind rechtsverbindliche Begrenzungs- und Verringerungsverpflichtungen der Industriestaaten bzgl. des Treibhausgas-Ausstoßes vereinbart. Allerdings gelten diese Vereinbarungen nur bis 2012 und bisher wurden noch keine verbindlichen Ziele für den Zeitraum danach festgelegt. Demzufolge sind der Klimawandel und der Klimaschutz ein immer wieder präsentes Thema in politischen Debatten und damit auch in den Berichten der Medien. So fand 2011 in Berlin das Klimaschutzfestival „Rock fürs Klima“ statt, für das in der ganzen Stadt geworben wurde. Für Deutschland wurde der Atomausstieg bis 2022 beschlossen und heftig diskutiert. Meldungen über das Solarflugzeug „Solar Impulse“, welches ausschließlich mit Sonnenenergie betrieben wird und im Mai 2011 zum ersten Mal international geflogen ist oder politische Diskussionen über eine unterirdische Kohlendioxid-Speicherung, verdeutlichen die Präsenz und die Aktualität des Themas. Diese Meldungen und Bilder nehmen auch Grundschüler1 wahr und es besteht die Gefahr, dass sie aufgrund der wahrgenommenen Bedrohungen Zukunftsängste entwickeln. Insbesondere der Sachunterricht hat die Aufgabe, Themen aus der Lebenswelt der Schüler aufzugreifen und ihnen zu helfen, ihr erworbenes Wissen zu ordnen und gegebenenfalls zu relativieren. Aus diesen wichtigen Gründen sollte der Treibhauseffekt m.E. Teil des Sachunterrichts sein. Inwiefern dieses Thema in Curricula des Sachunterrichts bereits vorgesehen ist bzw. sich einfügen lässt, im konkreten Unterricht bereits eine Rolle spielt und bei Kindern präsent ist bzw. auf deren Interessen stößt, wird in der vorliegenden Arbeit näher untersucht. Im Fokus steht dabei die Frage nach den Möglichkeiten der Thematisierung und deren Grenzen.

Um die Aktualität und Dringlichkeit des Themas zu verdeutlichen, wird zunächst auf den Klimawandel eingegangen. Dabei wird als Erstes das Klimasystem der Erde vorgestellt, sowie ein grober historischer Abriss über die Klimaschwankungen der Erde gegeben, um vor diesem Hintergrund die aktuelle globale Erwärmung einordnen zu können. Anschließend findet eine fachliche Auseinandersetzung mit dem Hauptverursacher für diese globale Erwärmung, dem Treibhauseffekt statt. Dazu wird zuerst der natürliche Treibhauseffekt erklärt, welcher für das Leben auf der Erde von grundlegender Bedeutung ist. Aufgrund von erhöhten Treibhausgas-Emissionen wird dieser natürliche Prozess jedoch verstärkt, weshalb von einem anthropogenen Treibhauseffekt gesprochen wird, welcher zum Klimawandel führt.

Nachdem diese Klimawandel-Problematik erläutert wurde, wird gezeigt, wie die Politik darauf reagiert, insbesondere im Bildungsbereich. Das dritte Kapitel beschäftigt sich daher zunächst mit einem kurzen Abriss der Entwicklung der Umwelterziehung hin zum Leitbild Nachhaltige Entwicklung. Im Bildungsbereich kristallisierte sich somit die Bildung für nachhaltige Entwicklung heraus. Was unter diesem Bildungskonzept zu verstehen ist und wie es auf die Grundschule zu übertragen ist, wird im letzten Teil dieses Kapitels beschrieben.

Auf dieser theoretischen Basis aufbauend, wird im vierten Kapitel eine qualitative Überblicksstudie zum Treibhauseffekt im Sachunterricht vorgestellt. Diese Studie besteht aus vier Untersuchungen, die die wesentlichen Faktoren des Unterrichts berücksichtigen: die Rahmenbedingungen Rahmenplan und Schulbuch, sowie die Akteure des Unterrichts Lehrkraft und Schüler. In der Rahmenplan- und Schulbuchanalyse wird untersucht, ob der Klimawandel bzw. der Treibhauseffekt als Thema für den Sachunterricht in der vierten Klasse in vier verschiedenen Bundesländern benannt ist. Dazu werden auch Anknüpfungsmöglichkeiten an nachhaltigkeitsrelevante Themen, wie z.B. Energie, Ressourcenmanagement oder Konsum untersucht, um herauszufinden, ob nachhaltige Bildung bereits in den Rahmenbedingungen präsent ist. Daran schließt sich eine Lehrerbefragung mithilfe eines Fragebogens an, die ermitteln soll, ob Sachunterrichtslehrkräfte bereits Erfahrungen mit dem Unterrichten des Treibhauseffekts gemacht haben und welche Gründe für bzw. gegen eine Behandlung des Themas aus ihrer Sicht sprechen. Die Überblicksstudie schließt dann mit einer Schülerbefragung ab, die das Vorwissen der Schüler zum Klimawandel und Treibhauseffekt in problemzentrierten Gruppeninterviews in Erfahrung zu bringen versucht. Zum Schluss erfolgt eine zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse dieser Arbeit.

2 Der Klimawandel

2.1 Das Klimasystem der Erde

Das Klima der Erde wird in zunehmender Weise vom Menschen beeinflusst. So erhöht der Mensch den Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre, was den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt. Dies führt zu einer globalen Erwärmung der Erde. Bevor jedoch dieses Klimaproblem ausführlicher erläutert werden kann, ist es erforderlich, sich mit den grundlegenden Begriffen „Wetter“, „Klima“ und „Klimasystem“ auseinanderzusetzen.

2.1.1 Begriffsbestimmungen: Wetter, Klima, Klimasystem

Der Begriff „Wetter“ bezeichnet die kurzfristigen Geschehnisse der Atmosphäre und ist durch eine eingeschränkte Vorhersehbarkeit von ca. 14 Tagen gekennzeichnet.2 Aussagen zum „Klima“ beziehen sich hingegen auf Zeiträume von ungefähr 30 Jahren.3 Die Weltorganisation für Meteorologie definiert Klima folgendermaßen:

At the simplest level the weather is what is happening to the atmosphere at any given time. Climate in a narrow sense is usually defined as the "average weather," or more rigorously, as the statistical description in terms of the mean and variability of relevant quantities over a period of time.4

Das Klima ist demnach „die Synthese des Wetters über einen Zeitraum (…), der lang genug ist, um dessen statistische Eigenschaften bestimmen zu können.“5 Vereinfacht heißt dies, dass die Wetterelemente, wie z.B. Lufttemperatur, Luftfeuchte, Bewölkung, Niederschlag usw., über einen langen Zeitraum statistisch ausgewertet und sie somit zu Klimaelementen werden.6 Neben diesen Klimaelementen bedingen auch sogenannte Klimafaktoren das Klima einer bestimmten Region. Darunter sind Prozesse und Zustände zu verstehen, die das Klima bzgl. der Entstehung, Andauer und Variabilität beeinflussen.7 Dazu zählen u.a. die Sonneneinstrahlung, die Meer- und Landverteilung, die Reliefsituation, anthropogene Emissionen, sowie die atmosphärische Zirkulation.

Das Zusammenwirken dieser Klimaelemente und Klimafaktoren wird unter dem Begriff „Klimasystem“ zusammen gefasst. Das Klimasystem berücksichtigt zudem die Wechselwirkungen der Atmosphäre mit verschiedenen Komponenten des Erdsystems, wie:

- der Hydrosphäre (Ozeane, Wasserkreislauf in Atmosphäre und auf den Kontinenten)
- der Kryosphäre (Eis und Schnee)
- der Biosphäre (Tiere und Pflanzen)
- der Pedosphäre (Boden)
- der Lithosphäre (Gestein).8

In der Abbildung 1 ist schematisch das Klimasystem mit seinen Wechselwirklungen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Das Klimasystem9

Die entscheidende Energiezufuhr erhält das Klimasystem durch die Sonnenstrahlung. Nach Rahmstorf und Schellnhuber kann das Klima im globalen Mittel daher als das Ergebnis einer einfachen Energiebilanz betrachtet werden:10 „Die von der Erde ins All abgestrahlte Wärmestrahlung muss die absorbierte Sonnenstrahlung im Mittel ausgleichen.“11

Ändert sich diese Energiebilanz, so ändert sich auch das Klima. Rahmstorf und Schellnhuber geben folgende drei Möglichkeiten für solche Änderungen an:12

- Variation der Sonnenstrahlung aufgrund Veränderungen in der Umlaufbahn oder Änderungen in der Sonne selbst
- Änderung der Albedo (Verhältnis von reflektierter zur einfallenden Strahlung; helle Fläche besitzen eine hohe Albedo, dunkle Flächen eine niedrige)
- Beeinflussung der abgehenden Wärmestrahlung durch Anteil der absorbierenden Gase (sogenannte Treibhausgase) und Aerosole (Partikel) in der Atmosphäre

Aus der Klimageschichte geht hervor, dass das Klima der Erde immer wieder extreme Wandlungen durchgemacht hat. Diese Klimawandlungen sind jedoch nicht ohne Grund aufgetreten. Bereits kleine Änderungen in der Energiebilanz konnten solche Klimaänderungen auslösen. Um den menschlichen Einfluss auf das Klima richtig einschätzen zu können, ist es notwendig sich einen groben Überblick über die Klimageschichte zu verschaffen. Daher widmet sich das nächste Kapitel den Klimaschwankungen in der Geschichte.

2.1.2 Klimaschwankungen in der Geschichte

Ein wesentliches Charakteristikum des Klimas ist seine starke Variabilität. In der Vergangenheit hat sich das Klima auf natürliche Weise immer wieder stark verändert, wie im Folgenden skizziert wird.

In Abbildung 2 ist das globale Klima der letzten 65 Millionen Jahre dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Die Entwicklung der Kohlendioxidkonzentration und der Temperaturverlauf in den letzten 65 Millionen Jahren13

In der Darstellung wird deutlich, dass sich die Erde in den letzten 65 Millionen Jahren allmählich abgekühlt hat. Die Warmphase im Eozän wird unter den Forschern viel diskutiert. Einige Forscher sind der Meinung, dass dieses Ereignis einige Parallelen zu dem aufweist, was der Mensch heute verursacht.14 Andererseits haben sich inzwischen viele Faktoren, wie z.B. die Land-Meer- Verteilung, massiv geändert, so dass die Warmphase des Eozäns nicht als Analogon dienen kann.15 Rahmstorf und Schellnhuber geben für die Ursache dieses Ereignisses einen erhöhten Kohlenstoffanteil in der Atmosphäre an.16 Damit sei gezeigt, dass sich das Klima sehr schnell um mehrere Grad erwärmen kann, wenn große Mengen an Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangen.

Die jüngste Epoche der Erdgeschichte ist das sogenannte Quartär, welches vor ca. 1,8 Millionen Jahren begann und in Pleistozän und Holozän unterteilt wird.17 Zyklisch wiederkehrende Eiszeiten bestimmten das Klima im Pleistozän, wie in Abbildung 3 für die letzten 400 000 Jahre zu erkennen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Schwankungen der Konzentration des Kohlendioxid (grüne Kurve) und der Temperatur (graue Kurve) der letzten ca. 400 000 Jahre18

Diese Eiszyklen lassen sich mithilfe der Milankovitch-Zyklen erklären, die besagen, dass der Lauf der Erde um die Sonne Schwankungen unterlegen ist und sich somit die Sonneneinstrahlung verändert. Diese Schwankungen beruhen nach Mojib Latif19 auf der ellipsenförmigen Umlaufbahn der Erde, welche variiert zwischen nahezu kreisförmig bis leicht elliptisch, der Änderung des Neigungswinkels der Erdachse, sowie der Tatsache, dass die Erde keine perfekte Kugel ist, sondern am Äquator einen „Bauch“ besitzt, weshalb „die Erde taumelt und die Orientierung der Erdachse einen Kreis im Raum beschreibt.“20 Laut Rahmstorf und Schellnhuber treten die sogenannten Milankovitch-Zyklen alle 23 000, 41 000, 100 000 und 400 000 Jahre auf und die nächste Eiszeit würde daher in 50 000 Jahren beginnen.21 Jedoch ist es unter den Forschern strittig, ob es überhaupt zu der Eiszeit kommen wird, da die momentane ansteigende Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre so lange nachwirken könnte, dass die natürlichen Eiszeitzyklen verhindert würden.22 (Vgl. 2.2.2)

Vor ca. 11 000 Jahren ging die letzte Eiszeit zu Ende und die heutige Warmzeit, das sogenannte Holozän, begann.23 Diese Phase der Erdgeschichte ist durch ein vergleichsweise stabiles Klima gekennzeichnet, was vielfach als Grund dafür angesehen wird, dass der Mensch sesshaft wurde und die Landwirtschaft erfand.24

Das letzte Jahrtausend begann mit einer warmen Phase, dem Klimaoptimum im Mittelalter um 1100. Zwischen 1200 und 1400 folgte ein Abkühlungstrend, der schließlich in die „Kleine Eiszeit“ mündete, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts andauerte. Jedoch kann diese Phase nicht als globale Klimaänderung betrachtet werden, da die (wenigen) vorhandenen Daten für die Südhalbkugel keine sichtbaren Schwankungen aufweisen, auch wenn eine geringe Abkühlung für das 19. Jahrhundert zu verzeichnen ist.25 Eine global synchrone Klimaänderung im letzten Jahrtausend scheint es nur seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu geben, wie es in folgender Abbildung deutlich wird. Abbildung 4 stellt die globale mittlere Temperatur der Erdoberfläche seit 1850 dar, in welcher deutlich ein Erwärmungstrend der Erdoberfläche zu erkennen ist. Wie sich diese globale Erwärmung erklären lässt, wird im nächsten Kapitel erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Die globale mittlere Oberflächentemperatur der Erde seit 185026

2.2 Die globale Erwärmung

Unter der „globalen Erwärmung“ wird, nach Rahmstorf und Schellnhuber27, die Erwärmung der globalen Mitteltemperatur der Erde verstanden. Dies bedeutet, dass eine Erwärmung nicht überall auf der Erde zu verzeichnen sein muss. Die Ursache für diese globale Erwärmung wird im anthropogenen Treibhauseffekt gesehen. Bevor dieser erläutert wird, steht zunächst der natürliche Treibhauseffekt im Mittelpunkt der Betrachtung, da dieser Prozess entscheidend für das Verständnis ist.

2.2.1 Natürlicher Treibhauseffekt

Wie bereits in Abschnitt 2.1.1 erläutert, ist für das Klimasystem die Bilanz zwischen einfallender solarer und in den Weltraum abgegebener thermischer Strahlung entscheidend.28 Einige Gase beeinflussen diese Strahlungsbilanz, indem sie die von der Erde abgestrahlte Wärmestrahlung in der Atmosphäre absorbieren und diese dann in alle Richtungen, also auch zurück zur Erdoberfläche, abstrahlen. Dadurch kommt an der Erdoberfläche mehr Strahlung an, als ohne Treibhausgase: zu der solaren Strahlung kommt noch die von den Treibhausgasen abgestrahlte Wärmestrahlung hinzu. Auf diese erhöhte Einstrahlung reagiert die Erdoberfläche mit einer Temperaturerhöhung, da wärmere Körper auch mehr Wärme abstrahlen können. Dadurch wird das Strahlungsgleichgewicht wieder hergestellt. Dieser gesamte Vorgang wird als Treibhauseffekt bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen ganz natürlichen Vorgang, da die Treibhausgase (Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan) seit jeher in der Atmosphäre vorkommen. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt würde die mittlere Temperatur der Erdoberfläche lediglich -18°C betragen und wäre damit vollkommen gefroren.29 Tatsächlich beträgt die mittlere Temperatur der Erdoberfläche aber +15°C. Der Treibhauseffekt ist s omit für eine Differenz von 33 Grad verantwortlich und ermöglicht dadurch das lebensfreundliche Klima auf der Erde.

Dieser natürliche Treibhauseffekt wird nun von dem Menschen verstärkt, und „bereits eine prozentual geringe Verstärkung desselben (kann) zu einer Erwärmung um mehrere Grad führen.“30 Der folgende Abschnitt widmet sich diesem verstärkten Treibhauseffekt, der als anthropogener oder zusätzlicher Treibhauseffekt bezeichnet wird.

2.2.2 Anthropogener Treibhauseffekt

Der natürliche Treibhauseffekt wird verstärkt, weil sich der Anteil der natürlich vorkommenden Treibhausgase erhöht (z.B. Kohlendioxid) bzw. neue Gase (z.B. Fluorchlorkohlenwasserstoffe31 ) emittiert werden. Dadurch erhöht sich die Strahlung in Richtung Erdoberfläche, was wiederum zu einer Erhöhung der Temperatur führen muss, wie bereits in 2.1.2 erläutert. Im Gegensatz zum natürlichen Treibhauseffekt wird der anthropogene Treibhauseffekt hauptsächlich durch Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Troposphärisches Ozon (O3), sowie Distickstoffmonoxid (N2O) verursacht.32 Mit einem Anteil von ca. 60% habe jedoch das Kohlendioxid den bedeutendsten Anteil, so Mojib Latif.33 Die Verweildauer des CO2 in der Atmosphäre beträgt ca.

100 Jahre, weshalb von einem langfristigen Klimaproblem gesprochen werden kann.34

Laut Rahmstorf und Schellnhuber gäbe es keinerlei Zweifel mehr daran, dass der Mensch der Verursacher des CO2-Anstieges ist.35 Als Hauptgründe für die Erhöhung des CO2 in der Atmosphäre werden die Verbrennung fossiler Brennstoffe, wie Kohle, Erdöl und Erdgas, sowie die Zerstörung der Vegetation, z.B. das Abholzen des tropischen Regenwaldes, angesehen.36

Um noch einmal auf Abbildung 3 aus Abschnitt 2.1.2 zurückzukommen, ist für den CO2-Anstieg deutlich zu erkennen, dass die Konzentration dieses Gases immer zwischen ca. 200 und 300 ppm schwankte. Die heutige CO2- Konzentration liegt bei ca. 380 ppm, was im Hinblick auf die letzten 650 000 Jahre einmalig ist.37 Da die Treibhausgaskonzentration erst seit Beginn der Industrialisierung ansteigt, wird dies als starkes Argument für die anthropogene Ursache des Anstiegs gewertet. Außerdem wird in Abbildung 3 deutlich, dass die Kurven der Temperatur und der Kohlenstoffkonzentration weitgehend parallel verlaufen, was auf einen engen Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen hindeutet.38 Damit ist gezeigt, dass eine Temperaturänderung zu einer Änderung der Treibhausgaskonzentration führt, was wiederum Einfluss auf den Treibhauseffekt hat. Ebenso wirkt sich eine Änderung der Treibhausgaskonzentration auf die Temperatur aus, was schließlich zur Veränderung der Treibhausgaskonzentration und somit des Treibhauseffekts führt. In der Abbildung 5 ist die globale Erwärmung für verschiedene Emissionsszenarien für das nächste Jahrhundert dargestellt. Da es nicht möglich ist, die Entwicklung der Weltbevölkerung, des Konsumverhaltens, der Technik oder den Energieverbrauch hundertprozentig vorauszusagen, hat der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (auch Weltklimarat genannt), verschiedene Szenarien für die Zukunft entwickelt. Insgesamt gibt es 40 SRES-Szenarien (Special Report on Emissions Scenarios), die in vier Hauptgruppen, den sogenannten Szenarienfamilien eingeteilt werden. Die folgende Tabelle 1 gibt einen groben Überblick über die wesentlichen Emissionsszenarien, die für das Verständnis der Abbildung 5 grundlegend sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 Stichwortartige Beschreibung der vier SRES-Familienszenarien39

In Abbildung 5 wird ersichtlich, dass wahrscheinlich eine Erwärmung um weitere 0,1°C pro Jahrzehnt zu erwarten ist, selbst wenn die Treibhausgaskonzentrationen auf dem Niveau von 2000 blieben. Die verschiedenen Szenarien verdeutlichen zudem, dass eine weitere Erhöhung der Treibhausgaskonzentration zu erwarten ist. Welche Auswirkungen dies voraussichtlich auf das Klima und damit auf die Umwelt hat, wird im nächsten Kapitel erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Anstieg der globalen Temperatur an der Erdoberfläche nach verschiedenen Szenarien40

Die durchgezogenen Linien sind globale Mittelwerte der Erwärmung an der Erdoberfläche aus mehreren Modellen (relativ zu 1980-1999) für die SRES-Szenarien A2, A1B und B1, dargestellt als Fortsetzungen der Simulationen für das 20. Jahrhundert. Die orange Linie stellt das Resultat des Experiments dar, bei dem die Konzentrationen auf Jahr-2000-Werten konstant gehalten wurden. Die Balken in der Mitte der Abbildung zeigen die beste Schätzung (durchgezogene Linie innerhalb eines jeden Balkens) und die abgeschätzte wahrscheinliche Bandbreite für die sechs SRES- Musterszenarien.41

2.2.3 Folgen der globalen Erwärmung

Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert wurde, wird die mittlere globale Temperatur der Erdoberfläche sehr wahrscheinlich um mehrere Grad Celsius ansteigen. Daher ist es unbedingt notwendig, sich mit den möglichen Folgen dieser anthropogenen Klimaänderung zu beschäftigen.

Nach Rahmstorf und Schellnhuber sind folgende Vorbemerkungen wichtig, um die Auswirkungen des Klimawandels besser verstehen zu können:42

- Die Ausprägung des Klimawandels kann regional sehr unterschiedlich ausfallen, da diese stark von der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation abhängt. Veränderungen in dieser Zirkulation beeinflussen z.B. die Richtung von Tiefdruckgebieten oder des Windes. Dadurch ergeben sich Änderungen in den Temperaturen und Niederschlägen und dies kann regional sehr verschieden sein.
- Im vergangenen Jahrhundert hat sich das globale Klima um ca. 0,6°C erhöht. Jedoch beinhalten viele Datensätze lediglich die Daten der letzten Jahrzehnte, in denen nur eine Erwärmung von ca. 0,3°C zu verzeichnen ist. Der Nachweis von bereits eingetretenen Auswirkungen ist deshalb schwierig. Es handelt sich um „eine Suche nach ersten Anzeichen, nicht nach dramatischen Wirkungen.“43 Die Erwärmungsszenarien für das Ende dieses Jahrhunderts gehen hingegen von einer globalen Erwärmung um ca. 3°C aus, weshalb von stärkeren Folgen ausgegang en werden kann.
- Einige Auswirkungen sind stark nichtlinear. Dies bedeutet, dass erste beobachtbare Folgen, z.B. weitaus schneller oder stärker als in den vorausgesagten Szenarien ablaufen könnten. Rahmstorf und Schellnhuber geben als Beispiel dafür den Wasserabfluss in Gletscherflüssen an, welcher zunächst, aufgrund der Gletscherschmelze, zunehmen wird.44 Wenn die Gletscher verschwunden sind, werden auch die Gletscherflüsse versiegen.

Für das 20. Jahrhundert sind bereits verschiedene Auswirkungen des Klimawandels zu beobachten, die mit der Erhöhung der mittleren globalen Temperatur einhergehen. Dazu gehört u.a. der Gletscherschwund als eine Art Frühwarnsystem, da viele Gletscher bereits auf eine globale Erwärmung um wenige Grad mit Abschmelzen reagieren.45 Das Verschwinden der Gletscher würde für Gebirgsregionen zu Wassermangel führen, da die Gletscher ganzjährig Flüsse mit Wasser speisen und daher eine wichtige Quelle für die Landwirtschaft bzw. städtische Wasserversorgung darstellen. Des Weiteren ist ein starker Rückgang des arktischen Meereises zu verzeichnen. Rahmstorf und Schellnhuber weisen darauf hin, dass in den letzten 30 Jahren die Ausdehnung der Eisdecke um 20% abgenommen hat.46 Die weiße Schneedecke reflektiert viel Sonnenlicht, durch die Abnahme der Eisfläche verändert sich die Energiebilanz der Polarzone und führt zu einer weiteren Erwärmung. Außerdem ist durch die Abnahme der Schneedecke der Lebensraum verschiedener Tiere bedroht, wie z.B. der Eisbären, Walrosse, Seehunde oder Seevögel. Als weitere wesentliche Folge des Klimawandels ist der Anstieg des Meeresspiegels zu benennen. Im vergangenen Jahrhundert sei dieser global um 15 bis 20 cm angestiegen, wobei die ungenauen Angaben auf einer begrenzte Zahl und Qualität der Messreihen beruhen, so Rahmstorf und Schellnhuber.47 Im Vergleich zu den letzten Jahrtausenden ist der Meeresspiegel lediglich um ein Zehntel dieser Geschwindigkeit gestiegen.

Dies waren ein paar Beispiele für die Auswirkungen des Klimawandels, wie sie bereits heute zu beobachten sind. Mögliche Folgen der globalen Erwärmung für das 21. Jahrhundert hat der IPCC in seinem Synthesebericht (zuletzt im Jahr 2007) zusammengestellt. In dieser Arbeit wird sich auf die deutsche Übersetzung des Syntheseberichts von 2007 bezogen, welcher von der deutschen IPCCKoordinierungsstelle übersetzt und herausgegeben wurde.48

„Die größte Erwärmung wird über dem Land und in den meisten hohen nördlichen Breiten erwartet, die kleinste über dem südlichen Ozean (nahe der Antarktis) und dem nördlichen Nordatlantik (…).“49 Projiziert werden folgende Auswirkungen des Klimawandels für das 21. Jahrhundert:50

- Die Schneebedeckung nimmt ab, d.h. es wird ein Rückgang des Meereises in der Arktis und der Antarktis vorausgesagt. In einigen Projektionen verschwindet das Meereis in der Arktis am Ende des 21. Jahrhunderts vollständig.
- Sehr wahrscheinlich nehmen heiße Extreme, Hitzewellen und Starkniederschlagsereignisse zu.
- Es wird eine polwärtige Verlagerung außertropischer Sturmzugbahnen erwartet, die eine entsprechende Veränderung der Wind-, Niederschlags- und Temperaturmuster herbeiführen.
- Wahrscheinlich werden tropische Wirbelstürme, wie Taifune und Hurrikane, intensiver, d.h. sie erreichen höhere Spitzengeschwindigkeiten und mehr Starkniederschläge.
- Die Niederschlagsmengen nehmen einerseits in höheren Breiten sehr wahrscheinlich zu, hingegen nehmen sie wahrscheinlich in subtropischen Landregionen ab.

Im Synthesebericht sind weiterhin die Auswirkungen auf verschiedene Systeme und Sektoren-, sowie auf verschiedene Regionen aufgeführt, worauf an dieser Stelle lediglich hingewiesen wird.

Es ist bereits deutlich geworden, dass durch den anthropogenen Klimawandel tiefgreifende Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschheit zu erwarten sind, weshalb eine Thematisierung des Treibhauseffekts im Sachunterricht gerechtfertigt erscheint. Welche Möglichkeiten und Grenzen der Thematisierung sich nach dieser fachlichen Auseinandersetzung ergeben, wird im folgenden Abschnitt zusammengetragen.

2.3 Anmerkungen zu Möglichkeiten und Grenzen

Die Auseinandersetzung mit den Begriffen „Wetter“ und „Klima“ kann die Grundlage für die Behandlung der Klimawandelproblematik bilden. Im Sinne eines Spiralcurriculums kann so bspw. in der vierten Jahrgangsstufe das Wissen der Schüler zum Wetter aus den vorhergegangenen Klassenstufen aufgegriffen und der Unterschied zwischen den Begriffen erarbeitet werden. Mit dem Begriff des Klimasystems sind hingegen komplexe Wechselbeziehungen der verschiedenen Komponenten des Erdsystems mit der Atmosphäre verbunden, was für Grundschüler kaum fassbar ist. Da für die Thematisierung des Treibhauseffekts diese Zusammenhänge nicht zwingend erforderlich sind, ist es ratsam, auf diese zu verzichten. Ebenso verhält es sich mit der Geschichte des Erdklimas. Die Unterscheidung des natürlichen vom anthropogenen Treibhauseffekt ist wiederum notwendig, um den Schülern begreiflich zu machen, dass der Treibhauseffekt ein natürlicher und lebensnotwendiger Prozess ist, der erst durch das Handeln der Menschen verstärkt und somit zu einem Problem wird. Aufgrund der Komplexität des Treibhauseffekts, muss dieser kindgerecht aufgearbeitet werden, was mit einer Vereinfachung und Reduzierung einhergeht. Ein Beispiel für eine Erklärung des Treibhauseffekts für Grundschüler ist im Anhang auf Seite 76 aufgeführt. Verschiedene Experimente können den Schülern das Prinzip des Treibhauseffekts näher bringen, wie sie z.B. in dem Arbeitsmaterial „Klimawandel“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgestellt werden.51 Auch die Zeitschrift „Grundschule Sachunterricht 41/ 2009“ führt verschiedene Unterrichtsbeispiele auf, die sich dem „Klima im Wandel“ widmen, so dass Lehrkräfte auf gute Unterrichtsideen zurückgreifen können. Nichtsdestotrotz kann der Treibhauseffekt nicht direkt wahrgenommen oder erfahren werden, weshalb die Schüler immer eine Abstraktionsleistung erbringen müssen und die Arbeit mit Modellen unabdingbar ist. Modelle beinhalten aber meist nur die wesentlichen Faktoren, die für den betrachtenden Prozess bedeutsam sind und bilden die Wirklichkeit daher nur beispielhaft ab. Somit besteht immer die Gefahr, dass Modelle Fehlvorstellungen bei den Schülern hervorrufen bzw. verstärken können. Es ist daher Aufgabe der Lehrkräfte, die benutzten Abbildungen kritisch zu überprüfen, mit den Schülern zu diskutieren und sie auf problematische Aspekte hinzuweisen.

Abschließend ist festzuhalten, dass mit der Thematisierung des Klimawandels bei den Schülern keine Ängste geschürt werden dürfen. Vielmehr sollte der Unterricht vorhandene Ängste thematisieren und Handlungsoptionen aufzeigen, um zu zeigen, dass jeder Mensch etwas zum Umweltschutz beitragen kann. Dies gehört seit den 70er Jahren zur Aufgabe der schulischen Bildung. Doch die Vorstellung von einer schulischen Umwelterziehung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. So wurde im Jahr 1992 ein weltweit zentrales Leitbild für umwelt- und entwicklungspolitische Prozesse gegründet: das Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“. Was dieses bedeutet und welche Auswirkungen es auf die schulische Bildung hat, wird im nächsten Kapitel dargestellt.

3 Nachhaltige Entwicklung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung

„Umwelterziehung kann mittlerweile auf eine über (fünfunddreißig) Jahre andauernde Geschichte ihrer Verankerung verweisen.“52 Insbesondere seit den siebziger Jahren wird sich den Umweltproblemen auf nationaler und internationaler Ebene gewidmet.53 In den folgenden Abschnitten soll die Entwicklung der Umwelterziehung hin zum Leitbild Nachhaltige Entwicklung und in seiner Folge Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) in ihren Eckpunkten skizziert werden.

3.1 Entwicklung der Umwelterziehung

3.1.1 Pädagogische Konzepte

Seit Mitte der siebziger Jahre wurden in Deutschland verschiedene Konzepte und Realisierungsvorschläge für die Umwelterziehung diskutiert.54 Im Wesentlichen entwickelten sich folgende drei Richtungen umwelterzieherischer Ansätze, die kurz skizziert werden:55

- Umwelterziehung
- Vertreter: Bolscho, Seybold, Eulefeld
- Ziel: Förderung einer ökologischen Handlungskompetenz
- ökologisches, politisches Lernen verknüpfen mit erlebnishaften Erfahren der Umwelt
- Prinzipien ökologischer Lernprozesse:
- Situationsorientierung (lokale Umweltsituation)
- Interdisziplinarität (fächerübergreifende Behandlung von Umweltthemen)
- Handlungsorientierung (Erstellung von Handlungs-produkten)
- Problemorientierung (systematische Analyse von Beispielen der Umweltzerstörung)
- Ökopädagogik
- Vertreter: de Haan
- gesellschaftskritischer Ansatz: radikale Veränderung grundlegender Vorstellungen von Gesellschaft, Erziehung und der Mensch-Natur-Beziehung gefordert
- Gegenkonzept zur Umwelterziehung, die als utilitär gesehen wird
- Selbst-, Wissenschafts-, und Technikkritik soll betrieben werden
- Naturbezogene Pädagogik
- Vertreter: Göpfert, Göppel
- ganzheitliche Naturbegegnung im Mittelpunkt
- Voraussetzung für Umweltschutz: emotional-ganzheitliches Naturverständnis durch sinnenhafte, subjektive Naturerfahrung
- handlungsorientierter, individueller und meditativer Umgang mit der „heilen Natur“

Während die Ökopädagogik und die Naturpädagogik „über ein Nischendasein nicht hinausgekommen (sind) und (…) in der Folge ihre inhaltliche Substanz (verloren haben)“56, setzte sich die Umwelterziehung durch. Im nächsten Abschnitt wird erläutert, welche politischen Einflüsse zur Verankerung der Umwelterziehung beigetragen haben.

3.1.2 Schritte zur Verankerung der Umwelterziehung

1971 wurde das erste Umweltprogramm der Bundesregierung verabschiedet. Der Grund dafür war die zunehmende Umweltbelastung und -zerstörung. In diesem Programm sind bereits Aspekte angesprochen wurden, die später auch im Leitbild Nachhaltige Entwicklung wieder aufgegriffen wurden, wie bspw. die Vorsorge für künftige Generationen und der nachhaltige, sparsame Umgang mit verschiedenen Gütern.57 Für die schulische Bildung wurde u.a. gefordert, dass umweltbewusstes Verhalten als Bildungsziel aller Schulstufen in die Lehrpläne aufgenommen wird. Daraufhin fanden Umweltthemen zögerlich Einzug in die Lehrpläne und Schulbücher, wobei es sich vorrangig um Beschreibungen von Umweltbelastungen handelte.

Die zweite Hälfte der siebziger Jahre ist auf nationaler Ebene durch eine stagnierende Umweltpolitik gekennzeichnet, aufgrund einer allgemeinen wirtschaftlichen Rezession.58 Gleichzeitig werden Bürgerinitiativen gegründet und eine wachsende Umweltbewegung ist zu beobachten. Die Ursachen dafür sind u.a. in den Publikationen des Club of Rome59 zu sehen, der 1972 den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ herausbrachte, in dem u.a. Zusammenhänge zwischen dem Bevölkerungswachstum, dem Rohstoffverbrauch und der Umweltverschmutzung thematisiert wurden. Die Katastrophenszenarien über die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen, ließen ein ökologisches Bewusstsein in der Bevölkerung entstehen.

1972 fand außerdem die erste Weltumweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm statt. Auf Vorschlag dieser Konferenz wurde das UN- Umweltprogramm gegründet, welches sich u.a. mit der Bewertung globaler, regionaler und nationaler Umweltentwicklungen und -bedingungen beschäftigt.

Der nächste wesentliche Schritt in der Entwicklung der Umwelterziehung ist die Weltkonferenz zur Umwelterziehung von 1977 in Tiflis, auf der weltweite Umweltprobleme und irreversible Auswirkungen thematisiert wurden. Die Umwelterziehung wurde daher zu einem weltweit notwendigen Bestandteil von Bildungsprozessen erklärt. Ein Jahr später adaptierte die Bundesregierung die Empfehlungen dieser Konferenz und als Folge dessen brachte die Kultusministerkonferenz 1980 den Beschluss „Umwelt und Unterricht“ heraus, in dem das umweltbewusste Verhalten als Bildungsziel aller Lehrpläne und Umwelterziehung als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip festgehalten wurde.60

In der Zeit von 1984-1987 wurde von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, unter der Leitung des damaligen norwegischen Ministerpräsidenten Gro Harlem Brundtland, der Bericht „Our Common Futur“ erarbeitet.61

[...]


1 Alle Personen- und Berufsbezeichnungen umfassen stets männliche und weibliche Personen.

2 Vgl. Latif 2009, S. 11.

3 Vgl. Kuttler 2009, S. 12.

4 http://www.wmo.int/pages/themes/climate/understanding_climate.php (21.05.2011)

5 Hupfer; Kuttler 2005, S. 237.

6 Vgl. Schönwiese 2005, S. 4.

7 Vgl. Kappas 2009, S. 86.

8 Vgl. Latif 2009, S. 13.

9 Entnommen aus: Latif 2009, S. 13.

10 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 12.

11 Ebd., S. 12.

12 Vgl. ebd., S. 13.

13 Entnommen aus: Latif 2009, S. 66.

14 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 19.

15 Vgl. Latif 2009, S. 67.

16 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 19.

17 Vgl. Latif 2009, S. 68.

18 Entnommen aus: Latif 2007, S. 63.

19 Vgl. Latif 2009, S. 72.

20 Ebd., S. 72.

21 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 22.

22 Vgl. ebd., S. 22.

23 Vgl. Latif 2009, S. 74.

24 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 25.

25 Vgl. Latif 2009, S. 79.

26 Entnommen aus: Latif 2009, S. 136.

27 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 29.

28 Vgl. Latif 2009, S. 55.

29 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 31.

30 Ebd., S. 32.

31 Da der Ausstoß der FCKW bereits durch diverse Abkommen (z.B. Montrealer Protokoll 1987) geregelt ist, gibt es keine bedeutsamen Konzentrationssteigerungen mehr. Allerdings besitzen die FCKW eine hohe Verweildauer in der Atmosphäre, weswegen sie weiterhin erheblich zum anthropogenen Treibhauseffekt beitragen. (Vgl. Latif 2009, S. 59.)

32 Kuttler 2009, S. 221.

33 Latif 2009, S. 59.

34 Vgl. Kappas 2009, S. 153.

35 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 33.

36 Vgl. Kuttler 2009, S. 221.

37 Vgl. Latif 2007, S. 63.

38 Vgl. ebd., S. 62.

39 Nach IPCC 2000, S. 4f.

40 Entnommen aus: Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle 2008, S. 49.

41 Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle 2008, S. 49.

42 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 54.

43 Ebd., S. 55.

44 Vgl. ebd., S. 55.

45 Vgl. Rahmstorf; Schellnhuber 2006, S. 57.

46 Vgl. ebd., S. 58.

47 Vgl. ebd., S. 64.

48 Vgl. Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle 2008.

49 Ebd., S. 51.

50 Vgl. ebd., S. 51.

51 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 2010.

52 Bölts 2002, S. 3.

53 Vgl. Kahlert 2005, S. 669.

54 Vgl. Bolscho 2009, S. 27.

55 Vgl. ebd., S. 27-30.

56 Bölts 2002, S. 2.

57 Vgl. Bolscho 2009, S. 23f.

58 Vgl. Bolscho 2009, S. 25.

59 Vereinigung von Personen aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik aus allen Regionen der Erde

60 Vgl. KMK 1980.

61 Vgl. Bolscho; Seybold 1996, S. 53.

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Der Treibhauseffekt als Thema im Sachunterricht
Untertitel
Untersuchungen zu Möglichkeiten und Grenzen
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,00
Autor
Jahr
2011
Seiten
98
Katalognummer
V204798
ISBN (eBook)
9783656315872
ISBN (Buch)
9783656317883
Dateigröße
3971 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sachunterricht, Klimawandel, Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Grundschule
Arbeit zitieren
Christiane Kleinau (Autor:in), 2011, Der Treibhauseffekt als Thema im Sachunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204798

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